Antrag der Firma PLAN_A, Florian Aicher, Ingenieurbüro für Bauwesen, zu einer vereinfachten Bebauungsplanänderung für das Grundstück Fl.Nr. 882/16 in Mühlbach, hier: Beschluss zu den Stellungnahmen, Satzungsbeschluss


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Technischen Ausschusses, 05.09.2018

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Technischer Ausschuss Sitzung des Technischen Ausschusses 05.09.2018 ö beschließend 3

Beschluss

Der technische Ausschuss hat am 06.06.2018 beschlossen den Bebauungsplanes „Mühlbach Südlicher Ortsrand“ im Geltungsbereich der Fl.Nr. 8882/16 nach dem Änderungsantrag der Firma PLAN_A, Florian Aicher, Ingenieurbüro für Bauwesen, Rosenheimer Straße 115, 83030 Oberaudorf, zu ändern (5. Änderung)

Da diese Änderungen die Grundzüge der Planung nicht berührten, wurde die Verwaltung beauftragt, ein vereinfachtes Änderungsverfahren gem. § 13 Abs. 1 BauGB durchzuführen. Die betroffenen Bürger sowie die berührten Träger öffentlicher Belange waren zu den Änderungen zu hören.

Zur Bebauungsplanänderung haben sich ohne Einwendungen geäußert:

Bayerischer Bauernverband
Regierung von Oberbayern
Bayerisches Landesamt für Umwelt
Vodafone Kabel Deutschland
Handwerkskammer für München und Oberbayern
IHK München und Oberbayern
Wasserwirtschaftsamt
Landratsamt Rosenheim –Bauleitplanung-
Regionaler Planungsverband Südostoberbayern
Deutsche Telekom Technik GmbH

Zur Bebauungsplanänderung haben sich mit Einwendungen geäußert:

Nachbar Christa und Guntram Klapprott, Schusterweg 5, Fl.Nr. 882/55

Schreiben Rechtsanwälte Möller, Mühlbachbogen 1a, 83022 Rosenheim vom 23.08.2018:

„Klapprott / Gemeinde Kiefersfelden
5. Änderung des Bebauungsplanes "Mühlbach Südlicher Ortsrand"

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Rinner.
sehr geehrte Damen und Herren Gemeinderäte,

hiermit zeigen wir an, dass wir die Eheleute Guntram und Christa Klapprott, Schusterweg 5, 83088 Kiefersfelden in oben genannter Sache anwaltschaftlich vertreten. Vollmacht fügen wir in beglaubigter Abschrift bei.

Unsere Mandantschaft ist Eigentümerin des Grundstücks mit der Fl.Nr. 882/55 der Gemarkung Kiefersfelden. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes und grenzt unmittelbar an den Änderungsbereich an. Zum oben genannten Änderungsentwurf erheben wir im Auftrag und im Namen unserer Mandantschaft folgende 

Einwendungen:

Die geplante Änderung des Bebauungsplanes lässt die Errichtung von zwei Wohneinheiten zu. Die hierfür erforderlichen Stellplätze (2 Stellplätze pro Wohneinheit) können auf dem Baugrundstück nicht nachgewiesen werden. In der vorgesehenen Garage können nur zwei Stellplätze untergebracht werden.

Vor der Garage oder auf der Zufahrt des Hammergrundstückes können bauordnungsrechtlich Stellplätze nicht errichtet werden, da diese die Zufahrt des Grundstücks zur Garage blockieren würden (Freihaltung des Stauraums vor Garagen; keine gefangenen Stellplätze). Südlich des geplanten Gebäudes könnte aufgrund der Einfahrtsradien allenfalls ein zusätzlicher Stellplatz entstehen. Die erforderlichen Stellplätze können daher auf dem Baugrundstück nicht nachgewiesen werden.

Soweit unserer Mandantschaft bekannt ist, plant die Grundstückseigentümerin die Errichtung von Stellplätzen auf der Zufahrt zu ihrem Hammergrundstück. Diese Planung entspricht nicht den rechtlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Erschließung.

Zugunsten des Baugrundstücks hat unsere Mandantschaft zu Lasten ihres Grundstücks ein einfaches Geh- und Fahrtrecht im Grundbuch eintragen lassen. Eine dauerhafte Einrichtung von Stellplätzen auf der Zufahrt des Baugrundstücks selbst kombiniert mit einer ständigen Erschließung über das auf dem Grundstück mit der Fl.Nr. 882/55 eingeräumte Geh- und Fahrtrecht wäre sowohl bauplanungsrechtlich als auch bauordnungsrechtlich problematisch.

Bauplanungsrechtlich läge keine plangemäße Erschließung vor. Bauordnungsrechtlich würde es ebenfalls an einer ordnungsgemäßen Erschließung fehlen, da durch ein solches Vorhaben Sinn und Zweck des Art. 4 BayBO umgangen würden, obwohl das Grundstück unmittelbar an der öffentlichen Verkehrsfläche anliegt. Das Geh- und Fahrtrecht über das Grundstück mit der Fl.Nr. 882/55 wurde nämlich nur als Grunddienstbarkeit zugunsten des Baugrundstücks bestellt. Eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten des Freistaates Bayern wurde nicht eingetragen, so dass Rettungsfahrzeuge das zukünftige Gebäude nicht erreichen können. Die Durchfahrt von Rettungsfahrzeugen würde unsere Mandantschaft in ihrem Grundrecht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzen, da hierdurch ein sogenanntes Notwegerecht zugunsten des Freistaates begründet werden würde.

Um hier eine rechtliche Auseinandersetzung (Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten beim
Landratsamt Rosenheim; Klage) zu vermeiden, wird

beantragt,

im Bebauungsplan die Flächen für die Stellplätze auf dem Baugrundstück so festzulegen, dass der der Erschließung dienende Teil des Baugrundstücks befahrbar bleibt und festzusetzen, dass Stellplätze nur an den dafür vorgesehenen Flächen errichtet werden dürfen.

Unsere Mandantschaft hat versucht, mit der Grundstückseigentümerin des durch die Änderung begünstigten Grundstücks eine gütliche Einigung herbeizuführen. Unsere Mandantschaft könnte es sich im Hinblick auf das Nachbarschaftsverhältnis vorstellen, die fehlende beschränkt persönliche Dienstbarkeit einzuräumen, wenn die durch die Änderung des Bebauungsplanes begünstigte Grundstückseigentümerin im Gegenzug unserer Mandantschaft ein Geh- und Fahrtrecht einräumen würde, damit die Mieterin unserer Mandantschaft hinter dem Haus unseres Mandanten parken kann. Hierzu wäre aufgrund des Einfahrtsradius für eine kleine Fläche ein Geh- und Fahrtrecht erforderlich.

Bisher wurde seitens der Bauherrin nur eine schuldrechtlichen Vereinbarung in Aussicht gestellt. Diese ist jedoch nicht ausreichend, da das Recht in diesem Fall bei einem Eigentümerwechsel untergeht. Es müsste daher insoweit ebenfalls eine Grunddienstbarkeit bestellt werden.


Es wird gebeten, die Behandlung der Einwendungen hierher mitzuteilen.
Mit freundlichen Grüßen

Monika Hermann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Verwaltungsrecht“

Stellungnahme der Gemeinde Kiefersfelden zu den Einwendungen der Familie Klapprott:

Bei der Abwägung ist den beiden Elementen des im Grundgesetz angelegten Verhältnisses von verfassungsrechtlich garantierter Rechtsstellung und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung in gleicher Weise Rechnung zu tragen und die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung ist nicht zulässig.

Auf dem Grundstück Fl.Nr. 882/55 der Familie Klapprott (dienendes Grundstück) wurde am 18.09.1998 ein Geh- und Fahrtrecht als Grunddienstbarkeit zugunsten des Grundstücks Fl.Nr. 882/16 (herrschendes Grundstück) bestellt. Eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten des Freistaats Bayern wurde nicht eingetragen.

Die Zufahrt des Hammergrundstücks Fl.Nr. 882/16 war nach der 2. Änderung des Bebauungsplanes „Mühlbach Südlicher Ortsrand“ mit einer Garage beplant.

Die Dienstbarkeit wurde eingetragen, damit die erforderlichen, weiteren Stellplätze auf Fl.Nr. 882/16 angefahren werden können. Der Bebauungsplan legt fest, dass pro Gebäude zwei Wohneinheiten zulässig sind. Pro Wohneinheit waren laut Bebauungsplan 1,5 Stellplätze nachzuweisen. 
An Stelle der genehmigten Garage werden in der 5. Änderung des Bebauungsplanes zwei Stellplätze angeordnet. 
Über die Dienstbarkeit auf Fl.Nr. 882/55 werden, wie bisher, die beiden weiteren Stellplätze auf Fl.Nr. 882/16 angefahren.
Hier ergibt sich keine Änderung für die Eigentümer der Fl.Nr. 882/55 (Klapprott).

Das Rechtsanwaltsbüro Möller, Frau RAin Herrmann, hat darauf verwiesen:
„dass eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit zugunsten des Freistaats Bayern nicht eingetragen wurde, so dass Rettungsfahrzeuge das zukünftige Gebäude nicht erreichen können. Die Durchfahrt von Rettungsfahrzeugen würde die Mandantschaft in Ihrem Grundrecht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzen, da hierdurch ein sogenanntes Notwegerecht zugunsten des Freistaates begründet würde.“

Vor der Novelle der Bayerischen Bauordnung 1998 wurde für die Sicherung der Erschließung vom Bauherrn eine sogenannte Doppelsicherung verlangt. Dies bedeutete, es musste zum einen eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach § 1090 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zugunsten des Rechtsträgers der unteren Bauaufsichtsbehörde bestellt werden, zum anderen musste ein Geh- und Fahrtrecht als Grunddienstbarkeit gem. § 1018 BGB zwischen den privat Beteiligten eingetragen werden.

Nach Änderung der BayBO 1998 wurde das Erfordernis einer Doppelsicherung aufgegeben.

Mit Urteil vom 30.10.2014 (Az. 15 B 13.2028) hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass auch die Bestellung einer Grunddienstbarkeit in Verbindung mit einer schuldrechtlich verpflichtenden Erklärung des Berechtigten gegenüber der Bauaufsichtsbehörde, die Grunddienstbarkeit über das Geh- und Fahrtrecht nur mit Zustimmung der Bauaufsichtsbehörde zu löschen und diese Verpflichtung an etwaige Rechtsnachfolger weiterzugeben, den Anforderungen an eine gesicherte Erschließung entspricht.

Im o.g. Urteil hat sich die Landesanwaltschaft Bayern mit Schreiben vom 31. Juli 2014 als Vertreterin des öffentlichen Interesses am Verfahren beteiligt und darauf hingewiesen, dass sich die Bayerische Bauordnung mit der Novelle 1998 ausdrücklich dafür entschieden habe, dass eine Doppelsicherung nicht mehr erforderlich sei und eine Einfachsicherung genüge. Das dem Kläger eingeräumte Geh- und Fahrtrecht dürfte zur allgemeinen Benutzung des Weges im Sinn von Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 BayBO berechtigen; Besucher, Mieter und sonstige Personen, die zu dem Grundstück gelangen wollten oder müssten, könnten den Weg begehen und befahren. 

Es entspricht der Erfahrung, dass Grunddienstbarkeiten üblicherweise nicht einvernehmlich aufgehoben werden. Dieses Risiko ist überdies auch darum geringer zu veranschlagen, weil mit einem solchen Schritt baurechtswidrige Zustände geschaffen würden, die ohne weiteres die Untersagung der Nutzung der baulichen Anlage rechtfertigen würden.

Die als Geh- und Fahrtrecht bestellte Grunddienstbarkeit auf Fl.Nr. 882/55 erlaubt auch dritten Personen, die mit dem Eigentümer in besonderen Beziehungen stehen, die Ausübung dieses Rechts, insbesondere Hausgenossen, Besuchern, Mietern und dergleichen (BGH, U. v. 21.5.1971 - V ZR 8/69). Das gilt, soweit im Einzelfall erforderlich, auch für die Benutzung durch Kraftfahrzeuge der Feuerwehr, des Rettungswesens, der Polizei und des Ver- und Entsorgungswesens (vgl. VG München, U. v. 2.8.2011 - M 1 K 11.2457). Gründe dafür, aus bauordnungsrechtlichen Erwägungen einen darüberhinausgehenden Personenkreis als „allgemein“ Nutzungsberechtigte der privaten Zufahrt auf dem Grundstück Fl.Nr. 882/16 anzuerkennen, gibt es nicht; neben dem auf diesem Grundstück geplanten Zweifamilienhaus soll über diesen Weg nur die auf dem Grundstück geplante Doppelgarage erreicht werden.

Der Einwendung der Familie Klapprott wird nicht stattgegeben.

Bei der rechtskräftigen 2. Änderung muss, wie bei der jetzt beantragten 5. Änderung, das Geh- und Fahrtrecht für die erforderlichen Stellplätze über das Vorderliegergrundstück (dienendes Grundstück) erfolgen.

Für den Vorderlieger ergibt sich keine Änderung!

Der Eigentümer der Fl.Nr. 882/16 und der künftige Bauherr muss sich gegenüber dem Rechtsträger der Bauaufsichtsbehörde verpflichten, das Geh- und Fahrtrecht nur mit deren Zustimmung zu löschen und diese Verpflichtung gegenüber etwaigen Rechtsnachfolgern weiterzugeben.

Abstimmung: 8:0

Satzungsbeschluss:

Aufgrund der §§ 13 und 10 BauGB in Verbindung mit Artikel 23 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern erlässt die Gemeinde Kiefersfelden folgende Satzung über die 5. Änderung des Bebauungsplanes „Mühlbach Südlicher Ortsrand“ betreffend das Grundstück Fl.Nr. 882/16

§ 1
Der rechtsverbindliche Bebauungsplan „Mühlbach Südlicher Ortsrand“ wird wie folgt geändert:

Von der Änderung betroffene Grundstücke:
Fl.Nr. 882/16, am Schusterweg

Begründung: Um den allgemein gestiegenen Bedarf an Wohnfläche gerecht zu werden und die von den örtlichen Bauvorschriften geforderten Stellplätze und Abstände von Garagen zu öffentlichen Verkehrsflächen einzuhalten, bedarf es der Änderung des Bebauungsplanes. Die Änderung des Bebauungsplanes im Teilbereich der Flurnummer 882/16 soll dem Eigentümer die Möglichkeit eröffnen, auf seinem Grundstück die in der gemeindlichen Satzung über örtliche Bauvorschriften geforderten Stellplätze für ein Zweifamilienhaus zu errichten.

Die Änderung beinhaltet die Angleichung der baulichen Nutzung der Fl.Nr. 882/16 bezüglich der Grund- und Geschossflächenzahl an die bereits errichteten Gebäude dieses Bebauungsplanes.

Die Garage wird auf Fl.Nr. 882/16 an den nördlichen Grundstücksrand gerückt.

Die Grundzüge der Planung werden durch die neuen bzw. geänderten Festsetzungen nicht berührt.

§ 2
Diese Satzung tritt am Tag der amtlichen Bekanntmachung in Kraft

Abstimmungsergebnis
Dafür: 8, Dagegen: 0

Datenstand vom 15.06.2023 09:20 Uhr