Die Antragstellerin möchte im Rahmen eines Vorbescheides die Zulässigkeit des neu geplanten Personalwohngebäudes für die Kreisklinik Ebersberg klären.
Der Entwurf des letzten Antrages auf Vorbescheid (U-förmiges Gebäude), dem in der Sitzung des Technischen Ausschusses am 14.02.2023 unter TOP 04 unter bestimmten Maßgaben zugestimmt wurde, ist inzwischen verworfen.
Die folgenden Maßgaben waren Bestandteil der Zustimmung vom 14.02.2023:
- Die Verschiebung der Tiefgaragenabfahrt von Norden nach Westen, dass das Gebäude insgesamt auf der freiwerdenden Fläche nach Norden hin verschoben werden kann (Abstand vom südlichen Straßenbereich).
- Deutliche Erhöhung der Anzahl der oberirdischen Fahrradabstellplätze (keine genaue Anzahl für oberirdische Stellplätze angegeben, 34 waren in der TG geplant).
- Zwingende Errichtung einer PV-Anlage auf dem Dach.
- Abgrenzung der Terrassen an der von-Scala-Straße durch eine Hecke, es darf allenfalls eine Stützmauer errichtet werden.
Der neue Entwurf sieht folgendes vor:
In dem Wohngebäude sind 24 Personalwohnungen und ein Schwesternwohnheim mit 40 Appartements geplant.
Das Wohngebäude soll als 5-geschossiger Baukörper mit einer Länge von 43,70 m und einer Tiefe von 18,50 m (im Mittelbereich: 20,80 m) errichtet werden. Es ergibt sich eine Gesamtgrundfläche von ca. 992 m². Die Höhenentwicklung soll wie bereits in der letzten Planung 14,75 m bzw. 15,25 m bei einer Holzkonstruktion betragen.
Es werden 56 oberirdische (teilweise unter dem Gebäude angeordnete) Stellplätze errichtet. Zudem sollen 96 Fahrradabstellplätze entstehen, davon 44 als überdachte und geschützte Abstellplätze im Gebäude.
Folgende Fragen sollen im Rahmen des Vorbescheides geklärt werden (die Fragen sind im Detail als Anlage beigefügt):
- Zulässigkeit zum Maß der baulichen Nutzung
- Zulässigkeit der geplanten Gebäudehöhe
- Zulässigkeit der Abweichung von den Abstandsflächen
- Anerkennung des Stellplatznachweises einschl. der beantragten Abweichung von der Garagen- und Stellplatzsatzung der Stadt Ebersberg
- Ablösemöglichkeit Kinderspielplatz
- Sonderbaukriterium „Wohnheim“ – Einordnung wichtig wg. Brandschutz
Stellungnahme der Verwaltung:
Das Grundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines rechtwirksamen Bebauungsplanes. Für das Grundstück wurde zwar am 07.06.2011 der Bebauungsplan Nr. 183 – „von-Scala-Straße“ als Satzung beschlossen, jedoch seinerzeit nicht bekanntgemacht und in Kraft gesetzt. Im Bebauungsplan war für das Grundstück ein Sondergebiet „Ärztehaus“ gem. § 11 BauNVO festgesetzt.
Gemessen am Bebauungsplan Nr. 183 steht das geplante Gebäude hinsichtlich seiner Höhenentwicklung im Einklang. Dieser sah eine Wandhöhe von insgesamt 14,50 m vor, wobei das oberste Geschoss als Staffelgeschoss mit einem allseitigen Rücksprung von mindestens 3,00 m, ausgenommen die Ostseite, auszubilden war. Das Gebäude hält die im Bebauungsplan vorgesehene Grundfläche (vorgesehener Bauraum 45 m x 29 m) ein. Das geplante Wohngebäude entspricht aber nicht der Sondergebietsfestsetzung „Ärztehaus“.
Derzeit beurteilt sich das Bauvorhaben jedoch nach § 34 BauGB (Innenbereich). Demnach ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Frage 1 und 2:
Beim Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung ist die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zur Umgebungsbebauung maßgebend, wie Grundfläche, Höhe und Kubatur der geplanten Gebäude.
Das Grundstück an der von-Scala-Straße wird vorwiegend geprägt durch die großen Baukörper der Kreisklinik, die südlich, südöstlich und östlich des Baugrundstückes liegen. Nördlich schließt sich die Wohnbebauung des Kurt-Rohde-Platzes mit 3-geschossigen Mehrfamilienhäusern an (vorhandene Wandhöhen von 9,95 m bis 23,10 m). Lediglich im Westen ist eine kleinteiligere Einfamilienhaus-Bebauung zu finden. Aufgrund der deutlichen Prägung durch die vorhandenen Klinikbauten auf drei Seiten, würde sich der neu geplante Baukörper mit einer geplanten Höhe von 14,75 m bzw. mit 15,25 m bei einer Holzkonstruktion im Rahmen des § 34 BauGB einfügen. Den Fragen 1. und 2. aus der Fragenliste zum Vorbescheid könnte somit zugestimmt werden.
Auch nach Art der Nutzung fügt sich das Gebäude ein, da im Norden und Westen Wohnnutzung bereits vorhanden ist und die geplante Wohnbebauung eine der Kreisklinik dienende Nutzung (Wohnungen für Pflegepersonal/Schwesternwohnheim) zum Inhalt hat.
Da auch die Erschließung gesichert ist, sind aus Sicht der Verwaltung die Einfügungsmerkmale des § 34 BauGB erfüllt.
Frage 3:
Die Abstandsflächen können auf der Nord- und Westseite auf dem Baugrundstück nachgewiesen werden, auf der Süd- und Ostseite ist eine Abweichung von den Abstandsflächen erforderlich.
Die Abstandsflächen überlagern sich mit der Abstandsfläche des südlichen Bestandsgebäudes (von-Scala-Str. 1) bis zu 2,46 m auf einer Länge von 12,47 m. Die Abstandsfläche überschreitet nach Süden hin die Straßenmitte um bis zu 1,20 m auf einer Länge von 43,70 m.
Die Überlagerung der mit der Abstandsfläche des östlichen Bestandsgebäudes (Klinikgebäude) beträgt bis zu 4,04 m auf einer Länge von 20,00 m. Die Abstandsfläche überschreitet nach Osten hin die Straßenmitte um bis zu 3,01 m auf einer Länge von 20,00 m. Grundstückseigentümer der betroffenen Grundstücke ist allerdings auch hier die Kreisklinik Ebersberg. Eine schriftliche Zustimmung kann bei Erfordernis im Bauantragsverfahren nachgereicht werden.
Eine Abweichung wäre aus Sicht der Verwaltung hier denkbar.
Frage 4:
Auf dem Grundstück werden 56 oberirdische Stellplätze errichtet. Die Antragstellerin beantragt eine Abweichung vom Stellplatzschlüssel der Garagen- und Stellplatzsatzung der Stadt Ebersberg wie folgt:
- Für die 16 2-Zi.-Wohnungen und die 8 3-Zi.-Wohnungen soll der StPl.-Schlüssel von 1,5 StPl./Whg. auf 1,0 StPl./Whg. reduziert werden. D. h. anstelle der nachzuweisenden 36 StPl. sind für die Wohnungen nur 24 StPl. vorgesehen.
- Für die 40 Appartements wird beantragt, diese als „Schwesternwohnheim“ zu werten und somit den StPl.-Schlüssel von 0,5 StPl./Zi. gem. Ziffer 1.5 der Anlage 1 der Garagen- und Stellplatzsatzung anwenden zu können. Für die 40 Appartements können somit 20 StPl. auf dem Grundstück nachgewiesen werden.
Folglich wären für das geplante Vorhaben bei Zustimmung zur Abweichung 44 StPl. anzurechnen. Die restlichen 12 StPl. sollen dem Schwesternwohnheim in der Pfarrer-Guggetzer-Str. 6 (FlNr. 840, Gmkg. Ebersberg) zugewiesen werden, derzeit erfolgt dieser Nachweis auf FlNr. 824/3, Gmkg. Ebersberg (PPl. westl. von-Scala-Str. 3).
Zusätzlich werden insgesamt auf dem Grundstück 96 Fahrradabstellplätze errichtet, davon 44 überdachte und geschützte Abstellplätze innerhalb des Gebäudes.
Aufgrund der zu erwartenden Belegung des Personalwohngebäudes bzw. Schwesternwohnheimes mit Mitarbeitern der Kreisklinik Ebersberg wäre diese Abweichung aus Sicht der Verwaltung denkbar. Das Wohngebäude ist in unmittelbarer Nähe zur Klinik, der Arbeitsplatz kann fußläufig erreicht werden.
Die Antragstellerin beantragt zusätzlich eine Zustimmung zur Genehmigungsfähigkeit der im Plan dargestellten oberirdische Anordnung der Stellplätze, einschließlich der dargestellten Durchgrünung der Parkplätze.
Frage 5:
Gem. Art. 7 Abs. 3 Satz 1 BayBO ist bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen ein ausreichend großer Kinderspielplatz anzulegen. Es soll geprüft werden, ob und zu welchen Kosten der erforderliche Spielplatz nach Art. 7 Abs. 3 Satz 2 und 3 BayBO abgelöst werden kann. In unmittelbarer Nähe befindet sich bereits ein öffentlicher Spielplatz am Kurt-Rohde-Platz. In der Stadt Ebersberg herrscht bisher keine gängige Verwaltungspraxis zur Ablöse von Spielplätzen. Hier ist im Einzelfall zu entscheiden.
Frage 6:
Die Antragstellerin beabsichtigt, das Gebäude als Wohngebäude der Gebäudeklasse 4 einzustufen, nicht als Sonderbau. Es wird um Prüfung gebeten, ob das vorgesehene Gebäude als Sonderbau gem. Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO („sonstige Einrichtungen zur Unterbringung von Personen sowie Wohnheime“) eingeordnet werden muss.
Die Verwaltung hat hierzu bereits Ihre Ansicht an das Planungsbüro gesandt, die wie folgt lautet:
„Es dürfte sich zunächst um Gebäudeklasse 4 gem. Art. 2 Abs. 3 Nr. 4 BayBO handeln.
Baurechtlich ist aber u. E. der Begriff „Wohnheim“ als Sonderbau nicht erfüllt. Rechtsgrundlage wäre hier Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO.
Es handelt sich hier weder um eine Einrichtung des Altenwohnens, noch um eine andere Einrichtung zur Unterbringung von Personen (vgl. Dirnberger in Busse/Kraus BayBO, RdNr. 455 zu Art. 2 BayBO).
Bei dem geplanten Gebäude in der von-Scala-Straße werden einzelne Appartements geplant, die mit eigenem Bad und Kochnische ausgestattet sind. Solche Einrichtungen sind gem. Art. 46 BayBO als Wohnung einzustufen (vgl. Nolte in Busse/Kraus, BayBO RdNr. 10 zu Art. 46 BayBO; VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 04.10.1991). Diese Räume erfüllen somit nicht die Anforderungen eines Wohnheims, das geprägt ist von einer gemeinschaftlichen, mit anderen Personen benutzten Anlage (z.B. Gemeinschaftsküchen, gemeinschaftliche Waschgelegenheiten), die in ihrer Funktionsweise die Führung eines selbständigen Haushalts nicht ermöglicht. Der ordnungsgemäße Betrieb eines Wohnheims wäre durch eine Heimleitung sicherzustellen (BayVGH, Beschl. vom 28.07.1992, 2 CS 92.1044).
Die geplanten Wohneinheiten lassen jedem Bewohner die eigene Haushaltführung zu. Eine ausdrückliche Zweckbestimmung als Wohnheim ist vorliegend nicht zu erkennen. Wichtig ist allerdings nach der Rechtsprechung des BayVGH, Urt. 05.02.2015, 2 BV 14.1202, dass eine wirksame brandschutztechnische Abschottung der Wohneinheiten untereinander gegeben ist. In dem entschiedenen Fall mussten die Wohnungen gegeneinander mit einem Brandschutz von F 90 ausgestattet sein. Somit konnte hier der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr sichergestellt werden.
Insgesamt gehen wir somit von einem Geschosswohnungsbau in Gebäudeklasse 4 aus. Wir empfehlen aber, die Frage auch beim Landratsamt vorzutragen, um zeitliche Verzögerungen im Planungsprozess zu vermeiden.“
Diese Frage betrifft keine bauplanungsrechtlichen Vorgaben und erfordert kein gemeindliches Einvernehmen. Die Klärung dieser Frage obliegt der Baugenehmigungsbehörde.