Antrag auf Genehmigung nach § 4 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) zum Windpark Haimhausen-Röhrmoos auf den Grundstücken FlNrn. 421, 407 und 1191 der Gemarkung Amperpettenbach sowie FlNr. 830 der Gemarkung Schönbrunn


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 16.05.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat (Gemeinde Haimhausen) Sitzung des Gemeinderates 16.05.2024 ö 1

Sachverhalt

Der Verwaltung liegt ein Antrag auf Errichtung und Betrieb von vier Windenergieanlagen (WEA) vor. Im Gemeindebereich Haimhausen ist auf den Flurnummern 421(WEA 1) , 407 (WEA 2) und 1191 (WEA 3) jeweils Gemarkung Amperpettenbach sowie auf der Flurnummer 830 (WEA 4) der Gemarkung Schönbrunn im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde Röhrmoos die Errichtung von jeweils einer Windenergieanlage (WEA) beabsichtigt. Bei den WEA handelt es sich um Anlagen des Typ VESTAS V172 – 7.2 MW mit einer Nabenhöhe von 175 m und einer Gesamthöhe von 261 m. Das Plangebiet umfasst das Waldgebiet „Riedholz“ nordwestlich der Gemeinde Haimhausen. Circa ¼ des Planungsgebiets liegt auf Röhrmooser Gemeindegebiet, die restliche Fläche auf Haimhauser Gemeindegebiet. 
Die Antragstellerin beabsichtigt die Errichtung von vier immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen zur Nutzung von Windenergie mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern (Nr. 1.6.2 Buchstabe V des Anhanges 1 zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV). Die Anlagen sind daher nicht nach dem Baurecht sondern nach dem BImSchG genehmigungsbedürftig (§ 4 BImSchG i.v.m. § 1 der 4.  BISchV). Auch in diesem Genehmigungsverfahren ist die Gemeinde, wie im baurechtlichen Genehmigungsverfahren, zu beteiligen (gemeindliches Einvernehmen).

Im Vorfeld des derzeit laufenden Genehmigungsverfahren hat die Antragstellerin zur Klärung einzelner Genehmigungsvoraussetzungen bereits einen Antrag auf Vorbescheid nach § 9 BImSchG gestellt. In der Sitzung vom 27.07.2023 hat der Gemeinderat der Gemeinde Haimhausen unter TOP 3 dem Vorhaben grundsätzlich zugestimmt.
Das Vorbescheidsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Dennoch hat die Antragstellerin einen Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung gestellt.

Grundsätzlich ist die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens und sonstiger Zustimmungen zu Bauvorhaben vom dafür zuständigen Bau- und Umweltausschuss zu behandeln. Für dieses gemeindeübergreifende Projekt wird die Zuständigkeit jedoch gem. § 2 Nr. 21 der Geschäftsordnung als „(…) grundsätzliche Angelegenheit gemeindlicher Planungen, (…) und gemeindeübergreifender Planungen und Projekte, (…)“ gesehen und deshalb dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt. 

Die Vorhabengrundstücke befinden sich weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes (§ 30 Baugesetzbuch – BauGB) noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteil (§ 34 BauGB) und sind somit dem Außenbereich (§ 35 BauGB) zuzuordnen. Die Zulässigkeit der WEA´s richtet sich daher nach § 35 BauGB.
Bei den WEA´s handelt sich um Anlagen zur Nutzung von Windenergie nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Diese sind zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Desweitern ist eine Verpflichtungserklärung abzugeben, die WEA´s nach dauerhafter Aufgabe zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen (§ 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB).


  1. Privilegierung, öffentliche Belange:
Hierzu wird auf die Sitzung des Gemeinderats vom 27.07.2023 TOP 3 verwiesen.


  1. Gesicherte Erschließung:
Eine Versorgung mit Strom und mit Wasser sowie die Entsorgung von Abwasser ist bei Windenergieanlagen nicht erforderlich. Die Versorgung mit Löschwasser wird im Brandschutznachweis nachgewiesen und durch die Brandschutzdienststelle des Landratsamtes Dachau geprüft.

Zur gesicherten Erschließung gehört auch die wegemäßige Erschließung. Hierzu genügt im Außenbereich eine befahrbare, gegenüber dem Rechtsträger der Bauaufsichtsbehörde (Landratsam Dachau) rechtlich gesicherte Zufahrt zu einem befahrbaren öffentlichen Weg (Art. 4 Abs. 3 BayBO).
Gemäß schriftlicher Mitteilung der Antragstellerin erfolgt, die Zufahrt zu den WEA´s 1, 2 und 3 über die Kreisstraße DAH 3 und dem öffentlichen Feldweg FlNr. 1060 der Gemarkung Amperpettenbach (Eigentümer Gemeinde Haimhausen). Die Zuwegungen die auf nicht öffentlichen Grundstücken gebaut werden, sind durch privatrechtliche Verträge mit den Grundstückseigentümern gesichert. Diese Verträge wurden der Gemeinde Haimhausen per Mail am 14.05.2024 übersandt. Die Verträge stellen aber nicht die erforderliche beschränkt persönliche Dienstbarkeit dar. 
Mit den vorliegenden Antragsunterlagen ist die gesicherte wegemäßige Erschließung der Vorhabengrundstücke nicht nachgewiesen. Daher sind vor Baubeginn die entsprechenden beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten zur Zufahrt zum Feldweg FlNr. 1060 der Gemarkung Amperpettenbach vorzulegen. Des Weiteren ist mit der Gemeinde Haimhausen eine Vereinbarung über die Nutzung und dem Ausbau des Feldweges FlNr. 1060 der Gemarkung Amperpettenbach abzuschließen.

  1. Verpflichtungserklärung:
Eine entsprechende Verpflichtungserklärung liegt den Antragsunterlagen bei.

  1. Abstandsflächen:
Die WEA´s 1, 2 und 3 befinden sich im Geltungsbereich der Satzung der Gemeinde Haimhausen über abweichende Maße der Abstandsflächentiefe vom 14.01.2021 (AF-Satzung). Dem Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde mit Schreiben vom 21.03.2024 (Eingang in der Gemeinde Haimhausen am 22.04.2024) ein Antrag auf Abweichung von der AF-Satzung (Art. 63 Abs. 2 Bayerische Bauordnung – BayBO) nachgereicht. Abweichend von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 sieht diese u.a. im Außenbereich eine Abstandsfläche von 0,8 H jedoch mind. 3 m (§ 2 AF-Satzung) vor. Beantragt ist eine Abweichung auf 0,3057 H.

Begründung:
Die Umfangreiche Begründung des Antragstellers liegt der Anlage bei.

Stellungnahme der Verwaltung:
Die Abstandsflächentiefe der WEA´s beträgt bei 0,8 H 215,5 m und wird von einem Kreis gemessen dessen Radius sich aus dem Mastmittelpunkt und dem senkrecht stehenden Rotor ergibt.

Sinn und Zweck von Abstandsflächen ist eine ausreichende Belichtung und Belüftung von Gebäuden zu gewährleisten, den Wohnfrieden zu erhalten, Freiflächen zwischen Gebäuden zu schaffen und Flächen für bestimmte Nebenanlagen freizuhalten (siehe auch Begründung zur AF-Satzung). 
Die AF-Satzung, mit einer höheren Abstandsfläche als in Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO vorgeschrieben, wurde erlassen um durch den hohen Siedlungsdruck auf das Gemeindegebiet die Wohnqualität zu erhalten bzw. bei Neubauten zu verbessern. Die AF-Satzung sieht auch vor, dass eine Korrektur der Abstandsfläche über Abweichungen möglich ist.
Eine Abweichung von der AF-Satzung erfordert Gründe, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet (es muss sich also um ein atypisches Bauvorhaben handeln) und dadurch entstehende Einbußen von Nachbarrechten vertretbar sind. 

Die Atypik der WEA ergibt sich daraus, dass diese im Gegensatz zu einem normalen Gebäude im Verhältnis zur Grundfläche relativ hoch sind und sich verjüngen. Auch ist es bei der üblichen Höhe der WEA (auch im Außenbereich) so gut wie unmöglich, dass die Abstandsfläche von 0,8 H auf dem Vorhabengrundstück zum Liegen kommen.
Bei den an die Vorhabengrundstücke anliegenden Grundstücken handelt es sich um forst- bzw. landwirtschaftliche Flächen. Bei einer Befreiung von der AF-Satzung besteht daher nicht zu befürchten, dass die o.g. genannten Gründe für den Zweck der Abstandsflächen negativ beeinflusst werden zumal diese Flächen nicht bebaut werden dürfen. Auch ist eine negative Beeinträchtigung des forst- oder landwirtschaftlichen Ertrags durch den Schattenwurf der WEA´s nicht zu befürchten. Desweitere ist die Errichtung und der Betrieb von Anlagen für erneuerbare Energien im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit (§ 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2023). 

Für die zulässige Abweichung von den vorgeschriebenen Abstandsflächen gibt es kein vorgeschriebenes Maß. Art. 6 Abs. 5 BayBO gibt eine Tiefe der Abstandsfläche von 0,4 H vor. Dies ist allerdings keine absolute Grenze. In einem vergleichbaren Fall hat das Verwaltungsgericht München entschieden, dass eine Verkürzung der Abstandsflächentiefe auf 0,265 H rechtsfehlerfrei ist (VG München, Urteil vom 11.04.2017 - M 19 K 16.1014).

Der beantragten Abweichung von der AF-Satzung kann das Einvernehmen erteilt werden.


  1. Hinweis:  
Die Umfangreichen Antragsunterlagen können in der Verwaltung eingesehen werden. 

Beschluss

Der Gemeinderat erteilt dem immissionsschutzrechtlichen Antrag auf Errichtung und Betrieb von drei Windenergieanlagen (WEA) des Typ VESTAS V172 – 7.2 MW) im Gemeindebereich Haimhausen auf den Flurnummern 421 (WEA 1) , 407 (WEA 2) und 1191 (WEA 3) jeweils Gemarkung Amperpettenbach sowie der nachfolgenden Abweichung von der AF-Satzung sein gemeindliches Einvernehmen.

  • § 2 AF-Satzung 
Unterschreiten der Abstandsflächentiefe von 0,8 H auf 0,3057 H.

Des Weiteren werden gegen die Errichtung und Betrieb einer WEA auf der Flurnummer 830 (WEA 4) des Typ VESTAS V172 – 7.2 MW, der Gemarkung Schönbrunn im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde Röhrmoos keine Einwände erhoben.
  
Das Landratsamt Dachau wird gebeten in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung als Auflage aufzunehmen, dass vor Baubeginn die beschränkt persönliche Dienstbarkeit zur Zufahrt von den FlNr. 421, 407 und 1191 der Gemarkung Amperpettenbach zum Feldweg FlNr. 1060 der Gemarkung Amperpettenbach vorzulegen sind. 
Desweiteren bittet die Gemeinde Haimhausen als Auflage aufzunehmen, dass vor Ausbau des Weges FlNr. 1060 der Gemarkung Amperpettenbach (im Eigentum Gemeinde Haimhausen) mit der Gemeinde Haimhausen eine Vereinbarung über die Nutzung und dem Ausbau des Weges FlNr. 1060 der Gemarkung Amperpettenbach abzuschließen ist.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 13, Dagegen: 5

Datenstand vom 29.01.2025 11:01 Uhr