Seit geraumer Zeit gestaltet sich die Personalgewinnung für die Gemeinde Grünwald in allen Bereichen (Verwaltung, Arbeiterbereich und Sozial- und Erziehungsdienst) zunehmend schwieriger.
Die Gemeinde Grünwald konkurriert bei ihrer notwendigen Personalgewinnung nicht nur mit Arbeitgebern der Privatwirtschaft sondern auch mit anderen öffentlichen Arbeitgebern. Hier sind insbesondere die Landeshauptstadt München, der Landkreis München als auch die anderen Gemeinden des Ballungsraumes München zu nennen. Insbesondere die Landeshauptstadt München kann durch Haustarifverträge und in einigen Bereichen durch größere Spielräume bei den Eingruppierungen, ihren Beschäftigten Vorteile bieten.
Die Personalgewinnung wird zudem auch durch den längst auch in der öffentlichen Verwaltung angekommenen Fachkräftemangel verstärkt. Bei den Öffentlichen Dienstleistungen lag der Fachkräftemangel 2017 bereits bei 23.000 unbesetzten Stellen in Bayern und wird bis 2030 auf 73.000 prognostiziert. Gut ausgebildete Fachkräfte können sich aktuell im Ballungsraum München ihren Arbeitgeber aussuchen.
Des Weiteren werden in den nächsten Jahren viele Beschäftigte der Gemeinde Grünwald in den Ruhestand gehen, was neben der allgemeinen Fluktuation (Elternzeiten, Umzüge etc.) die Situation noch zusätzlich erschweren wird.
1. Zur Möglichkeit der Gewährung einer Arbeitsmarktzulage
Um bei tarifkonformer Eingruppierung die Konkurrenzfähigkeit der Gemeinde Grünwald auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere im Ballungsraum München, sicherzustellen wurde von der Verwaltung die Möglichkeit der Gewährung einer sogenannten Arbeitsmarktzulage für alle Beschäftigten der Gemeinde Grünwald geprüft.
Der Hauptausschuss des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern hat in seiner Sitzung vom 29.07.2014 beschlossen, dass die Mitglieder zur Deckung des Personalbedarfes und zur Bindung von qualifizierten Personals im Einzelfall möglichst befristete Arbeitsmarktzulagen in Höhe von max. 20% der Stufe 2 der jeweiligen Entgeltgruppe gewähren können.
Nach diesem Beschluss sind nachstehende Merkmale kritisch und unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen:
1. „Zur Deckung des Personalbedarfes“ hat zur Voraussetzung, dass trotz ernsthaften Bemühens (Stellenausschreibungen usw.) geeignete Bewerber nicht gefunden werden können.
2. „Bindung von qualifizierten Fachkräften im Einzelfall“ bedeutet, dass hinsichtlich jedes einzelnen Arbeitsnehmers zu prüfen ist, ob dieser ernsthaft den Arbeitgeber wechseln will.
3. „Zulage in Höhe von maximal 20% der Stufe 2 der einschlägigen Entgeltgruppe“ begrenzt die Höhe der Zulage. Bei der einschlägigen Entgeltgruppe handelt es sich um die tariflich gebotene Eingruppierung. Damit ist eine Obergrenze definiert, wobei jedoch geringere Beträge stets zu erwägen sind.
4. „Die Möglichkeit der Befristung“ sollte in jedem Fall wahrgenommen werden, da nur auf diese Weise einer sich stetig wandelnden Situation am Arbeitsplatz Rechnung getragen werden kann.
2. Bewertung und Vorschläge der Verwaltung
Aus Sicht der Verwaltung wäre insbesondere bei dem Gesichtspunkt Nr. 2 „Bindung von qualifizierten Fachkräften im Einzelfall“ letztendlich nicht feststellbar, wer wirklich den Arbeitsplatz wechseln will und wie hier schlussendlich ein Nachweis zu führen wäre.
Die grundsätzliche Zahlung von Individualprämien im Einzelfall wird zudem für hoch problematisch gehalten, da hierdurch eine gewisse „Neidkultur“ bei den Beschäftigten hervorgerufen werden würde und dieser Unfrieden schlussendlich zu mehr Nachteilen für die Gemeinde Grünwald und ihrer Beschäftigten führen würde. Hier ist davon auszugehen, dass viele weitere Beschäftigte vergleichbare Situationen vorbringen werden um ebenfalls eine Arbeitsmarktzulage zu erhalten.
Eine entsprechende Lösung über Individualprämien im Einzelfall ist aus Sicht der Verwaltung aus oben genannten Gründen deshalb nicht umsetzbar sowie gegenüber den Beschäftigten nicht vertretbar.
Aus Sicht der Verwaltung sollte deshalb zwingend eine einheitliche, vertretbare und nachvollziehbare Regelung für alle Beschäftigtengruppen gefunden werden.
Von der Verwaltung wird deswegen ein mögliches Modell zur Gewährung und Umsetzung einer Arbeitsmarktzulage vorgeschlagen.
2.1. Allgemeine Regelungen
I. Die Einführung der Arbeitsmarktzulage wird zum Zweck der „Deckung des Personalbedarfes“ und zum Zweck der „Bindung von qualifizierten Fachkräften“ eingeführt.
Das Kriterium „Deckung des Personalbedarfes“ wird durch die nachweislich enormen Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung in allen Bereichen und der derzeitigen Arbeitsmarktsituation gerechtfertigt.
Das Kriterium „Bindung von qualifizierten Fachkräften“ wird dadurch gerechtfertigt, dass aufgrund der derzeitigen Situation am Arbeitsmarkt, grundsätzlich die ernsthafte Gefahr besteht, dass Beschäftigte der Gemeinde Grünwald zu einem anderen Arbeitgeber, der mehr zahlt wechseln. Bei der Fülle an anderen möglichen Arbeitgebern, ob öffentlich oder privat, ist diese „ernsthafte Gefahr“ derzeit grundsätzlich gegeben.
II. Zur Umsetzung in die Praxis wird mit der Gesamtzusage die Arbeitsmarktzulage Bestandteil des einzelnen Arbeitsvertrages zwischen dem/der begünstigten Beschäftigten und der Gemeinde Grünwald. Dies gilt auch für Beschäftigte, die künftig bei der Gemeinde Grünwald eingestellt werden. Um die Gesamtzusage in den Arbeitsvertrag wirksam einzubeziehen, ist lediglich sicherzustellen, dass die jeweilige Dienstkraft in der Lage ist, von der Gesamtzusage Kenntnis zu nehmen. In der Praxis werden hier die Beschäftigten mit einer schriftlichen Mitteilung über die Modalitäten der Arbeitsmarktzulage in Kenntnis gesetzt. Weitergehende zusätzliche individuelle Vereinbarungen werden daher nicht getroffen.
III. Die Einführung der Arbeitsmarktzulage wird zum 01.01.2019 vorgeschlagen. Ein rückwirkender Zeitpunkt würde der Zielsetzung der Zahlung einer Arbeitsmarktzulage widersprechen, da rückwirkend weder die Gewinnung noch der Erhalt von Personal geprüft werden könnte.
IV. Der Kommunale Arbeitgeberverband Bayern empfiehlt dringend eine Befristung der Arbeitsmarktzulage. Nach seiner Auffassung sollte die Befristung die Regel sein, da jede Arbeitsmarktsituation einem stetigen Wandel unterworfen ist und sich in einigen Jahren grundlegend anders darstellen kann als dies zum heutigen Zeitpunkt vorstellbar ist.
Ob der mit der Arbeitsmarktzulage verbundene Zweck „Deckung des Personalbedarfs“ und „Bindung von qualifizierten Fachkräften“ zu einem späteren Zeitpunkt noch gegeben ist, muss Gegenstand einer möglichen Überprüfung durch den Arbeitgeber in der Zukunft sein können.
Dies wird über eine befristete Gewährung der Arbeitsmarktzulage sichergestellt. Die rechtliche Wirksamkeit eine Befristung hängt entscheidend davon ab, dass sie zum einen durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, zum anderen hinreichend transparent erfolgt, d.h. für die/den Beschäftigten muss ohne weiteres erkennbar sein, welche Leistung aus welchen Gründen bzw. wie lang gewährt wird und warum bzw. wann mit deren Wegfall zu rechnen ist.
Aus Sicht der Verwaltung ist eine über 5 Jahre hinausgehende Einschätzung der Mangelsituation bzw. der Arbeitsmarktsituation prognosetechnisch nicht möglich. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die Arbeitsmarktzulage zunächst bis 31.12.2023 zu befristen.
Diese Befristung gilt für das Bestandspersonal ebenso wie für künftige Neueinstellungen ab dem 01.01.2019.
Vor Ablauf der Frist wird die Verwaltung die dann vorhandene Arbeitsmarktsituation anhand der dann geltenden Rahmenbedingungen analysieren und eine Evaluation der Konzeption zur Arbeitsmarktzulage erarbeiten. Dies könnte unter Umständen auch einen Wegfall der Arbeitsmarktzulage bedeuten. Das Ergebnis würde dementsprechend dem Gemeinderat zur weiteren Entscheidung vorgelegt werden.
V. Die Zahlung der Arbeitsmarktzulage rechtfertigt sich ausschließlich mit der derzeitig bestehenden personalwirtschaftlichen Mangelsituation und im Sinne des Bestandspersonals mit der damit verbundenen ernsthaften Abwanderungsgefahr.
Es müssen daher für den Fall, dass Entwicklungen eintreten, die diese derzeitig besondere Situation verändern, Änderungs- bzw. Widerrufsvorbehalte definiert werden, die im Falle eines Eintretens dieser Entwicklungen die Möglichkeit bieten, die Gesamtzusage nach vorheriger Überprüfung und Neuentscheidung durch den Gemeinderat rechtswirksam zu ändern bzw. aufzuheben.
Sachliche Gründe für derartige Änderungs- und Widerrufsvorbehalte sind:
- Änderung von gesetzlichen oder tariflichen Regelungen in der Zukunft (signifikante Einkommensverbesserungen, d.h. mindestens der Höhe der gezahlten Arbeitsmarktzulage, durch ein Inkrafttreten verbesserter Eingruppierungsregelungen im TVöD oder Einführung anderer neuer Zulagen)
- Änderungen in der gegenwärtigen Beschlusslage des KAV Bayern vom 29.07.2014 zur Ermächtigung für die Arbeitsmarktzulage und ihrer Rahmenbedingungen
VI. Eine Änderung oder ein Widerruf der Gesamtzusage erfolgt grundsätzlich in gleicher Art und Weise wie die Gesamtzusage selbst. Sollte eine Änderung oder ein Widerruf der Gesamtzusage erforderlich sein, wäre dies dem Gemeinderat vorzulegen und den Betroffenen in der Einführung vergleichbarer Form bekannt zu geben.
VII. Der Personalrat hat bei der Gewährung einer Arbeitsmarktzulage nach Art. 75 Abs. 4 BayPVG unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Lohngestaltung mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber über den konkreten Einzelfall hinaus die Zulage nach einem generalisierenden System einräumt.
2.2. Modellvorschlag
a) Gestaffelte Pauschalausschüttung in Höhe von 10, 9 bzw. 8 % der Stufe 2 der individuellen Entgeltgruppe des/der Beschäftigten
EG 2 – 9b TVöD = 10 % der Stufe 2
EG 9c – 12 TVöD = 9% der Stufe 2
EG 13 TVöD = 8% der Stufe 2
b) Die Arbeitsmarktzulage für Teilzeitkräfte wird entsprechend des Beschäftigungsumfangs prozentual gekürzt
c) Die Arbeitsmarktzulage unterliegt keiner Anpassung an allgemeine Entgeltsteigerungen
d) Im Rahmen einer auch besseren Altersversorgung wird die Arbeitsmarktzulage als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt behandelt
e) Sollten sich bei der Umsetzung der Regelungen in Einzelfällen besondere Benachteiligungen (Härtefälle) ergeben, kann hier vom 1. Bürgermeister eine individuelle abweichende Regelung verfügt werden
f) Die Arbeitsmarktzulage ist eine freiwillige Leistung der Gemeinde Grünwald, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und steht unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs, insbesondere wenn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gemeinde Grünwald nicht mehr gewährleistet ist.
Bei diesem Modell würde entsprechend die Wertigkeit und Verantwortung der jeweiligen Stelle berücksichtigt und abgebildet werden. Zudem würde man sich bei diesem Modell eng an den Vorgaben des KAV Bayern orientieren (…bis zu 20% der Stufe 2 der einschlägigen Entgeltgruppe).
Des Weiteren würden bei diesem Modell aufgrund der prozentualen Staffelung, ähnlich der Jahressonderzahlung (80% EG 1-8, 70% EG 9a-12, 50% EG 13-15) die Beschäftigten der unteren Entgeltgruppen einen höheren Anteil erhalten.
Ein weiterer Vorteil dieser Regelungen wäre ihre einfache und nachvollziehbare Darstellung gegenüber den Beschäftigten sowie die verwaltungsmäßig leichte Umsetzbarkeit.
Finanzielle Auswirkungen:
Die jährlichen Gesamtkosten (inkl. Arbeitgeberanteile) für die Gemeinde Grünwald in Bezug auf die Gewährung der Arbeitsmarktzulage würden in diesem Fall 1.017.858,43 € betragen.
Aufgrund der bereits zum 01.01.2015 beschlossen Arbeitsmarktzulage im für den Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes, wurden hierfür seither bereits 300.000,- € im Haushalt bereitgestellt.
Somit würden die zusätzlichen Kosten für die Einführung der Arbeitsmarktzulage für alle Beschäftigten der Gemeinde Grünwald 717.858,43 € betragen.
Mitbestimmung Personalrat:
Das beschriebene Modell zur Gewährung einer Arbeitsmarktzulage wurde intensiv mit den Personalratsvorsitzenden besprochen.
Der Personalratsvorsitzende teilte sodann mit Schreiben vom 27.11.2018 mit, dass der Personalrat einstimmig dem vorgeschlagenen Modell zustimmt.
Vorberatung im Verwaltungsausschuss:
Der Verwaltungsausschuss hat den Sachverhalt sich in seiner Sitzung am 04.12.2018 intensiv vorberaten und empfiehlt dem Gemeinderat einstimmig die Gewährung einer Arbeitsmarktzulage für alle Beschäftigten der Gemeinde Grünwald auf Grundlage der Ausführungen der Verwaltung und des entsprechend vorgestellten Modells ab 01.01.2019.