Mit gemeinsamen Rundschreiben vom 12.07.2024 wurde der Markt Kaufering durch die kommunalen Spitzenverbände (Bay. Städtetag und Bay. Gemeindetag) darüber informiert, dass die Staatskanzlei im Zuge der „Entbürokratisierungs- und Deregulierungs-bestrebungen“ der Bayerischen Staatsregierung den Gesetzentwurf eines „Ersten Modernisierungsgesetzes“ vorgelegt hat.
Lt. diesem Rundschreiben beinhaltet dieser Gesetzentwurf zentrale Änderungen der Bayerischen Bauordnung, u. a. finden sich drei aus kommunaler Sicht inhaltlich, politisch wie verfassungsrechtlich bedenkliche Vorhaben, nämlich:
Die Stellplatzpflicht für Kfz soll kommunalisiert, die staatlich angeordnete Stellplatzpflicht gestrichen werden. Es ist geplant, alle bestehenden Stellplatzsatzungen und alle vergleichbaren Regelungen in Bebauungsplänen per Gesetz aufzuheben. Städte und Gemeinden können durch den Neuerlass einer Stellplatzsatzung die Stellplatzpflicht wiedereinführen. Mit einer Übergangsregelung von drei Monaten soll zwar ein nahtloser Anschluss der Stellplatzpflicht sichergestellt werden. Da die Stellplatzschlüssel der Stellplatz- und Garagenverordnung zukünftig aber die Obergrenze darstellen sollen, kann die aktuell geltende Stellplatzsatzungen in der jetzigen Form nicht für den Neuerlass herangezogen werden.
Städte und Gemeinden sollen zukünftig überdies keine örtlichen Bauvorschriften für die Begrünung von Freiflächen erlassen dürfen. Bestehende Freiflächengestaltungs-satzungen und ebenso entsprechende Festsetzungen in Bebauungsplänen sollen per Gesetz aufgehoben werden.
Die Spielplatzpflicht soll kommunalisiert werden. Die allgemeine Spielplatzpflicht soll aufgehoben werden, Städte und Gemeinden sollen aber per Satzung eine entsprechende Pflicht wiedereinführen können.
Eine frühzeitige Einbindung der kommunalen Spitzenverbände fand nicht statt, obwohl das geplante Vorhaben einen erheblichen Eingriff in die gemeindliche Gestaltungs-, Satzungs- und Planungshoheit darstellt.
Aus Sicht der Verwaltung ist die vorgenannte Mitteilung besorgniserregend. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die betroffenen Kommunen nicht frühzeitig in den Prozess des Gesetzgebungsverfahrens zu den Entbürokratisierungs- und Deregulierungsbestrebungen eingebunden wurden.
Die vorgesehene Außerkraftsetzung örtlicher Bauschriften wie Stellplatz- oder Freiflächengestaltungssatzungen sowie entsprechender Festsetzungen rechtsgültiger Bebauungspläne, stellt einen eklatanten Eingriff in das Recht der kommunalen Selbstverwaltung der Kommunen dar.
Das Selbstverwaltungsrecht bedeutet vor allem, dass die Gemeinden im Rahmen des eigenen Wirkungskreises ihre Aufgaben unabhängig und eigenverantwortlich ohne Weisungen von übergeordneten Stellen erfüllen. Das Selbstverwaltungsrecht umfasst neben der Gebietshoheit als Ausdruck des räumlich-persönlichen Hoheitsbereichs insbesondere die Planungshoheit, das heißt die Befugnis, die bauliche Entwicklung in der Gemeinde zu ordnen. Die Planungsinstrumente sind hierbei der Flächennutzungsplan, Bebauungspläne und eine Reihe von städtebaulichen Satzungen, wie z.B. Freiflächengestaltungs- oder Stellplatzsatzungen.
Allein die Möglichkeit zum Erlass einer neuen Stellplatzsatzung nach Außerkraftsetzung einer bestehenden stellt noch keine geeignete Kompensation für den Wegfall eines zentralen Teils kommunaler Selbstverwaltung dar.
Zumal diese Möglichkeit keinerlei gemeindespezifischen Regelungen mehr zulässt, sondern vielmehr nur noch eine „Einheitssatzung“ auf Basis der Garagen- und Stellplatzverordnung zulässig ist.
Der vorgelegte Gesetzesentwurf sieht im Bereich der Freiflächengestaltung die Abschaffung entsprechender städtebaulicher Festlegungen, sei es als Satzung oder als Festsetzung in einem rechtsgültigen Bebauungsplan, vor und zwar ohne Kompensationsmöglichkeit. Wie zukünftig die wichtigen Belange „Umwelt- und Klimaschutz“ im Zusammenhang mit Bauleitplanungen Berücksichtigung finden sollen, ist nicht ersichtlich.
Mit Schreiben vom 08.07.2024 (siehe Anlage) an Herrn Staatsminister Dr. Florian Herrmann haben die kommunalen Spitzenverbände kurzfristig zu den Gesetzgebungsbestrebungen Stellung bezogen.
Aufgrund der Dringlichkeit und der Sommerpause des Gemeinderates hat sich die Verwaltung entschlossen, als Angelegenheit der laufenden Verwaltung am 19.07.2024 ein Schreiben an Herrn Staatsminister Dr. Florian Herrmann sowie an Herrn Staatsminister Christian Bernreiter zu verfassen, in dem sich der Markt Kaufering vollumfänglich den Ausführungen der kommunalen Spitzenverbände anschließt (siehe Anlage).
Mit gemeinsamen Rundschreiben vom 30.07.2024 erhielten wir die weitere Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände (Bay. Städtetag und Bay. Gemeindetag) vom 23.07.2024 (siehe Anlage) zum Anhörungsverfahren des gegenständlichen Gesetzentwurfes.
Weiterhin erhielten wir zwischenzeitlich von Herrn Staatsminister Bernreiter ein Schreiben vom 14.08.2024 mit Erläuterungen, bzw. mit Andeutungen zu geplanten Anpassungen des Gesetzentwurfes im Rahmen der Verbandsanhörung (siehe Anlage).
Es scheint so, dass weiterhin an einem Gesetz festgehalten wird, dass in großen Teilen massiv in die kommunale Satzungs- Planungs- und Gestaltungshoheit eingreift und dessen ungelöste Rechtsfragen eine große Tragweite nach sich zieht.
Es bleibt abzuwarten, mit welchem Inhalt das gegenständliche Gesetz letztendlich verabschiedet wird.
Erst dann wird sich zeigen, welche Konsequenzen sich in diesem Zusammenhang für den Markt Kaufering ergeben.
Es muss unter anderem geprüft werden, ob und wie viele Änderungsverfahren im Geltungsbereich bestehender Bebauungsplänen notwendig werden und welche planungsrechtlichen Möglichkeiten zur Steuerung der aus Sicht des Marktes Kaufering vertretbaren künftigen städtebaulichen Entwicklung in Erwägung gezogen werden können.