Daten angezeigt aus Sitzung:
Sitzung des Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschusses, 08.03.2022
Beratungsreihenfolge
Sachverhalt
Die Halle wurde 1999 ursprünglich als Erweiterung des im Außenbereich gelegenen Bestandsbetriebes genehmigt. 2014 fand eine Abtrennung der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Halle zu einem selbständigen Betrieb statt. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde bei der Beratung im Ausschuss am 04.06.2013 bereits darauf hingewiesen, dass die Mehrheit des Ausschusses eine (weitere) Erweiterung des Betriebes auf keinen Fall für möglich erachtet.
Nach vorläufiger Einschätzung ist von der Notwendigkeit einer Bauleitplanung auszugehen. In Anlehnung an die zukünftigen Kriterien zur Regelung der sozialgerechten Bodennutzung ist der dahingehende Erwerb der angrenzenden Grundstücksfläche in Betracht zu ziehen.
Ergebnis aus der Sitzungsvorbesprechung mit den Vertretern des Landratsamtes Ostallgäu am 03.03.2022:
Auf die evtl. anwendbare Regelung nach § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB wurde verwiesen. Danach kann der baulichen Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist als sonstigem Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widerspricht, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 ist.
Aus einem früheren Verfahren liegt aber u. U. eine Verpflichtungserklärung vor, die weitere Erweiterungen untersagt. Hintergrund ist, dass die Halle zum Zeitpunkt ihrer Genehmigung bereits den Rahmen der maximal zulässigen Erweiterungen des ursprünglichen Gesamtbetriebs ausschöpfte.
Mit der Überplanung des Areals befasste sich das LRA zurückliegend bereits. Das Ergebnis der Prüfung wird von dort aus nachgereicht.
Zur „Angemessenheit“ einer Erweiterung:
Die Orientierung auf die vorhandene Bebauung bedeutet, dass sie nicht unverhältnismäßig sein und nicht zu einer erheblichen zusätzlichen Beeinträchtigung von Außenbereichsbelangen führen darf. Erforderlich ist auch hier eine Einzelfallbeurteilung. Eine schematische Beurteilung nach bestimmten einheitlich geltenden Prozentsätzen würde dem nicht gerecht werden. Jedoch ist der Umfang der Erweiterung ein wichtiges Indiz für die Beurteilung der Angemessenheit der Erweiterung. (EZBK/Söfker, 128. EL Februar 2018, BauGB § 35 Rn. 162b, beck-online)
Beispiele aus der Rechtsprechung:
Die Erweiterung in einem Umfang bis 25% noch angemessen nach VGH München Urt. v. 29.3.1985 – 26 B 82 A 2195, BRS 52 Nr. 92; ähnlich OVG Koblenz Urt. v. 25.4.1996 – 1 A 11103/95.OVG: angemessen im Regelfall 20 bis 25% Erweiterung;
30% Erweiterung nicht mehr angemessen nach dem OVG Lüneburg Urt. v. 27.11.1981 – 5 A 38.80, BauR 1982, 361 = BRS 38 Nr. 103 = ZfBR 1982, 180.
Nach dem OVG Schleswig Urt. v. 10.12.1998 – 1 L 135/97, BRS 62 Nr. 115 = NordÖR 1999, 367, ist die Erweiterung der Wohn- und Nutzfläche um fast 42% bzw. die Erweiterung eines Seniorenheims mit 19 Appartements um 9 weitere nicht angemessen. Nach dem OVG Koblenz Urt. v. 22.5.2002 – 1 A 11346/01, Juris, kann die Erweiterung eines Campingplatzes um eine Fläche in der Größe von 21 bis 26% ohne zusätzliche Gebäude angemessen sein. Die Angemessenheit bei einer Verdoppelung eines Hotelkomplexes verneint von VGH München Beschl. v. 12.9.2006 – 1 ZB 05.2076, BeckRS 2009, 36538.
Zur Unangemessenheit der Erweiterung einer Lagerhalle für Baustoffe, Schalungen und Gerüste von 237 qm um 125 qm [53%] s. VGH München, Beschl. v. 9.3.2000 – 14 ZB 98.3352.
Vorliegend geplant ist die Vergrößerung der bestehenden Werkhalle von ca. 292 qm um ca. 144 qm. Der Anteil liegt damit bei ca. 49 % und liegt damit entsprechend der Rechtsprechung nicht mehr im Rahmen der Angemessenheit eines Außenbereichsvorhabens. Demnach steht die Erweiterung im Widerspruch (zumindest) zu den öffentlichen Belangen Flächennutzungsplan und Verfestigung und Erweiterung der Splittersiedlung.
Auch danach setzt das Vorhaben eine Bauleitplanung voraus.
Beschlussvorschlag
Der Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss beschließt, das kommunale Einvernehmen zum derzeitigen Stand nicht zu erteilen, da das Vorhaben bei Außenbereichslage nicht zulässig ist. Die Einleitung einer Bauleitplanung wird in Aussicht gestellt, soweit in Anlehnung an die diesbzgl. geplanten SoBoN-Richtlinien ein Erwerb der Restfläche durch die Stadt Füssen erfolgt.
Beschluss
Der Planungs-, Bau-, Umwelt- und Verkehrsausschuss beschließt, das kommunale Einvernehmen zum derzeitigen Stand nicht zu erteilen, da das Vorhaben bei Außenbereichslage nicht zulässig ist. Die Einleitung einer Bauleitplanung wird in Aussicht gestellt, soweit in Anlehnung an die diesbzgl. geplanten SoBoN-Richtlinien ein Erwerb der Restfläche durch die Stadt Füssen erfolgt.
Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 0
Datenstand vom 04.10.2024 10:14 Uhr