Bauprogramm der Stadt Füssen; Vorberatung des aktuellen Entwurfs und weiteres Vorgehen


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Stadtrates, 27.04.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat Sitzung des Stadtrates 27.04.2021 ö beschliessend 8

Sachverhalt

Im Jahr 2019 hat die Verwaltung auf Anregung aus dem Stadtrat begonnen, ein Bauprogramm zu erstellen, in dem die absehbaren Baumaßnahmen der nächsten Jahre zusammengetragen und letztlich auch priorisiert (unter Berücksichtigung von Pflichtaufgaben bzw. freiwilligen Leistungen) werden sollen. Im weiteren Verlauf wäre vorgesehen, dieses regelmäßig, spätestens zu den Haushaltsberatungen zu aktualisieren, zu ergänzen und entsprechend fortzuschreiben. So könnte eine verlässliche Grundlage entstehen, die eine nachhaltige Finanzplanung unterstützen würde.

Allein die Untersuchung der städtischen Liegenschaften (z.B. Grund- und Mittelschule, Wohnimmobilien Ziegelwies usw.) und die aktuell dort laufenden bzw. künftig geplanten Maßnahmen haben gezeigt, dass der notwendige, in den nächsten Jahren anfallende Sanierungsbedarf enorm ist. Wenn man dann noch die sinnvollen, den heutigen Standards entsprechenden Modernisierungsaufwand einbezieht, geht es hier immerhin um einen zweistelligen Millionenbereit allein in den nächsten Jahren.

In diesem Zusammenhang bzw. im Kontext hat sich gezeigt, dass man die Entscheidung über das weitere Vorgehen bezüglich der Liegenschaften nicht losgelöst betrachten kann, sondern sinnvollerweise eigentlich ein ganzheitliches Bauprogramm erarbeiten müsste, das neben den Liegenschaften auch die übrigen bekannten bzw. in naher Zukunft absehbaren Hoch- und Tiefbaumaßnahmen (z.B. Straßen, Wege, Plätze, Anschaffungen usw.) beinhaltet.

Dazu hat die Verwaltung nun genau diese Maßnahmen zusammengestellt, die dem Stadtrat in der Sitzung vorgestellt werden. Sie liegen als grobe Übersicht als Anlage bei. Darauf wird für die Beratungen verwiesen.

Ziel wäre es nun, in den nächsten Monaten gemeinsam eine Art „Bauprogramm“ für die nächsten Jahre zu erstellen. Dieses Bauprogramm sollte am Ende alle bekannten bzw. schon absehbaren Baumaßnahmen beinhalten, die entsprechend der Notwendigkeit, Dringlichkeit und Finanzierbarkeit priorisiert werden und das im regelmäßigen Turnus als künftige Planungsgrundlage z.B. auch für die kommunale Finanzplanung fortgeschrieben wird.

Folgende Vorgehensweise wäre dazu vorstellbar:

  1. Priorisierung der Maßnahmen nach „Pflichtaufgaben“ und nach „freiwilligen Aufgaben“

Was sind freiwillige, was sind Pflichtaufgaben?

Kommunale Aufgaben lassen sich unterscheiden nach dem Grad der Pflichtigkeit: Es gibt freiwillige Aufgaben und Pflichtaufgaben. Dieser Unterschied ist mit dem obigen nicht deckungsgleich: Zwar sind übertragene Aufgaben immer verpflichtend, doch die Selbstverwaltungsaufgaben sind teils pflichtig, teils freiwillig. Die pflichtigen Aufgaben werden daher in "Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben" und "Pflichtaufgaben nach Weisung" unterschieden. Ist die Art der Ausführung durch Gesetz vollständig vorgegeben, spricht man von "Auftragsangelegenheiten". Hier ist die Kommune lediglich (unterste) Verwaltungsbehörde.

Danach lassen sich die Aufgaben mit abnehmendem Gestaltungsspielraum der Kommunen in vier Arten unterteilen:

Freiwillige (Selbstverwaltungs-)Aufgaben, bei denen die Kommune über das Ob und das Wie der Aufgabenerfüllung frei entscheiden kann. Beispiele hierfür sind: Kultur, Sport, Wirtschaftsförderung.

Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben: Das Ob der Aufgabenerfüllung ist vorgegeben, über das Wie können die Kommunen jedoch selbst entscheiden. Häufig gibt es jedoch vorgegebene Qualitätsstandards, die mindestens erreicht werden müssen. Beispiele sind: Abwasserbeseitigung, Wasserversorgung, Schülerbeförderung, Feuerschutz, Schulhausbau, Kindergartenwesen, Gemeindestraßen.

Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Hier ist das Ob und das Wie der Aufgabenerfüllung vorgegeben. Beispiele: Sicherheits- und Ordnungsverwaltung, Kosten der Unterkunft nach SGB II.
Auftragsangelegenheiten, Aufgaben der untersten Verwaltungsbehörde: Hier agiert die Kommune als unterste Ebene der (Landes-)Verwaltung. Beispiele: Pass- und Meldewesen, Standesamt, Gesundheitsamt, Veterinäramt, Wahlen, Volkszählung. Dennoch bleiben ihr auch hier Gestaltungsspielräume z. B. im Rahmen ihrer Organisations- und Personalhoheit.

Erstellung einer Prioritätenliste der Pflichtaufgaben nach folgenden Kriterien:

    1. Feststellung der gesetzlichen „Pflichtaufgaben“ bzw. der Aufgaben, die mit Pflichtaufgaben anderer Träger (z.B. Stadtwerke Füssen) in engem räumlichen bzw. technischen Zusammenhang stehen (Wasser, Abwasserbaumaßnahmen in den davon betroffenen Straßen, Wegen und Plätzen).
    2. Ermittlung der Aufgaben, für die die Stadt Füssen bereits konkrete Verpflichtungen eingegangen ist (z.B. weil sie hierfür Planungsaufträge oder evtl. sogar Bauaufträge erteilt hat) oder zu denen sie aus anderen Gründen verpflichtet ist (z.B. Verkehrssicherungspflicht als Grundstückseigentümer usw.)
    3. Aufgaben, die aufgrund der besonderen Situation für die Stadt Füssen neben den eigentlichen Pflichtaufgaben besonders wichtig sind: z.B. Tourismus, Kultur, usw.
    4. Aufgaben, zu denen es bereits entsprechend konkrete Beschlusslagen gibt.

  1. Ermittlung der freiwilligen Maßnahmen bzw. der Leistungen, für die (noch) keine verbindliche Verpflichtung der Stadt besteht:

  1. Prüfung der Aufgaben darauf, ob diese von der Stadt ausgeführt werden müssen oder ob diese genauso gut von einem Dritten erledigt werden könnten:

  1. Ermittlung derjeniger Maßnahmen, bei den Fördermöglichkeiten (z.B. Städtebauförderprogramm, FAG-Förderungen, Förderungen aus dem GVFG, Kommunales Wohnraumförderprogramm – KommWFP, LEADER,  usw.) bestehen

  1. Abschließende Bewertung der Wichtigkeit und Notwendigkeit der Maßnahmen unter Berücksichtigung der vorherigen Schritte und vor allem unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit und letztlich der Finanzierbarkeit der Maßnahme

Bezüglich der eingangs erwähnten, von der Architektengemeinschaft Harbich & Beck untersuchten städtischen Liegenschaften wären dann noch darüber zu beraten und in einer der nächsten Sitzungen zu entscheiden, ob bei diesem

  • nur dem dringenden Sanierungsbedarf nachgekommen,
  • ob diese energetisch auf den aktuellen Stand gebracht,
  • ob diese den heutigen Standard’s entsprechend modernisiert,
  • ob diese entsprechend einem höheren Qualitätssegment saniert werden soll oder
  • ob dort evtl. sogar eine Nachverdichtung zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum erfolgen soll?

Im letzteren Fall müsste dazu zu gegebener Zeit und nach konkreterer Untersuchung beraten und entschieden werden, in welcher Form dies geschehen soll (z.B. bauliche Erweiterung der Bestandsgebäude bzw. Ersatzneubauten mit zusätzlichem Wohnraum oder zusätzliche bzw. ergänzende Schaffung von Wohnraum.

Natürlich sind dazu dann die entsprechenden Fördermöglichkeiten (z.B. über das Kommunale Wohnraumförderprogramm – KommWFP) noch explizit aufzuzeigen. Dies wird anhand von Beispielen versucht zu erläutern.

Den einzelnen Maßnahmen (sowohl Liegenschaften, sonstiger Hochbau als auch bei den Tiefbaumaßnahmen) könnten dann entsprechenden Ausführungsprioritäten 1 - 3 zugeordnet.

Priorität 1        Maßnahmen, die bereits begonnen wurden oder für die aufgrund verkehrssicherheitsrelevanter Umstände eine Projektrealisierung dringend geboten ist. Dazu gehören auch Projekte, die vernünftigerweise oder aus Gründen der Bauabwicklung mit zwingend notwendigen Maßnahmen der Wasserver-, Abwasserent- bzw. der Energieversorgung oder anderer Träger ausgeführt werden müssen.

Priorität 2        Maßnahmen, die aufgrund der Verkehrssicherheit ebenfalls dringend einer Umsetzung bedürfen, bei denen aber noch nicht alle Voraussetzungen für den Ausbau vorliegen sowie Maßnahmen mit vertraglichen Verpflichtungen.

Priorität 3        Weitere Projekte, die noch nicht dringend unabweisbar sind und im Bauprogramm dargestellt werden.

Anhand dieser Prioritäten würde dann das abschließende, vorläufige Bauprogramm, in denen die Gewichtung auf die Jahre verteilt wird, erstellt werden. Dabei sollte berücksichtigt werden, welches Investitionsvolumen der Stadt Füssen jährlich zur Verfügung steht bzw. welche zusätzliche (Neu-)Verschuldung der Stadt zumutbar ist.

Sonstige Hinweise zum geplanten Bauprogramm:

Bei der Entscheidung über die Aufnahme in das Bauprogramm neben der Bedeutung der örtlich erkennbare Zustand, insbesondere im Hinblick auf die Verkehrssicherheit, maßgebend. Ebenso sollen Maßnahmen aufgenommen worden, bei denen Fördermittel in Aussicht gestellt wurden. Speziell bei den Tiefbaumaßnahmen werden neben den grundsätzlich zu erneuernden Straßen auch diejenigen in die Prioritätenliste aufgenommen, deren Ausbau in Folge von umfassenden Wasser-, Kanal-, Strom, DSL-Baumaßnahmen der Ver- und Entsorgungsträger unabdingbar ist.

Der Realisierungszeitpunkt und -umfang der geplanten Maßnahmen des Bauprogramms ist sowohl abhängig von der konkreten Beschlussfassung des Stadt- bzw. Grundstücks-, Bau-und Umweltausschusses als auch von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Stadt Füssen.

Derzeit ist eine konkrete Zeitplanung ausschließlich für das laufende bzw. das kommende Haushaltsjahr 2021 und – bedingt – für den Finanzplanungszeitraum bis 2025 möglich. Für die weiteren Jahre kann nur grob ein möglicher Zeitrahmen dargestellt werden, dieser wird bei der turnusmäßigen Fortschreibung jeweils wieder angepasst und aktualisiert werden müssen.

Im Zuge der Fortschreibung des Bauprogramms werden die einzelnen Maßnahmen hinsichtlich ihrer Priorität und Rangfolge immer wieder auf’s Neue überprüft und gegebenenfalls im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten zeitlich neu eingeordnet. Dabei werden Erfordernisse aus der Sicht der Verkehrssicherheit und des baulichen Unterhalts sowie mögliche Einsparungen durch die gemeinsame Ausführung von übergeordneten Maßnahmen anderer Träger, anderen Tiefbaumaßnahmen wie Wasser, Abwasser, Telekommunikation bzw. sonstiger Ver- und Entsorgungsträger berücksichtigt, ebenso die Förderfähigkeit einzelner Maßnahmen.

Nähere Informationen dazu bzw. zur Vorgehensweise erfolgen im Rahmen der Beratung.

Im Rahmen dieser Beratung sollte dann der Stadtrat das weitere Vorgehen dem Grunde nach vorgeben, sodass darauf basierend dann das Bauprogramm Zug um Zug erstellt werden könnte. In der anstehenden Sitzung ist noch keine Beschlussfassung dazu geplant. Die Verwaltung könnte sich vorstellen, dass dieses Bauprogramm dann bis zur nächsten Haushaltsberatung soweit stehen könnte, dass es vom Stadtrat als künftige Grundlage beschlossen werden kann.

In den folgenden Jahren würde dann dieses immer wieder entsprechend aktualisiert (sowohl hinsichtlich der aktuellen und neu hinzukommenden Maßnahmen bzw. der damit verbundenen Einnahmen & Ausgaben als auch hinsichtlich der Priorisierung) und dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

Der aktuelle Entwurf des Bauprogramms liegt als erste Diskussionsgrundlage der Sitzungsvorlage bei.

Datenstand vom 02.07.2021 07:55 Uhr