Bauherr: Kraus & Partner, Eichleite 29, 82031 Grünwald
Bauort: Willi-Stamer-Straße 4, Grundstück Fl.Nr. 396/34, Größe = 1.163m²
Planbereich: Baulinienplan Nr. BI 45/49, Bebauungsplan Nr. B 35 Ortsgestaltungssatzung, Garagen- u. Stellplatzsatzung sowie Baumschutzverordnung;
Der Antragsteller begehrt auf Basis eines Antrages auf Vorbescheid im o. g. Baubereich an der Willi-Stamer-Straße 4 ein modernes Gebäude in E + 1 als Flachdachvariante zu realisieren.
In Kenntnis der vorhandenen Umgebungsbebauung, die von steil geneigten Häusern geprägt ist, wirkt die vorliegende Planung mit einem Flachdach wie ein Fremdkörper. Der rechtsverbindliche Bebauungsplan Nr. BI 45/49 enthält neben Baugrenzen auch ein Gebäudeaufrißschema, das klar den städtebaulichen Willen der Gemeinde Grünwald erkennen lässt. Es sind in dem Baubereich ausschließlich steil geneigte Dächer zugelassen (zuletzt ein aktuelles Bauvorhaben Fl.Nr. 396/22 an der Josef-Sammer-Straße 3).
Baurechtliche Stellungnahme zu den einzelnen Fragen aus dem vorliegenden Antrag auf Vorbescheid:
Grundlage = Schreiben des Antragstellers vom 04.09.2015 – Buchstabe H – Fragenkatalog – Befreiungen:
H.1 Darf die hintere Baugrenze im Erdgeschoss um ca. 1,20 m gering überschritten werden?
Der Bauwerber meint damit wohl die westliche Baugrenze, welche in einem Abstand von 20 m zur Straßenbegrenzungslinie der Willi-Stamer-Straße verläuft. Nachdem es sich hier um einen Neubau handeln wird, der Altbestand also komplett beseitigt wird, ist nicht nachvollziehbar, welcher städtebauliche Rechtfertigungsgrund oder bauliche Zwang vorherrscht, die Baulinie sogleich um 1,20 m zu überschreiten. Gerade bei einem Neubau sollte es möglich sein, den großzügig bemessenen Bauraum von immerhin durchgängig 15,00 m zu beplanen.
Aufgrund der vorhandenen Bezugsfälle bleibt es dem Bauausschuss allerdings unbenommen, der relativ geringfügigen Befreiung wegen Nichteinhaltung des rückwärtigen Bauraumes mit 1,20 m zuzustimmen.
H.2 Darf ein Gebäude mit einer Geschossigkeit von E + 1 und Höhe von 6,55 m errichtet werden?
Als Bezugsfall der Wandhöhe an der Traufseite ist das übernächste Gebäude Willi-Stamer-Straße / Wilhelm-Humser-Straße herangezogen. Traufhöhe 6,56 m – so weit der Vortrag des Antragstellers.
Gemäß Baulinienplan Nr. BI 45/49 ist neben dem überbaubaren Bauraum auch das vorgenannte Gebäudeaufrißschema festgesetzt. Dieses Schema enthält neben der festgesetzten Wandhöhe von 3,20 m (also eingeschossige Bauweise) auch noch eine Dachneigung von 46-52°.
Das letzte genehmigte Bauvorhaben (Josef-Sammer-Straße 3 / Eckgrundstück) innerhalb des Plangeviertes – das gebildet wird durch die Willi-Stamer-Straße, Wilhelm-Humser-Straße, Josef-Sammer-Straße und der Wörnbrunner Straße – hat sich an die Grundprinzipien des Baulinien-planes Nr. BI 45/49 halten müssen. Überdies sind alle Wohnhäuser innerhalb des vorgenannten Gevierts in E + D-Bebauung mit steilen Dächern baulich bis heute so ausgeführt worden.
Es gibt lediglich einen einzigen Baufall, der gestalterisch aus der Reihe fällt – und zwar ist das das vorliegende Baugrundstück. Durch die heute noch geltenden Prinzipien des Bauens innerhalb des Plangevierts kann mit diesem Bauantrag das ursprünglich gewollte städtebauliche Ziel wieder erreicht werden, in dem das geplante neue Wohnhaus in E + D-Bebauung mit der üblichen/vorherrschenden steilen Dachneigung ausgebildet wird.
Die von Antragstellerseite genannten Bezugsfälle liegen allesamt außerhalb des Plangebietes, bzw. außerhalb dem Nahbereich des Baugrundstückes. Die Gemeinde hatte in vielen Bauberatungen zu anderen Grundstücken in diesem Nahbereich in Abstimmung mit dem Landratsamt München immer die Auskunft erteilt, dass in diesem Siedlungsbereich Wohnhäuser in E + D-Bebauung mit steilem Dach zulässig sind. Andere Bauformen – wie hier durch Vorbescheidsantrag gewünscht, wurden kategorisch ausgeschlossen.
Insofern lässt sich die Frage des Antragstellers so beantworten, dass die Gemeinde einer Traufhöhe von 6,56 m in E + 1 + D-Bebauung nicht zustimmen kann.
H. 3 Darf als oberer Abschluss des Gebäudes ein Flachdach errichtet werden?
Der ausführlichen Argumentation der Verwaltung unter H. 2 folgend ist ein Flachdach innerhalb des Baugeviertes als unzulässige Dachform ausgeschlossen.
H. 4 Würde ein flachgeneigtes Dach mit einer Neigung von 15° Grad als Alternativlösung in Frage kommen?
Auch diese Variante scheidet von vorneherein aus – vgl. Ausführungen zu H. 2.
H. 5 Wäre ein Gebäude wie in H. 4 bereits beschrieben mit einer höheren Dachneigung möglich?
Der Antragsteller geht hier immer noch von einer Bauweise mit einer sehr hohen Wandhöhe aus, lediglich die Dachneigung wäre eine andere, nämlich steiler.
Dem Grundgedanken des Baulinienplanes und der vorherrschenden Bauweise innerhalb des Plangebiets folgend kommt man bei der planungsrechtlichen Beurteilung zu dem Ergebnis, dass nur ein Wohngebäude in E + D-Bebauung, mit einer Wandhöhe von 3,20 m und mit steilem Dach möglich ist.
Alle Planvarianten zeigen den Wunsch des Antragstellers auf, diese sind aber mit dem geltenden Planungsrecht nicht vereinbar und damit alle abzulehnen.
Fazit:
Innerhalb des vorliegenden Plangebietes sind alle Gebäude entsprechend dem rechtsgültigen Baulinienplan und dem geltenden Gebäudeaufrißschema von der Gemeinde so beurteilt und auch errichtet worden.
Es wird nicht verkannt, dass bereits im nächsten oder übernächsten Plangeviert innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes andere Beurteilungsmaßstäbe zugelassen worden sind, insbesondere bei der Dachform, der Wandhöhe oder der Anzahl der Vollgeschosse – dies hängt aber damit zusammen, dass in der Vergangenheit in diesen Bereichen Abweichungen zugelassen worden sind.
Da die Antragsinhalte dem geltenden Planungsrecht innerhalb des Straßengevierts (Willi-Stamer-Straße, Wilhelm-Humser-Straße, Josef-Sammer-Straße und der Wörnbrunner Straße) widersprechen, ist das Einvernehmen zum vorliegenden Antrag auf Vorbescheid zu allen gestellten Fragen H. 1 – H. 5 zu versagen.
Es wird empfohlen, einen Bauantrag einzureichen, der den vorgenannten und rechtlich immer noch wirksamen planungsrechtlichen Inhalten des Bebauungsplanes Nr. BI 45/49 entspricht.