Standort Lebenshilfe


Daten angezeigt aus Sitzung:  24. Stadtratssitzung, 01.12.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat (Stadt Herrieden) 24. Stadtratssitzung 01.12.2021 ö 4

Sachverhalt

Die Lebenshilfe hat in öffentlicher Sitzung am 23.10.2019 eine formlose Bauvoranfrage zur Errichtung eines Wohnheimes gestellt. Die damaligen Planungen sahen eine Bebauung in der Nürnberger Str. Flst. 660, Gemarkung Herrieden, vor. Zu dieser Zeit war hier auch der Neubau einer KiTa geplant.

Die Lebenshilfe erläutert im Nachgang den Hintergrund für diese Bauanfrage wie folgt: 
„Als die nun seit längerem geltenden baulichen Mindestanforderungen gem. AV PfleWoqG, in Verbindung mit der DIN 18040-2 für Wohngebäude der besonderen Wohnform (früher stationäre Wohnheime) beschlossen wurden, war uns als Träger des Gabrielihauses sehr schnell klar, dass wir das Gebäude, so wie es sich bisher baulich darstellt, langfristig nicht weiter für das gemeinschaftliche Wohnen in der bisherigen Wohnform nutzen können.
Dennoch wollten auch wir zu Beginn möglichst am Gebäude als Wohnheim festhalten. Aus diesem Grund haben wir nun in den vergangenen Jahren gemeinsam mit Architekten zwei Machbarkeitsstudien durchgeführt. Wir hatten mehrere Ortsbegehungen mit der FQA (Fachstelle für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht = „Heimaufsicht“). Zuletzt auch noch eine Vorortbesichtigung mit der Amtsleitung und weiteren Vertretern der Regierung von Mittelfranken (Sachgebiet Wohnungswesen).
Bei all diesen Begehungen, Fachgesprächen sowie Studien, wurde aber sehr schnell klar, dass nur ein Ersatzneubau die geforderten baulichen Mindestanforderungen in einem finanzierbaren Rahmen realisierbar machen wird.
Zudem haben wir als Lebenshilfe auch den Anspruch, über die baulichen Mindestanforderungen hinaus, unseren Bewohnern eine, aus unsere Sicht, angemessene Wohnqualität anzubieten. Dazu gehört für uns beispielsweise, dass wir zukünftig unseren Bewohnern jeweils einen kleinen Balkon zu jedem Appartement anbieten möchten. Allein dies scheidet schon neben vielen weiteren Dingen aufgrund des Denkmalschutzes beim Gabrielihaus konsequent aus.
Unter Würdigung aller Umstände, Vorgaben, aktuellen und noch zu erwartenden sowie darüber hinaus noch möglichen Anforderungen, sehen wir keine Möglichkeit unser Wohnangebot für Menschen mit einer Behinderung langfristig im Gabrielihaus als besondere Wohnform weiter fortführen zu können und dies nicht nur aus finanziellen Gründen.“

Nachdem mit dem Grundstückseigentümer von Flst. 688 in der Zwischenzeit Verhandlungen aufgenommen wurden, hat der Bau- und Verkehrsausschuss in nichtöffentlicher Sitzung am 09.03.2021 die Verwaltung beauftragt, dass überprüft werden soll, ob ein Kindergartenbau und ein Bau für Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung auf dem Grundstück Flst. 688 zulässig ist. Eine Bestätigung vom Landratsamt soll eingeholt werden. 
Am 29.04.2021 fand hierzu ein Vorort-Termin mit Frau Schock und Herrn Köllner vom LRA statt, bei dem von den Behördenvertretern erklärt wurde, dass ein Bau für Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung und der Bau einer KiTa dort grundsätzlich zulässig seien.
Somit stellt Flst 688 eine Alternative zum Standort in der Nürnberger Str. dar. Der Vorteil von Flurstück 688 gegenüber Flurstück 660 in der Nürnberger Str. liegt darin, dass es sich hierbei nicht um eine Stadtrandlage, sondern um eine integrierte Lage zwischen Wohngebiet und der Industriestraße mit Einkaufsmöglichkeiten handelt. Im Vergleich zur Nürnberger Str. ist die Hohenberger Str. außerdem deutlich weniger stark befahren. 
Nachdem der Stadtrat in seiner Sitzung vom 28.10.2020 einen Grundsatzbeschluss zur vorrangigen Innenentwicklung gefasst hat, muss zunächst geklärt werden, ob die Stadt Herrieden nicht Maßnahmen ergreifen kann, um der Lebenshilfe dabei zu helfen, den Standort „Gabrielihaus“ für das Betreute Wohnen für Menschen mit Behinderung doch zu sichern. 
Daher wurde im Vorfeld der Sitzung bei der Lebenshilfe angefragt, welche Maßnahmen die Stadt Herrieden ergreifen kann, um den Standort „Gabrielihaus“ für das Betreute Wohnen für Menschen mit Behinderung doch zu sichern. Die Lebenshilfe wurde außerdem gebeten, konkret zu prüfen, ob der Standort „Gabrielihaus“ gesichert werden kann, wenn Grundstücke im Umgriff – die Flächenverfügbarkeit vorausgesetzt - der Lebenshilfe zur Verfügung gestellt werden können.

Die Antwort hierzu lautet wie folgt: 
„Aufgrund der oben dargestellten Gründe, sowie nochmals durch das Schreiben von Herrn Unger vom 16.05.21 konkretisiert, ist der Standort Gabrielihaus als „betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderung“ (besondere Wohnform), unabhängig von potentiellen Grundstücken im Umgriff nicht haltbar. Die Betonung liegt hierauf, dass das Gebäude als „stationäres Wohnheim“ nicht haltbar ist.“ 

Außerdem wurden die Verantwortlichen der Lebenshilfe im Vorfeld der Sitzung gebeten, zu folgendem Sachverhalt Stellung zu beziehen
Der Gesetzgeber hat zur Nutzung von Gebäudebestand die Möglichkeit von Befreiungen und Abweichungen von baulichen Mindestanforderungen nach §50AVPfleWoqG zugelassen. Darin heißt es: "Ist dem Träger einer stationären Einrichtung die Erfüllung der in §§ 1 bis 9 genannten Mindestanforderungen im Gebäudebestand technisch oder aus denkmalschutzrechtlichen Gründen nicht möglich oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar, kann die zuständige Behörde auf Antrag des Trägers ganz oder teilweise von der Verpflichtung befreien, wenn die Befreiung mit den Interessen und Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner vereinbar ist"
und die Frage zu beantworten, inwiefern diese Möglichkeit bei der Entscheidung bzw. Abwägung über den Standort sowie in den Gesprächen mit der Förderstelle eine Rolle gespielt hat.

Die Stellungnahme der Lebenshilfe zu dieser Fragestellung:
„Es ist zutreffend, dass es unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, gewisse Befreiungen von den baulichen Mindestanforderungen zu erwirken. Allerdings würde dies nicht unsere Problemstellung lösen. Neben den immensen Kosten (wesentlich teurer als ein Ersatzneubau), die eine entsprechende Sanierung mitbringen würde, geht es uns vor allem darum, dass unsere derzeitigen, aber auch künftigen Bewohner ein, ihrem individuellen Bedarf entsprechendes, Wohn- und Betreuungsangebot durch uns erhalten. Dies sehen wir mittel- und langfristig nur durch einen Ersatzneubau gewährleistet. Auch hier verweise ich wiederum auf die durch uns bereits mehrfach getätigten Aussagen und Stellungnahmen (vgl. Schreiben von Herrn Unger vom 16.05.21, und s. oben).“

Nachdem aus Sicht der Lebenshilfe sowohl der Standort an der Nürnberger Straße als auch der Standort an der Hohenberger Straße geeignet erscheint, ist es für die Entscheidung des Gremiums hilfreich, die Kriterien der Lebenshilfe für die Standortbeurteilung zu kennen: 
Aktuell liegt uns ein Bestätigungsschreiben der Stadt Herrieden vom 22.01.2020 vor, aus dem hervorgeht, dass der Stadtrat in seiner Stadtratssitzung am 27.11.2019, dem Neubau eines Wohnheims an der Nürnberger Straße in Herrieden zugestimmt hat. Zu diesem Zeitpunkt stand kein anderes geeignetes Grundstück zur Verfügung. 
Inzwischen wurden wir darüber informiert, dass an der Nürnberger Straße der bis dahin geplante Kindergarten nicht mehr realisiert wird und auch für unser Wohnheim ein anderer Standort gesucht werden soll. Die alleinige Nutzung eines Grundstücks außerhalb der Bebauung (nördlich der Nürnberger Straße) entspricht auch nicht unserem Verständnis von Teilhabe am Leben für unsere Klienten innerhalb der Stadt Herrieden.  
Wir freuen uns, dass durch die Stadt nun die Möglichkeit geschaffen wurde, ein nahezu perfekt geeignetes Grundstück an der Hohenberger Straße zu erwerben.
Wir können hier all das baulich verwirklichen, was uns ein individuelles Wohn-, Betreuungs- und Pflegeangebot für unsere Klienten für die Zukunft, auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten, abverlangt. Zudem haben unsere Menschen mit Behinderung an diesem Standort auch die Möglichkeit, die naheliegenden Einkaufsmöglichkeiten unkompliziert zu nutzen oder einen Kaffee zu trinken. Mit dem Standort an der Hohenberger Straße, angeschlossen an das Wohngebiet Schrotfeld, ist für unsere Klienten eine echte Teilhabe sowie ein inklusives Leben, in einer zeitgemäßen Wohnanlage in Herrieden realisierbar. Wir sehen aktuell das Grundstück an der Hohenberger Straße als einzige, dafür aber hervorragende Lösung, für unseren dringend notwendigen Ersatzneubau in der Stadt Herrieden.
Daneben bietet das Grundstück noch Optionen für eine andere Nutzung (KiTa).“

Außerdem wurde die Lebenshilfe gebeten, sich zur Nachnutzung des Gabrielihauses zu äußern, für den Fall, dass ein Neubau an anderer Stelle erfolgt: 
„Die Lebenshilfe Ansbach hat vielfältige Ideen für eine Nachnutzung des Gabrielihauses und der Nebengebäude. Natürlich sind auch immer die wirtschaftlichen Aspekte, hier vor allem die Refinanzierbarkeit, von Vorhaben zu beachten. Dennoch ist es unsere Absicht, das Gebäude auch weiterhin als Lebenshilfe Ansbach zu nutzen. Möglich wären unter anderem die Schaffung von Wohnraum für ambulant betreute Wohngemeinschaften, der Aufbau eines Übernachtungsbetriebs mit Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung oder die Schaffung von Plätzen der Verhinderungspflege für Kinder und Jugendliche. In genauere Planungen können wir erst nach Baubeginn des Ersatzneubaus des Wohnheims einsteigen. 
Wir fühlen uns sehr wohl und angenommen in Herrieden und sind gerne zu einer weiteren gedeihlichen Zusammenarbeit mit der Stadt bereit.“

In der heutigen Sitzung soll das Gremium über die Standortfrage für das Betreute Wohnen für Menschen mit Behinderung beraten. Der am 15.11.2021 eingegangene Antrag vom 11.11.2021 vom Vorstand der Lebenshilfe zum Erwerb des Flst. 688, Gemarkung Herrieden, wird im RIS hinterlegt.
Die Verwaltung merkt an, dass das betroffene Grundstück Flst. 688, Gemarkung Herrieden, ausschließlich zum Zwecke des Baus einer KiTa und zum Bau des Wohnheimes an die Stadt Herrieden verkauft wurde. Mehr kann die Verwaltung hierzu in nichtöffentlicher Sitzung mitteilen.

Beschluss

Der Stadtrat stimmt dem Standort für das Betreute Wohnen für Menschen mit Behinderung der Lebenshilfe auf einer Teilfläche auf Flst. 688, Gemarkung Herrieden, zu. Der BV-Ausschuss wird beauftragt, die in seiner Zuständigkeit liegenden Beschlüsse zum Baurecht (z.B. Beschlussempfehlung für einen Aufstellungsbeschluss für einen B-Plan) und zum Grunderwerb zu fassen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Datenstand vom 17.03.2022 10:15 Uhr