Stellungnahme des Landratsamts Dachau, Fachbereich: Technischer Umweltschutz, vom 25.10.2022


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses, 25.04.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau-, Planungs- und Umweltausschuss (Gemeinde Haimhausen) Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses 25.04.2023 ö 3.2.2.6

Sachverhalt

Das Landratsamt Dachau, Fachbereich: Technischer Umweltschutz, hat folgende Stellungnahme abgegeben:

„…
Hinweise

Planfassung mit Festsetzungen:

Verkehrslärm:
Das geplante allg. Wohngebiet (WA) sowie das geplante Mischgebiet (MI) sind Verkehrslärm der Münchner Straße ausgesetzt. Daher wurde ein schalltechnisches Gutachten des Ingenieurbüros Goritzka Akustik mit Nr. 6422 vom 31.08.2022 eingeholt, welches neben dem Verkehrslärm auch den Gewerbelärm, der von den bzw. auf die geplanten Gebiete einwirkt, berechnet hat.

Vom Verkehr wurden max. Pegel von 64 dB(A) tags sowie 56 dB(A) nachts an den Baugrenzen westl. der Münchner Straße ermittelt. Diese überschreiten im WA die Orientierungswerte der DIN 18005 um 9/11 dB(A) tags/nachts sowie die Grenzwerte der 16. BImSchV um 5/7 dB(A) tags/nachts. Im MI werden die Orientierungswerte der DIN 18005 um 4/6 dB(A) tags/nachts sowie die Grenzwerte der 16. BImSchV nur nachts um 2 dB(A) überschritten.

Grundsätzlich bitten wir zu prüfen, ob die beiden Gebiete so getauscht werden können, dass die hinten liegende MI-Bebauung (2 Bauplätze, derzeit Fl.-Nrn. 196 und 197) an die Münchner Straße verlegt wird. Somit befände sich nur noch ein WA-Flurstück direkt an der Münchner Straße, was aus Lärmschutzgründen gegen Verkehrslärm sehr zu begrüßen wäre. Das Heranrücken des WA an den Verbrauchermarkt wäre u.E. in dieser Phase der Planung noch mit Anpassungen, die im Gutachten neu berechnet und dann festgesetzt werden müssten, durchführbar.

Sollte dies nicht in Erwägung gezogen werden, nehmen wir wie folgt Stellung:

Für das Heranrücken schutzbedürftiger Nutzungen an bestehende Verkehrswege sind die Grenzwerte der 16. BImSchV zwar nicht rechtsverbindlich anzuwenden, sie stellen aber insbesondere bei Überschreitung der Grenzwerte für Mischgebiete ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen bzw. ungesunder Wohnverhältnisse dar (siehe Rechtsprechung des BVerwG Az. 4 C 40/87 und 4 A 18/04).
Als Schutzmaßnahmen für zukünftige Bewohner wurde, abhängig vom maßgeblichen Außenlärmpegel des Bauplatzes, die Einhaltung der DIN 4109-1:2018-01 für die Schalldämmmaße der Außenbauteile gefordert. Weiter wurden nur für Schlaf- und Kinderzimmer schallgedämmte Belüftungseinrichtungen in Bereichen mit > 50 dB(A) nachts gefordert. 

Eine Unterscheidung der Baugebiete in ihren Anforderungen zum Schallschutz findet so gar nicht statt, obwohl diese sich, wie oben sichtbar, deutlich unterscheiden. Anstatt eines reinen Abstellens auf ruhige Innenräume durch schallgedämmte Belüftungseinrichtungen ohne die Möglichkeit zum Außenbezug, fordern wir, die Festsetzungen zum Immissionsschutz zu erweitern. Als erstes sollte eine Forderung nach Grundrissorientierung schutzbedürftiger Aufenthaltsräume mit aufgenommen werden. Somit können, je nach Lage des Gebäudes in den Gebieten, evtl. weitere Schallschutzmaßnahmen vermieden werden. 

Weiter sind in Bereichen mit Überschreitungen der Grenzwerte der 16. BImSchV anstatt reiner Belüftung über schallgedämmte Lüftungseinrichtungen, bauliche Schallschutzmaßnahmen (z.B. Vorbauten, verglaste Loggien, Hafencity-Fenster etc.) für schutzbedürftige Aufenthaltsräume vorzusehen. Gedämmte Wände und Schallschutzfenster verlieren ihren Zweck bei einer Fensteröffnung, die in der Bevölkerung noch immer von einem Großteil der Bewohner gewünscht und durchgeführt wird. 

Darüber hinaus geben wir zu Bedenken, dass nach DIN 18005, Beiblatt 1, bei Beurteilungspegeln über 45 dB(A) selbst bei teilweise geöffnetem Fenster ungestörter Schlaf häufig nicht mehr möglich ist. Daher empfehlen wir, die Fenster zur Belüftung von Schlaf- und Kinderzimmern an den betreffenden Fassaden mit Überschreitung von 45 dB(A) nachts im ganzen Plangebiet grundsätzlich mit einer kontrollierten, schallgedämmten Belüftung auszustatten, sofern nicht bauliche Schallschutzkonstruktionen (Vorbauten, verglaste Loggien, Hafencity-Fenster etc.) festgesetzt sind.

Da das schalltechnische Gutachten keine konkrete Lage der Gebäude im Plangebiet berücksichtigt hat, sind zur Ermittlung der Schallschutzmaßnahmen sowohl die am Gebäude jeweils anliegenden Beurteilungspegel sowie die erforderlichen Schalldämmmaße nach den maßgeblichen Außenlärmpegeln im Baugenehmigungsverfahren nachzuweisen. Sollte im Zuge der weiteren Bauleitplanung bereits eine konkrete Bebauung festgesetzt werden, können die zu fordernden Maßnahmen durch eine Erweiterung des schalltechnischen Gutachtens um fassadenscharfe Pegel gleich in der Planfassung mit Planzeichen verankert werden.

Unsere Forderungen für die Festsetzungen zum Immissionsschutz sind:

-Beibehaltung der Ziffer 6.1 (bis auf s.u. schalltechnisches Gutachten)
-Ziffer 6.2: 
 Zum Lüften notwendige Fenster von schutzbedürftigen Aufenthaltsräumen i.S. der DIN 4109-1:2018-01 sind grundsätzlich an lärmabgewandten Fassaden zu errichten. 
 Ausnahmen davon sind zulässig, wenn nachfolgende Festsetzungen erfüllt werden.
- Ziffer 6.3:
 Jeweils mindestens ein Fenster zur Belüftung von schutzbedürftigen Räumen i.S. der DIN 4109-1:2018-01 mit Immissionsgrenzwertüberschreitungen nach der 16. BImSchV ist mit baulichen Schallschutzmaßnahmen (Prallscheiben, Vorbauten, verglaste Loggien, Hafen city-Fenster etc.) auszustatten. Durch diese Maßnahmen ist sicherzustellen, dass bei teilgeöffnetem Fenster in Schlaf- und Kinderzimmern im Innenraum 30 dB(A) nachts und in  
 Wohnräumen im Innenraum 40 dB(A) tags nicht überschritten werden. 
-Ziffer 6.4:
 Abweichend davon ist in Büroräumen mit Immissionsgrenzwertüberschreitungen nach der 16. BImSchV nur der Einbau einer schallgedämmten Belüftungsanlage erforderlich. 
-Ziffer 6.5:
 Lüftungstechnisch notwendige Fenster von Schlaf- und Kinderzimmern mit Beurteilungspegeln > 45 dB(A) sind mit schallgedämmten Belüftungsanlagen auszustatten. Durch diese Maßnahmen ist sicherzustellen, dass in Schlaf- und Kinderzimmern im Innenraum 30 dB(A) nachts nicht überschritten werden. Die eingebauten schallgedämmten Belüftungseinrichtungen dürfen die Schalldämmung der Außenhaut nicht maßgeblich mindern und selbst zu keiner spürbaren Erhöhung des Innenschallpegels beitragen. Durch die schallgedämmten Belüftungseinrichtungen sind ausreichende Luftwechselraten sicherzustellen.
-Ziffer 6.6:
 Zur Ermittlung der erforderlichen Schallschutzmaßnahmen ist im Baugenehmigungsverfahren ein schalltechnisches Gutachten, welches die anliegenden Beurteilungspegel 
 fassadenscharf nachweist, vorzulegen.

Weiter fordern wir den Ausschluss von Baugenehmigungen im Freistellungsverfahren, da der Lärmschutz beim Wohnbau sowie im gewerblichen Bau einer fachlichen Prüfung bedarf.

Hinweise:

-In Ziffer 5. der Hinweise bitten wir, in den Satz nach „haben die“ das Wort „zulässige“ einzufügen, da sonst alle ortsspezifischen lw. Emissionen, also auch grundsätzlich unzulässige Emissionen hinzunehmen wären.
- Die Hinweise zu den Wärmepumpen sind so nicht mehr korrekt. Nach unseren neusten Informationen hat das LfU den Info-Flyer dazu zurückgezogen, dieser ist nicht mehr 
 beziehbar. Wir schlagen daher vor, als Informationsquelle zu Wärmepumpen den im 
 Internet abrufbaren Leitfaden der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für 
 Immissionsschutz, genannt Leitfaden für die Verbesserung des Schutzes gegen Lärm bei stationären Geräten, der 2020 aktualisiert worden ist, zu empfehlen. Zur genaueren 
 Planung bietet das Land Sachsen-Anhalt einen Schallrechner bzw. auf o.g. Leitfaden 
 basierend ein Anwendungstool an, welches ebenfalls vom LfU empfohlen wurde.

Schalltechnisches Gutachten:

Im o.g. schalltechnischen Gutachten sind Lärmpegelkarten mit Lärmpegelbereichen zum maßgeblichen Außenlärm enthalten, die auch in die Planfassung eingearbeitet wurden (s. Festsetzung Ziffer 6.1). Diese Lärmpegelkarten sind fehlerhaft und müssen korrigiert und danach in der Planfassung ausgetauscht werden. Dabei ist zu beachten, dass nach der DIN 4109-2:2018-01, Ziffer 4.4.5.1, diejenige Zeit herangezogen werden muss, die die  höheren Anforderungen ergibt. Für nur tagsüber genutzte Räume, hier Büros, ist der Tagpegel maßgeblich.

Im Gutachten wird zur Lärmberechnung auch die im Süden des Plangebiets vorbeiführende Staatsstraße herangezogen. Wir bitten für diese durchgehend die Bezeichnung St 2339 zu verwenden.

Begründung:

In Ziffer 6.7 der Begründung werden Maßnahmen aufgelistet, die zwar im Gutachten beschrieben sind, aber nicht im Plan festgesetzt worden sind. Nach der Beschlussfassung über unseren o.g. Vorschlag zur Anpassung der Festsetzungen ist diese Ziffer auf die dann eingearbeiteten Festsetzungen anzupassen. Nicht im Plan eingearbeitete Vorschläge sind zu streichen.

Bei den Ausführungen zur Landwirtschaft und Haustechnik bitten wir, zur besseren Übersicht, Überschriften zu verwenden.

In Ziffer 7.2, Verkehr und Lärm, wird aufgezeigt, dass an der Münchner Straße eine Linksabbiegerspur hinzugefügt wird. Forderungen zu dieser finden sich in der Stellungnahme zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan „Sondergebiet Einzelhandel…“ und werden hier nicht weiter ausgeführt. Wir schließen uns der Forderung aus der vorgenannten Stellungnahme an.

Betriebsbereich:

Wir bitten, folgenden Hinweis in die Begründung aufzunehmen:
Im Umkreis zum Plangebiet ist kein Betriebsbereich gemäß §3 Nr. 5a BImSchG vorhanden. Insofern sind gemäß § 50 BImSchG hervorgerufene Auswirkungen aufgrund von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen auf benachbarte Schutzobjekte gemäß §3 Abs. 5d BImSchG nicht zu erwarten.

Rechtsgrundlagen:
Wir verweisen auf § 1 Abs. 6 Nr. 1 und 7 BauGB sowie auf §§ 22, 50 BImSchG in Verbindung mit der TA Lärm sowie nach Art. 13 Seveso-III-RL

Grenzen der Abwägung:
Die Korrektur des schalltechnischen Gutachtens incl. Einarbeitung in den Plan ist nicht abwägbar.“

Abwägung:
Der Anregung zur Prüfung eines Tausches der Nutzungsarten wurde gefolgt. Es ergibt sich daraus keine Änderung an der Planung. Nach Rücksprache mit dem Immissionsgutachter ist bei Verlagerung des MI entlang der Münchener Straße die Einhaltung der Orientierungswerte ebenfalls nur schwer möglich (siehe Schalltechnische Untersuchung 5913 V1.0 IRW > 55 dB im MI). Von einer Verlagerung des Mischgebietes wird daher abgesehen. Das Immissionsgutachten äußert sich dazu folgendermaßen: 

„Wesentliche, von innerhalb des Plangebietes ausgehende gewerbliche Schallimmissionen, die negative Auswirkungen auf die umgebende Bebauung befürchten lassen, sind aufgrund der vorgesehenen Festsetzung als Allgemeines Wohngebiet (WA) und der direkt angrenzenden Mischgebietsflächen nicht zu erwarten […]. Die Mischgebietsflächen werden durch die verpflichtende Einhaltung der direkt angrenzenden WA-Flächen und der bereits planerisch vorhandenen gewerblichen Vorbelastung (B-Plan „Sondergebiet Einzelhandel am Kramer Kreuz“) hinsichtlich möglicher Emissionen so beschränkt, dass sie auf die außerhalb befindlichen und weiter entfernten Wohnbebauungen ebenfalls keinen negativen Einfluss aufweisen können.“ (Goritzka, S. 23 Bericht 6422 vom 07.03.2023)

Das Immissionsgutachten wurde inzwischen überarbeitet. Die Festsetzungen zum Immissionsschutz werden in der Bebauungsplanentwurfsfassung daher aktualisiert.

Der Forderung, weitere Maßnahmen zum Immissionsschutz festzusetzen, wird nicht gefolgt. Eine Grundrissorientierung schutzbedürftiger Aufenthaltsräume festzusetzen erachtet die Gemeinde Haimhausen nicht als zielführend, da je nach Gebäudetypus und Lage im Geltungsbereich unterschiedliche Lösungswege zum Schutz vor Immissionen ermöglicht werden sollen. In der Begründung wird lediglich darauf verwiesen, dass durch entsprechende Grundrissorientierung weitere Maßnahmen minimiert werden können.

Die Forderung weiterer baulicher Schutzmaßnahmen als schallgedämmter Lüftungseinrichtungen ist aus gutachterlicher Sicht nicht gerechtfertigt. Mit dem Ermitteln der maßgeblichen Außenlärmpegel (bzw. Lärmpegelbereiche) und dem Festsetzen dieser im Bebauungsplan wird den rechtlichen Anforderungen, die sich aus der DIN 4109-1 bzw. 4109-2 ergeben, Rechnung getragen.

Die genannten Hinweise zu zulässigen Emissionen und aktuellen Leitfäden hinsichtlich Wärmepumpen werden berücksichtigt und in den Hinweisen des Bebauungsplanes und dessen Begründung aktualisiert.

Der Einwand zu den in der Planzeichnung enthaltenen Lärmpegelkarten mit Lärmpegelbereichen wird berücksichtigt. Die Lärmpegelkarten mit Lärmpegelbereichen werden im Zuge der Überarbeitung des schalltechnischen Gutachtens korrigiert bzw. ausgetauscht.

Der Anregung zur Aufnahme eines Hinweises zur Lage von Betriebsbereichen im Umkreis zum Plangebiet wird gefolgt. Der Hinweis zu Betriebsbereichen gemäß § 3 Nr. 5a BImSchG wird in die Begründung des Bebauungsplans aufgenommen.

Zur Abwägung zu den genannten Forderungen zur Linksabbiegespur wird auf die Abwägung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan verwiesen (siehe TOP 3.3.2.9)

Beschluss

Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss empfiehlt dem Gemeinderat folgende Beschlussfassung:

„Der Gemeinderat nimmt die Stellungnahme des Landratsamts Dachau, Fachbereich: Technischer Umweltschutz, zur Kenntnis und macht sich die Abwägung zu Eigen. Es folgt daraus die Änderung der Festsetzungen zum Immissionsschutz einschließlich der Nebenkarten Immissionsschutz in Anpassung an das aktualisierte Immissionsgutachten. Außerdem werden Hinweise zu zulässigen Emissionen, aktuellen Leitfäden hinsichtlich Wärmepumpen und eine Auskunft zur Lage von Betriebsbereichen gemäß § 3 Nr. 5a BImSchG in den Bebauungsplan bzw. die Begründung des Bebauungsplanes aufgenommen.“

Abstimmungsergebnis
Dafür: 7, Dagegen: 0

Datenstand vom 19.01.2024 10:37 Uhr