Wärmenetzanschluss für Kindergarten-Neubau St. Sebastian - Vorstellung Machbarkeit, Risiken, Kostenschätzung inkl. Wirtschaftlichkeit, Beschluss über die Durchführung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Technischen Ausschusses, 16.03.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Technischer Ausschuss Sitzung des Technischen Ausschusses 16.03.2021 ö beschließend 6

Sachverhalt

Die Verwaltung hat geprüft, inwiefern der neu zu errichtende Kindergarten St. Sebastian an die bestehende Wärmeleitung zwischen der Mittelschule in der Baldestraße und der Turnhalle in der Bürger-Meister-Müller Straße (der Anschluss liegt in der Floßmannstraße), angeschlossen werden kann.

Zeitlicher Ablauf

Der Netzausbau kann nur mit einer stringenten zeitlichen Abfolge umgesetzt werden. Eine Entscheidung über das Projekt muss daher bis zum 16.03. feststehen. Eine spätere Durchführung ist auf Grund verschiedener einzuhaltender Vergabefristen und wegen des geplanten Bauablaufs nicht möglich, ohne den Baubeginn für den geplanten Kindergarten im Frühjahr 2022 zu gefährden. Ein Projektplan für den möglichen Projektablauf wurde erstellt (siehe Anlage).

Leitungsbau

Das Planungsbüro KESS hat für die Erweiterung des Bestandsnetzes eine Entwurfsplanung erstellt. Die Leitungsführung sollte demnach möglich sein. Die Kostenberechnung für die Rohrbauarbeiten bis zum Kindergarten beträgt knapp 59.000 Euro brutto. Der Ausbau bis zur Eberhardstraße sind weitere 42.000 Euro angesetzt. 

Tiefbau

Das Ing.-Büro Preuschl hat den zugehörigen Bedarf an Tiefbauarbeiten bis zum Kindergarten untersucht. Dazu zählen die Verkehrssicherung, der Aufbruch der Oberflächen, die Herstellung des Rohrgrabens, Rohrbettung und Umhüllung, Grabenverfüllung, Herstellung der Frostschutzschicht, Wiederherstellung der Oberflächen und die Entsorgung von Aushub. Die Gesamtkosten für den Tiefbau wurden vom Ing.-Büro Preuschl brutto mit 110.000 Euro angegeben (überschlägige Ermittlung anhand Vorplanung, der weitere Ausbau bis zur Eberhardstraße ist nicht berücksichtigt).

Laut IB sollten die Maßnahmen aber durchführbar sein. Es werde zwar sehr eng, aber die angesprochene Verschiebung der Wasserleitung sollte möglich sein. Voraussetzung ist jedoch, dass alle Sparten sich an die Vorgaben halten. Die wahre Lage der Kabel ist nicht bekannt und die Verlegung der Gasleitung wird vom Gasnetzbetreiber durchgeführt.
 
Es besteht die Möglichkeit, dass der Aushub PAK-Belastungen aufweist. Erste Probe-Bohrungen haben diese Befürchtung zwar nicht bestätigt, die Belastungen können aber immer noch auftreten. Sollten Belastungen auftreten, könnten die Tiefbaukosten auf bis ca. 129.000 Euro brutto ansteigen. 

Das Ing.-Büro Preuschl hat zudem auf Unsicherheiten bzgl. der Durchführbarkeit der Leitungsführung hingewiesen. Es besteht die Möglichkeit, dass Bestandsleitungen anders verlaufen als gedacht. Mehr Sicherheit über die Machbarkeit werden hier erst noch durchzuführende Such-Schachtungen oder -Schlitze ergeben. 

Verkehr

Bei Umsetzung der Fernwärmeleitung ist mit einer mehrwöchigen Vollsperrung des Bereichs zu rechnen. Ein entsprechendes Umleitungskonzept wird erforderlich sein, welches durch die Verkehrsbehörde zu erstellen sein wird. Dies gilt insbesondere für die Pf.-Bauer-Str. Hier aber auch wegen dem Wasserleitungs- und Kanalbau. Eine Abstimmung mit den Anliegern dort, für die Floßmannstraße und den Kreuzungsbereich zur Bgm.-Müller-Str, sowie mit den Schulbusunternehmen, der Schule etc. wird ebenfalls erforderlich sein.

Wirtschaftliche Alternativen

Das 3P Planungsbüro, welches mit der technischen Gebäudeausrüstung für das Hochbauvorhaben der Kirche befasst ist, plant die Realisierung zweier Pellet-Kessel nebst Lager. Die beiden Varianten Pellet und Wärmenetz wurden vom Büro KESS in einem wirtschaftlichen Vergleich anhand der vorliegenden Kostenschätzungen – und -berechnungen aller Planer einander gegenübergestellt. Die Preisbildung bildet den anzulegenden Wärmepreis und die Anschlussgebühr anteilig die Netzausbaukosten und die Rücklagen für die Heizzentrale sowie die laufenden Betriebsausgaben ab. Das Thema Förderung wurde ausgeklammert, da für beide Lösungen Fördermittel verfügbar sind.

Die Berechnung der Wirtschaftlichkeit ergibt keinen deutlichen Vorteil für den Netzausbau. In einem Szenario ist die dezentrale Variante besser (siehe Anlage).

Auswirkungen auf die Klimabilanz der Stadt

Die Auswirkung auf die lokale Treibhausgasbilanz der Stadt ist bei einem 100%igen Einsatz von Pellets höher als bei der zu 80% biomethan-basierten Nahwärme. Das Bestandsnetz der Stadt wird zu 80% aus Kraft-Wärme-Kopplung mittels eines Biomethan-Erdgas-BHKWs gespeist. 10% werden über einen Pellets- und 10% über einen Erdgas-Kessel gedeckt. Biomethan hat einen schlechteren CO2-Emissionsfaktor als Pellets. Zusätzlich sind bei einer zentralen Netzversorgung auch Netzverluste und damit höhere Verbräuche bzw. nochmals Emissionen zu berücksichtigen. 






Ist-Zustand Heizzentrale

Im Zuge einer mehrjährigen Anlagenoptimierung konnte über das Energieteam der Stadt die Fahrweise der Anlage verbessert werden. Durch den zusätzlichen Abnehmer Turnhalle und die hydraulisch getrennte Direktanbindung des Hallenbads wird sich die Abnahmesituation noch weiter verbessern. Die Situation der überdimensionierten Zentrale konnte in einen Vorteil verwandelt werden. Der Gaskessel dient als reine Redundanz. Der Pelletkessel übernimmt künftig weitere Anteile. Das BHKW läuft mittlerweile sehr konstant und bereits auf voller Last. Zusätzliche Lasten im Wärmenetz bewirken keine zusätzliche Stromerzeugung durch das BHKW und steigern im Bereich Wärme lediglich den Anteil von Pellet- und Erdgas-Wärme im Netz.

Know-How im technischen Betrieb und der Kundenbetreuung vor Ort

Die innerbetriebliche Situation in der Hochbauverwaltung ist schon heute von Mehrbelastungen für die Mitarbeiter und einer ständig wachsenden Aufgabenzahl bei einer gleichzeitig sehr angespannten Personalsituation durch Ausfälle und verzögerte Aufstockung des Teams geprägt. Voraussichtlich werden zusätzliche Ressourcen für die Kunden- und die Netzbetreuung im Fall eines Ausbaus benötigt. Die Verwaltung verfügt bisher über keine Strukturen für die Versorgung von Drittabnehmern mit Wärme in einem Nahwärmenetz.

Steuer und Rechnungstellung

Sowohl die steuerliche Handhabe als auch die Rechnungsstellung könnten im Fall der Netzerweiterung nach Auskunft der Kämmerei über die Stadtkämmerei abgewickelt werden. Durch die Steuerberatung der Stadt wäre zu prüfen, wie die Kosten steuerlich am günstigsten an den Abnehmer weitergereicht werden können (Gewichtung über Wärmepreis und Anschlusspreis). Ein teilweises Ziehen der Vorsteuer ist voraussichtlich möglich. Ein deutlicher Einfluss auf die ökonomische Bilanz für das Projekt wird aus heutiger Sicht aber nicht erwartet. Gleichzeitig steige der interne bürokratische Aufwand und externe Beratungskosten.


Fördermittel Bestandsnetz und Zentrale
Der Fördermittelgeber der Bestandsanlage gestattet der Stadt den Kindergarten inkl. Kreisbildungswerk mit an das bestehende Netz anzuschließen, ohne dass dies eine Überprüfung der Förderung auslöst. Das Bestandsnetz der Stadt wurde im Rahmen der Sanierung der Grund- und Mittelschule gefördert. Daher obliegt die gesamte Anlage einem 30-jährigen Bestandsschutz.

Abnahmeinteresse

Im Vorfeld der Veröffentlichung des LVs wird eine schriftliche Zusage der Kirche benötigt, dass der Anschluss an das Bestandsnetz auch gewünscht wird. Nach Rücksprache mit der Kirche erscheint eine rasche Zusage nicht unmöglich.

Haushaltsmittel

Bislang sind im Haushalt keinerlei Kosten für das Projekt eingestellt. Die Voruntersuchungen konnten durchgeführt werden, da Planungsmittel für Untersuchungen zum Ausbau von Wärmenetzen im Klimaschutz-Haushalt 2021 vorhanden sind. Der Betrieb des Netzes und die Versorgung von Drittabnehmern bedeutet zudem laufende Kosten für den Netzunterhalt im Haushalt kommender Jahre einzuplanen.

Die Entscheidung für den Netzausbau könnte daher nur vorbehaltlich der überplanmäßigen Haushaltsausgaben im Stadtrat am 27.04. erfolgen.


Fazit

Nach Prüfung aller Teilaspekte spricht aus Sicht der Verwaltung kein deutlicher Vorteil für den Netzausbau. Zugleich sind der Netzausbau und die Versorgung von Dritten mit Risiken verbunden. Die Verwaltung rät insofern, nach jetzigem Kenntnisstand, von einem Ausbau ab. 

Unter diesen Umständen würde es sich bei einer Entscheidung für einen Netzausbau um eine rein energiepolitische Entscheidung für das Thema zentraler Wärmeversorgungsnetze gegenüber dezentralen Erneuerbare Energien-Anlagen handeln.

Diskussionsverlauf

Die Stadträte Friedrichs und Münch würden die sorgfältige Abwägung des Netzausbaus. Bürgermeister Proske erläutert, dass vergleichbare Vorprüfungen für den zielgerichteten Aus- oder Aufbau von Wärmenetzen eine wichtige Grundlage sind und künftig häufiger erstellt werden sollen.

Beschluss

Der Technische Ausschuss spricht sich, in Abwägung aller dargestellten Teilaspekte, gegen den untersuchten Netzausbau und gegen den Anschluss des geplanten Kindergartens St. Sebastian an das Bestands-Wärmenetz der Stadt aus. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 0

Datenstand vom 06.12.2021 15:50 Uhr