1. Änderung des Bebauungsplanes "Gewerbegebiet BAB 96 Nord" (Gewerbepark Ost) für den Bereich nördlich der Lindauer Autobahn für die Fl.Nrn. 8/2, 117, 117/1, 118, 119, 120, 120/1, 120/2, 129/4, 129/5, 130 (Tfl.), 142, 142/1, 154 (Tfl.) und 154/17 (Tfl.), Gemarkung Argelsried; Änderungseinleitungs- und Billigungsbeschluss; Öffentliche Auslegung gem. § 13 a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz und Nr. 3 2. Halbsatz BauGB


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Haupt- und Bauausschusses, 15.10.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Haupt- und Bauausschuss Sitzung des Haupt- und Bauausschusses 15.10.2018 ö beschließend 12

Sachverhalt

1.        Der Bebauungsplan (BP) „Gewerbegebiet BAB 96 Nord“ (mit Gemeinderatsbeschluss vom 17.04.2018 umbenannt in „Gewerbepark Ost“) für den Bereich nördlich der Lindauer Autobahn für die Fl.Nrn. 8/2, 117, 117/1, 118, 119, 120, 120/1, 120/2, 129/4, 129/5, 130 (Tfl.), 142, 142/1, 154 (Tfl.) und 154/17 (Tfl.), Gemarkung Argelsried, wurde i.d.F.v. 19.06.2017 durch ortsübliche Bekanntmachung am 27.09.2017 in Kraft gesetzt.

2.        Die Gemeindeverwaltung befindet sich aktuell im Stadium des Grundverkaufs an ansiedlungswillige Gewerbetreibende; einzelne Beurkundungen sind erfolgt. Von deren Seite werden derzeit Bauanträge vorbereitet bzw. wurden solche bereits bei der Gemeinde eingereicht (z.B. Fa. Dr. Hönle AG). Im Rahmen der zugehörigen Bauberatung bzw. -eingabeplanung wurden diverse planabweichende Bauwünsche begründet, die durch die bisherigen Planfestsetzungen nicht gedeckt sind, jedoch seitens der Gemeinde auf städtebauliche Verträglich- und damit auch Umsetzbarkeit konstruktiv geprüft werden sollten.

       Hintergrund:
       Der BP „GE BAB 96 Nord“ wurde durch die Gemeinde als so genannter Angebotsplan erstellt, um der nachweislich großen Nachfrage nach Gewerbegrund gerecht zu werden. Typisch für diese Art BP ist, dass er vorhabensunabhängig aufgestellt wird und potentielle Gewerbetreibende meist erst zum Zeitpunkt der Gebietsvermarktung, d.h. nach Planfertigstellung mit dessen Festsetzungen konfrontiert werden. In diesem Wissen hatte die Gemeinde über die Festsetzung eines sehr großzügiges Baurechtes versucht, die empirisch sehr vielfältigen firmenspezifischen baulichen Anforderungen weitestgehend abzudecken, was leider – wie sich aktuell wieder zeigt – nur bedingt möglich ist.

       Planabweichende Bauwünsche von Antragstellerseite können entweder mit Verweis auf die bestehenden Planfestsetzungen abgelehnt oder über Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB durch die Baugenehmigungsbehörde bzw. durch Planänderung der Gemeinde zugelassen werden.
Erfahrungsgemäß lehnt das Landratsamt als zuständige Genehmigungsbehörde Befreiungsanträge unter stetigem Verweis auf eine fehlende Atypik des Einzelfalles und die vermeintliche Verletzung der Grundzüge der Planung regelmäßig dogmatisch ab, was pragmatische Lösungsansätze leider ebenso regelmäßig ausschließt. Es liegt somit bei der eine konstruktive Ansiedlungspolitik betreibenden Gemeinde zu entscheiden, ob die Planabweichungswünsche noch mit ihrem städtebaulichen Ordnungs- und Entwicklungswillen vereinbar sind und sie diese über eine BP-Änderung zulassen möchte.
Im Nachfolgenden werden die der Verwaltung bis zum jetzigen Zeitpunkt zur Diskussion vorliegenden Abweichungspunkte näher dargelegt – siehe insbesondere die Befreiungsanträge der Fa. Dr. Hönle AG, behandelt in den Sitzungen des Haupt- und Bauausschusses (HBA) vom 18.06. (zugestimmt) bzw. 20.08.2018 (abgelehnt) – und städtebaulich möglichst verträgliche Lösungsvorschläge unterbreitet.

2.1        max. Wandhöhe und Dachform bzw. -neigung im GE:
       Gewünscht wird eine Anhebung der zulässigen Wandhöhe um 1 m auf 11 m. Begründet wird dies vor allem mit unterschiedlich erforderlichen Geschosshöhen für Produktionsflächen einerseits und Flächen für Büro und Verwaltung andererseits, mit größeren Deckenstärken resultierend aus der Summe der statisch tragenden Bauteile, Unterzüge und haustechnischen Installationen sowie der höheren Lage des Erdgeschossfußbodens zur Vermeidung einer kostenintensiven Hebeanlage für die Entwässerung im Erdgeschoss.

       Anmerkung der Verwaltung:
Bislang festgesetzt ist eine max. Wandhöhe von 10 m, gemessen von der Oberkante der nächstliegenden Erschließungsstraße in Gebäudemitte, überschreitbar um max. 3 m durch untergeordnete Dachaufbauten ohne Aufenthaltsfunktion bis zu 5 % der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses. Zulässig sind Flachdächer und flachgeneigte Dächer mit einer Dachneigung bis zu 10° bzw. Sattel- oder Pultdächer mit einer Dachneigung zwischen 10 und 20°.
Die bisherige Begrenzung der Wandhöhe auf max. 10 m resultiert aus der Lage des GE am Ortsrand und der entsprechenden Einsehbarkeit von außen kommend; von einer stringenten Höhenbeschränkung der Baukubatur sollte daher auch weiterhin nicht abgewichen werden. Eine Heraufsetzung der Wandhöhe um 1 m liegt aber im für das Ortsbild noch tolerierbaren Bereich von 10%, wenn weiterhin festgesetzt wird, dass der höchste Punkt der Dachfläche die max. zulässige Wandhöhe nicht überschreiten darf (ausgenommen technische Dachaufbauten), d.h. 11 m dürfen nicht überschritten werden, gleich welche Dachform gewählt wird.
Eine gleichzeitige Heraufsetzung der Gesamtgrundfläche für Dachaufbauten von 5% auf 10% der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses wird empfohlen, um den hierzu ebenfalls zu erwartenden Befreiungswünschen vorzugreifen, wie sie beispielsweise in der baulichen Realisierungsphase des BP GE Süd seitens der Bauwerber mehrfach vorgebracht wurden und nur über eigens durch den HBA beschlossene „Vollzugshinweise“ zugelassen werden konnten.

2.2.        Baugrenze im GE:
Beantragt wurden mehrere Bauraumüberschreitungen, u.a. für Tiefgaragenzufahrten und Rampen mit ihren Einhausungen (teilweise bis zu 138 m² Fläche) sowie durch Entrauchungsschächte.

       Anmerkung der Verwaltung:
       Aufgrund der bewusst großdimensioniert festgesetzten Baufenster wurde eine Regelung zu Bauraumüberschreitungen im BP bislang nicht für erforderlich gehalten.
Ein Vortreten von Gebäudeteilen über die Baugrenze in geringfügigem Ausmaß kann gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO grundsätzlich zugelassen werden, was jedoch in der alleinigen Entscheidungsbefugnis der Genehmigungsbehörde liegt und erfahrungsgemäß ebenso restriktiv behandelt wird (siehe oben). In Frage kommt aber § 23 Abs. 3 Satz 3 BauNVO, wonach es den Gemeinden ermöglicht wird, nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen im BP vorzusehen.
       Da derzeit nur die Größen der festgesetzten Baufenster, nicht aber die der später tatsächlich herausgemessenen Baugrundstücke mit ihren diversen internen Erschließungsflächen inkl. Tiefgaragenzufahrten und Rampen bekannt sind, ist eine praktikable Ausnahmeregelung im BP für eine Baugrenzenüberschreitung sowohl über Fixwert als auch Verhältnisangabe schwierig: Egal ob eine beispielsweise Überschreitung um bis zu 150 m² (Fixwert) oder einem Drittel der Baugrenzenlänge (Verhältnisangabe) festgelegt wird, kann dies für unterschiedlich große Baugrundstücke ein nicht bzw. gerade noch ausreichend oder aber auch eine völlige Überdimensionierung bis hin zur Quasiaufhebung der Baugrenzenfestsetzung bedeuten.
Vorgeschlagen wird daher das Zulassen einer grundsätzlichen Bauraumüberschreitung, jedoch begrenzt auf Tiefgaragenzufahrten, Rampen mit ihren Einhausungen, Vordächer und Licht- bzw. Entrauchungsschächte. Alle übrigen Gebäudeteile wären somit weiterhin nur innerhalb des Baufensters zulässig.
Die bisherige Regelung, dass offene Kfz-Stellplätze auch außerhalb der Baugrenzen zulässig sind, sollte auch für offene, d.h. nicht überdachte Fahrradabstellplätze gelten.

2.3        Baugrenze im WA:
Terrassen sind bislang außerhalb des Bauraumes nicht zulässig.

       Anmerkung der Verwaltung:
       Auch im WA sind Baugrenzenüberschreitungen bislang im BP nicht geregelt. Eine Bauraumtiefe von 12,50 m ist zwar ausreichend bemessen für Haus und Anbauten wie z.B. Wintergärten oder Balkone, eine einem Wohnhaus typischerweise vorgelagerte Terrasse käme aber regelmäßig außerhalb des Baufensters gelegen, weswegen (nur) hierfür eine adäquate Baugrenzenüberschreitung um bis zu 3 m zugelassen werden sollte.

2.4        Dach- und Fassadengestaltung im WA:
       Eine einheitliche Fassaden- und Dachgestaltung ist bislang nicht geregelt.

       Anmerkung der Verwaltung:
       Zugelassen ist eine Hausgruppe, deren Realisierung (zumindest theoretisch) so erfolgen könnte, dass jedes Reihenhaus durch einen eigenen Bauherrn mit eigenem Architekten und allen damit einhergehenden Individualisierungswünschen errichtet wird, weshalb im Sinne eines gefälligen Gesamterscheinungsbildes eine Angleichung von Fassadenmaterial und -farbe sowie Dachform, -neigung, -material und -farbe geregelt werden sollte.

2.5        Grundstückseingrünung im GE/ Zufahrten:
       Beantragt wird, die entlang der Baugrundstücke zu den öffentlichen Verkehrsflächen hin festgesetzte „private Grünfläche“ durch breitere Zufahrten als die zulässigen 6 m unterbrechen zu dürfen (bis zu 25 m).

       Anmerkung der Verwaltung:
Das Plangebiet wird im Nordwesten und Südosten durch breitere öffentliche Grünflächen bzw. Straßenbegleitgrün begrenzt. Ergänzt wird dies durch 3 m breite Grundstückseingrünungen an den Außengrenzen der privaten Baugrundstücke zu den öffentlichen Verkehrsflächen hin, um auch für dieses Gewerbegebiet ein Mindestmaß an Ein- bzw. Durchgrünung zu erreichen.
Bislang zugelassen ist ihre Unterbrechung pro Baugrundstück durch max. zwei Zufahrten mit je max. 6 m Breite; planerisches Ziel war die Verhinderung von deren Überdimensionierung und das damit einhergehende „Aufreißen“ der Straßenfront. Da nun Zufahrten mit mindestens 10 m Breite, im Falle des Logistikgebäudes der Fa. Dr. Hönle AG nutzungsspezifisch sogar von 25 m beantragt werden, wäre ein Lösungsansatz, die Breitenbeschränkung von 6 m aufzugeben und durch eine Regelung zu ersetzen, die die Unterbrechung der Grundstückseingrünung nur durch betrieblich notwendige Zufahrten zulässt.
Um zu vermeiden, dass die Grünfläche durch Zufahrten bzw. direkt über sie anfahrbare Pkw-Stellplätze letztlich wegfallen würde, sollte sie ersatzweise flächengleich an anderer Stelle des Baugrundstücks resp. zurückversetzt hinter den dann straßenseitigen Stellflächen nachgewiesen werden. Zur Erlangung einer optisch ansprechenden Gliederung sollte nach jeweils vier Stellplätzen in Reihe nicht nur ein 1,5 m breiter Grünstreifen mit Strauchpflanzung, sondern verbindlich ein solcher mit 2,5 m Breite mit Baumpflanzung gefordert werden.
Die bisherige Festsetzung besagter Eingrünungsfläche als „private Grünfläche“ i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB verhindert, dass ihre Fläche zum Baugrundstück zählt und bei der GRZ-Berechnung angerechnet werden kann. Dies sollte im Sinne einer flächensparenden Bauweise aber ermöglicht werden, zumal die Baufenster bereits so groß dimensioniert sind, dass auch die sich dann ergebenden größeren GR-Werte darin noch realisierbar wären. Statt „privater Grünfläche“ sollte daher „Eingrünungsfläche“ gem. § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB festgesetzt werden.

2.6        Einfriedungen im GE:
Zugelassen sind bislang Einfriedungen bis zu einer Höhe von 2 m.

       Anmerkung der Verwaltung:
Eine Höhenregulierung ist nur für die zu öffentlichen Verkehrsflächen weisenden, d.h. durch die Allgemeinheit einsehbaren Einfriedungen erforderlich. Für den Regelfall sind 2 m als ausreichend anzusehen. Da vorliegend die Ansiedlung von hochwertigem, innovativem Gewerbe gewünscht wird, ist aber nicht ausgeschlossen, dass aus Sicherheitsgründen betriebsbedingt höhere Einfriedungen benötigt werden. Liegen sie vor und können fundiert begründet werden, sollte der BP für diese Fälle eine Ausnahme zur Höhenbegrenzung vorsehen.

2.7        Werbeanlagen im GE:
Im Bereich zwischen Straßenbegrenzungslinie und Baufenster werden neben Werbeanlagen auch optische Einfahrtsmarkierungen wie Poller und Mastleuchten beantragt.

       Anmerkung der Verwaltung:
Eine Beschränkung ihrer Anzahl sowie der von Fahnenmasten erscheint daher geboten.


3.        Sollte das Gremium den Ausführungen der Verwaltung folgen und dem daraus entwickelten Satzungsentwurf i.d.F.v. 15.10.2018 (siehe Anlage) zustimmen, wäre der Änderungseinleitungs- und Billigungsbeschluss zu fassen und das Verfahren nach § 13 a BauGB durchzuführen.

Beschlussvorschlag

Der Haupt- und Bauausschuss nimmt Kenntnis von der Beschlussvorlage der Verwaltung vom 28.08./ 04.10.2018 und beschließt:

1.        Den Anmerkungen der Verwaltung wird gefolgt.

2.        Für den Bebauungsplan "Gewerbegebiet BAB 96 Nord" für den Bereich nördlich der Lindauer Autobahn für die Fl.Nrn. 8/2, 117, 117/1, 118, 119, 120, 120/1, 120/2, 129/4, 129/5, 130 (Tfl.), 142, 142/1, 154 (Tfl.) und 154/17 (Tfl.), Gemarkung Argelsried ist ein erstes Änderungsverfahren durchzuführen. Es erhält die Bezeichnung:
       „1. Änderung des Bebauungsplanes "Gewerbegebiet BAB 96 Nord" (Gewerbepark Ost) für den Bereich nördlich der Lindauer Autobahn für die Fl.Nrn. 8/2, 117, 117/1, 118, 119, 120, 120/1, 120/2, 129/4, 129/5, 130 (Tfl.), 142, 142/1, 154 (Tfl.) und 154/17 (Tfl.), Gemarkung Argelsried“.

3.        Der Satzungsvorentwurf i.d.F.v. 15.10.2018 wird inhaltlich gebilligt.

4.        Die Verwaltung wird beauftragt, den Verfahrensschritt der öffentlichen Auslegung gem. § 13 a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz und Nr. 3 2. Halbsatz BauGB durchzuführen.

Beschluss

Der Haupt- und Bauausschuss nimmt Kenntnis von der Beschlussvorlage der Verwaltung vom 28.08./ 04.10.2018 und beschließt:

1.        Den Anmerkungen der Verwaltung wird gefolgt.

2.        Für den Bebauungsplan "Gewerbegebiet BAB 96 Nord" für den Bereich nördlich der Lindauer Autobahn für die Fl.Nrn. 8/2, 117, 117/1, 118, 119, 120, 120/1, 120/2, 129/4, 129/5, 130 (Tfl.), 142, 142/1, 154 (Tfl.) und 154/17 (Tfl.), Gemarkung Argelsried ist ein erstes Änderungsverfahren durchzuführen. Es erhält die Bezeichnung:
       „1. Änderung des Bebauungsplanes "Gewerbegebiet BAB 96 Nord" (Gewerbepark Ost) für den Bereich nördlich der Lindauer Autobahn für die Fl.Nrn. 8/2, 117, 117/1, 118, 119, 120, 120/1, 120/2, 129/4, 129/5, 130 (Tfl.), 142, 142/1, 154 (Tfl.) und 154/17 (Tfl.), Gemarkung Argelsried“.

3.        Der Satzungsvorentwurf i.d.F.v. 15.10.2018 wird inhaltlich gebilligt.

4.        Die Verwaltung wird beauftragt, den Verfahrensschritt der öffentlichen Auslegung gem. § 13 a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 2. Halbsatz und Nr. 3 2. Halbsatz BauGB durchzuführen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 7, Dagegen: 2

Datenstand vom 31.03.2022 09:09 Uhr