Antrag der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN zur Geschwindigkeitsbegrenzung in der Nürnberger Straße


Daten angezeigt aus Sitzung:  73. Stadtratssitzung, 26.02.2025

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat (Stadt Herrieden) 73. Stadtratssitzung 26.02.2025 ö beschließend 5

Sachverhalt

Im Stadtrat wurde in der Sitzung am 11.09.2024 über folgenden Sachverhalt beraten:

„Bürgermeisterin Jechnerer erreichte am 31.08.2024 von der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Herrieden folgende E-Mail:

‚…wir reichen hiermit fristgerecht einen Antrag zur Behandlung in der nächsten Stadtratssitzung am 11. September 2024 ein. Ziel des Antrages ist es, eine spürbare Lärmreduzierung für die Anwohnenden der Nürnberger Straße durch Tempo 30 (nachts) auf Grundlage der Ergebnisse des Schallschutzgutachtens sowie der Maßnahmenempfehlung des Lärmschutzgutachters zu erreichen. Bei meinem letzten Besuch in Baden-Württemberg konnte ich erneut feststellen, dass an vielen Hauptverkehrsstraßen innerorts eine Temporeduzierung auf 30km/h aus Gründen des Lärmschutzes veranlasst ist und diese vor Ort sehr positiv wahrgenommen wird. 
Wir würden uns über eine fraktionsübergreifende Zustimmung sehr freuen und bitten um Weiterleitung der Mail an alle Stadtratskolleginnen und -kollegen….‘

Unterfertigt war die E-Mail von allen Mitgliedern der Fraktion.
Der Antrag hat folgenden Inhalt: 

‚Antrag vom 31.08.2024 der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Herrieden 
Tempo 30 (22:00 – 8:00 Uhr) in der Nürnberger Straße

Die Stadt Herrieden hat auf Grundlage des Verkehrskonzeptes ein Schallschutzgutachten sowie die Ausarbeitung von Lärmschutzmaßnahmen in Auftrag gegeben. Das Schallschutzgutachten vom 13.12.2023 hat für die Nürnberger Straße ergeben, dass insbesondere in der Nacht (22:00-6:00 Uhr) die Auslösewerte für eine Lärmsanierung (54 dB (A) im Wohngebiet) überschritten werden. 

Eine Geschwindigkeitsreduzierung von 50 km/h auf 30 km/h würde laut Aussagen des Gutachters zu einer Lärmreduzierung von durchschnittlich 2,5 dB (A) führen. Dies entspricht der gleichen Wirkung, die bei einer Reduzierung der Verkehrszahlen um 50 Prozent erzielt werden würde (vgl. Maßnahmenmatrix zum Schallschutz). Eine Geschwindigkeitsreduzierung kann damit zu wahrnehmbaren Lärmentlastungen und vor allem auch nachts zu geringeren Lärmspitzen beitragen. 
Wir schlagen deshalb vor, Tempo 30 in der Nürnberger Straße aus Gründen des Lärmschutzes insbesondere für den Nachtzeitraum von 22 bis 8 Uhr einzuführen. Ziel ist es, die Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner durch eine Reduzierung der verkehrsbedingten Lärmbelastung zu schützen. Darüber hinaus soll durch eine Geschwindigkeitsreduzierung bis 8 Uhr morgens die Sicherheit für Kinder auf ihrem Schulweg erhöht werden.‘

Im Antrag ist folgender Beschlussvorschlag formuliert:

‚Der Stadtrat beschließt, die Anordnung einer Geschwindigkeit von 30 km/h in der Nürnberger Straße nachts von 22 bis 8 Uhr zur Reduzierung der Lärmbelastung für die Anwohnerinnen und Anwohner.‘

Der Antrag ist im RIS eingestellt.

Zu diesem Sachverhalt hatte der Bau- und Verkehrsausschuss in seinen Sitzungen vom 09.03.2021 und 28.03.2023 nach Empfehlung der Unterstützungsgruppe zur Erarbeitung des Verkehrskonzeptes und nach Anregungen in der Bürgerversammlung bereits den Beschluss gefasst, Tempo 30 in der Nürnberger Straße und Hohenberger Straße auszuweisen. Allerdings konnte dies von der Verwaltung bislang nicht umgesetzt werden, da nach Aussagen der übergeordneten Verkehrsbehörde, die Anordnung von Tempo 30 in diesen Straßen rechtlich nicht haltbar sei. 
Zwischenzeitlich liegen die Ergebnisse des Lärmschutzgutachtens vor, die eine neue Grundlage für die Abstimmung mit der Verkehrsbehörde ermöglichen. Außerdem ging am 29. August 2024 ein Informationsschreiben des Bayerischen Gemeindetages (Rundschreiben 52/2024) bei der Bürgermeisterin ein, das über die Novellierung der StVO informiert. (https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2024/0301-0400/321-24(B).html)
Wesentliche Neuerungen für die Anordnung von Tempo 30:

‚Tempo 30 
Die Ausnahmetatbestände zur Begrenzung auf Tempo 30 innerorts wurden in § 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 6 StVO erweitert. So sind nun auch Anordnungen innerörtlicher streckenbezogener Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Fußgängerüberwegen, Spielplätzen, hochfrequentierten Schulwege sowie Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen möglich. Bereits zuvor bestanden diese Möglichkeiten im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern. 
Des Weiteren ist nun der sog. „Lückenschluss“ auf kurzen Streckenabschnitten (bis zu 500 Metern) zwischen zwei Tempo 30 Strecken möglich (§ 45 Abs. 9 Satz 4 Nr. 4 StVO). (…)

Begründung:
Die Verkehrssicherheit soll durch die bereits verankerte erleichterte Anordnungsmöglichkeit von streckenbezogenem Tempo 30 auf innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen vor allgemeinbildenden Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern sowie vor den neu hinzutretenden Spielplätzen, hochfrequentierten Schulwegen und Fußgängerüberwegen auch vor Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen (Heime, Tageseinrichtungen, Werkstätten) erhöht werden können. Schon bei Einführung der Regelung des § 45 Absatz 9 Satz 4 Nummer 6 StVO im Jahr 2016 wurde verdeutlicht, dass den Ländern damit ein Instrumentarium an die Hand gegeben werden soll, um verantwortungsvoll vor Ort prüfen zu können, in welchen Fällen eine streckenbezogene Tempo 30-Anordnung in Betracht kommt, um einerseits schwächere Verkehrsteilnehmer wie Kinder und Senioren zu schützen, andererseits den Verkehrsfluss nicht übermäßig zu beeinträchtigen. In den genannten Personenkreis sollten auch Menschen mit Behinderungen angemessen einbezogen werden. Verkehrssicherheitssensible Bereiche vor Kindergärten, Kindertagesstätten beziehungsweise Alten- und Pflegeheimen sind gleichermaßen geprägt von hohem Ziel- und Quellverkehr ankommender und abfahrender Fahrzeuge mit all seinen kritischen Begleiterscheinungen (Parksuchdruck, Fahrbahnquerungen, ständiges Ein- und Aussteigen sowie ständiger Wechsel des fließenden und des ruhenden Verkehrs) – diese sind mit der Situation vor Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen grundsätzlich vergleichbar. Darüber hinaus ist dort häufig eine Kumulation des Fußgängerverkehrs zu bestimmten Tageszeiten anzutreffen. Hinzu kommt, dass für Menschen mit Behinderungen die selbstständige Teilnahme am Straßenverkehr aufgrund ihrer zum Teil bestehenden Beeinträchtigungen – je nach Grad ihrer Behinderung – in den mobilitätsspezifischen Kompetenzen erschwert sein kann. Beispielhaft zu nennen sind hier Probleme bei der Wahrnehmung von akustischen Signalen, motorische Beeinträchtigungen und Gleichgewichtsstörungen als Folge von Hör- beziehungsweise Sehschädigung, beschränkte Möglichkeiten, sich durch das Hören von entsprechenden Verkehrsgeräuschen auf neue Situationen einzustellen sowie eingeschränkter interaktiver Austausch mit anderen Verkehrsteilnehmenden. Durch die Erweiterung des Katalogs verkehrssensibler Einrichtungen werden die örtlichen Straßenverkehrsbehörden befähigt, ihre Verantwortung für die Verkehrssicherheit umfassender wahrzunehmen. Nach pflichtgemäßem Ermessen können innerörtliche streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 Kilometer pro Stunde künftig im Einzelfall auch vor Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen erleichtert angeordnet werden, um deren Interessen als schutzbedürftige Verkehrsteilnehmende zu wahren. Im Übrigen greift auch die Ad-hoc-AG Fußverkehrspolitik der Verkehrsministerkonferenz den Personenkreis der Menschen mit Behinderungen explizit auf. 
In Anlehnung an eine Empfehlung der AG wird betont, dass die Leichtigkeit aller Verkehrsarten mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten ist und die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmenden der Flüssigkeit des Fahrverkehrs vorgeht. Dabei ist die besondere Schutzbedürftigkeit der nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmenden und der Menschen mit Behinderung besonders zu berücksichtigen.‘

Aufgrund der Ergebnisse des Lärmgutachtens und der veränderten Rechtsgrundlage durch die Novellierung der StVO prüft die Verwaltung derzeit erneut die Umsetzbarkeit der Beschlüsse vom 09.03.2021 und 28.03.2023.  

Nach Abstimmung mit der antragsstellenden Fraktion wird der Antrag daher zunächst zurückgestellt, bis die Umsetzungsmöglichkeit der Beschlüsse vom 09.03.2021 und 28.03.2023 erneut geprüft wurde. 

Am 13.11.2024 fand eine Verkehrsschau mit der Polizeiinspektion Feuchtwangen, dem Landratsamt Ansbach und dem staatlichen Bauamt Ansbach statt.

Das Protokoll der Verkehrsschau enthielt folgendes Ergebnis:

Nürnberger Straße


Anlass für die Aufnahme in die Verkehrsschau
  • Anträge von Anwohnern
  • Gremiumsbeschluss
  • Ergebnisse des Lärmgutachtens
  • Empfehlung aus dem Verkehrskonzept

Zu prüfende Maßnahme
Temporeduzierung auf 30 km/h, vollständig oder mindestens zwischen 22h und 8h
Rechtssichere Anordnung von Tempo 30
Begründung
Die Stadt Herrieden hat auf Grundlage des Verkehrskonzeptes ein Schallschutzgutachten sowie die Ausarbeitung von Lärmschutzmaßnahmen in Auftrag gegeben. Das Schallschutzgutachten vom 13.12.2023 hat für die Nürnberger Straße ergeben, dass insbesondere in der Nacht (22:00-6:00 Uhr) die Auslösewerte für eine Lärmsanierung (54 dB (A) im Wohngebiet) überschritten werden.
Eine Geschwindigkeitsreduzierung von 50 km/h auf 30 km/h würde laut Aussagen des Gutachters zu einer Lärmreduzierung von durchschnittlich 2,5 dB (A) führen. Dies entspricht der gleichen Wirkung, die bei einer Reduzierung der Verkehrszahlen um 50 Prozent erzielt werden würde (vgl. Maßnahmenmatrix zum Schallschutz). Eine Geschwindigkeitsreduzierung kann damit zu wahrnehmbaren Lärmentlastungen und vor allem auch nachts zu geringeren Lärmspitzen beitragen.
Gleichzeitig wird die Nürnberger Straße von zahlreichen Schulkindern auf dem Weg von und zur Schule gequert. Die Erschließung des Schrotfeldes 15.4 lässt in Zukunft einen weiteren Anstieg des Schülerverkehrs erwarten.
Empfehlung aus dem Verkehrskonzept
Maßnahme 2.1.3: Geschwindigkeitsreduzierung in der Nürnberger Straße
Ergebnis der Verkehrsschau
Laut der Einschätzung von Herrn Leisner und Herrn Lechler ist eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h nicht rechtssicher durchzuführen. Um dies über die Argumentationslinie des Lärmschutzes zu begründen, wäre eine Lärmreduzierung von 3 dB (A) notwendig. Der Aspekt der Verkehrssicherheit kann zum einen nicht herangezogen werden, da die Nürnberger Straße sehr gut mit Querungshilfen ausgebaut ist und zum anderen handelt es sich um keinen Unfallschwerpunkt.

Die Argumentation, dass die Anordnung von Tempo 30 in Baden-Württemberg einfacher möglich ist, wird seitens des Landratsamtes dadurch entkräftet, dass es sich bei der StVG und der StVO zwar um bundesgesetzliche Regelungen handelt, jedoch die praktische Handhabung durch landesrechtliche Vorgaben, z.B. Vollzugsbekanntmachungen geregelt wird. Hier werden die Bundesgesetze seitens des Bayerischen Ministerium für Innen, Bau und Verkehr anders ausgelegt als in Baden-Württemberg. 

Im Bau- und Verkehrsausschuss wurde am 21.01.2025 über das Ergebnis der Verkehrsschau beraten und folgender Beschluss gefasst:

„Temporäre Reduzierung auf 30 km/h 
(Empfehlung an den Stadtrat)
Abstimmung J:5, N:4“

Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen Herrieden ist im RIS hinterlegt.

Beschluss

Der Stadtrat beschließt, die Anordnung einer Geschwindigkeit von 30 km/h in der Nürnberger Straße nachts von 22 bis 8 Uhr zur Reduzierung der Lärmbelastung für die Anwohnerinnen und Anwohner.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 10

Abstimmungsbemerkung
Somit ist der Antrag abgelehnt.

Datenstand vom 10.04.2025 09:12 Uhr