Unterbringung von Asylbewerbern in Grünwald; Antrag FDP Grünwald vom 20. Juli 2015 und Antrag SPD Grünwald vom 21. Juli 2015; Sachstandsbericht (Mündlicher Sachvortrag);


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 28.07.2015

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Grünwald) Sitzung des Gemeinderates 28.07.2015 ö beschließend 6

Sachverhalt

Bezugnehmend auf die Berichterstattung in der Gemeinderatssitzung am 30.06.2015 informiert 1. Bürgermeister Neusiedl über die Problematik der in ganz Deutschland zunehmenden Problematik der Flüchtlingswellen.

Hierbei kommen derzeit wöchentlich 90 neue Flüchtlinge im Landkreis München an. Die Anzahl der aufzunehmenden Flüchtlinge orientiert sich hierbei an der Größe der Bevölkerung, so dass nach Nordrheinwestfalen Bayern als zweitgrößtes Bundesland vom Bund nach dem Königsteiner Schlüssel die Asylbewerber zugewiesen werden, die dann auf die Regierungsbezirke aufgeteilt und wiederum den Landkreisen und kreisfreien Städten zugewiesen werden, so dass der Landkreis München als drittgrößte Gebietskörperschaft nach München und Nürnberg am meisten Flüchtlinge aufzunehmen hat.

Der Landkreis München nimmt hier als sog. Zwitterbehörde einerseits kommunale Aufgaben, hinsichtlich der Asylbewerber aber Staatsaufgaben war, so dass er hier in den 29 Landkreisgemeinden und Städten Unterbringungsmöglichkeiten schaffen muss. Hierzu werden Grundstücke, Häuser und Wohnungen vom Landkreis angemietet.

Auch in Grünwald konnte bislang sukzessive ein Bestand von der Gemeinde wie auch von Privatpersonen zur Verfügung gestellt werden, unter anderem im Gebäude der Tölzer Straße.

Die Entscheidung über die Anmietung des jeweiligen Objektes liegt im Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes, das jedes Angebot prüft und hierbei zum Teil den Mietvorstellungen der Privatanbieter nicht nachkommen kann.

Weiter sind vom Landkreis auch bereits feste Neubauten in Planung. Auf Grund der Dringlichkeit sind jedoch Übergangslösungen notwendig.

Um die Beschlagnahme von Turnhallen, in denen ohnehin die sanitären Anlagen nicht ausreichend sind und nur Personen einheitlich nach Geschlecht, in der Regel Männer, unterbracht werden können, zu vermeiden, bzw. dem Schulbetrieb wieder zuzuführen, hat der Landkreis nunmehr Traglufthallen angemietet, die beheizbar und belüftbar sind und ein gewisses Maß an Intimsphäre bieten.

Landrat Christoph Göbel hat sich hierzu an alle 29 Landreisgemeinden und Städte mit der Bitte um Unterstützung und Hilfe zur Aufstellung von Traglufthallen gewandt.

1. Bürgermeister Neusiedl hat sich diesbezüglich zunächst am 28.06.2015 mündlich an die ortsansässige Katholische Pfarrstiftung St. Peter und Paul gewandt, und die Bitte zur Unterstützung mit Schreiben vom 03.07.2015 untermauert. Mit Schreiben vom 09.07.2015 wurde mitgeteilt, dass nach reichlicher Prüfung und Abwägung aller Umstände keine Möglichkeit gesehen wird, ein geeignetes Grundstück zur Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung zu stellen.

Im Anschluss daran folgte zusammen mit den zuständigen Mitarbeitern des Landratsamtes sowie den Spitzen der Verwaltung eine Besichtigung von Grundstücken in Wörnbrunn.

Hierbei wurde festgestellt, dass ausreichend Flächen vorhanden sind, die in Frage kommenden Grundstücke aber nur mit Straße, Strom und Wasser, aber nicht mit Abwasser erschlossen sind. Zunächst war hierzu an eine mobile Entleerung gedacht, was aber auf Grund der erheblichen Mengen nicht machbar ist.

Weiter stand das gemeindliche Grundstück am Lil-Dagover-Ring zu Debatte, welches aber auf Grund des fehlenden Umgriffs zu klein ist und darüber hinaus als Baustelleneinrichtung für das kommunale Geothermieprojekt dient, deren Umlagerung Kosten in Höhe von ca. 100.000,00 Euro nach sich ziehen würde.

Im Anschluss daran fanden Gespräche mit der Bavaria Film GmbH statt, die eine Prüfung einer temporären Nutzung von Grundstücken zugesagt hat und der Problematik sehr offen gegenüber steht.

Hierzu findet am 07.08.2015 ein Spitzengespräch mit allen Beteiligten statt, dessen Ergebnis abzuwarten ist.

Parallel wurde dem Landratsamt das ehem. Mahag-Gelände zur Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen angeboten. Da bisher eine wohnliche Nutzung der Gebäude auf dem ehem. Mahag-Gelände auf Grund von brandschutzrechtlichen Vorschriften untersagt war, wird das Landratsamt die Gebäude für eine entsprechende Unterbringung nochmals erneut überprüfen.

Im Folgenden verließt 1. Bürgermeister Neusiedl eine Email von Landrat Christoph Göbel vom 28.07.2015:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
lieber Jan!

Ich darf mich auch auf diesem Wege nochmals herzlich für die engagierte und konstruktive Unterstützung bei der Suche nach kurzfristigen und dauerhaften Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber in Grünwald bedanken.

Ich bekräftige den Wunsch des Landratsamtes, möglichst bald und für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten auch in Grünwald eine Traglufthalle aufzustellen, um den Zeitraum zu überbrücken, den wir benötigen, um die für die Flüchtlinge benötigten dauerhaften Unterkünfte im Landkreis zu errichten. Es ist uns mittels Unterbringung der Flüchtlinge in solchen Traglufthallen möglich, auf die Sperrung bzw. Beschlagnahme von Turnhallen zur Einrichtung von Notunterkünften zu verzichten. Sowohl für die Flüchtlinge als auch für die in der Schule und in Sportvereinen und Volkshochschulen aktiven Sportlerinnen und Sportler ist diese Lösung in mehrfacher Hinsicht besser.

Leider haben wir noch immer für kein Grundstück "grünes Licht" für den Hallenbau. In Wörnbrunn sind Erschließungsmaßnahmen (v.a. Kanalbau) in letztlich unverhältnismäßiger Höhe nötig, die Pfarrgemeinde hat ihre Zustimmung zur Nutzung des nahe des Gymnasiums liegenden Grundstücks nicht erteilt. Unsere Hoffnungen und Planungen richten sich deshalb auf das Grundstück innerhalb des Areals der Bavaria Film GmbH, die sich mit allen betroffenen Geschäftsführern am 7. August zum Anliegen austauscht und bespricht. GF Dr. Frankenstein hat mir zugesagt, unmittelbar im Anschluss daran mitzuteilen, ob wir die Möglichkeit zur Grundstücksnutzung erhalten oder nicht. Er deutete an, dass es dafür eine gute Chance gibt und sich auch die Gesellschafter aus dem Kreise der Medien ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewußt sind und deshalb offen darüber nachdenken wollen. Ich bedanke mich bei Dir herzlich für die insoweit mehrfache und persönliche Unterstützung, Vermittlung und v.a. auch Deine Teilnahme am o.g. Termin. Für das Landratsamt München werden mein Stellvertreter Ernst Weidenbusch, MdL, sowie Herr VD Schuster teilnehmen.

Bedanken möchte ich mich - nebst der wirklich reibungslos funktionierenden Unterbringung von heute schon über 50 Asylbewerbern - auch für das neuerliche Angebot der Vermietung der gemeindlichen Liegenschaft am ehemaligen MAHAG-Gelände. Wir beabsichtigen dort, wenn möglich, die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in Wohngruppen von mind. fünf bis max. zwölf Flüchtlingen je Wohngruppe. In Kürze kommen wir wegen der baulichen und betrieblichen Voraussetzungen dafür auf Dich zu.

Ich erneuere meine herzliche Bitte, uns auch weiterhin bei der Suche nach geeigneten Grundstücken bzw. Gebäuden zur Unterbringung von Asylbewerbern zu unterstützen. Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Flüchtlinge, die dem Landkreis zur Unterbringung zugewiesen werden, im Jahr 2016 weiter steigen wird, hausintern richten wir uns auf bis zu 6.000 Flüchtlinge ein, die untergebracht werden müssen.

In jeder Kommune müssen wir, wollen wir weiterhin den Ansatz dezentraler Unterbringung über den Landkreis verfolgen, deshalb dringend Anstrengungen unternehmen, Liegenschaften für diese Nutzung zu erschließen.

Noch einmal besten Dank und herzliche Grüße, Dein Christoph Göbel

Alternativ zu einem Grundstück auf dem Gelände der Bavaria Film GmbH stellt 1. Bürgermeister Neusiedl nochmals die Flächen in Wörnbrunn zur Debatte.

Es stellt sich die Frage ob die Gemeinde Grünwald die Anschlusskosten für die Kanalisierung eines in Frage kommenden Grundstückes übernehmen würde. Die Herstellungskosten wurden vom Leiter des Wasserwerks, Herrn Reger, auf 140.000,00 Euro, zuzüglich der Kosten des Elektroanschlusses für die Druckhaltung, kalkuliert. Bei Zustimmung durch den Gemeinderat könnte die Herstellung innerhalb von ca. 6 – 8 Wochen mit entsprechendem Vorlauf erfolgen. Eine hierzu diskutierte oberirdische und unter Umständen günstigere Verlegung eines Kanals wird von Seiten der Wasserwerksleitung als unzulässig abgewiesen. Die Beauftragung kann erfolgen, sobald die Option der Anpachtung eines Grundstückes in Wörnbrunn vom Landkreis in Anspruch genommen wird.

Weiter wird nochmals deutlich herausgestellt, dass in der Gemeinde Grünwald bereits rund 50 dezentral untergebracht sind. Auch die evtl. Nutzung des ehem. Mahag-Geländes für Asylbewerber kann die Aufstellung einer Traglufthalle nicht verhindern, da es sich hierbei um ein sog. Drehscheibenkonzept handelt, in dem die Asylsuchenden erst von der kurzfristige Unterbringung in Traglufthallen ihrem eigentlichen Bestimmungsort zugewiesen werden.

1. Bürgermeister Neusiedl erklärt, dass selbstverständlich für die Bürgerschaft eine Informationsveranstaltung von der Gemeinde zusammen mit dem Landratsamt bezüglich der Unterbringung von Asylbewerbern stattfinden wird, sobald von allen Beteiligten eine gemeinsame Lösung gefunden wurde.

Zum Abschluss der Debatte kommt das gemeindeeigene Grundstück neben der Polizeiinspektion an der Tölzer Straße 36, Fl.Nr. 213/0 zur Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbewerber zur Sprache.

Bauamtsleiter Rothörl führt diesbezüglich aus, dass hier der qualifizierte Bebauungsplan Nr. B38 (westlich der Tölzer Straße und südlich der Zugspitzstraße) i.V.m. dem, zeitlich befristeten, Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 26.11.2014 gilt.

Der Bebauungsplan enthält für das gemeindliche Grundstück folgendes Baufenster:

Art der baulichen Nutzung = MI 6 = es sind allein Geschäfts- und Bürogebäude zulässig. Betriebswohnungen in untergeordneter Weise für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber sind ausnahmsweise zulässig.

Der Bebauungsplan B38 ist in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung abschließend formuliert, lässt Ausnahmen in Richtung sozialer Anlagen nicht zu. Das bedeutet, dass bauplanungsrechtlich die Unterbringung von Flüchtlingen etc. auf dem Gemeindegrundstück nicht zugelassen ist. Auch eine Befreiung i.S. § 31 Abs. 1 BauGB in der neuesten Fassung, die auf das o.g. Maßnahmengesetz abstellt, ist nicht möglich.

Wollte man also eine derartige Nutzung auf dem Grundstück an der Tölzer Straße 36 zulassen, müsste der Bebauungsplan im vereinfachten Verfahren, mit dem Zusatz der ausnahmsweisen Zulässigkeit von sozialen Anlagen an dem Standort, geändert werden.

Der Antrag der CSU-Fraktion vom 28.07.2015, in dem beantragt wird, das gemeindeeigene Grundstück Laufzorner Straße 30 zeitnah mit einem Wohngebäude für 10-12 unbegleitete minderjährige/heranwachsende Flüchtlinge im Alter zwischen 16 und 21 zu bebauen, in dem die Jugendlichen in zwei betreuten Wohngruppen lebe und sozialtherapeutisch begleitet werden, wird vom Gremium überwiegend begrüßt und unterstützt. Der Bau soll an einen Träger vermietet werden, der vom Jugendamt ermächtigt ist, minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge zu betreuen. Auf eine mögliche Drittverwendungsfähigkeit soll beim Bau geachtet werden. Für 2016 sind entsprechend Mittel in den Haushalt einzustellen.

Beschluss 1

Der Gemeinderat begrüßt einstimmig die Gespräche mit der Bavaria-Film-GmbH zur Aufstellung einer Traglufthalle zur Unterbringung von Asylsuchenden auf deren Gelände.

Abstimmungsergebnis
Einstimmig angenommen

Beschluss 2

Der Gemeinderat beschließt mit 18 : 6 Stimmen, für den Fall, dass das Gelände der Bavaria-Film-GmbH für die Aufstellung einer Traglufthalle zur Unterbringung von Asylsuchenden ausscheidet, 
dem Landkreis ein Grundstück im Gebiet Wörnbrunn anzubieten. Für den Fall, dass der Landkreis dieses Grundstück anpachten sollte, erklärt sich die Gemeinde Grünwald bereit, den Kanalanschluss auf eigene Kosten verlegen zu lassen. 1. Bürgermeister Neusiedl wird ermächtigt, diesbezüglich entsprechende Aufträge zu vergeben, Verhandlungen zu führen und Verträge abzuschließen.

Abstimmungsergebnis
Mehrheitlich angenommen

Beschluss 3

Der Gemeinderat beschließt mit 22 : 2 Stimmen, das gemeindeeigene Grundstück Laufzorner Straße 30 zeitnah mit einem Wohnunggebäude für 10-12 unbegleitete minderjährige/heranwachsende Flüchtlinge im Alter zwischen 16 und 21 zu bebauen. Die entsprechenden Planungen sind vorzunehmen. Der Bau soll an einen Träger vermietet werden, der vom Jugendamt ermächtigt ist, minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge zu betreuen. Auf eine mögliche Drittverwendungsfähigkeit soll beim Bau geachtet werden. Für 2016 sind entsprechend Mittel in den Haushalt einzustellen.

Abstimmungsergebnis
Mehrheitlich angenommen

Datenstand vom 18.01.2022 16:07 Uhr