Entwicklung von Außenbereichsflächen nach § 13 b BauGB; Grundsatzentscheidung über die Durchführung zugehöriger Bebauungsplanverfahren


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 15.05.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Sitzung des Gemeinderates 15.05.2018 ö beschließend 7

Sachverhalt

1.        Der Gemeinde liegen derzeit 13 Anträge von Privatgrundeigentümern (oder von diesen beauftragten Vertretern) auf Durchführung von Bebauungsplanverfahren nach § 13 b BauGB für Ortsrandgrundstücke im Gilchinger Gemeindegebiet vor (siehe Anlage 1). Die nachfolgenden Ausführungen ergehen zu diesem Sachstand; sollten bis zur Sitzung weitere Anträge bei der Verwaltung eingehen, werden diese ergänzend mündlich vorgestellt.

2.        Die interessierten Mitglieder des Gemeinderates konnten sich bei der Ortsrundfahrt am 21.04.2018, bei der die betroffenen Grundstücke zur Inaugenscheinnahme angefahren wurden und alle Antragsteller ihr Anliegen nochmals persönlich vorbringen konnten, ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort machen. Nähere Aussagen z.B. zur jeweiligen planungsrechtlichen Ausgangslage der einzelnen Antragsflächen konnten dem durch die Verwaltung erstellten und vor der Fahrt verteilten Dossier (siehe Anlage 2) entnommen werden oder wurden Vorort erläutert.

3.        In der Informationsveranstaltung des Gemeinderates am 28.11.2017 hatte Herr Dr. Busse, Direktor a.D. des Bayerischen Gemeindetages, ausführlich über die Hintergründe des neu in das BauGB aufgenommenen § 13 b referiert und Fragen aus dem Gremium beantwortet. Das zugehörige Skript finden Sie in Anlage 3 nochmals beigefügt. Ergänzend soll an dieser Stelle nochmals im Kurzabriss die Funktion des § 13 b BauGB im Gesetzeskontext dargestellt werden:

Arten von Bebauungsplänen (BP) nach dem BauGB:
-        §§ 3 und 4 BauGB: Regelverfahren mit formeller Umweltprüfung und naturschutzrechtlichem Ausgleich
-        § 12 BauGB: vorhabenbezogener BP, Regelverfahren mit teilweise eigenen formellen und materiellen Anforderungen
-        § 13 BauGB: vereinfachtes Verfahren, ggü. dem Regelverfahren abgeschwächte formelle und materielle Anforderungen (u.a. keine formelle Umweltprüfung und kein naturschutzrechtlicher Ausgleich)
-        § 13 a BauGB: beschleunigtes Verfahren für BP der Innenentwicklung, aus § 13 BauGB entwickelt mit teilweise eigenen formellen und materiellen Anforderungen
-        § 13 b BauGB: beschleunigtes Verfahren zur Einbeziehung von Außenbereichsflächen, temporäre Weiterentwicklung aus § 13 a BauGB mit teilweise eigenen formellen und materiellen Anforderungen.

spezielles Verfahren nach § 13 b BauGB:
-        nur für Entwicklung von Wohnbauland anwendbar
-        nur für Flächen, die an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen (Außenbereich)
-        gesamt zulässige Grundfläche (GR) i.S.d. § 19 Abs. 2 BauNVO weniger als 10.000 m² (Hinweis: die GR von BP, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang erstellt werden, sind hierbei zu addieren)
-        nur temporär anwendbar: Verfahren müssen bis spätestens 31.12.2019 eingeleitet und bis 31.12.2021 abgeschlossen sein.

4.        Die allgemeinen Grundsätze der Bauleitplanung sind insbesondere im § 1 Abs. 3 ff. BauGB geregelt, sie gelten auch für Verfahren nach § 13 b BauGB. Danach soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innentwicklung erfolgen. Laut Nr. 3.6.1 des Muster-Einführungserlasses zum BauGBÄndG 2017 wird durch § 13 b BauGB der Anwendungsbereich des beschleunigten Verfahrens auf an den Ortsrand anschließende Außenbereichsflächen erweitert, um hierdurch insbesondere den Gemeinden, die mit ihrem Innenentwicklungspotential an ihre Grenze gekommen sind, bei Bedarf eine weitere Wohnbaulandmobilisierung zu ermöglichen. Die vorliegend relevante Frage ist demnach, ob in Gilching ein Bedarf an Wohnbaulandmobilisierung im Ortsrandbereich besteht.
In Anlage 4 beigefügt ist ein Lageplan, in dem die Antragsflächen in Rot und die innerörtlichen Entwicklungsflächen nach Flächennutzungsplan in Grün hervorgehoben sind. In Summe ergibt das Baurecht auf diesen Entwicklungsflächen zusammen mit dem der ohnehin permanent stattfindenden Nachverdichtung von bestehenden Wohngebieten ein Zuzugspotential von ca. 4.000 bis 5.000 Einwohnern bis zum Jahr 2022/ 23.
Bei einem aktuellen Bestand von ca. 19.300 Einwohnern (zzgl. Nebenwohnsitze) bedeutet das einen möglichen Zuwachs von ca. 25 %. Bereits ohne diesen sind die heutigen Herausforderungen der Gemeinde in puncto Erstellung und Unterhaltung der gemeindlichen Infrastruktur (Schulen, Kindertagesstätten, Feuerwehren etc.) bekanntlich enorm und werden es bei der bislang geplanten Entwicklung empirisch auch bleiben. Nochmals hinzutretende Wohnbauflächen z.B. auf den Antragsgrundstücken stünden dem angestrebten organischen Gemeindewachstum entgegen.
Resümee daraus ist, dass aufgrund des gegebenen innerörtlichen Entwicklungspotentials eine Wohnbaulandmobilisierung im schützenswerten Außenbereich rechtlich nicht zulässig wäre; die Gemeinde Gilching fällt mithin nicht unter die Zielgruppe des § 13 b BauGB. Mit allen beantragten Flächen hatte sich der Gemeinderat auch schon bei der Neuaufstellung des aktuellen Flächennutzungsplanes in den Jahren 2001 bis 2006 befasst und bewusst die Innenentwicklung als Leitplanung beschlossen. Eine Planung an den Orträndern wurde mit dem Ziel eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden und aufgrund der stetigen Versiegelung damals abgelehnt.
Dies schließt aber nicht aus, dass bei der nächsten Fortschreibung des Flächennutzungsplanes im Bedarfsfall Bereiche in Ortsrandlagen – ggf. auch einzelne der hier gegenständlichen Antragsgrundstücke – als künftige Entwicklungsfläche mit dargestellt werden.

5.        Die Verwaltung erlaubt sich ergänzend darauf hinzuweisen, dass bereits laufende (z.B. Gilchinger Glatze, Hotelneubau Landsberger Straße, LIDL-Markt, Fernwärmezentrale beim GE BAB 96 Nord, Tonwerkstraße und bedarfsweise parallele Flächennutzungsplanänderungen) bzw. derzeit absehbare (z.B. Neubebauung des alten Rathausareals durch den ZV Wohnen, Feuerwehrhäuser in Gilching und Geisenbrunn, Kinderhaus nähe BRK, Skateranlage, bezahlbarer Wohnraum Sägewerksvilla, ggf. Änderungsverfahren in den „GE Süd bzw. West“) innerörtliche Bauleitplanverfahren bei Durchführung von § 13 b BauGB-Verfahren zurückgestellt werden müssten, um die für diese vorgegebenen engen Verfahrensfristen (siehe oben) einhalten zu können.

Finanzielle Auswirkungen

Veranschlagung im Verwaltungshaushalt
 

im Vermögenshaushalt
 
im Haushaltsplan nicht veranschlagt
Haushaltsansatz

Haushaltsstelle


Deckungsvorschlag (Finanzierung):

Beschlussvorschlag

Der Gemeinderat nimmt Kenntnis von der Beschlussvorlage der Verwaltung vom 24.04.2018 und beschließt:

Aufgrund bestehenden innerörtlichen Entwicklungspotentials für Wohnbauflächen sieht die Gemeinde Gilching von Baurechtsausweisungen nach § 13 b BauGB ab. Anträge auf Durchführung dieser Verfahren sind mit Hinweis darauf abzulehnen.

Beschluss

Der Gemeinderat nimmt Kenntnis von der Beschlussvorlage der Verwaltung vom 24.04.2018 und beschließt:

Aufgrund bestehenden innerörtlichen Entwicklungspotentials für Wohnbauflächen sieht die Gemeinde Gilching von Baurechtsausweisungen nach § 13 b BauGB ab. Anträge auf Durchführung dieser Verfahren sind mit Hinweis darauf abzulehnen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 18, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
(Die GR Högner und Wauthier sind als persönlich Beteiligte von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen).

Datenstand vom 25.03.2022 12:53 Uhr