Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage, Sudetenlandstraße 8


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Hauptausschusses Glonn, 26.07.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Hauptausschuss Glonn (Markt Glonn) Sitzung des Hauptausschusses Glonn 26.07.2022 ö beschließend 7

Sachverhalt

Das Vorhaben befindet sich in Glonn im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplanes „An der Feldkirchener Straße I“. Die planungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach § 30 Abs. 3 im Übrigen nach § 34 Abs. 1 BauGB.

Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut, das in Kürze abgerissen wird.

Der Hauptausschuss erteilte mit Beschluss vom 26.10.2021 sein gemeindliches Einvernehmen zum Antrag auf Vorbescheid zur Errichtung eines Doppelhauses, der mit Bescheid vom 07.03.2022 durch das Landratsamt Ebersberg genehmigt wurde.

Geplant ist – abweichend vom Vorbescheid – die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit sechs Wohneinheiten mit Tiefgarage und Kfz-Stellplätzen.


genehmigtes Doppelhaus (Vorbescheid)
geplantes Mehrfamilienhaus (Bauantrag)
- E+1+DG
- GR: 11,00 m x 15,00 m =
- WH: 
- FH: 
- Satteldach

165 m²
6,50 m
9,65 m
28°
- E+1+DG (DG ausgebaut)
- GR: 12,49 m x 18,99 m =
- WH: 
- FH: 
- Satteldach

237,19 m²
6,68 m
9,86 m
27°

Das geplante Mehrfamilienhaus soll damit ca. 72 m² mehr Grundfläche und ca. 216 m² mehr Geschossfläche erhalten. Die Wandhöhe erhöht sich gegenüber dem genehmigten Vorbescheid um 0,18 m und die Firsthöhe um 0,21 m.

Das Vorhaben widerspricht in folgenden Punkten den Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplanes:

  1. Errichtung eines zusätzlichen Vollgeschosses – ‚E+1‘ statt ‚E‘.

  1. Errichtung eines Kniestocks mit 0,75 m.

  1. Ausbau des Dachgeschosses.

  1. Überschreitung der westlichen Baugrenze durch das Wohnhaus um 0,70 m im Süden und um 1,20 m im Norden.

  1. Abrücken des Wohnhauses von der Baulinie.

  1. Errichtung der Tiefgaragenrampe und der Tiefgarage außerhalb der überbaubaren Flächen. Die Tiefgaragenrampe überschreitet die südliche Baugrenze um ca. 3,0 m und die Tiefgarage überschreitet die westliche Baugrenze um ca. 8,50 m.

  1. Überschreitung der zulässigen GFZ von 0,7 auf 0,85.

Für die oben genannten Abweichungen bedarf es Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes. Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans im Einzelfall befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern, die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Berücksichtigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. 
Der Antragsteller hat jedoch zu keiner der oben aufgeführten Abweichungen einen Befreiungsantrag gestellt noch eine Begründung insbesondere zur Überschreitung der GFZ und der Überschreitung der Baugrenze durch die Tiefgarage geliefert.

Zu 1.
Der Hauptausschuss stimmte der Errichtung eines zusätzlichen Vollgeschosses bereits in der Sudetenlandstraße 14 / 14 a und beim Antrag auf Vorbescheid für das Antragstellergrundstück zu. In diesem Zusammenhang wird auf den Beschluss des Hauptausschusses vom 22.02.2022 verwiesen, bei dem über die Thematik des zweiten Vollgeschosses (E+1) beraten wurde.

Zu 2. und 3.
Der Bebauungsplan lässt weder bei Gebäuden mit ‚E‘ noch bei Gebäuden mit ‚E+1‘ Kniestöcke oder einen Dachausbau zu. Der Hauptausschuss hat mit Beschluss vom 22.02.2022 die Errichtung von Kniestöcken sowie den Dachausbau zugelassen, um damit eine zweckmäßige Ausnutzung der Dachgeschosse zu erreichen. Der beantragte Kniestock mit 0,75 m sowie der Dachausbau kann aus Sicht der Verwaltung zugelassen werden.

Zu 4.
Der geringfügigen Überschreitung der Baugrenzen durch das Wohnhaus kann aus Sicht der Verwaltung zugestimmt werden, da diese städtebaulich vertretbar ist und im gesamten Plangebiet ähnliche Überschreitungen genehmigt wurden. 

Zu 5.
Das Vorhaben tritt im Nordwesten von der nur ca. 5 m langen Baulinie in geringfügigem Ausmaß vor bzw. zurück. Da diese Baulinie keinen Nachbarschutz vermittelt und ihr auch sonst kein städtebauliches Gewicht zukommt, empfiehlt die Verwaltung der Abweichung zuzustimmen.

Zu 6.
Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten   (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Baunutzungsverordnung – BauNVO). Das gilt uneingeschränkt auch für genehmigungspflichtige unterirdische bauliche Anlagen, wie Tiefgaragen oder Kellergeschosse.

Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann nach 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO zugelassen werden, was bei einer geplanten Überschreitung von ca. 8,50 m nicht mehr der Fall ist. Darüber hinaus sind keine Bezugsfälle vorhanden, da es im gesamten Plangebiet keine Tiefgaragen gibt. 

Im maßgeblichen Bebauungsplan sind neben den Baugrenzen und -linien auch Straßen- und Grünflächenbegrenzungen festgesetzt. Durch die an der westlichen Baugrenze beginnende und in Nähe der westlichen Grundstücksgrenze verlaufenden Grünflächenbegrenzung endende Fläche soll ein rückwärtiger Grünbereich geschaffen werden, der für sämtliche Grundstücke westlich der Sudetenlandstraße gilt und eine Bebauung auf diesen Flächen – auch eine unterirdische – ausschließt. In dieser festgesetzten Grünfläche soll die Tiefgarage errichtet werden. Es stünde jedoch im Widerspruch zur Zielsetzung des Bebauungsplanes, wenn die von Bebauung freizuhaltenden rückwärtigen Grundstücke durch den Bau von Tiefgaragen unterbaut würden. Die sich aus der planerischen Festsetzung von Baugrenze und Grünflächenbegrenzungslinie ergebende Grünfläche hat darüber hinaus Bedeutung für die Bodenversiegelung und den Grundwasserabfluss. Durch die Nichtbeachtung dieser planerischen Zielsetzung kann aus Sicht der Verwaltung einer Befreiung wegen der Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze um ca. 8,50 m nicht zugestimmt werden, da das Vorhaben städtebaulich nicht vertretbar ist und die Grundzüge der Planung berührt werden.

Zu 7.
Bei der Berechnung der Grundflächenzahl (GRZ) und Geschossflächenzahl (GFZ) ist auf die zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Bebauungsplanes gültige Baunutzungsverordnung (BauNVO) abzustellen. Der Bebauungsplan erlangte seine Rechtskraft am 02.11.1964. Damit ist die BauNVO 1962 für die Prüfung des Vorhabens einschlägig. 
Bei der Berechnung der GFZ sind gem. § 20 Abs. 2 BauNVO (1962) neben den Flächen des Erd- und Obergeschosses auch die Flächen im Dachgeschoss hinzuzurechnen, wenn sie als Aufenthaltsräume zugelassen werden. Damit ergibt sich für das Vorhaben eine Geschossfläche von 711,57 m² (EG, OG, DG mit je 237,19 m²), was einer GFZ von 0,85 entspricht. Die u. a. durch den Ausbau des Dachgeschosses erreichte GFZ von 0,85 überschreitet damit das zugelassene Maß der baulichen Nutzung von 0,7 erheblich (ca. 20 %.)
Die Verwaltung empfiehlt der Abweichung von der festgesetzten GFZ nicht zuzustimmen, da es sich dabei nicht mehr um eine geringfügige Abweichung handelt, die städtebaulich vertretbar wäre. Durch die Errichtung von sechs Wohneinheiten und dem damit verbundenen Dachgeschossausbau würde der Geschosswohnungsbau im Plangebiet „Einzug halten“, was von der Gemeinde bei Aufstellung des Bebauungsplanes nicht vorgesehen und auch nicht gewollt war. Ursprünglich durfte bei einer Bebauung mit ‚E+1‘ das Dachgeschoss nicht ausgebaut werden. Diese Regelung hat der Hauptausschuss mit Beschluss vom 22.02.2022 zwar gekippt, um eine zweckmäßige Nutzung ungenutzter Dachgeschosse bzw. die Schaffung von Wohnraum zu ermöglichen. Ein städtebaulicher „Schwenk“ zum Geschosswohnungsbau soll damit nicht einhergehen, da dies zu einer anderen Prägung des Gebiets führen würde und damit die Gefahr des „Umkippens“ bestünde. Die entsprechenden Hinweise ergeben sich aus der festgesetzten Eingeschossigkeit (‚E‘) der Wohnhäuser in der westlichen Bauzeile entlang der Sudetenlandstraße bzw. der Verweis auf die zulässige Bebauung mit Doppel- und Reihenhäusern.

Die GRZ des Vorhabens errechnet sich gem. § 19 BauNVO 1962 lediglich aus der Grundfläche des Hauptgebäudes. Die Grundflächen der Tiefgarage, Stellplätze, Terrassen und Balkone bleiben dagegen außer Betracht. Damit ergibt sich eine Grundfläche von insgesamt 237,19 m², was einer GRZ von 0,28 entspricht und hinter der zulässigen GRZ von 0,4 zurückbleibt.

Im maßgeblichen Bebauungsplan werden weder Wand- noch Firsthöhen festgesetzt. Das Vorhaben muss sich auf Grund der fehlenden Festsetzung nach § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Als Referenzobjekt kann auf das Doppelhaus in der Sudetenlandstraße 14 und 14 a Bezug genommen werden. Die Wandhöhe des Wohnhauses beträgt 6,60 m und die Firsthöhe 9,25 m. Das beantragte Mehrfamilienhaus hat damit zwar einen um 0,61 m höheren First, fügt sich wohl dennoch in die Umgebungsbebauung ein.

Die für das Vorhaben erforderlichen 10 Kfz-Stellplätze werden in Form von 4 oberirdischen Kfz-Stellplätzen und 6 Tiefgaragenstellplätzen nachgewiesen.

Bei der Errichtung von mehr als 3 Wohnungen ist nach Art. 7 Abs. 3 Satz 1 BayBO ein ausreichend großer Kinderspielplatz auf dem Grundstück oder in unmittelbarer Nähe zu errichten. Der entsprechende Nachweis über die Lage und Größe wurde in den Eingabeplänen nicht geführt.

Beschluss

Das gemeindliche Einvernehmen zur vorliegenden Planung wird versagt, da die GFZ durch das Vorhaben erheblich überschritten wird und das Vorhaben wegen der Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze durch die Tiefgarage um ca. 8,50 m städtebaulich nicht vertretbar ist und die Grundzüge der Planung berührt werden.

Das Landratsamt Ebersberg möge prüfen, inwieweit die Stellplätze mit den Nummern 4, 5 und 6 der Tiefgarage ohne übermäßiges Rangieren nutzbar sind.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0

Datenstand vom 28.09.2022 14:32 Uhr