Beantwortung Antrag der SPD-Fraktion vom 17.10.2016 zur Ausbaubeitragssatzung und Erschließungsbeitragssatzung;


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 11.12.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Grünwald) Sitzung des Gemeinderates 11.12.2018 ö beschließend 10

Sachverhalt

Die SPD-Fraktion stellte mit Schreiben vom 17.10.2016 u.a. unter 2. bis 4. nachfolgende Anträge:
(Die Frage zu 1. betraf eine andere Thematik und wurde bereits im Gemeinderat beantwortet.)
       
Zu 2. Die Verwaltung möge dem Gemeinderat die Straßen im Gemeindegebiet aufzeigen, in denen innerhalb der nächsten 10 Jahre Baumaßnahmen anstehen (z.B. Ausbau, Sanierung, endgültige Erschließung, sonstige Baumaßnahmen usw.) darstellen, sowie Gründe und Kostenschätzung der Maßnahmen.

Begründung:
Infolge des massiven Ausbaus der Geothermie in fast allen Straßen der Gemeinde, der sukzessiven Erneuerung der Wasserleitungen, und infolge des Breitbandausbaus in Teilbereichen des Gemeindegebiets besteht erheblicher Sanierungsbedarf. Angesichts der Zusage, dass für die Wiederherstellung der Straßen nach oben genannten Maßnahmen den Bürgern keine Kosten entstehen, sondern diese zu 100% die Gemeinde bzw. die Erdwärme trägt, kommen erhebliche Kosten auf die Gemeinde bzw. auf die Erdwärme zu. Der Gemeinderat sollte über die Maßnahmen und zu erwartenden Gesamtkosten informiert werden. Dem wäre gegenüberzustellen, welche Straßenbaumaßnamen dann noch von den Grünwalder Bürgern getragen werden müssen.


Antwort:

Einleitend ist zur Klarstellung folgende Aussage festzuhalten:

In der derzeitigen über Jahre hinweg immer wiederkehrenden Berichterstattung in den Medien wird über die Straßenausbaubeitragssatzung (also Satzung nach Art. 5 Abs. 1 KAG zur Erneuerung und Verbesserung von Gemeindestraßen) gesprochen – nicht zu verwechseln mit der Erschließungsbeitragssatzung (Satzung nach Art. 5 a Abs. 1 KAG i.V.m §§ 128 ff. BauGB zur Erhebung eines einmaligen Beitrages der erstmaligen Herstellung einer Erschließungsanlage). Die Straßenausbaubeiträge wurden mittlerweile mittels Gesetzesänderung abgeschafft. Die gemeindliche Straßenausbaubeitragssatzung sollte noch nicht aufgehoben werden, da möglicherweise aktuell noch geprüft wird, ob Entschädigungsforderungen an den Freistaat gestellt werden können. Hierzu wäre das weitere formale Bestehen der Satzung auch nach Rücksprache mit der Aufsichtsbehörde von Vorteil.
Nachfolgend eine Liste von Straßen, die noch nicht erstmalig hergestellt sind und welche nach dem Erschließungsbeitragsrecht zu behandeln sind: Anmerkung: es fehlt meist eine tiefbautechnische Eigenschaft der Straße (z.B. Entwässerung, Leistenstein, Feinschicht usw.) – deswegen wurden diese Straßen bislang nicht abgerechnet.

Joseph-Keilberth-Straße
Lohengrinstraße (südl. Teil)
Tremmlallee (südl. Teil)
Wallbergstraße

Die o.g. Straßenzüge sind aufgrund erfolgter Rechtsänderung des Art. 5a Abs. 7 Kommunales Abgabengesetzes – KAG – bis zum 01.04.2021 endgültig herzustellen, um nach Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet werden zu können.

Alle übrigen (nichtgenannten) Straßen wurden bereits erstmalig hergestellt – hier fallen keine Erschließungsbeiträge mehr an.

Die Erhebung von Erschließungsbeiträgen ist aufgrund der Regelung in Art. 5 a Abs. 1 KAG für die Kommunen verpflichtend; insoweit besteht auch keinerlei Wahlmöglichkeit. Einzige Möglichkeit der Gemeinde, den Bürgern hier entgegen zu kommen, ist zum einen, den Eigenanteil der Gemeinde (bisher 10% der abrechnungsfähigen Kosten) zu erhöhen. Eine weitere Möglichkeit ist der sog. Teilerlass / Billigkeitserlass um maximal 1/3 des maßgeblichen Erschließungsbeitrages. Beide Möglichkeiten erfordern die Änderung der bestehenden Erschließungsbeitragssatzung. Hierzu wird in der Antwort zu Frage 4 näher ausgeführt.




Die Gründe für die Baumaßnahmen ergeben sich aus der Pflicht-Aufgabe gemäß Art. 83 Abs. 1 Bayerische Verfassung. Im eigenen Wirkungskreis sind die Gemeinden zum Straßen- und Wegebau verpflichtet. Des Weiteren nach § 123 BauGB zur Erschließung bebauter (bzw. zu bebauender) Grundstücke und außerdem aus dem jeweiligen Zustand der Straße (Verkehrssicherungspflicht).



Alle Kosten im Zusammenhang mit dem Bau von erdgebundenen Leitungen (z.B. Wasserleitungen, Fernwärmeleitungen) werden erfasst und mit der Gemeinde Grünwald abgerechnet, bzw. im Fall der Erdwärme Grünwald GmbH an diese weiter verrechnet.

Die Kosten für den Leitungsbau sind dem Gemeinderat im Übrigen allesamt bekannt, da diese im Rahmen der eu-weiten Ausschreibung und umfänglichen Vergabeverfahren öffentlich im Gemeinderat behandelt, im Haushaltsplan und im Wirtschaftsplan (im Fall der EWG GmbH) richtig und vollständig abgebildet werden.



Zu 3. Die Verwaltung möge prüfen und das Ergebnis im Gemeinderat darlegen, ob die „Satzung der Gemeinde Grünwald über die Erhebung eines Ausbaubeitrages (ABS)“ abgeschafft werden kann.

Begründung:

Der in der Begründung zum Antrag Nr. 2 genannte erhebliche Sanierungsbedarf, der von der Gemeinde bzw. der Erdwärme getragen wird, macht die Satzung über die Erhebung eines Ausbaubeitrages dem Grunde nach überflüssig. In vielen anderen Gemeinden (vorausgesetzt die Finanzlage gestattet dies), einschließlich der Landeshauptstadt München sind solche Satzungen bereits abgeschafft worden.

Streit über mögliche Kostenaufschlüsselungen, welche Kosten von der Gemeinde / Erdwärme und welche Kosten von den Bürgern bei einem Straßenausbau getragen werden, fällt dadurch weg. Nicht zu unterschätzen sind auch die geringeren Verwaltungskosten.

Zwecks Gleichbehandlung ist zu klären, ob eine Rückerstattung bereits gezahlter Beträge für einen begrenzten Zeitraum (z.B. Beginn des Geothermieausbaus) rückwirkend möglich ist. So würde jeder Bürger von der guten finanziellen Ausstattung der Gemeinde profitieren.


Antwort:

Durch die vom bayerischen Landtag rückwirkend zum 01.08.2018 beschlossene Abschaffung der Straßenausbaubeiträge hat die Straßenausbaubeitragssatzung der Gemeinde Grünwald ihre Rechtsgrundlage verloren und ist unwirksam. Wie oben bereits ausgeführt, sollte die Aufhebung der Satzung so lange zurückgestellt werden, bis die Voraussetzungen für Entschädigungszahlungen (wegen möglicherweise entgangener Straßenausbaubeiträge) durch den Freistaat Bayern festgelegt wurden.





Zu 4. Prüfung und Vorlage von Änderungsmöglichkeiten der Kostenverteilung der Gemeindesatzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen“ zu Gunsten der Bürger.

Begründung:

Die Gründe zur Abschaffung des Ausbaubeitrages gelten teilweise auch auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen. Angesichts der Finanzlage der Gemeinde ist eine Änderung der Kostenverteilung zu Gunsten der Bürger möglich.




Antwort:

Mit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes zum 01.04.2016 wurde den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, für Erschließungsanlagen, deren erstmalige Herstellung bereits begonnen hat (und seither mind. 25 Jahre vergangen sind, und Beitragspflichten zw. 01.04.2012 und 31.03.2021 entstanden sind oder bis dahin noch entstehen), in der Erschließungsbeitragssatzung zu bestimmen, dass Erschließungsbeiträge bis zu einem Drittel des zu erhebenden oder bereits erhobenen Betrags erlassen werden können. Dieser sogenannten „Drittel-Erlass“ könnte nach Ansicht der Verwaltung in die Erschließungsbeitragssatzung mitaufgenommen werden. Die Änderung der Satzung wird in einem separaten Tagesordnungspunkt erfolgen.

Davon abgesehen sind die Gemeinden nach § 129 Abs. 2 BauGB verpflichtet, mindestens 10% des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes zu tragen. Diese Regelung beruht auf der Überlegung, dass jede Erschließungsanlage zumindest zu einem kleinen Teil auch der Allgemeinheit zugutekommt – die gemeindliche Eigenbeteiligung dient somit der Entlastung der Betragspflichtigen.

Einen höheren Eigenanteil könnte die Gemeinde bei unterschiedlichen Straßenarten, Erschließungsanlagen oder Gebietsarten (z.B. Wohngebiete, Gewerbe- und Mischgebiete) durch Satzung entsprechend bestimmen. Die Erhöhung dürfte sich allerdings nur marginal und auch nur im einstelligen Prozentsatz (z.B. 2 – 3 %) bewegen, da ja ansonsten die Allgemeinheit stärker belastet würde.

Auch wäre eine Erhöhung des Eigenanteils gegenüber den bisher abgerechneten Beitrags- pflichtigen der jeweiligen Erschließungsanlagen im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts eine Ungleichbehandlung, da diese nach bisherigen Beitragsrecht anteilig mehr bezahlen mussten.

Im Übrigen bedürfte es, wie bereits oben ausgeführt, einer Änderung der Erschließungsbeitragssatzung. Soweit die Gemeinde aufgrund der kürzlich erfolgten Änderung des KAG ohnehin die Aufnahme des Teilerlass in die Satzung aufnehmen möchte, könnte in diesem Schritt auch der Eigenanteil entsprechend erhöht werden.


Abschließend bleibt festzuhalten, dass nach Art. 62 Abs. 2 Nr. 1 der Gemeindeordnung jede Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben die erforderlichen Einnahmen aus besonderen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen zu beschaffen hat – darauf hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 09.11.2016 insbesondere und mehrfach hingewiesen.

Bei den besonderen Entgelten geht es um die Erhebung von Beiträgen nach dem Kommunalen Abgabengesetz (also um Erschließungsbeiträge) – die Einnahmequelle aus diesen besonderen Entgelten ist gegenüber den Steuereinnahmen (wie z.B. Gewerbesteuer) für die Gemeinde vorrangig, was wiederum bedeutet, dass selbst eine außerordentlich gute Finanzkraft aufgrund von Gewerbesteuereinnahmen keinesfalls bedeute, man könne auf die Entgelte z.B. durch Beitragssatzungen gänzlich verzichten, auch darauf hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof eindeutig abgestellt.


Abschließend dürfen wir darauf hinweisen, dass der Landesgesetzgeber in seiner neu gewählten Konstellation nach bereits erfolgter Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung möglicherweise auch die Erschließungsbeitragssatzung abschaffen könnte.

Beschluss

Der Gemeinderat nimmt Kenntnis vom ausführlichen Vortrag der Verwaltung und beschließt:

Die Satzung zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen wird geändert. Der vom Kommunalabgabengesetz vorgesehene Billigkeitserlass soll mitaufgenommen werden.


Der Beschluss über die Änderung der Satzung erfolgt in einem eigenen Tagesordnungspunkt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 21, Dagegen: 0

Datenstand vom 30.01.2019 13:56 Uhr