Errichtung eines Kindergartens in Weißensee Durchführung eines VgV-Verfahrens - weiteres Vorgehen


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 26.09.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 26.09.2023 ö beschliessend 8

Sachverhalt

Der Stadtrat hat am 25.7.2023 die Planungsfreigabe für den Neubau eines Kindergartens in Weißensee erteilt und die Verwaltung ermächtigt, die notwendigen Architekten- und Ingenieurleistungen auszuschreiben. Die Grundlage für die Beschreibung der Planeraufgabe war die erarbeitete Machbarkeitsstudie und die priorisierte Standortentscheidung an der bestehenden Turn- und Sporthalle in Weißensee.

Bedingt durch die Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV zum 23.08.2023 (mit Wirkung vom 24.08.2023) und der zugrundeliegenden Gesetzesbegründung müssen bei der Ermittlung des relevanten Auftragsvolumens alle Werte der Planungsleistungen zusammengerechnet werden. Somit sind fortan die Auftragswerte aller HOAI-Leistungsbilder und sonstiger Planungs- und Ingenieurleistungen eines Bauvorhabens zu addieren. Das Privileg der getrennten Auftragswertberechnung gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV entfällt.

Dementsprechend ist für den Neubau des Kindergartens bei der Auftragswertschätzung der voraussichtliche Gesamtwert aller vorgesehenen Planungsleistungen, etwa der Objektplanung, der Tragwerksplanung, der Technischen Gebäudeausrüstung oder von Sonderfachleuten, ohne Umsatzsteuer zugrunde zu legen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VgV).

Da der aktuelle Schwellenwert (215.000 €/netto) zur Anwendung der Bestimmungen der Vergabeverordnung – VgV - i.V.m. dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen – GWB für öffentliche Auftraggeber überschritten wird (§ 1 Abs. 1 VgV), bedarf es eines VgV-Verfahrens (§ 74 ff VgV) zur Planerauswahl für den Kindergartenneubau in Weißensee.

Für die Vergabe von Planungsleistungen oberhalb der EU-Wertgrenze gibt es theoretisch verschiedene Verfahren. Aus Sicht der Verwaltung ist für die Vergabe der notwendigen Planungsleistung ein in zweistufiges VgV-Verfahren in Form eines Verhandlungsverfahrens mit vorgelagertem öffentlichen Teilnehmerwettbewerb geeignet zu betrachten.

Neben den Architektenleistungen sind auch VgV-Verfahren für die größeren Fachplanungen mit der technischen Gebäudeausrüstung (Heizung, Lüftung, Sanitär) und die Elektroplanung durchzuführen. Diese Verfahren sollen möglichst parallel zum Verfahren für die Architektenleistungen erfolgen, um nach Beendigung des Verfahrens für die Architektenleistungen das Planungsteam komplett zu haben und mit der Planung interdisziplinär beginnen zu können.

Planungskosten
Der überschlägige Kostenrahmen für die Planungs- und Beratungsleistungen bei grob geschätzten Baukosten von brutto 2,4 Mio. stellt sich wie folgt dar:

Planungsleistungen
LPH 1-9 (netto)


Architekt
160.000 €
TGA/HLS
75.000 €
TGA/Elektro
55.000 €
Tragwerk
40.000 €
Bauphysik
12.000 €
Brandschutz
10.000 €
Freianlagen
40.000 €
Vermessung
4.000 €
Geotechnik
6.000 €

Gesamtsumme (netto) rd. 
400.000 €

Sollte die Anwendung des sog. 20-Prozent-Kontigents gemäß § 3 Abs. 9 VgV erfolgen, können einzelne Dienstleistungslose nach den verbindlichen Vergabegrundsätzen nach § 31 KommHV-Kameralistik im Rahmen einer freihändigen Vergabe vergeben werden, wenn der geschätzte Nettowert des jeweiligen Loses unter EUR 80.000 liegt und die Summe der Nettowerte dieser Lose 20 Prozent des Gesamtauftragswerts nicht übersteigt.

Zeitlicher Ablauf
Ausgehend einer positiven Beschlussfassung in der Stadtratssitzung am 26.09.2023 wäre mit einer Durchführung und einem Abschluss des VgV-Verfahrens wie folgt zu rechnen:

VgV- Teilnahmewettbewerb
Bekanntmachung Teilnahmewettbewerb
Oktober 2023
Entscheidung über die Teilnahme - Verbindliche Zusagen 
November 2023


VgV-Verhandlungsverfahren
Aufforderung Angebotsabgabe
November 2023
Verhandlungsgespräche
Januar 2024


Vergabeentscheidung im Stadtrat
Februar 2024
 
Weitere Vorgehensweise VGV
Nach der Beschlussfassung wird in Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister die Vorbereitung und Durchführung des VgV-Verfahrens (Verhandlungsverfahren) eingeleitet. Ausgehend einer positiven Beschlussfassung wäre mit einem Abschluss des VgV-Verfahrens frühestens Mitte Februar zu rechnen. Nach der Genehmigung der Beauftragung der Objektplaner wird voraussichtlich Mitte Februar 2024 unverzüglich mit der Planung begonnen.

Im weiteren Planungsprozess wird u.a. die Umsetzung von verschiedenen Bauweisen geprüft, um 
eine Kostenreduzierung und –optimierung zu erreichen. Die erforderlichen weiteren Planungsleistungen (Freianlagen, Brandschutz, SiGeKo usw.) werden bei Notwendigkeit ggfls. unter Durchführung weiterer VgV-Verfahren ausgewählt bzw. qualifizierte Büros im Rahmen einer freihändigen Vergabe innerhalb des 80:20 Kontingents gefunden und dem Gremium zur Kenntnisnahme vorgelegt.

Vorbereitenden Untersuchungen im Bereich der Sport- und Turnhalle

Um am geplanten Standort „Sport- und Turnhalle Wörth 3“ für den Neubau des Kindergartens zu verhindern, dass es aufgrund unbekannter zukünftiger Tatsachen bereits in den frühen Planungsüberlegungen zu unerwarteten Kostensteigerungen kommt, wurden in der Zwischenzeit weitere Informationen eingeholt und geprüft. Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchung kam es zu folgender Feststellung:

Baugrunduntersuchung;
Im Vorfeld konnten schon erste Erkenntnisse zum Baugrund identifiziert werden. Aufgrund von ersten Sondierungsuntersuchungen ist unter der Fundamentplatte nach Abschub des Oberbodens mit einem Bodenaustausch in einer Stärke von ca. 2 -3 m zu rechnen. Die schlechte Bodenbeschaffenheit wirkt sich aber auch auf die Kosten für die Gründung aus, bei einem Gebäude ohne Keller bewegt sich der Preis für den Bodenaustausch etwa zwischen 20.000 bis 30.000 Euro.
Bei einer vermuteten Pfahlgründung aufgrund des schlecht tragfähigem Untergrundes aus Erkenntnissen von naheliegenden Untersuchungen, ist mit Kosten von 40.000 bis 50.000 Euro zu rechnen. Diese Gründungsvariante kann derzeit noch nicht zu 100% ausgeschlossen werden, da noch kein verbindliches Bodengutachten vorliegt!

Mitnutzung der Turnhalle

Nach Rücksprache mit der Arbeitsgruppenleiter für Kindertagesbetreuung vom LRA-OAL ist die Mitnutzung der Turnhalle unter folgenden Bedingungen möglich;

  • Es muss ein direkter und barrierefreier Zugang vom zukünftigen Kindergarten in die Turnhalle ausgebildet sein, d.h. die Kinder müssen trocken und warm ohne sich anziehen zu müssen in die Turnhalle gelangen können. Dies ist eine verbindliche Vorgabe der Regierung von Schwaben, ansonsten kann keine Förderung für den Neubau in Aussicht gestellt werden! 

  • Die Turnhalle muss vormittags nur dem Kindergarten zur Verfügung stehen. D.h. es ist keine anderweitige Nutzung möglich! 

Die Grobkostenschätzung für den erforderlichen Zwischenbau liegt bei etwa 50.000 – 60.000 €.

Heizung
Anschluss an die bestehende Heizungsanlage der Turnhalle:
Wird wie geplant, die bestehende Heizung in der Turnhalle durch eine monovalente Gasheizung ausgetauscht, kann zwar die benötigte Wärmeenergie für Heizung und ggfls. Warmwasser technisch zur Verfügung gestellt werden, jedoch ist aufgrund des aktuellen Gesetzesentwurfs absehbar, dass es zum Verbot von Gasheizungen kommt und die Mitnutzung der Heizanlage nicht mehr möglich erscheint.
Unabhängig vom ökologischen als auch ökonomischen Aspekt – Stichwort: Klimaneutralität im Gebäudesektor, CO 2 Bepreisung usw., ist es fraglich, ob der Deckungsanteil von 65 % durch andere erneuerbare Anlagen, bspw. durch eine PV-Anlage, biogenes Flüssiggas etc, am Standort Wörth 3 erreicht werden kann.

Somit kann aller Voraussicht nach die Heizungsanlage der Turnhalle als Energieträger für den geplanten Kindergarten nicht mitgenutzt werden. Für einen eigenständigen regenerativen Energieträger und einen größeren Technikraum sind somit Investitionskosten von etwa 30.000 – 40.000 € zu veranschlagen. 

Stilllegung eines Erdtanks
Durch die Umstellung auf ein anderes Heizmedium in der Turnhalle muss der unterirdische Heizöltank ausgegraben werden, eine Verfüllung und in der Erde belassen oder die Nutzung als Regenwasserspeicher o. ä. ist nicht möglich! Die Kosten für eine fachgerechte Öltankentsorgung hängen u. a. von verschiedenen Faktoren ab, derzeit wird „nur“ für die Ausgrabung des ca. 16.000l Erdtanks und für die Verfüllung des entstandenen Erdloches mit Kosten von ca. 5.000 € gerechnet (ohne Abpumpen des Restöls, Innenreinigung, Entsorgung usw.).

Des Weiteren ist zu bemerken, sollte der Kindergarten an der südlich an der Turnhalle entstehen, ist eine weitere Zuwegung für die Flüssiggas-Befüllung zu schaffen. Kostenschätzung ca. 5.000 €.

Derzeit liegt die Zuständigkeit für den Heizungstausch inkl. Stilllegung des Erdtanks usw. beim FB 14/Gebaeudemanagement. Eine Ausgrabung des Tanks und neue Zuwegung zum Flüssiggastank ist nach Rücksprache mit dem FB 14 nicht geplant. 

Baurecht
Der geplante Standort für den Neubau des Kindergartens liegt im Außenbereich und ist im Flächennutzungsplan mit der Zweckbestimmung Grünland „Sportanlage“ dargestellt. 
Eine Bebauung mit dem geplanten Gebäude ist derzeit planungsrechtlich nicht zulässig.

Auszug aus der Stellungnahme des LRA-OAL vom 10.07.2023
„Das geplante Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Bauleitplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Des Weiteren ist durch den Neubau einer Kindertagesstätte auf dem gegenständlichen Grundstück auch die Verfestigung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung (Vorgang der Zersiedelung) entsprechend § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu befürchten. Die geplante Bebauung ist demnach bauplanungsrechtlich unzulässig, eine Baugenehmigung kann hier nicht erteilt werden.“

Für die Herstellung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens ist daher die Aufstellung eines Bebauungsplanes und die Änderung des Flächennutzungsplanes erforderlich. 

Problem ist hierbei das landesplanerische Anbindegebot, nach welchem neue Baugebiete nur im räumlichen Anschluss an vorhandene Siedlungsstrukturen möglich sind. Beim Bestand an Gebäuden und Nutzungen handelt es sich um keine dahingehend ausreichend gefestigte Siedlungsstruktur. Andererseits soll auch kein größeres Baugebiet ausgewiesen werden, sondern lediglich die Baumöglichkeit für ein zusätzliches Gebäude. 

Mit der Einleitung des Verfahrens muss im Rahmen der förmlichen Behördenbeteiligung eine baldmögliche Klärung erfolgen, ob der Standort planungsrechtlich entwickelbar ist, auch wenn die dahingehend erste Einschätzung durch die Bauaufsichtsbehörde negativ war. 

Für das entsprechende Parallelverfahren der Bauleitplanung ist nach dem Ergebnis einer ersten Anfrage mit Kosten von rd. 36.000 € zu rechnen. Bei der Planung werden die vorhandenen Sportanlagen mit einzubeziehen sein. 

Geltungsbereichsvorschlag:



Aufgrund der genannten Tatsachen wird der Stadtrat gebeten, die beschlossene Standort-Priorisierung für den Neubau des Kindergartens in Weißensee zu bestätigen.

Prio 1;                „Sport- und Turnhalle Wörth 3“
Prio 2;                „Oberkirch 4 - Pitzfeld Ost“

Beschlussvorschlag

Der Stadtrat nimmt die vorgenommenen Untersuchungen zur Standortbewertung im Bereich der Sport- und Turnhalle zur Kenntnis und bestätigt die in der Sitzungsvorlage genannte Priorisierung.

Die konkrete Planung für einen neuen Kindergarten in Weißensee soll am Standort „Sport- und Turnhalle Wörth 3“ eingeleitet werden. Dazu wird ein Bebauungsplan aufgestellt und die Änderung des Flächennutzungsplans für diesen Standort eingeleitet (Geltungsbereich siehe Sachverhalt). Die Verwaltung wird ermächtigt, Angebote einzuholen und die stufenweise Beauftragung bis zum Vorentwurf durchzuführen. 

Die Einleitung eines Vergabeverfahrens auf der Grundlage der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) zur Auswahl geeigneter Planungsbüros für die erforderlichen Architekten- und Fachplanungsleistungen gemäß HOAI – LPH 1-9 wird beschlossen.

Diskussionsverlauf

Dr. Christoph Böhm wirft ein, ein Kindergarten sollte nie in der Peripherie gebaut werden.

Beschluss

Der Stadtrat nimmt die vorgenommenen Untersuchungen zur Standortbewertung im Bereich der Sport- und Turnhalle zur Kenntnis und bestätigt die in der Sitzungsvorlage genannte Priorisierung.

Die konkrete Planung für einen neuen Kindergarten in Weißensee soll am Standort „Sport- und Turnhalle Wörth 3“ eingeleitet werden. Dazu wird ein Bebauungsplan aufgestellt und die Änderung des Flächennutzungsplans für diesen Standort eingeleitet (Geltungsbereich siehe Sachverhalt). Die Verwaltung wird ermächtigt, Angebote einzuholen und die stufenweise Beauftragung bis zum Vorentwurf durchzuführen. 

Die Einleitung eines Vergabeverfahrens auf der Grundlage der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) zur Auswahl geeigneter Planungsbüros für die erforderlichen Architekten- und Fachplanungsleistungen gemäß HOAI – LPH 1-9 wird beschlossen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 14, Dagegen: 2

Abstimmungsbemerkung
Peter Hartung und Thomas Meiler haben wegen kurzer Abwesenheit an Beratung und Abstimmung nicht teilgenommen.

Datenstand vom 04.10.2024 08:24 Uhr