Städtebaulicher Vertrag zum Bebauungsplan Nr. 49 "Nähe Raiffeisen", Gerolsbach


Daten angezeigt aus Sitzung:  10. Sitzung des Gemeinderates, 22.11.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Gerolsbach) 10. Sitzung des Gemeinderates 22.11.2022 ö 2.1

Sachverhalt

Nach Rücksprache mit dem Eigentümer/Vorhabenträger wird der Städtebauliche-Vertrag öffentlich behandelt (Der Städtebauliche-Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Eigentümer ist keine öffentlich zugängliche Planunterlage) 
Der Vertragsentwurf wurde im Vorfeld an alle GRM`s ausgehändigt und gebeten im Vorfeld Anregung und Anträge zu stellen. 

Per Mail ging am Sonntag, 20.11. 22 beim Ersten Bürgermeister ein Antrag der UB-Gruppierung ein.  Es werden folgende Änderungsanträge gestellt:

  1. Zu § 3 Nr. 2
Die Gemeinde behält sich für den Fall, dass mit dem Bau des Lebensmittel-Vollsortimenters nicht innerhalb von 12 Monaten nach In-Kraft-Treten des Bebauungsplans mit dem Bau begonnen wird vor, den gesamten Bebauungsplan Nr. 49 umgehend aufzuheben oder abzuändern. 
Erst nach der Fertigstellung des Lebensmittel-Vollsortimenters darf mit der Bebauung der Wohngebiete WA 1 und WA 2 begonnen werden. 
Sollte mit dem Bau des Lebensmittel-Vollsortimenters innerhalb von 12 Monaten nach In-Kraft-Treten des Bebauungsplans mit dem Bau begonnen werden, behält sich die Gemeinde trotzdem weiter vor, den Bebauungsplan für die Bereiche (WA 1 und WA 2) nach 84 Monaten nach In-Kraft-Treten des Bebauungsplans aufzuheben oder abzuändern.
Der Eigentümer verzichtet für diesen Fall auf bereits jetzt unwiderruflich auf Entschädigungsansprüche….“

  1.        Zu § 6 Nr. 3:
„Die Zahlung an die Gemeinde für Infrastrukturabgaben beträgt für das allgemeine WA (Bauabschnitt 2) 1.000.000 Euro und zusätzlich in den ersten 10 Jahren ab Bezug 20.000 Euro pro Jahr (mit einer Inflationsausgleichsregelung). Diese Zahlungen können auch nicht abgewendet werden. „

  1.        § 6 Nr. 10 wird gestrichen.



Rechtliche Würdigung des Antrages:
Zu 1: 
Bei dem BP Nr. 49 „Nähe Raiffeisen“ handelt es sich um einen sog. „Angebotsbebauungsplan“, nicht um einen vorhabenbezogenen. In der vorliegenden  Entwurfsfassung können die Fristen mit der Vermeidung einer Brache städtebaulich begründen. 

Der Vorschlag der UB-Gruppierung sieht jedoch eine strikte zeitliche Staffelung vor, was nichts anderes bedeutet, als nach dem BPlan bestehendes Baurecht einzuschränken. Außerhalb eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans gibt es hierfür keine rechtliche Grundlage.

Eine entsprechende Vereinbarung wäre damit unwirksam und könnte im Falle der Gesamtunwirksamkeit auf den kompletten Vertrag durchschlagen und auch die restlichen Regelungen mitziehen.

Zudem wurden bereits weitreichende Vereinbarungen im städtebaulichen Vertrag getroffen. Eine Verschärfung dieser Pflichten verschiebt das Ungleichgewicht und leistet damit der Unwirksamkeit Vorschub.

Definitiv unwirksam, weil unangemessen und städtebaulich nicht begründbar ist die Forderung, dass die Gemeinde nach Errichtung des Marktes ohne nachvollziehbaren Grund den BPlan für die Wohnbebauung aufhebt und der Bauherr auf Entschädigungsansprüche verzichtet. Damit wäre der Bauherr der Willkür der Gemeinde ausgesetzt.


Zu 2:
Bezüglich der geforderten Abgabe gilt zum Thema Angemessenheit das oben Gesagte. Der Betrag von 1 Mio. € ist dabei völlig unverhältnismäßig. Zudem entbehrt dieser Vorschlag jeglicher Rechtsgrundlagen. 

§ 11 Abs.1 Ziff.3 BauGB sieht vor, dass Kosten, für die das Plangebiet ursächlich ist, auf den Bauherrn übertragen werden könnten.

Vorliegend ist eine Ursächlichkeit, schon gar nicht in dieser Höhe, erkennbar. Die UB-Gruppierung möchte im Vertrag schlichtweg eine finanzielle Zahlung unabhängig von der Ursächlichkeit vereinbaren, was unzulässig ist. Hinzu kommt, dass vorliegend der Gemeinde keine Erschließungskosten entstehen und trotz Herstellung der leitungsgebundenen Anlagen vollumfassend Herstellungsbeiträge ohne Anrechnung erhoben werden. Dies ist bereits nicht der Regelfall.

Schlussendlich möchte die UB-Gruppierung die Schaffung von Baurecht von der Zahlung von 1. Mio € abhängig machen. Dieses Konstrukt ist unwirksam und verstößt auch gegen das Koppelungsverbot. Es würde der Verdacht im Raume stehen, dass sich der Bauherr das Baurecht kauft. Auch unter strafrechtlichen Aspekten muss von den Forderungen der UB-Gruppierung abgeraten werden, da sich die Gemeinde sonst in gefährlicher Nähe zum Verdacht der Bestechung oder Vorteilsnahme begibt. 

Beschlussvorschlag:
Der Antrag der UB-Fraktion ist rechtswidrig und birgt ein strafrechtliches Risiko für die Gemeinde.  Der Antrag ist abzulehnen. 
Abstimmungsergebnis: 10 : 2 
Mit Nein stimmten GRM Stefan Maurer und GRM Oliver Eisert.

Beschluss

Dem vorgestellten Städtebaulichen Vertrag wird zugestimmt. Der Bürgermeister o. V. i. A. wird 
beauftragt den Vertrag gegenzuzeichnen. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 8, Dagegen: 4

Abstimmungsbemerkung
Mit Nein stimmten GRM Stefan Maurer, GRM Oliver Eisert, GRM Gerti Schwertfirm und GRM Peter Popfinger

Datenstand vom 30.09.2024 13:56 Uhr