Landratsamt Dachau, Fachbereich: Rechtliche Belange


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses, 22.06.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau-, Planungs- und Umweltausschuss (Gemeinde Haimhausen) Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses 22.06.2021 ö 2.2.7

Sachverhalt

Das Landratsamt Dachau, Abteilung Rechtliche Belange, hat folgende Stellungnahme abgegeben:

Einwendungen:

  • Ein Ausschluss aller Nutzungen nach § 4 Abs.2 Nr.2 und Nr.3 und Abs.3 BauNVO ist nicht möglich (BVerwG, Beschl. v. 8.2.1999 – 4 BN 1/99).

Im Bebauungsplan ist ein allgemeines Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO festgesetzt, gleichzeitig werden aber gem. § 1 Abs. 5 BauNVO alle Nutzungen mit Ausnahme der Wohnnutzung ausgeschlossen. Diese Vorgehensweise stellt einen Verstoß gegen § 1 Abs.5 BauNVO dar, da die getroffene Festsetzung nicht die allgemeine Zweckbestimmung des Gebietscharakters wahrt. Insofern kann zunächst auch dahinstehen, ob die Festsetzung städtebaulich gerechtfertigt ist.
Die allgemeine Zweckbestimmung des allgemeinen Wohngebiets (WA) normiert § 4 Abs.1 BauNVO. Danach dient das Gebiet vorwiegend dem Wohnen. Näheres ergibt sich alsdann aus § 4 Abs.2 BauNVO.
Durch Ausschluss aller Nutzungen nach § 4 Abs.2 Nr.2 und Nr.3 BauNVO wird im rechtlichen Ergebnis die Wirkung eines reinen Wohngebiets (WR) hergestellt, ohne dieses als solches festzusetzen. Mit dem festgesetzten Ausschluss ist der allgemeine Charakter des nach § 4 BauNVO zu beurteilenden Gebietstypus eines allgemeinen Wohngebiets (WA) nicht mehr gegeben.

Rechtsgrundlagen: § 4 BauNVO, § 1 Abs.5 BauNVO“

Abwägung:
Den Einwendungen wird nachgekommen, die Festsetzung 2.1 wird wie folgt geändert: „Die gemäß § 4 Abs. 3 BauGB ausnahmsweise zulässigen Nutzungen sind unzulässig.“ Somit sind der Versorgung des Gebietes dienende Läden usw. sowie kirchliche, soziale usw. Einrichtungen zulässig. Aufgrund der klaren, auf Wohngebäude fokussierten Struktur des Gebietes ist nicht damit zu rechnen, dass gebietsunverträgliche Nutzungen (mit hohem Verkehrsaufkommen) angesiedelt werden. Die Begründung wird angepasst.


„Hinweise:

  • Es wird empfohlen, zu den einzelnen Festsetzungen die entsprechende Rechtsgrundlage zu zitieren“



Abwägung: 
Generell besteht keine Pflicht die Rechtsgrundlagen im BPlan zu benennen. Wichtig ist, dass die Festsetzungen von einer Rechtsgrundlage gedeckt sind. Zur Klarstellung werden die einschlägigen Paragraphen in der Begründung genannt. Sie sind üblicherweise nicht Bestandteil der Festsetzungen.

  • „Es wird empfohlen zu überdenken, ob nicht zum besseren Verständnis des Bebauungsplanes eine ausdrückliche Trennung nach Festsetzungen durch Planzeichen (mit Legende) und durch Text sinnvoll ist. So könnte beispielsweise bereits in der Planzeichnung das Baugebiet dargestellt werden.“

Abwägung:
Die Baugebiete sind bereits in der Planzeichnung benannt („WA“). Alle im Plan festgesetzten Zeichen werden in den textlichen Festsetzungen erläutert, gegliedert nach den jeweiligen Zwischenüberschriften. Dies entspricht einer bewährten Systematik, die gerade der einfacheren Lesbarkeit dient und Dopplungen (Legende +textliche Festsetzungen) vermeidet. Am bisherigen Planlayout wird festgehalten.

  • „Mit Blick auf die Entscheidung des VGH München (VGH München, Urteil vom 21.10.2014 - 1 N 11.1456) ist zu prüfen, ob eine Kombination von GRZ und GR möglich ist. Dies wird in jedem Fall dann ausscheiden müssen, wenn die Festsetzungen (auch durch Auslegung) in einem nicht zu lösenden Widerspruch stehen. Im Sinne der Rechtssicherheit wird daher empfohlen, diese Festsetzungen zu überdenken.

Bereits dem Wortlaut des § 16 Absatz 2 Nr. 1 BauNVO ist zu entnehmen, dass im Bebauungsplan entweder eine Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen festgesetzt werden kann. Eine Kombination beider Festsetzungen scheidet bereits aus regelungstechnischen Gründen aus. Ziel beider Festsetzungsvarianten ist es, die flächenmäßige Ausdehnung baulicher Anlagen im Plangebiet zu bestimmen. Während die Grundflächenzahl den Wert in Abhängigkeit von der Größe des Baugrundstücks bestimmt (§ 19 Abs. 1 und § 19 Abs. 2 BauNVO), legt die Größe der Grundflächen den Wert durch eine zahlenmäßig bestimmte Flächenangabe für das gesamte Baugebiet, Teile des Baugebiets, für einzelne Baugrundstücke, Grundstücksteile oder für Teile baulicher Anlagen (§ 16 Abs. 5 BauNVO) fest. Jede der beiden Festsetzungsvarianten ist demnach für sich allein geeignet, das Maß der Grundfläche zu bestimmen, das bauliche Anlagen in Anspruch nehmen können.“

Abwägung:
Zu diesem Sachverhalt hat eine Rücksprache mit dem Landratsamt (LRA) stattgefunden. Demnach geht es darum, die Gemeinde i.S.d. Rechtssicherheit darauf hinzuweisen, dass es Fälle gibt, in denen die Rechtsprechung Kombinationen aus GR- und GRZ Festsetzungen bemängelt. Das LRA empfiehlt daher die Festsetzung zum Nutzungsmaß erneut zu prüfen.

Dies ist erfolgt: Im Bebauungsplan Birkenweg-Süd werden eine GR und ein max. zulässiges Überschreitungsmaß in Form der GRZ festgesetzt. Die GRZ-Überschreitung wird ausdrücklich nicht als Konkurrenz zur GR, sondern als ergänzende Festsetzung getroffen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Festsetzung A 3.3 wonach die GR durch die § 19 Abs. 4 BauNVO genannten Anlagen überschritten werden kann. Die BauNVO sieht in § 19 Abs. 4 BauNVO ausdrücklich vor, dass die Gemeinde im Bebauungsplan eigene Festsetzungen zur GRZ treffen kann. In diesem Sinne legt der Bebauungsplan fest, welche GR für Hauptbaukörper + Terrasse und welches Gesamtmaß inkl. der §19-4-Anlagen (Stellplätze, Zufahrten usw.) je Grundstück versiegelt werden darf (GRZ). Ein Widerspruch ist darin nicht zu erkennen. Durch die Festsetzung der gebäudebezogenen GR wird das städtebaulich wichtige Kriterium der gleichgroßen Gebäude je Gebäudetyp unabhängig von der Grundstücksgröße zum Ausdruck gebracht. Die GRZ variiert hingegen, da sie von der Grundstücksgröße abhängig ist. Soll nach Auffassung des Landratsamtes die Kombination aus GR und GRZ entfallen, müsste analog zur GRZ je Grundstück eine Gesamt-GR festgesetzt werden. Die Festsetzung einer Gesamt-GR würde zu keinem anderen Ergebnis führen, als die vom Gesetzgeber vorgesehene Regelung der GRZ für 19-4-Anlagen. In seiner juristischen Überprüfung hat der seitens der Gemeinde beauftragte Rechtsanwalt die Rechtssicherheit der Festlegung einer GR für das Hauptgebäude und einer GRZ für die 19-4-Anlagen ebenfalls bestätigt.


  • „Es wird empfohlen zu überprüfen, ob die Festsetzung unter Nr. 3.2 von einer Rechtsgrundlage umfasst ist.“

Abwägung: 
Nach Rücksprache mit dem Landratsam beseht Rechtsunsicherheit, ob § 16 Abs. 5 BauNVO als Festsetzungsgrundlage herangezogen werden kann. Es ist nicht abschließend geklärt, ob Balkone, Außentreppen usw. als Teile baulicher Anlagen gelten, für die gem. § 16 unterschiedliche Nutzungsmaße festgesetzt werden können. Der Gemeinde ist es ein ausdrückliches Anliegen die GR für Hauptgebäude und die GR für Balkone, Terrassen, Außentreppen, überdachte Flächen gesondert zu regeln, also nicht eine hohe GR festzusetzen und der alle Gebäudeteile subsumiert sind. Sie sieht die Gefahr gegeben, dass im Nachgang durch Befreiung/ Ausnahmen/ Schwarzbauten der BPlan und sein zugrundeliegendes Konzept des Flächensparens aufgeweicht würden. Auch hierzu wurde seitens der Gemeinde juristischer Rat eingeholt. Der Rechtanwalt bestätigt, dass §16 Ab. 5 BauNVO die korrekte Grundlage für die Festsetzung von gesonderten Nutzungsmaßen für Balkone usw. als Teile baulicher Anlagen sind.


  • „Dies gilt ebenso für die Festsetzung unter 3.4.“

Abwägung:
Festsetzungsgrundlage ist § 21 a Abs. 2 BauNVO, wonach Flächen für Gemeinschaftsanlagen außerhalb eines Baugrundstücks nur anzurechnen sind, wenn der BPlan dies festsetzt, was er im vorliegenden Fall ausdrücklich nicht tut. Dies wird in der Begründung ergänzt.


  • Es wird empfohlen, die Festsetzung unter 3.9 nicht unter Maß der baulichen Nutzung zu treffen, da sie ihre Grundlage in § 9 Abs.1 Nr.6 BauGB und nicht in § 9 Abs.1 Nr.1 Alt.2 BauGB hat.

Abwägung: 
Die Festsetzung A 3.9 verbleibt unter „Maß der baulichen Nutzung“, jedoch wird die Überschrift ergänzt und lautet „3 Maß der baulichen Nutzung und Zahl der Wohnungen“.

  • „In dieser Festsetzung wird ein Bauraum erwähnt. Eine Unterteilung in Bauräume lässt sich aus der Planzeichnung aber nicht entnehmen. Ist damit „Baugrundstück“ 2 gemeint? Im Sinn der Normklarheit wird deswegen empfohlen, dies zu überarbeiten.“


Abwägung:
Die Festsetzung wird korrigiert („Baugrundstück“ statt „Bauraum“)


  • „Es wird empfohlen zu überprüfen, ob der Festsetzung in 4.5 nur deklaratorische Wirkung zukommt.“

Abwägung:
Die Festsetzung 4.5 stellt klar, das untergeordnete Gebäudeteile nicht außerhalb der Baugrenze liegen dürfen. Sie ist zur besseren Lesbarkeit eingefügt, jedoch braucht sie keine eigene Nummerierung und wird Festsetzung 4.4 „Baugrenze“ zugeordnet.

Rechtsgrundlagen: § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO“


Abwägung (Fazit): 
Der Bebauungsplan wird in folgenden Punkten geändert:
  • Art der Nutzung, unzulässig sind nur die ausnahmsweise zulässigen Nutzungen

Der Bebauungsplan wird in folgenden Punkten redaktionell angepasst:
  • Benennung der Rechtsgrundlagen in der Begründung
  • Ergänzung der Überschrift „Maß der baulichen Nutzung“ um die Zahl der Wohnungen
  • Nähere Bestimmungen zur Baugrenze

Beschluss

Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss empfiehlt dem Gemeinderat folgende Beschlussfassung:

„Der Gemeinderat nimmt die Stellungnahme des Landratsamts Dachau, Abteilung Rechtliche Belange, zur Kenntnis und macht sich die Abwägung zu Eigen. Die Festsetzung zur Art der Nutzung (A 2.1) wird geändert. Zur besseren Lesbarkeit werden redaktionelle Änderungen bezgl. Zahl der Wohnungen, Baugrenze und Benennung der Rechtsgrundlagen durchgeführt.“

Abstimmungsergebnis
Dafür: 7, Dagegen: 0

Datenstand vom 21.07.2021 09:46 Uhr