Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 23.08.2021


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 14.10.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Haimhausen) Sitzung des Gemeinderates 14.10.2021 ö 1.1.11

Sachverhalt

Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat folgende Stellungnahme abgegeben:

„…Von dem Planungsvorhaben ist Wald nach § 2 Abs. 1 Bundeswaldgesetz in Kombination mit Art. 2 Waldgesetz für Bayern (BayWaldG) betroffen. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Fürstenfeldbruck ist im Landkreis Dachau örtlich nach der Verordnung über die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELFV) zuständig. Die Anhörung der unteren Forstbehörde in vorliegendem Verfahren regelt Art. 7 Satz 2 BayWaldG.

Aufgrund der eingeschränkten Wuchshöhe der Bäume unterhalb von Höchstspannungsleitungen ist davon auszugehen, dass auf diesen Flächen keine reguläre Forstwirtschaft mehr stattfinden kann. Es handelt sich damit um eine Änderung in der Bodennutzung (Rodung), die nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 BayWaldG der Erlaubnis bedarf. Der aufzustellende Teilflächennutzungsplan ersetzt diese Erlaubnis nicht.

Im Falle einer Beantragung ist die Rodungserlaubnis nach Art. 9 Abs. 5 Nr. 2 BayWaldG zu versagen, wenn die Erhaltung des Waldes aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dieses vor den Belangen des Antragstellers Vorrang verdient.

Der Landkreis Dachau ist auf nur 17% seiner Fläche mit Wald bedeckt (Landesdurchschnitt 36%) und damit der zweit waldärmste Landkreis in ganz Bayern. Von einem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung kann daher ausgegangen werden.

Im betroffenen Gebiet befinden sich Wälder, die im Sinne von Art. 6 WaldG in Zusammenhang mit der Waldfunktionskarte für den Landkreis Dachau dem lokalen Klimaschutz, der Erholung, als wichtiger Lebensraum und dem Landschaftsbild dienen. Die Erlaubnis zur Rodung kann in diesen Wäldern nach Art. 9 Abs. 5 Nr. 1 BayWaldG nur erteilt werden, wenn die Waldfunktionen nicht gefährdet werden.“ 

Abwägung:
Entsprechende Formulierungen zur Rodung werden aufgenommen. Der Hinweis, dass es sich bei der Trassenplanung einer Höchstspannungsfreileitung um eine Änderung in der Bodennutzung (Rodung) handelt, die nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 BayWaldG der Erlaubnis bedarf, wird in die Texte aufgenommen. Der aufzustellende Teilflächennutzungsplan ersetzt diese Erlaubnis nicht. Einer Abwägung der entsprechenden Belange wird durch die vorbereitende Bauleitplanung nicht vorgegriffen. Die vorhandenen Waldfunktionen und die Waldarmut im Landkreis Dachau wurden bereits in der Begründung behandelt. Die Achtung dieser wird nicht in Frage gestellt.


„Folgende Punkte stehen aus Sicht des AELF dem geplanten Konzentrationszonenkorridor für Höchstspannungsleitungen außerdem entgegen:

Erhalt der Waldfläche:
Nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayWaldG soll die Waldfläche in ihrer Größe erhalten bleiben. Bei dem jetzt geplanten Korridor werden Waldgebiete zerschnitten, beziehungsweise angeschnitten. Im Inhauser Moos würden durch notwendige Rodungen alte, wertvolle Bestände zerstört, deren ökologischer Wert nicht durch Ersatzaufforstungen innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes kompensiert werden kann. Eine Zerschneidung führt, über den eigentlichen Verlust der Waldfläche hinaus, zu weiteren Problemen. Die künstliche Schaffung von Waldrändern erhöht die Anfälligkeit der Bestände gegenüber Windwurf und Borkenkäfer. Kleine Waldinseln, die durch das Vorhaben zerschnitten werden, verlieren ihre Waldeigenschaft, da sich kein typisches Waldinnenklima mehr einstellen kann. Durch die Schaffung von zusätzlichen Waldrändern ändert sich die Licht- und Wärmesituation im Bestand, was eine rasche Verunkrautung des Waldbodens zur Folge hat. All das verhindert die natürliche Verjüngung von heimischen, standortgerechten Baumarten. Der Waldumbau hin zu klimatoleranten, stabilen Mischwäldern ist dadurch stark gefährdet.“

Abwägung:
Konkrete Korridore für den Ersatzneubau werden durch die vorbereitende Bauleitplanung nicht festgelegt. Diese müssen lediglich innerhalb der Konzentrationsfläche liegen. Eingriffe, die die Widerstandsfähigkeit sowie die klimatische Funktion des Waldes gefährden, sind auf ein Minimum zu beschränken. Auch ist innerhalb der Konzentrationsflächen bei unvermeidlichen Eingriffen in Waldflächen eine Bewertung des Eingriffs erst im Zuge einer Konkretisierung der genauen Trassenplanung leistbar. Die Gemeinde ist sich der Bedeutung der vorhandenen Waldbestände bewusst. Jedoch wird bei jeder der Trassenvarianten Wald durchschnitten. In welchen Teilen oder Abschnitten kann jedoch erst im Zuge der detaillierten Trassenplanung festgelegt werden. Gerade im Hinblick auf den Eingriff in Waldflächen ist die Planungsabsicht der Gemeinde, dass bei Eingriffen in Waldflächen auf eine Minimierung der Flächen, geringstmögliche Zerschneidungseffekte und eine Konzentration auf weniger wertvolle Flächen (z.B. Fichtenbestände) abgestellt werden soll. 

Grundsätzlich wurden die biotopkartieren Niedermoorwaldrelikte vor Ort angesehen. Hierbei fällt auf, dass die Waldbestände nördlich der Bestandsleitung sowie die Waldinsel auf Fl.Nr. 1670, Gemarkung Haimhausen, überwiegend von Fichten geprägt sind. Im Norden der Bestandstrasse sind derzeit auch erhebliche Verletzungen des Waldbodens durch den Holzeinschlag (vermutlich aufgrund Borkenkäferbefall) zu erkennen. Falls man über eine Einschränkung der Konzentrationsflächen nachdenken will, bietet sich dies vor allem südlich der Bestandsleitung an, da hier die augenscheinlich wertvolleren Bestände gegeben sind. Ein besonders wertvoller Gehölzriegel u.a. mit raumwirksamen Eichen ist auf Fl.Nr. 1832/1, Gemarkung Haimhausen aufgefallen. Angesichts der Tatsache, dass die vorliegende Planung lediglich eine Ausschlusswirkung begründet und eine konkrete Planung des Trassenverlaufs dem Planfeststellungsverfahren überantwortet bleiben muss, in das die besonderen waldrechtlichen Belange auch unter Berücksichtigung aktueller, fachlicher Kartierungen einfließen, wird eine weitere Eingrenzung der Konzentrationsflächen nicht vorgenommen. Die besondere Bedeutung der Waldflächen wurde in der Abwägung berücksichtigt. Ausschlusstatbestände, die eine Verwirklichung der Südtrasse ausschließen würden, wurden vom AELF nicht vorgetragen. 

„Regionalplan
Der Regionalplan definiert als raumplanerisches Instrument der Stadt München grundlegende Ziele für die gesamt Region. Im teil B IV unter Grundsatz 6.4 wird der Erhalt der Waldfläche in der Region gefordert. Allein in den Jahren 2018 und 2019 wurden insgesamt über 130 ha Waldfläche in Bayern gerodet.“

Abwägung:
Jede der Trassenvarianten verläuft durch Waldflächen (Nordvariante – Wälder der Hangleite, Südvariante – Niedermoorwaldrelikte), bei einer weiteren detaillierten Trassenplanung des Übertragungsnetzbetreibers soll nicht unnötig in Waldflächen eingegriffen werden. Die hohe Bedeutung der Waldflächen wurde in der Abwägung berücksichtigt.


„Landschaftsschutzgebiet
Teilbereiche der geplanten Ausweisungsflächen liegen im Landschaftsschutzgebiet (LSG) „Amperauen mit Hebertshauser Moos und Inhauser Moos“. Die Landschaftsschutzgebietsverordnung fordert in § 3 in Kombination mit § 2, dass keine Veränderungen im Gebiet durchgeführt werden, die dem Erreichen der Schutzzielen entgegenlaufen. Als Schutzziel ist der Erhalt der kleinflächigen Bruchwälder und der Waldteile im LSG festgelegt.“

Abwägung:
Freileitungsbauwerke sind in einem Landschaftsschutzgebiet nicht grundsätzlich ausge­schlossen. Eingriffe in Waldflächen sind im Zuge einer detaillierten Trassenplanung auf das Nötigste zu beschränken. Das Landschaftsschutzgebiet wurde im Rahmen der Abwägung berücksichtigt und in die planerische Entscheidung mit eingestellt.


Fazit:
Grundsätzlich sollten für die Konzentrationsfläche landwirtschaftliche Flächen bevorzugt werden. Hier kann eine reguläre Bewirtschaftung auch unter einer Leitung fortgeführt werden. Eine mögliche Planvariante wurde bereits in den Planunterlagen der Firma TenneT als „Haimhausen Nord“ bezeichnet und ausgeführt. Auf dieser Trasse sind weniger Waldflächen betroffen. Vor allem die ökologisch hochwertigen Auen- und Bruchwälder im Landschaftsschutzgebiet könnten umgangen und geschützt werden.“

Abwägung:
Aufgrund der Größe bzw. Länge der Höchstspannungsfreileitung kann bei der Konzentrationsfläche nicht allen Gehölzbeständen ausgewichen werden. Jedoch wird versucht, einen möglichst verträglichen Korridor zu finden. Ob eine Überspannung von Waldbeständen möglich ist, ist abhängig vom gewählten Masttypen, der Masthöhe und der gegebenen Topographie. Bei der Nordvariante hat die Fa. TenneT bereits verneint, dass eine Überspannung der Hangwälder möglich ist. Auch bei einer Trassierung, wie bei der Variante „Haimhausen Nord“, sind Wälder betroffen, insbesondere die fernwirksamen und den Landschaftsraum prägenden Waldflächen auf der Hangleite (klimatische Funktion, Bodenschutzwald, überörtlich das Landschaftsbild prägend). Welche Waldflächen und in welchem Umfang diese betroffen sein werden, kann zum derzeitigen Planungsstand (ROV) nicht konkret beziffert werden. Daher ist eine direkte Vergleichbarkeit von Variante Haimhausen Süd und Haimhausen Nord nicht möglich. Die Beeinträchtigung der Waldflächen wurde berücksichtigt und mit hohem Gewicht in die Abwägung eingestellt. 

Beschluss

Der Gemeinderat nimmt die Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Kenntnis und macht sich die Abwägung zu Eigen. Die Beeinträchtigung der Waldflächen wurde berücksichtigt und mit hohem Gewicht in die Abwägung eingestellt. In der Gesamtschau unter Abwägung aller betroffenen Belange verbleibt der Gemeinderat allerdings bei seiner planerischen Entscheidung zu Gunsten der Südtrasse.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 16, Dagegen: 4

Datenstand vom 30.11.2021 10:05 Uhr