Unwetter in Wabern – Kostenerstattungspflicht der Anwohner für die Feuerwehreinsätze gem. Art. 28 Abs. 4 BayFwG i. V. m. Satzung FKES


Daten angezeigt aus Sitzung:  Gemeinderatssitzung, 21.07.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Geltendorf) Gemeinderatssitzung 21.07.2022 ö beschließend 7

Sach- und Rechtslage

Am 29.06.2021 herrschte ein großes Unwetter in Wabern. In diesem Zuge sind vier Kellerräume bzw. auch eine Güllegrube mit Wasser vollgelaufen. Außerdem sind große Schlammmassen von den oberen Ackerflächen über die Straßen und Grundstücke geflossen. 
Die daraufhin alarmierte Feuerwehr pumpte die Keller/Güllegrube aus. 
Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG können die Gemeinden Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze und Sicherheitswachen gemeindlicher Feuerwehren oder durch Einsätze hilfeleistender Werkfeuerwehren entstanden sind.
Kostenersatz können die Gemeinden laut Art. 28 Abs. 4 BayFwG auf der Grundlage einer Kostensatzung verlangen.  
Art. 28 Abs. 4 BayFwG ermächtigt somit die Gemeinden in einer Satzung Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten bei der Erfüllung von Aufgaben nach Art. 4 BayFwG festzulegen. Von diesem Recht hat die Gemeinde Geltendorf durch die Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren vom 01.03.2000 Gebrauch gemacht. Gemäß § 1 Abs. 3 der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren richtet sich die Höhe des Aufwendungs- und Kostenersatzes nach den Pauschalsätzen der Anlage zu dieser Satzung. 
Dadurch, dass diese Satzung besteht, ist diese auch einzuhalten. 

Der abwehrende Brandschutz und der technische Hilfsdienst der Feuerwehr sind eine Pflichtaufgabe der Gemeinde (Art. 1 Abs. 1 BayFwG). Freiwillige Leistungen der Feuerwehr sind: Hilfeleistungen die nicht zu den gesetzlichen Pflichtaufgaben der Feuerwehren gehören, Überlassung von Gerät und Material zum Gebrauch oder Verbrauch, Leistungen der Atemschutzgerätewerkstatt/Schlauchwerkstatt, Bereitstellung der Atemschutzstrecke zur Benutzung, sowie sonstige Leistungen der Freiwilligen Feuerwehren die willentlich in Anspruch genommen werden (§ 1 Abs. 2 der gemeindlichen Satzung der Freiwilligen Feuerwehr).

Gemäß § 1 Abs. 2 der gemeindlichen Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren erhebt die Gemeinde Geltendorf Kostenersatz für die Inanspruchnahme ihrer Feuerwehr für freiwillige Leistungen. Die Kostenschuld entsteht mit der Inanspruchnahme der Feuerwehr. 

Bei dem Auspumpen eines Kellers/einer Güllegrube handelt es sich weder um Brandschutz, noch
um einen technischen Hilfsdienst, sondern um eine Hilfeleistung, die nicht zu den Pflichtaufgaben
der Feuerwehr gehört, somit eine freiwillige Hilfeleistung darstellt. Kostenschuldner ist derjenige, der die Feuerwehr hierfür willentlich in Anspruch genommen hat (§ 2 Abs. 2 der gemeindlichen Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher
Feuerwehren). 

Dabei ist es unerheblich, ob an der Verursachung ein Verschulden besteht. 

Neben den Pflichtaufgaben nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayFwG können die gemeindlichen Feuerwehren auch freiwillige Tätigkeiten übernehmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinden und damit auch die Feuerwehren außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge grundsätzlich wirtschaftliche Leistungen durch die Übernahme freiwilliger Leistungen nur erbringen dürfen, wenn ein öffentlicher Zweck dies erfordert und diese Leistungen nicht ebenso gut und wirtschaftlich von privaten Unternehmen erbracht werden können. Sie dürfen insoweit nicht in Konkurrenz zu privaten Wirtschaftsunternehmen treten. Die Verwaltung eigenen Vermögens bleibt unberührt.

Diese Einsätze müssen von der Gemeinde verrechnet werden (Ermessensreduzierung auf null), da sie letztendlich auch von einem privaten Unternehmer erfüllt werden könnten. 

Dies ist in der Vergangenheit auch so geschehen, weswegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 118 Abs. 1 Bayer. Verfassung, Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) berücksichtigt werden muss. 

Die Verwaltung hat die betroffenen Anlieger in Wabern – bevor ein belastender Bescheid erlassen wurde (Art. 28 BayVwVfG) – angehört. Diese berufen sich zum Teil darauf, dass die Feuerwehreinsätze im Zuge eines Unwetters und in ihren Augen somit höherer Gewalt unterlagen oder gar eine Naturkatastrophe vorlag. Selbst wenn dies der Fall wäre, dann hätte es sich um einen technischen Hilfsdienst der Feuerwehr gehandelt und dieser wäre nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayFwG ebenfalls abrechnungsfähig. 

Von der Erstattungspflicht verschont bleibt man nur unter ganz bestimmten Umständen, bspw. wenn der Katastrophenfall vom Landratsamt Landsberg am Lech für die Gemeinde ausgerufen wird. Dies ist bisher für Geltendorf jedoch noch nie der Fall gewesen. In einem solchen Fall würde das Landratsamt entscheiden, ob und inwieweit ein Kostenersatz erfolgt.
Nachdem die Anwohner bezüglich der Erhebung der Kosten sehr emotional und betroffen reagiert haben, würde die Verwaltung – nach Rücksprache mit dem Bayer. Gemeindetag – einmalig von der Erhebung absehen. Allerdings sollten die Anwohner im gleichen Zuge darauf hingewiesen werden, dass diese Vorkehrungen treffen müssen, um künftige Einsätze zu vermeiden. 
Auch die Grundstückseigentümer der Ackerflächen sollten darauf hingewiesen werden, dass sie die Kostenerstattungspflicht bei künftigen Feuerwehreinsätzen treffen könnten, wenn die Straßen von Schmutz/Unrat von ihren Ackerflächen überflutet werden. Gemäß Auskunft des Bayer. Gemeindetages kann in diesen Fällen der Grundstückseigentümer als Gefahrenbeseitigungs-pflichtiger zum Kostenersatz herangezogen werden. 
Die Gesamtkosten der 5 Einsätze belaufen sich in der Summe auf 1.301,23 €

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt, einmalig von der Kostenerstattungspflicht der Anwohner abzusehen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 5, Dagegen: 11

Datenstand vom 20.04.2023 11:58 Uhr