Zertifizierung der Gemeinde Grünwald als Fairtrade-Gemeinde und Einleitung der nötigen Maßnahmen; Antrag Bündnis 90/Die Grünen vom 26.07.2019;


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 22.10.2019

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Grünwald) Sitzung des Gemeinderates 22.10.2019 ö beschließend 7

Sachverhalt

Der Verein zur Förderung des Fairen Handels in der Einen Welt (TransFair) vergibt für Städte und Gemeinden, die sich dem fairen Handel verpflichten, die Auszeichnung „Fairtrade-Town“. Um diesen Titel tragen zu dürfen, muss eine Kommune die fünf Kriterien der internationalen Kampagne „Fairtrade-Towns“ erfüllen:

  1. Ratsbeschluss
In diesem wird festgehalten, dass die Gemeinde an der Kampagne Fairtrade-Towns teilnehmen und die Auszeichnung als Fairtrade-Town anstreben möchte. Bei allen Sitzungen des Rates und der Ausschüsse sowie im Büro des Bürgermeisters wird fair gehandelter Kaffee ausgeschenkt und ein weiteres Produkt aus fairem Handel verwendet. Speziell auf diesen Punkt wird großen Wert gelegt.

  1. Steuerungsgruppe
Die Steuerungsgruppe, bestehend aus mindestens drei Personen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft, koordiniert die Aktivitäten auf dem Weg zur Fairtrade-Gemeinde und darüber hinaus.

  1. Produkte
In lokalen Geschäften und bei Floristen sowie in Restaurants und Cafés werden mindestens zwei Produkte aus fairem Handel angeboten. Die Anzahl der Geschäfte und Gastronomiebetriebe richtet sich dabei nach der Einwohnerzahl. Für Grünwald ist es nötig, dass sich mindestens vier Geschäfte und zwei Gastronomiebetriebe beteiligen.

  1. Zivilgesellschaft
Öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Vereine und Kirchengemeinden richten Informations- und Bildungsaktivitäten zum Thema fairer Handel aus und bieten fair gehandelte Produkte an. Die Anzahl der benötigten Aktivitäten aus der Zivilgesellschaft berechnet sich ebenfalls aus der Einwohnerzahl. In Grünwald sollen je eine Schule, ein Verein und eine Kirchengemeinde die Kampagne unterstützen.

  1. Medien und Öffentlichkeitsarbeit
Die lokale Presse und Medien berichten über das Engagement der Steuerungsgruppe auf dem Weg zur Fairtrade-Gemeinde und informieren über Aktivitäten vor Ort. Es sollen mindestens vier Artikel z. B. über Printmedien, Online-Artikel oder auf der Gemeinde-Homepage veröffentlicht werden.

Wenn alle fünf Kriterien erfüllt sind, werden die vollständigen Bewerbungsunterlagen zur Prüfung an TransFair geschickt. Nach einer erfolgreichen Prüfung der Unterlagen erfolgt die Urkundenverleihung im Zuge einer feierlichen Veranstaltung. Ab diesem Zeitpunkt darf der Titel „Fairtrade-Gemeinde“ getragen werden. Die Auszeichnung ist zunächst für zwei Jahre gültig. Anschließend wird eine Titelerneuerung nötig, bei der ein Nachweis über die fortwährende Erfüllung der fünf Kriterien erbracht werden muss.

Fairtrade und das Thema fairer Handel im Allgemeinen sind allerdings nicht gänzlich unumstritten. Da der Begriff „fair“ rechtlich nicht geschützt ist, gibt es keine verbindlichen Standards für fair gehandelte Ware. Viel mehr kann sich jede Organisation ihre eigenen Kriterien überlegen und unter einem eigenen Siegel vermarkten. Deshalb existiert eine unübersichtliche Vielzahl an verschiedenen Siegeln, die sich unter anderem in der Strenge der verschiedenen Kriterien unterscheiden. TransFair akzeptiert für die Auszeichnung als Fairtrade-Gemeinde aus diesem Grund nur bestimmte Siegel, die gewisse Standards erfüllen und der Definition des fairen Handels entsprechen (z.B. von El Puente, GEPA, dwp).

Das klassische „Fairtrade“-Siegel ist ein sogenanntes Produktsiegel, welches sich ausschließlich auf Anbau und Verkauf der Rohware bezieht, weitere Verarbeitungsstufen des Produktes werden nicht berücksichtigt. Zudem ist hier der sogenannte Mengenausgleich in einigen Fällen zulässig. Das bedeutet, dass fair gehandelte Rohstoffe bei der Verarbeitung, Lagerung oder während des Transports mit handelsüblichen Produkten vermischt werden dürfen. Die exakten Mengen- und Geldströme müssen entlang der Warenkette dokumentiert werden. Am Ende darf nur so viel Ware als „Fairtrade“ ausgezeichnet werden, wie Fairtrade-Rohstoffe eingekauft wurden.

Bei Mischprodukten (Lebensmittel, die mehrere Inhaltsstoffe enthalten) reicht es aus, wenn 20 % der Zutaten aus fairem Handel stammen, um das Produkt als Fairtrade zu deklarieren. Dabei wird vorgeschrieben, dass alle Zutaten, die als Fairtrade-Rohstoffe verfügbar sind auch aus Fairtrade-Quellen bezogen werden muss. Der genaue Fairtrade-Anteil am Endprodukt muss auf der Verpackung gekennzeichnet werden.

Eine Studie besagt zudem, dass oftmals der höhere Preis nur zu einem geringen Teil bei den Produzenten ankommt. Dabei wurde ermittelt, dass von den 50 ct Mehrpreis, die ein US-Konsument für eine Tasse Fairtrade-Kaffee bezahlt, lediglich maximal 1/3 ct beim Kaffee-Bauern ankommt. Da unter anderem auch die Zertifizierungsgebühren sehr hoch sind, wird den finanziell schwächsten Kleinbauern oftmals der Zugang zu diesen Programmen erschwert.

Häufig wird auch kritisiert, dass faire Ware von schlechterer Qualität ist, als konventionell gehandelte. Dies kommt zum Beispiel daher, dass Fairtrade keine Anreize wie Aufschläge für besonders hochwertige Produkte bietet. Zudem wird nicht der gesamte Ernteertrag abgenommen. Die bessere Ware wird frei verkauft und nur die quotierte Ware (minderer Qualität) zum garantierten Preis an Fairtrade.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass „fair gehandelt“ keinen Biostandard beinhaltet. Viele Siegel schreiben allerdings gewisse Maßnahmen zum Umweltschutz vor, z.B. beim Einsatz von Pestiziden oder Maßnahmen gegen Bodenerosion. Möchte man aber wirklich Produkte in Bioqualität kaufen, sollte drauf geachtet werden, dass neben dem Fairtrade-Siegel auch ein zertifiziertes Bio-Siegel auf dem Produkt ist.

Das Umweltamt klärt die Bürger gerne z. B. im Rahmen des Umwelttages über die Thematik „fairer“ Handel, Bioprodukte und regionale Produkte auf.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt an der Kampagne Fairtrade-Town teilzunehmen und die Auszeichnung „Fairtrade-Town“ anzustreben.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 12

Abstimmungsbemerkung
Der Antrag gilt somit als abgelehnt.

Datenstand vom 21.11.2019 15:57 Uhr