Verordnung der Stadt Herrieden über die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen anlässlich von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen in dem Stadtteil Herrieden für den Bereich der Altstadt für das Jahr 2024


Daten angezeigt aus Sitzung:  57. Stadtratssitzung, 07.02.2024

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat (Stadt Herrieden) 57. Stadtratssitzung 07.02.2024 ö 6

Sachverhalt

Nach Nr. 5 der Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 10.11.2004 (Az.: I 2/3693/1/04) sind die Gewerkschaften, der Einzelhandelsverband, die örtlichen Kirchen, die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer und die Kreisverwaltungsbehörden vor Erlass einer Rechtsverordnung nach § 14 LadSchlG zu hören. Am 08.01.2024 wurde die Anhörung an die zu beteiligenden Stellen übermittelt. Die Anhörungsfrist endete am 05.02.2024. Bis Ende der Anhörungsfrist gingen drei Schreiben ein: 

  • Der Handelsverband Bayern teilt mit, dass keine Bedenken gegen die Verordnung bestehen. 

  • Vom DGB, Region Mittelfranken, ging folgende Stellungnahme ein: 
 „Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Jechnerer, sehr geehrte Stadtratsmitglieder, 
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 8. Januar 2024. 
Der DGB Mittelfranken und der ver.di Bezirk Mittelfranken leh-nen mit dieser Stellungnahme gemeinsam die Offenhaltung von Verkaufsstellen an Sonntagen in der Stadt Herrieden im Jahr 2024 ab. 
Zur Begründung: 
DGB und ver.di lehnen eine Öffnung der Einzelhandelsgeschäfte an Sonntagen grundsätzlich ab – und zwar unabhängig von ei-ner rechtlichen Betrachtung. Der freie Sonntag ist ein nicht ver-handelbares Kulturgut. 
Gemeinsam mit Kirchen und Sozialverbänden vertreten wir die Meinung, dass eine weitere Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Einzelhandel nicht hinnehmbar ist. Durch verkaufsoffene Sonntage wird diesen das ohnehin schon verkürzte Wochenende vollständig zunichte ge-macht. 
Uns geht es beim Eintreten für den Schutz des Sonntags nicht um den Versuch einer Bevormundung mündiger Menschen, son-dern um die Verhinderung einer Benachteiligung der Menschen, die sonntags zur Arbeit herangezogen werden. 
Klar ist: Wer am Sonntag einkaufen will, muss die Dienstleistung anderer in Anspruch nehmen. Sonntagseinkauf ist nicht gratis zu haben, er ist mit einem sozialen Preis zu bezahlen. Der verkaufs-Seite 2 von 3 des Schreibens vom 29.01.2024 offene Sonntag ist ein Wegbereiter in eine Zerteilung der Bevöl-kerung in Sonntagsgewinner*innen und Sonntagsverlierer*in-nen; solche Sonntagsverlierer*innen sind vor allem abhängig Beschäftigte, im Wesentlichen Frauen. 
Zusammenfassend gilt auch hier die Goldene Regel praktischer Ethik: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg' auch keinem andern zu.“ 
Der Sonn- und Feiertagsschutz genießt in Bayern seit jeher einen besonderen Stellenwert. Es besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens, die Sonntagsarbeit aus kulturellen, religiösen und sozi-alen Gründen auf das gesellschaftlich notwendige Maß zu be-grenzen (Arbeit trotz des Sonntags). 
Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht mit seinem wegwei-senden Urteil vom 01.12.2009 bestätigt, indem es den arbeits-freien Sonntag als Grundrecht in aller Deutlichkeit stärkte. Ver-kaufsoffene Sonntage im Einzelhandel sind demnach nur ausnahmsweise mit einem außerordentlichen öffentlichen Inte-resse, nicht aber mit kommerziellen Interessen begründbar. Zu-dem urteilte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 31.03.2011, dass ein verkaufsoffener Sonntag dann unzulässig ist, wenn der als Anlass dienende Markt nur Ali-bifunktion hat. 
Nun sind die genannten Anlässe sicherlich kein Alibi für die Öff-nung von Verkaufsstellen. Ob jedoch, aus den von Ihnen aufge-führten Gründen, gleich von einem „außerordentlichen öffentli-chen Interesse“ für eine Sonntagsöffnung ausgegangen werden kann, erscheint zumindest fraglich. 
Zur Klarstellung möchte wir darauf hinweisen: Eine besondere Wettbewerbssituation und eine Imagewerbung für die Stadt können keine Offenhaltung von Verkaufsstellen an Sonntagen begründen. Ein Wettbewerbsvorteil und korrigierende Struktur-maßnahmen sind von der Verordnungsermächtigung nicht ge-deckt. An dieser Stelle möchten wir ausdrücklich auf die Recht-sprechung des BVerwG v. 17.05.2017 (8 CN 1/16 – juris Rn. 16) verweisen, in der festgestellt wurde, dass das alltägliche Er-werbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Kunden, aber auch das Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber*in-nen eine Sonntagsöffnung gerade nicht rechtfertigen kann. 
Nach der Bayerischen Verfassung dient der Sonntag der geisti-gen Erhebung der Menschen. Uns ist nicht ersichtlich, welchen Beitrag zu diesem Verfassungsgebot eine Sonntags-Ladenöff-nung leisten kann. Die Idee des Ruhetages, an dem der Mensch zu sich selbst kommt, ausgedehnt sein familiäres, religiöses, kul-turelles und soziales Leben pflegen und seinen Mitmenschen ohne jeden Gedanken an die eigene oder fremde Nützlichkeit begegnen kann, wird ausgehöhlt. 
Der Besuch der Märkte und Feste kann sicherlich geistige Erho-lung ermöglichen. Um die Teilnahme an diesem Fest allen Bür-ger*innen in der Stadt Herrieden zu ermöglichen, fordern wir die verantwortlichen Stadtratsmitglieder dazu auf, auf die Offenhal-tung der Verkaufsstellen zu verzichten. Wir sagen: Ja zu Märkten oder Festen, aber Nein zur Ladenöffnung aus diesem Anlass. 
Zu einem nachhaltigen Handeln gehört auch eine konsumfreie Zeit, die durch den freien Sonntag als rhythmische und gemein-sam planbare Unterbrechung des Alltags gegliedert wird. Der Sonntag schafft ein Stück mehr Freiheit vom Konsumzwang. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Hans-Jürgen Papier, bringt es auf den Punkt: „Sonntagsschutz ist Freiheitsschutz.“ 
Mit freundlichen Grüßen 
gez. 
Norbert Feulner 
Regionssekretär DGB Region Mittelfranken“

Von Stadtpfarrer Peter Hauf erreichte die Verwaltung folgende Stellungnahme:

„Grüß Sie, Frau Schwander, 
ich habe den Eindruck, es hat sich schon etwas verändert, was die Größe des Marktes anbelangt. 
Natürlich verstehe ich die Interessen der Stadt und der Kaufleute.

Aber als Pfarrer muss ich für einen weitgehend arbeitsfreien Sonntag eintreten. 

Mit freundlichem Gruß 

Peter Hauf, Pfarrer“ 



Entwurf der Verordnung:

Verordnung der Stadt Herrieden über die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen anlässlich von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen in dem Stadtteil Herrieden für den Bereich der Altstadt für das Jahr 2024

vom 07.02.2024

Auf Grund des § 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über den Ladenschluss vom 28. November 1956 (BGBl. I S. 875), in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 2003 (BGBl. I S. 744), geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1954) und Art. 228 der neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) in Verbindung mit § 11 der Verordnung über die Zuständigkeit zum Erlass von Rechtsverordnungen (Delegationsverordnung – DelV) vom 28. Januar 2014 (GVBl. S. 22, BayRS 103-2-V), zuletzt geändert durch § 1 der Verordnung vom 25. Oktober 2023 (GVBl. S. 606), erlässt die Stadt Herrieden folgende Verordnung:

§ 1
Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage

Abweichend von der Vorschrift des § 3 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss dürfen Verkaufsstellen im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss in dem Stadtteil Herrieden für den Bereich Altstadt aus Anlass

  1. des Frühjahrmarktes am 10.03.2024 von 12.00 Uhr bis 17.00Uhr 
  1. des Altstadtfestes am 21.07.2024 von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr 
  1. des Jahrmarktes-Kirchweih am 15.09.2024 von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr 
  1. des Kathreinmarktes am 24.11.2024 von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr 

für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geöffnet sein.

Der beiliegende Lageplan ist Bestandteil dieser Verordnung. Offenhalten dürfen nur Verkaufsstellen, die sich in den rot umrandeten Bereichen befinden.


§ 2
Geltung anderer Rechtsverordnungen

Die durch Rechtsverordnungen nach den §§ 11 und 12 des Gesetzes über den Ladenschluss freigegebenen Verkaufszeiten (Verkauf in ländlichen Gebieten und Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen) bleiben unberührt. Die jeweilige Gesamtöffnungszeit nach § 1 dieser Verordnung und nach den Rechtsverordnungen nach §§ 11 und 12 des Gesetzes über den Ladenschluss darf insgesamt fünf Stunden nicht überschreiten.


§ 3
Inkrafttreten und Geltungsdauer

  1. Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer amtlichen Bekanntmachung in Kraft und gilt bis zum Ablauf des letzten von der Verordnung erfassten Tages.
  2. Sollte die Durchführung der Anlassveranstaltung(en) im Sinne des §1 dieser Verordnung aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen (z.B. Untersagung aus infektionsschutzrechtlichen Gründen) nicht möglich sein, verliert diese Verordnung für den betroffenen Tag der ausfallenden Anlassverordnung ihre Geltung. Eine Ladenöffnung ist an diesem Tag dann nicht zulässig. 

Herrieden, den 07.02.2024


Dorina Jechnerer
Erste Bürgermeisterin




Hinweise zur Verordnung der Stadt Herrieden über die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen anlässlich von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen in dem Stadtteil Herrieden für den Bereich Altstadt und der Industriestraße für das Jahr 2024

  1. Arbeitnehmer dürfen an den verkaufsoffenen Sonntagen nur während der in § 1 der oben abgedruckten Verordnung festgesetzten Öffnungszeiten und, falls dies zur Erledigung von Vorbereitungs- und Abschlussarbeiten unerlässlich ist, während insgesamt weiterer dreißig Minuten beschäftigt werden (§ 17 Abs. 1 des Gesetzes über den Ladenschluss). 

  1. Die Vorschriften des Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage, die weiteren Vorschriften des § 17 des Gesetzes über den Ladenschluss, die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer im Einzelhandel in Bayern, des Jugendarbeitsschutzgesetzes und des Mutterschutzgesetzes sind für die an den freigegebenen Sonn- und Feiertagen für die in den geöffneten Verkaufsstellen beschäftigten Arbeitnehmer zu beachten. 

  1. Vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlungen gegen die in § 1 der oben abgedruckten Verordnung festgelegten Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen können nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. Abs. 2 des Gesetzes über den Ladenschluss als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bis zu fünfhundert Euro geahndet werden. 

  1. Vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlungen gegen die in Hinweis Nr. 1 genannte Bestimmung können nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Abs. 2 des Gesetzes über den Ladenschluss als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bis zu zweitausendfünfhundert Euro geahndet werden. 

  1. Vorsätzliche Verstöße gegen die in Hinweis Nr. 1 genannte Bestimmung werden, wenn dadurch vorsätzlich oder fahrlässig Arbeitnehmer in ihrer Arbeitskraft oder Gesundheit gefährdet werden, gemäß § 25 des Gesetzes über den Ladenschluss als Straftaten mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft.




Bekanntmachungsvermerk:
Die Verordnung wird im Amtsblatt der Stadt Herrieden Nr. 2/2024 vom 22.02.2024 ortsüblich bekannt gemacht.


Beschluss

Der Stadtrat stimmt der „Verordnung der Stadt Herrieden über die Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen anlässlich von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen in dem Stadtteil Herrieden für den Bereich der Altstadt für das Jahr 2024“ vom 07.02.2024 für das Jahr 2024 zu.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 20, Dagegen: 0

Datenstand vom 06.03.2024 08:25 Uhr