Das Landratsamt Landsberg am Lech hat im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens den Gebührenteil unserer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Marktes Kaufering vom 12.12.2019 (BGS/EWS) am 19.12.2022 für nichtig erklärt, da die Abwassergebühren nach dem sog. „modifizierten“ Frischwassermaßstab erhoben worden sind.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist der in einer Gebührensatzung normierte alleinige Frischwassermaßstab nichtig, wenn bei einer Entwässerungseinrichtung die Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung nicht als geringfügig vernachlässigt werden können. Zwar eignet sich der Frischwassermaßstab grundsätzlich für die Gebührenbemessung der Abwasserentsorgung, allerdings ist es nur dann unbedenklich, keine gesonderten Gebühren für die Beseitigung des Niederschlagswassers zu erheben, wenn die durch Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung lediglich geringfügig sind. Dies ist bei Überschreiten eines 12%igen Anteils an den der Gebührenkalkulation zugrunde gelegten Gesamtkosten der Entwässerungseinrichtung nicht mehr der Fall.
Zur Überprüfung der Geringfügigkeitsgrenze von 12% haben wir die Firma [Name] beauftragt. Die Berechnung hat ergeben, dass der Anteil der Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung an den Gesamtkosten über 12% beträgt und demnach die Grenze überschritten ist.
Ausnahmsweise kann auch bei einem Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze von 12% von der gesonderten Erhebung einer Niederschlagswassergebühr abgesehen werden, wenn im Einrichtungsgebiet eine homogene Siedlungsstruktur vorliegt. Von einer solchen kann nur dann ausgegangen werden, wenn nicht mehr als 10% der von einer solchen Regelung betroffenen Fälle dem Typ widersprechen. Es müssen also für die ganz überwiegende Zahl der bebauten Grundstücke, welche die Entwässerungseinrichtung benutzen, in etwa gleiche Benutzungsbedingungen vorliegen. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Verhältnis zwischen dem Grundstück eingeleiteten Schmutzwasser, orientiert am Frischwasserbezug, und dem von diesem Grundstück über befestigte Flächen eingeleiteten Niederschlagswasser in die Entwässerungsanlage für mindestens 90% der angeschlossenen Grundstücke in etwa gleich ist. Dieser Ausnahmefall ist für das Gemeindegebiet jedoch nicht gegeben.
Im Ergebnis ist die Einleitungsgebühr, die sich bisher ausschließlich am Frischwassermaßstab orientiert hat, rechtswidrig und somit der Gebührenteil der BGS/EWS nichtig.
2.
Nach dieser Rechtsprechung ist es unumgänglich, die sog. „gesplittete Abwassergebühr“ verpflichtend einzuführen.
Der ursprünglich vorgesehene 4jährige Kalkulationszeitraum von 2020-2023 wird deshalb abgebrochen und auf drei Jahre festgesetzt (2020-2022 und 2023-2025). Die gesplittete Abwassergebühr wird von uns nach Ablauf des Kalkulationszeitraumes ab 2026 eingeführt werden. Um die hierfür notwendigen Berechnungsgrundlagen zu schaffen, ist ebenfalls der 3jährige Kalkulationszeitraum als angemessen zu betrachten.
Diese Vorgehensweise ist vom Landratsamt Landsberg am Lech als Rechtsaufsichts-behörde ebenfalls befürwortet worden.
3.
Vor diesem Hintergrund, sowie zur Schaffung eines gültigen Satzungsrechts ist die BGS/EWS rückwirkend zum 01.01.2020 neu zu erlassen.
Der Gebührenteil (§ 10) sieht nun eine abgestufte Gebühr für das Einleiten von Abwasser vor:
- § 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 (BGS/EWS neu)
Für den Zeitraum 01.01.2020 - 31.12.2022 beträgt die Einleitungsgebühr
- für Abwasser 2,37 €
- für Grundstücke, von denen kein Niederschlagswasser
eingeleitet werden darf 2,13 €
- § 10 Abs. 2 (BGS/EWS neu)
Für den Zeitraum 01.01.2023 - 31.12.2025 beträgt die Einleitungsgebühr
- für Abwasser 1,87 €
- für Grundstücke, von denen kein Niederschlagswasser
eingeleitet werden darf 1,68 €
Mit der seit 2000 geltenden Regelung des Art. 8 Abs. 3 Sätze 5 und 5 KAG ist den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, auf zuwendungsfinanzierte Investitionskosten abzuschreiben. Dies gilt für Zuwendungen, die den Zweck haben, die Gebührenpflichtigen zu entlasten und kann für jeden Kalkulationszeitraum neu bestimmt werden. Die Abschreibungserlöse sind in eine Sonderrücklage einzustellen und können für künftige Investitionen oder Sanierungen verwendet werden. Für den Prognosezeitraum 2023 bis 2025 können wir ca. 60.000 € in die Sonderrücklage einstellen. Der endgültige Betrag kann erst in der Nachkalkulation berechnet werden.