Erdwärme Grünwald GmbH - Bericht Preisgestaltung Fernwärmepreis;


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Geothermieausschusses, 15.11.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Geothermieausschuss (Gemeinde Grünwald) Sitzung des Geothermieausschusses 15.11.2022 ö informativ 5

Sachverhalt

Geschäftsführer Lederle führt ein, dass die Erdwärme Grünwald GmbH mit die günstigsten Fernwärmepreise in der Branche hat. Die bekannten Preisbestandteile sind nach den gesetzlichen Vorgaben der AVB Fernwärme mit Markt- und Preiselement angelegt. Bei allen Preisbestandteilen ist zudem ein Fixkostenanteil enthalten – d.h. Preissteigerungen werden nicht zu 100% weitergegeben. Darüber hinaus gibt es bei dem jeweiligen gesamten Endpreis je Mw/h noch einen Rabatt von 10€. Derzeit liegt die Erdwärme Grünwald GmbH bei einem Preis von rd. 69€/MWh brutto.
 
 
Der für Energierecht zu diesem Thema geladene Fachanwalt Franke bestätigt die Ausführungen von Herrn Lederle. 

Ergänzend trägt Franke vor:


I. Fragen zu den aktuellen gesetzlichen Maßnahmen für die finanziellen Entlastung von
Fernwärmekunden

1. Zunächst ist mit Wirkung ab dem 01.10.2022 das „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ in Kraft getreten. Mit dem Gesetz wird der Umsatzsteuersatz von 19 auf 7 % abgesenkt, wobei das Gesetz – entgegen der Gesetzesbezeichnung – auch für die Lieferung von Fernwärme über ein Wärmenetz gilt. Folglich profitieren auch die Wärmekunden der EWG von der Steuersenkung, und zwar bei sämtlichen Preisbestandteilen des Fernwärmepreises (Arbeits-, Leistung- und Messpreis), und voraussichtlich auch bei einmaligen Kosten, wie etwa den Netzanschlusskosten. Die Kosten für den Bezug von Fernwärme sinken daher ab dem 01.10.2022 um 12 %. Hierdurch werden etwaige Preissteigerungen, die aufgrund der in den Wärmelieferverträgen enthaltenen Preisindizierung mit Wirkung ab dem 01.05.2023 eintreten können, (zumindest teilweise) kompensiert.

2. Zudem wird voraussichtlich kurzfristig das „Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG)“ in Kraft treten. In dem Gesetz ist eine Verpflichtung für Fernwärmeversorgungsunternehmen (WVU) enthalten ihren Wärmekunden 120 % der im September 2022 geleisteten Vorauszahlung (Abschlag) zu erlassen. Sofern nicht zwölf Abschlagszahlungen in einem jährlichen Abrechnungszeitraum entrichtet werden, wird die Höhe der finanziellen Kompensation jedoch abweichend berechnet. 
Die EWG beabsichtigt den Betrag Mitte Dezember an die Wärmekunden im Wege der Banküberweisung auszuzahlen. Durch die sog. Dezember-Soforthilfe werden die jährlichen Kosten des Fernwärmebezugs der Wärmekunden in Grünwald um weitere ca. 10 % abgesenkt. Auch hierdurch werden etwaige Preissteigerungen, die aufgrund der in den Wärmelieferverträgen enthaltenen Preisindizierung mit Wirkung ab dem 01.05.2023 eintreten können, kompensiert.

3. Schließlich arbeitet das zuständige Bundesministerium derzeit an weiteren Gesetzen zur Senkung der Energiekosten für Letztverbraucher. Für Wärmelieferungen soll ab dem 01.01.2023 das „Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG)“ gelten. In dem ersten hierzu vorgelegten Entwurf (Referentenentwurf) ist vorgesehen, dass Letztverbraucher von Fernwärme bis zu einem Jahresverbrauch von 1,5 Mio. kWh 80 % ihres Verbrauchs des Referenzzeitraums Oktober 2021 bis September 2022 zu einem Preis von höchstens 9,5 Cent/kWh erhalten. Lediglich der Wärmebezug der 80 % des referenzierten Verbrauchs übersteigt, darf von den WVU zu dem tatsächlich geltenden Preis – d. h. zu der vertraglichen Preisstellung – abgerechnet werden. Den Erlösausfall, der sich aus der Differenz zwischen der eigentlich abzurechnenden vertraglichen Preisstellung und dem gedeckelten Preis von 9,5 Cent/kWh ergibt, sollen sich WVU von der Bundesrepublik Deutschland erstatten lassen. Hierzu wird ein formelles Erstattungsverfahren eingeführt, dass durch das BMWK in Zusammenarbeit mit der KfW und der PWC Wirtschaftsprüfungsgesellschaft administriert werden soll. 

4. Sollte das „Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG)“ mit dem vorgenannten Inhalt tatsächlich verabschiedet werden, wird es für die EWG jedenfalls bis zum 01.05.2023 (und möglicherweise auch darüber hinaus) nicht gelten, da die Schwelle von 9,5 Cent/kWh brutto aufgrund des niedrigen Fernwärmepreises nicht erreicht wird.


II. Fragen zur Verfassungsmäßigkeit des Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetzes

Die Verfassungsmäßigkeit des Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) wurde RA Franke nicht geprüft. Im Vordergrund der rechtsanwaltlichen Beratung steht derzeit die möglichst rechtssichere Umsetzung der Gesetze, zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten mit gesetzlich begünstigten Wärmekunden.
Verfassungsrechtlich fragwürdig ist aus Sicht Franke jedenfalls der Umstand, dass die WVU die Soforthilfe erst auszahlen – d. h. in Vorleistung gehen – müssen, bevor eine Erstattung bei der administrierenden Behörde beantragt werden kann. Die Pflicht zur Vorleistung wird in vielen Fällen zu Liquiditätsengpässen und finanziellen Nachteilen der WVU führen, insbesondere wenn das – recht bürokratisch ausgestaltete – Erstattungsverfahren nicht zügig abgewickelt werden sollte. In den gesetzlichen Vorgaben zum Erstattungsverfahren ist lediglich ein Soll-Frist von drei Wochen zur Bearbeitung von Erstattungsanträgen enthalten. D. h. ein Rechtsanspruch der EWG auf Erstattung ausgezahlter Beträge innerhalb einer bestimmten Frist besteht nicht.
Überdies erzeugt die Umsetzung des Gesetzes einen hohen Verwaltungsaufwand bei der EWG. 

Die auszuzahlenden Beträge müssen kundenscharf berechnet und ausgezahlt werden. Überdies müssen Informationspflichten, etwa in der Jahresverbrauchsabrechnung erfüllt werden, was zu IT-seitigen Anpassungen (etwa des Abrechnungswesens) führen kann. Schließlich muss das Erstattungsverfahren durchgeführt werden, in dem Nachweise über die an die Wärmekunden ausgezahlten Geldbeträge zu erbringen sind.

III. Fragen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen von Preissteigerungen

Die Wärmelieferungsverträge der EWG enthalten eine Preisindizierungsklausel zur Preisanpassung. Dabei spiegeln die verwendeten Indizes die Kosten der EWG bei der Gestehung der Fernwärme und die Entwicklung des Wärmemarkts wider. Dies entspricht der gesetzlichen Vorgabe in der AVBFermwärmeV, und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Mittels solcher Klauseln soll in langfristigen Verträgen möglichst sichergestellt werden, dass das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung für die Dauer der Vertragsbeziehung gewahrt bleibt. Insofern besteht bei ordnungsgemäßer Gestaltung von Preisindizierungsklauseln kein erhöhtes Risiko für Fernwärmekunden, dass das WVU durch „übermäßige“ Preissteigerungen während der Vertragslaufzeit „Zufallsgewinne“ oder ähnliches realisiert.

In Zeiten mit hoher Preisvolatilität besteht vielmehr ein erhöhtes Risiko, dass sich das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zuungunsten des WVU verschiebt. Der Grund hierfür ist, dass Preisänderungen der zur Berechnung von Preisindizes verwendeten Produkte und Leistungen nur gemittelt in den Endkundenbeziehungen preiswirksam werden. So werden vom Statistischen Bundesamt bei der Berechnung von Indizes Durchschnittswerte gebildet, die dann über einen längeren Zeitraum gemittelt Einzug in die Berechnung der Wärmepreises finden.

WVU bzw. die EWG ist bei ihrer Beschaffung in der Regel jedoch nicht mit Durchschnittswerten konfrontiert. Hier muss zum Beispiel Strom zu den Preisen beschafft werden, die zum Beschaffungszeitpunkt am Markt vorherrschen. Dabei wurde der Beschaffungszeitpunkt aber oftmals zu einer Zeit festgelegt, als die hohe Preisvolatilität – etwa in Folge der kriegsbedingten Erdgaskrise – noch nicht vorhergesehen werden konnte.

IV. Frage nach dem Preissenkungsspielraum der EWG

Die Fernwärmepreise der EWG sind relativ zu anderen WVU bereits sehr niedrig. Dies zeigen regelmäßig durchgeführte Preisvergleiche, und zwar sowohl bundes- wie auch bayernweit, als auch im Vergleich zu anderen Geothermie-Unternehmen. So beträgt der Fernwärmearbeitspreis der Stadtwerke München im Versorgungsgebiet München Region Süd derzeit etwa 16 Cent/kWh netto, während die EWG Fernwärme zum Preis von ca. 5,9 Cent/kWh liefert. Eine weitere Absenkung des Fernwärmepreises stößt daher auf erhebliche rechtliche Bedenken, und zwar sowohl steuer- und haushaltsrechtlicher, wie auch wettbewerbs- und beihilferechtlicher Natur. Im Steuerrecht stellt sich etwa die Frage, ob Verlustvorträge der EWG von Finanzamt anerkannt werden, sollte der Fernwärmepreis abgesenkt werden.

Haushaltsrechtlich sind Gemeinden gehalten adäquate Vergütungen für die von Ihnen erbrachten Leistungen zu erzielen, wobei auch das europäische Beihilferecht marktübliche Renditen und Amortisationszeiten für eingesetztes Eigenkapital fordert.


Lederle fasst zusammen, dass bis 01.05.2023 die derzeitigen Fernwärmepreise der Erdwärme Grünwald GmbH stabil sind. Wie es danach weitergeht, wird derzeit am Energiemarkt genau beobachtet. Alle Fördermaßnahmen des Bundes werden auf Anwendbarkeit bei EWG geprüft und den EWG-Kunden soweit als zutreffend gutgeschrieben.

Auf die Rückfrage von GR-Mitglied Schmidt, ob die Jahresrechnung mit der Post versendet wird, oder ob dies schon in digitaler Form möglich ist, erwidert Lederle, dass dies derzeit in einem Projekt umgesetzt wird und künftig möglich sein wird.

Datenstand vom 06.11.2023 16:01 Uhr