Beamtenbesoldung; Verzicht auf Geltendmachung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 19.01.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Haimhausen) Sitzung des Gemeinderates 19.01.2023 ö 5

Sachverhalt

Rundschreiben 78/2022 des Bayerischen Gemeindetags
(vom 22.12.2022)

„Nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist die Dienstherrin verpflichtet, ihre Beamten angemessen zu alimentieren. Die Besoldung ist danach so zu bemessen, dass den Beamten und deren Familien ein amtsangemessener Lebensunterhalt ermöglicht wird. Das Bundesverfassungsgericht hat in den letzten Jahren die Grundsätze dieser amtsangemessenen Alimentation weiter konkretisiert. Es hat dabei festgestellt, dass unter Zugrundelegung des bisherigen im Besoldungsrecht relevanten Modells der Alleinverdiener-Familie auch der Beamte in der niedrigsten Besoldungsgruppe und Stufe eine Nettoalimentation erhalten muss, die für ihn und seine Familie einen Mindestabstand von 15% zum Grundsicherungsniveau wahrt. Bei dieser Berechnung müssen auch regionale Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden, weil auch bei Beziehern von Grundsicherungsleistungen die regional anfallenden Wohnkosten übernommen werden, soweit sie angemessen sind.

Diese Rechtsprechung hat nicht nur Auswirkungen auf Beamte in den unteren Besoldungsgruppen. Zu den weiteren Grundsätzen des Alimentationsprinzips gehört es, dass ein angemessener Abstand zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen gewahrt wird. Dies führt dazu, dass eine Verletzung des Mindestabstandsgebots in den unteren Besoldungsgruppen letztlich auch zu einer Erhöhung der höheren Besoldungsgruppen führen muss.

Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat hat festgestellt, dass das Bayerische Besoldungsrecht diese verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen nicht erfüllt. Die Bayerische Staatsregierung hat deshalb einen Gesetzentwurf zur Neuausrichtung orts- und familienbezogener Besoldungsbestandteile in den Bayerischen Landtag eingebracht. Durch diesen Gesetzentwurf kommt es insbesondere zu einer Neuausrichtung der familienbezogenen Besoldungsbestandteile. Dabei soll einerseits eine Abkehr von der Alleinverdiener-Familie stattfinden, andererseits werden die familienbezogenen Besoldungsbestandteile durch eine ortsbezogene Komponente ergänzt, indem der bisherige Familienzuschlag zu einem kombinierten Orts- und Familienzuschlag weiterentwickelt wird.

Ein Ausfluss der Abkehr von der Alleinverdiener-Familie ist die Berücksichtigung des (fiktiven) Einkommens eines verheirateten Beamten. Hier soll pauschal ein Einkommen in Höhe von 20.000€ angenommen werden, das bei der Berechnung des Abstandsgebots angesetzt wird. Eine Folge dieser Regelung ist beispielsweise, dass der Familienzuschlag für Verheiratete zukünftig geringer ausfällt, als bislang, da unterstellt wird, dass der Ehegatte grundsätzlich in der Lage ist, für seinen eigenen Unterhalt aufzukommen. Um Härtefälle zu vermeiden, wird für Altfälle ein Bestandsschutz vorgesehen. Durch die Abkehr von der Alleinverdiener-Familie entfällt ferner zukünftig auch die Aufteilung des bisherigen Familienzuschlags der Stufe 1 in Beamtenehen. Nach dem Gesetzentwurf sollen Beamte den Familienzuschlag der neuen Stufe V deshalb auch dann in voller Höhe erhalten, wenn der Ehegatte ebenfalls im Beamtenverhältnis steht.

Herzstück der neuen besoldungsrechtlichen Regelung ist die Ergänzung des bisherigen Familienzuschlags durch eine ortsbezogene Komponente. Durch diese Regelung soll das Mindestabstandsgebot im Hinblick auf die regional anfallenden Wohnkosten gewahrt werden. Der bisherige Familienzuschlag wird zu einem neuen Orts- und Familienzuschlag weiterentwickelt. Dabei ist der Beamte einer Ortsklasse zuzuordnen. Die Ortsklasse richtet sich nach der Mietstufe aus dem Wohngeldrecht. Abzustellen ist dabei auf den Hauptwohnsitz des Beamten. Mietstufen sind für jede Gemeinde über 10.000 Einwohner festgelegt, für kleinere Gemeinden gilt die Mietstufe des jeweiligen Landkreises (§ 12 Abs. 3 WoGG). Die Ballungsraumzulage soll hingegen entfallen, da die höheren Wohnkosten im Ballungsraum München bereits im Rahmen dieser Orts- und Familienzuschläge berücksichtigt werden.

Die neue Tabelle für Orts- und Familienzuschläge, vgl. Anlage, Seite 1, oben.

Im Vergleich zur bisherigen Regelung ist zu berücksichtigen, dass neue Stufen eingeführt bzw. die Stufen neu benannt werden. Die bisherige Stufe 1 des Familienzuschlags wird faktisch durch die neue Stufe V ersetzt. Dieser gehören insbesondere verheiratete Beamte an. Den mit Zahlen bezeichneten Stufen sind die Beamten zuzuordnen, die einen kindbezogenen Anteil erhalten. Ein Beamter mit einem zu berücksichtigenden Kind gehört der Stufe 1 an, ein Beamter mit zwei zu berücksichtigenden Kindern der Stufe 2, die Berücksichtigung weiterer Kinder ergibt sich aus den folgenden Stufen. Die kindbezogenen Teile des Orts- und Familienzuschlags werden wie bisher auch nur einem Beamten gewährt, wenn mehrere Berechtigte denkbar sind, also z. B. beide Eltern im Beamtenverhältnis stehen. Der Stufe L sind solche Beamte zuzuordnen, die in keine andere Stufe fallen. Nach der neuen Systematik können also auch ledige Beamte einen Orts- und Familienzuschlag erhalten.

In den Besoldungsgruppen A 3 bis A 10 erhöht sich der Orts- und Familienzuschlag ab der Stufe 1 zusätzlich für jedes zu berücksichtigende Kind nach der Tabelle, vgl. Anlage, Seite 1, unten.

Das Gesetz soll rückwirkend ab 01. Januar 2023 in Kraft treten. Eine (Nach-)Zahlung der entsprechenden Beträge soll jedoch erst dann vorgenommen werden, wenn das Gesetz im Bayerischen Landtag beschlossen und verkündet wurde.

Der Gesetzentwurf enthält auf den Seiten 7 ff. auch Tabellen für die Jahre 2020 bis 2022 (vgl. Anlage, Seiten 2 bis 4), da die bayerische Besoldung im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bereits seit längerer Zeit verfassungswidrig zu niedrig bemessen war. Eine Nachzahlung für die Zeiträume vor 2023 kann allerdings nur unter der Voraussetzung erfolgen, dass der Beamte durch einen Rechtsbehelf im jeweiligen Kalenderjahr die Verfassungswidrigkeit der Besoldung geltend gemacht hat oder der Dienstherr einen Beschluss fasst, dass auf eine solche zeitnahe Geltendmachung der Ansprüche verzichtet wird. Die Bayerische Staatsregierung hat aber für die Beamten des Freistaats Bayern in den Jahren 2020, 2021 und 2022 auf die zeitnahe Geltendmachung verzichtet, so dass die Beamten des Freistaats entsprechend der im Gesetzentwurf enthaltenen Tabellen für die Jahre 2020, 2021 und 2022 eine Nachzahlung erhalten werden. Die kommunalen Dienstherren sind an diese Entscheidung nicht gebunden, es ist ihnen aber im Rahmen der kommunalen Personalhoheit möglich, ebenfalls auf die zeitnahe Geltendmachung zu verzichten. Soweit dies noch nicht geschehen ist, kann ein entsprechender Beschluss auch jetzt noch gefasst werden.

Wir empfehlen Ihnen deshalb, auch um einen Gleichklang der kommunalen und staatlichen Beamten zu erreichen und eine Sonderstellung der Beamten in den Gemeinden zu verhindern, den Verzicht auf die zeitnahe Geltendmachung für die Jahre bis einschließlich 2020 im Gemeinderat beschließen zu lassen. Die Mehrausgaben für die Nachzahlungen sind in den Haushalt für das Jahr 2023 einzustellen. Eine Auszahlung an die Beamten sollte allerdings auch hier erst nach Beschluss des Gesetzesentwurfes im Bayerischen Landtag und anschließender Verkündigung erfolgen.“

Absehbare finanzielle und/oder personelle Auswirkungen der Beschlussfassung:
Unter der Vorrausetzung, dass der Beschlussentwurf durch den Gemeinderat Haimhausen und der Gesetzesentwurf durch den Bayerischen Landtag entsprechend gefasst werden, erfolgt für die verbeamteten Dienstkräfte der Gemeinde Haimhausen eine Rückrechnung bis einschließlich 2020. Für die Haushaltsjahre zwischen Verkündung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2020 (2 BvL 4/18 u. 2 BvL 6/17 u. a.) und dem In-Kraft-Treten des Gesetzes, trifft der vorliegende Gesetzesentwurf eine Nachzahlungsregelung. Es findet eine Vergleichsberechnung statt, zwischen den in diesem Zeitraum tatsächlich gewährten Familienzuschlägen mit einem für diesen Zeitraum fiktiv nach neuem Recht berechneten Orts- und Familienzuschlag (vgl. Anlage). Eine exakte Bezifferung des einmaligen finanziellen Aufwands für die Gemeinde Haimhausen ist zum aktuellen Zeitpunkt dennoch nicht möglich, da die Auswirkungen auf die WZU (Jahressonderzahlung / „Weihnachtsgeld“) aus Sicht der Verwaltung aktuell unklar ist; die hinreichend qualitätsgesicherte Schätzung beläuft sich auf rund 20.000€, die entsprechend in den Haushalt 2023 einzustellen sind.

Beschluss

Der Gemeinderat beschließt, festzustellen, dass die Beamtinnen und Beamten der Gemeinde Haimhausen, die die Voraussetzungen für die Gewährung nachträglich erhöhter Orts- und Familienzuschläge erfüllen, behandelt werden sollen wie die Beamtinnen und Beamten des Freistaats Bayern. Hierzu wird festgestellt, dass der Gemeinderat auf das Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Jahre 2020 bis einschließlich 2022 allgemein bzw. damit auch auf die Einrede der Verfristung verzichtet.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 17, Dagegen: 0

Datenstand vom 02.05.2023 11:13 Uhr