Schutzstatus Wolf; Stellungnahme der Gemeinde zur Regulierung der Population


Daten angezeigt aus Sitzung:  34. Sitzung des Gemeinderates, 21.03.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat 34. Sitzung des Gemeinderates 21.03.2023 ö beschließend 3

Sachverhalt

Die Mitgliederversammlung des Naturparks Ammergauer Alpen e.V. hat am 1.3.2023 folgenden Beschluss gefasst:
„Die Mitgliederversammlung hat sich intensiv mit der Ansiedlung des Wolfes im Gebiet des Naturparks befasst, nachdem bereits mehrere Risse durch unterschiedliche Wölfe im Gebiet bestätigt sind. Die Ziele des Naturparks sind mit der Anwesenheit der Wölfe nicht vereinbar. Daher fordert der Naturpark die Entnahme der ansässigen Wölfe, da sie die nachhaltige Pflege der Kulturlandschaft durch die kleinteilig organisierte Weidewirtschaft gefährden.“

Um den politischen Druck auf die Entscheidungsträger in Bayern, Deutschland und der EU zu verstärken, sollten sich möglichst viele Gemeindeparlamente im Landkreis Garmisch-Partenkirchen mit dem Thema Wolf beschäftigen und sich entsprechend positionieren. Begründung:
Seit der Wolf unter dem strengen Schutz der Berner Konvention und der Flora-Fauna- Habitatrichtlinie der EU steht, breitet sich der Wolf in Europa wieder stark aus – in den letzten 10 Jahren hat sich z.B. das Gebiet mit Wolfvorkommen um 25% vergrößert (Zu einer Einschätzung des Schutzstatus des Wolfes in Europa siehe Large Carnivore Initiative for Europe (2022):
Assessment of the conservation status of the Wolf (Canis lupus) in Europe. T-PVS/Inf(2022)45.

Aufgrund des derzeit geschätzten Gesamtbestandes von 21.500 Individuen in Europa bewertet die Large Carnivore Initiative for Europe die in Europa vorkommenden Teilpopulationen entsprechend der Roten Liste überwiegend als „least concern“ ein. In Deutschland wurden 2022 161 Wolfrudel gezählt, 2012 waren es nur 14 Wolfsrudel. (Zur Entwicklung der Wolfpopulation in Deutschland siehe https://www.dbb-wolf.de/Wolfsvorkommen/territorien/entwicklung-diagramm). 

Derzeit sind mindestens 3 männliche und 1 weiblicher Wolf im Bereich der Zugspitzregion unterwegs. Eine Rudelbildung kann daher in naher Zukunft erwartet werden. Die Nutztier-Risse auf verschiedenen Almen im Sommer 2022 und die Anzahl festgestellter Wildtier-Risse im Winterhalbjahr lassen befürchten, dass 2023 viel mehr Wolfsrissen bei Weidetieren auftreten werden, wenn keine zielführenden Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Der Wolf ist derzeit in der FFH-Richtlinie im Anhang IV genannt. Eine Entnahme des Wolfes sind
daher nach Artikel 16 der FFH-Richtlinie enge Grenzen gesetzt. Hierzu müssen in Bayern, die
Artikel 45 und 45a BNatSchG, der Praxisleitfaden zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen
nach §§ 45 und 45a BNatSchG beim Wolf, insbesondere bei Nutztierrissen der Umweltministerkonferenz (https://www.umweltministerkonferenz.de/umlbeschluesse/umlaufBericht2021_52.pdf
sowie der
bayerische Aktionsplan Wolf
(https://www.lfu.bayern.de/publikationen/get_pdf.htm?art_nr=lfu_nat_00360) eingehalten werden.

Eine Entnahme ist somit nur als Einzelfallentscheidung bei aktuellen und befürchteten Nutztierrissen in nicht schützbaren Weidegebieten (diese werden von der Landwirtschaftsverwaltung erlassen) und zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und
Pflanzenwelt möglich.

Das Gemeindegebiet von Krün liegt in einem Gebiet, welches aus topographischen und
klimatischen Gründen landwirtschaftlich fast ausschließlich als Grünland genutzt werden kann.
Dabei spielt die Weidenutzung mit Rindern, Pferden, Schafen und Ziegen eine zentrale Rolle.
Wegen der schwierigen Geländeverhältnisse und der Großflächigkeit der Weideflächen ist hier ein
wirksamer Schutz gegen Wolfsangriffe aber nachweislich meist nicht möglich.
Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Bauern ihr Vieh schon aus Tierschutzgründen auf Dauer nicht den Wolfsangriffen aussetzen und deshalb den Weideaustrieb einstellen werden.
Landwirtschaft kann hier ohne die Weidenutzung von Almen und Talflächen aber nicht betrieben
werden. Damit drohen auch den bekannten und beliebten Wiesenlandschaften der Gemeinde und
des Landkreises das Aus.
Der Landkreis GAP hat bei den zuständigen Stellen einen Antrag auf Einrichtung eines
Weideschutzgebietes gestellt, um einen Fortbestand der Weidewirtschaft in unserer Region zu
ermöglichen.
Mit der Gefährdung des Grünlandwirtschaftssystems sind auch der Lebensraum der örtlichen
Bevölkerung und eine überregional bedeutende, attraktive Erholungslandschaft in großer Gefahr.
Aus Sicht der Gemeinde Krün ist es unverständlich, warum die Problematik im bayerischen Aktionsplan Wolf bisher ausschließlich unter dem Blickwinkel der Gefährdung für Mensch und Hund, wirtschaftlicher Schäden und des Wolfsschutzes betrachtet wird, denn ohne jeden Zweifel ist man mit dem bisherigen Wolfsmanagement dabei, viele gleichwertige oder fachlich sogar viel höherwertige Naturschutzziele aufs Spiel zu setzen.

So ist der größte Teil des Landkreisgebietes als Natura 2000- Gebiet oder Naturschutzgebiet streng geschützt. Die Erhaltung artenreicher naturnaher Wiesen und Weiden ist eines der zentralen Schutz- und Erhaltungsziele aller Natura 2000-Gebiete. Artenreiche Wiesen und Weiden sind eines der gefährdetsten Schutzgüter Europas überhaupt. Bund und Land sind verpflichtet, den Status zu erhalten, scheinen aber für den Wolf einen unerhörten Aderlass einer Vielzahl ebenfalls geschützter Tier- und Pflanzenarten und geschützter Biotope und Lebensraumtypen in Kauf zu nehmen.

Jährlich werden mittels verschiedener Förderungen Millionenbeträge in die Erhaltung von
Wiesen, Weiden und Almen investiert.
Bund und Land unterstützen die Bewerbung des Landkreises um ein Unesco Welterbe genau für
die Kulturlandschaften im Landkreis, die jetzt als Folge eines einseitigen Wolfsschutzes in Gefahr
gerät.

Beschluss 1

Die Gemeinde Krün bittet den Freistaat Bayern und den Bund eindringlich, die Tatsache der Nicht-schützbarkeit vieler Weideflächen und die zwangsläufigen und fatalen landeskulturellen Folgen zur Kenntnis zu nehmen und daraus die Konsequenzen zu ziehen. Ein staatliches Wolfsmanagement, welches die Zerstörung so vieler für den Naturschutz und die Gesellschaft so bedeutsamer Landschaften in Kauf nimmt, ist in sich widersprüchlich und muss dringend und schnellstens korrigiert werden, bevor irreversible Entwicklungen in der Landwirtschaft und in der Landschaft eingetreten sind. Hierzu müssen auf deutscher und bayerischer Ebene die Anwendung der Ausnahmemöglichkeiten nach Artikel 16 FFH-Richtlinie weitestgehend ausgenutzt werden.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0

Beschluss 2

Der Antrag des Landkreises Garmisch-Partenkirchen zur Wolfsentnahme und Einrichtung eines Weideschutzgebietes vom 08.03.2023 wird vollumfänglich unterstützt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 0

Datenstand vom 26.04.2023 08:27 Uhr