Bauort: Gasteig 4, Grundstück Fl.Nr. 85 (Grundstücksgröße = 3.766 m²)
Planbereich: Außenbereich gemäß § 35 Baugesetzbuch
Einleitend ist noch einmal folgendes über dieses Grundstück festzuhalten. Die Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich nach § 35 BauGB, da sich das Grundstück Fl.Nr. 85 nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils befindet. Es handelt sich hierbei vielmehr um einen Bebauungssplitter, der dem Außenbereich zuzuordnen ist. Das Vorhabengrundstück liegt auch nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
Im Außenbereich sind nach § 35 BauGB grundsätzlich nur privilegierte Vorhaben (dienende Funktion für Land- und Forstwirtschaft, gartenbauliche Erzeugung, öffentliche Versorgung mit Elektrizität, Gas etc,) zulässig. Nach gesetzlicher Einordnung ist der Außenbereich grundsätzlich von baulichen Anlagen freizuhalten. Es gilt das Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs.
§ 35 Abs. 4 BauGB stellt eine Ausnahme gegenüber den allgemeinen Grundsätzen für das Bauen im Außenbereich dar, die im Zweifel eng auszulegen ist und nicht im Wege der Analogie erweitert werden darf. Man spricht dann von einer „Teilprivilegierung“.
Das bestehende Wohnhaus mit Nebenanlagen soll abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt werden. Der gegenständliche Antrag ist daher nach § 35 Abs. 4 Nr. 2 BauGB zu beurteilen und zu prüfen.
Hiernach ist die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes (d.h. der Ersatzbau muss dem Altbestand hinsichtlich Größe (Bauvolumen), Nutzung und Funktion entsprechen) an gleicher Stelle erleichtert zulässig, sofern das vorhandene Gebäude in zulässiger Weise errichtet wurde, dieses Missstände oder Mängel aufweist, seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt wird und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird. Es sind lediglich geringfügige Abweichungen des bisher genutzten Gebäudes zulässig. Auch dürfen zur Wahrung der vorhandenen Strukturen der Außenbereichssiedlung am Gasteig keine atypischen Gebäude in anderen Ausprägungen (Größe, Formensprache, Gestaltung, neue Planungsinhalte) zur Ausführung kommen.
Das vorhandene Wohngebäude wurde seinerzeit mit Datum vom 20.07.1953 so genehmigt. Durch Gutachten vom 30.04.2019 wird nachgewiesen, dass das heutige Bestandsgebäude Missstände und Mängel aufweist und eine Sanierung/Modernisierung wirtschaftlich nicht zu vertreten ist.
Die Familie ist seit 01.03.2020 am Gasteig 4 wohnsitzlich gemeldet, es ist anzunehmen, dass das Bestandsgebäude vom Eigentümer und seiner Familie seit dieser Zeit selbst genutzt wird. Der Eigentümer stellt den Antrag auf Baugenehmigung. Ggf. ist hier noch in einem Schreiben seitens des Eigentümers zu bestätigen, dass er das Ersatzgebäude für den Eigenbedarf bzw. für seine Familie benutzen wird. Die speziellen Voraussetzungen nach § 35 Abs. 4 Nr. 2a-d BauGB sind erfüllt.
Zu prüfen ist nun die Voraussetzung, ob es sich bei dem beantragten Ersatzbau um ein gleichartiges Wohngebäude an gleicher Stelle handelt.
Aufbauend auf den genehmigten Vorbescheid vom 10.10.2019 liegt zum o.g. Bauvorhaben nun der Bauantrag vor. Geplant ist ein Einfamilienhaus in E+1+D-Bebauung mit Walmdach 57,5 ° DN (DG kein Vollgeschoss) und Garagen auf dem im Außenbereich befindlichen Grundstück am Gasteig 4.
Der Tenor des Bescheides beinhaltet, dass vor Erlass der Baugenehmigung nachgewiesen sein muss, dass das Gebäude vom Eigentümer seit mindestens vier Jahren selbst genutzt wurde. Wie oben bereits erwähnt, ist der Antragsteller zusammen mit seiner Familie seit 01.03.2020 an der genannten Anschrift gemeldet. Der befristete Zeitraum läuft somit zum 02.03.2024 aus.
Auf dem genehmigten Eingabe-Plan der ebenfalls Bestandteil des Vorbescheides ist, wurden folgende Eckpunkte festgesetzt:
- Wohnhaus mit den Maßen 12mx14,5m
- Terrassenfläche 66,9m²
- Firsthöhe 10,20m
- Wandhöhe 6,40m
Die hier festgesetzten Maßzahlen stellen das absolute maximale Maß dar. Überschreitungen hiervon sind nicht zulässig.
Wie oben bereits erwähnt, muss der Ersatzbau dem Altbestand hinsichtlich Größe (Bauvolumen), Nutzung und Funktion entsprechen. Das gegenständliche Hauptgebäude entspricht in der Grundfläche den Vorgaben des Vorbescheids. Lediglich die Gebäudeform hat sich von einem rechteckigen zu einem L-körperförmigen Gebäudetyp geändert. Geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes sind nach § 35 Abs.4 Satz 3 BauGB zulässig.
Die weiteren festgesetzten Punkte des Vorbescheids wie die Terrassenfläche, die Wand- und Firsthöhe werden ebenfalls eingehalten.
Mit dem gegenständlichen Baugesuch wird die Errichtung von insgesamt sechs Dachaufbauten in Form von Giebeln vorgesehen. Die Dachaufbauten waren nicht Inhalt des Antrags auf Vorbescheid, so dass über die Zulassung dieser im vorliegenden Genehmigungsverfahren zu entscheiden ist. In Anlehnung an die Praxis im beplanten Innenbereich wird die Überschreitung der zulässigen oder festgesetzten Wandhöhe regelmäßig befreit. Daher wird im Rahmen der Rechtsanalogie auch für diesen Fall die festgesetzte Wandhöhe von 6,40 m um 0,97 m auf 7,37 m befreit. Das Dachgeschoss ist nachweislich kein Vollgeschoß. In der Umgebungswohnbebauung des Außenbereichs sind Dachaufbauten vorhanden. Daher wird auch für dieses Baugesuch die Errichtung von Dachaufbauten in Form von Giebeln grundsätzlich befürwortet. Die abschließende Zulässigkeitsprüfung obliegt jedoch der Genehmigungsbehörde.
Auf der Gebäudenordostseite ist auf einer Länge von 19,86m ein Garagenanbau sowie auf der Gebäudesüdseite ein Gerätehaus mit 45m² vorgesehen. Beides war im Vorbescheid vom Landratsamt München aus den Plänen gestrichen worden, da nicht Antragsgegenstand. Insofern wäre über den Garagentrakt mit insgesamt vier Stellplätzen und dem Gerätehaus im Rahmen des § 35 BauGB neu zu entscheiden. Der bisherige, südlich angegliederte Seitentrakt (27 m Länge) entfällt. Insgesamt ergibt sich eine Verringerung der versiegelten Nebenflächen von knapp 70m² gegenüber dem heutigen Bestand.
Nach sorgfältiger Prüfung der eingereichten Unterlagen und Berücksichtigung der geltenden Bestimmungen des § 35 BauGB kommt man zu dem Schluss, dass das Bauvorhaben genehmigungsfähig ist und das gemeindliche Einvernehmen in diesem Fall erteilt werden kann.