Warnung und Information der Bevölkerung bei Gefahrenlagen:
Im Rahmen der präventiven Gefahrenabwehr gehört zu den Aufgaben der Gemeinden und Kreise, die Bevölkerung rechtzeitig und umfassend vor herannahenden Gefahren zu warnen und zu informieren. Dabei obliegt es bei lokalen Schadensereignissen den Städten und Gemeinden und bei Großschadensereignissen, die die Katastrophenschwelle erreichen, den Kreisen, zu warnen und zu informieren. Allgemein bekannt sind die alltäglichen Warninformationen in den Medien, seien es Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes oder seien es Verkehrsmeldungen. Bei überörtlich bedeutsamen Großschadenslagen oder Katastrophen wird die Bevölkerung über Rundfunk, Fernsehen, Bürgertelefon und das Internet informiert und gewarnt.
Die Warnung der Bevölkerung wird zunehmend wichtiger. Orkane, Tornados, Wirbelstürme, heftige Gewitter, Schneechaos oder Starkregen gehören auch in unseren Breiten zum Jahreslauf. Aufgrund der globalen Erderwärmung ist zu erwarten, dass es künftig häufiger zu Starkregen, Stürmen, starkem Schneefall oder auch Hitzewellen kommen wird, was auch die Klimawandelstudie belegt, welche dem Stadtrat in seiner Sitzung am 26.01.2022 vorgestellt wurde.
Bedeutung der Sirenen in der Warninfrastruktur:
Ob Kommunen Sirenen für den Ereignisfall vorhalten, entscheiden diese in eigener Zuständigkeit auf Basis ihrer örtlichen Gegebenheiten und des Risikopotenzials im Rahmen ihrer gemeindlichen Alarm-/Notfallplanung. Es gibt Kommunen, bei denen noch Sirenen aus alter Zeit vorhanden sind und die sie für den Bevölkerungsschutz und/oder die Feuerwehralarmierung instand halten. Andere Kommunen haben bereits vor Inkrafttreten des Förderprogramms mit dem Ausbau begonnen. Wiederum andere, auch große Städte wie beispielsweise München, haben aktuell keine Sirenen mehr. Wichtig ist, dass die Nutzung von Sirenen vor Ort in ein Gesamtwarnkonzept eingebunden ist.
Eine Umfrage unter den Großen Kreisstädten hat ergeben, dass manche Städte sich des Sonderförderprogramms bedienen wollen, andere wiederum sind zurückhaltend, da sie es u.a. als eine staatliche Aufgabe ansehen oder auch Probleme in der zeitlichen Umsetzung erkennen (muss bis Ende 2022 kassenwirksam abgewickelt sein).
Sirenen gelten als ein sinnvolles und etabliertes Warnmittel, vor allem dort, wo das Gefahrenpotenzial sehr hoch ist und die Bevölkerung sehr schnell, umfassend und flächendeckend gewarnt werden muss. Entscheidender Vorteil der Sirenen ist vor allem die Schnelligkeit, mit der viele Menschen gleichzeitig gewarnt werden können.
Vorteile von Sirenen:
- Frühwarnungen im Notfall
- Massenwarnungen möglich
- Keine Personalbindung
- Kann bei Relaisausfall auch als Feuerwehrsirene benutzt werden
- Funktioniert unabhängig von Satelliten
- Warnung rund um die Uhr
- Durchdringender Warnton, Weckeffekt
Nachteile von Sirenen:
- bei Wind akustische Schwankungen
- Fehlalarme
- hohe Anschaffungskosten
- hohe Wartungskosten
- Anlocken von Schaulustigen
- (Lärmbelästigung)
Sirenen alleine können die Menschen mit einem akustischen Signal jedoch nur auf eine Gefahrenlage aufmerksam machen. Weiter müssen konkrete Informationen zur Gefahrenlage sowie darauf abgestimmte Handlungsempfehlungen dann über Warnmedien wie Radio, Fernsehen, WarnApps, digitale Informationstafeln oder Internetseiten übermittelt werden.
Die Warnungen sollen im Ernstfall über ein zentrales Warnsystem automatisch übertragen werden, damit die Informationen zur Gefahrenlage über deren Kanäle weiter an die Bürger getragen werden können. Das BBK hat hierfür ein bundesweit einheitliches Warnsystem namens MoWaS eingeführt. Dabei werden in einer Notlage Warnungen und Informationen übermittelt, welche die Meldungen dann sofort und automatisch den entsprechenden Medien weiterleitet. Diese können dann die Bürger umgehend über die vorliegende Situation informieren.
Einen Richtwert, wieviel Sirenen vorgehalten werden sollen, gibt es nicht. Topografie, Art der Bebauung oder umgebende Lärmquellen, wie der Straßenverkehr, können den Schallpegel der Sirenen beeinflussen.
Bestehendes Warnkonzept der Stadt Lindau:
Auf das Stadtgebiet Lindau (B) bezogen sind aktuell die aus der Anlage „Warnkonzept“ ersichtlichen Mittel zu Warnung und Information der Bevölkerung vorhanden.
Mit diesem Mix an Warnmitteln konnte in der Vergangenheit gut operiert werden.
Besonders ist darauf hinzuweisen, dass vor kurzem eine mobile Sirene durch die Stadt Lindau (B) beschafft wurde. Bei vorhersehbaren Ereignissen könnte diese zusammen mit den Feuerwehrfahrzeugen, die mit einer Lautsprecheranlage ausgestattet sind, zum Einsatz kommen.
Als Szenario, bei dem vorrangig die Sirenenalarmierung über ein stationäres Sirenenwarnnetz benötigt würde, ist eigentlich nur eine Ad-hoc-Gefahrenlage vorstellbar, in der ganz schnell gewarnt werden muss.
Bis Ende 2022 wird voraussichtlich auch die Möglichkeit bestehen, über „Cell Broadcast“ eine Vielzahl von Menschen gleichzeitig auf dem Handy zu warnen. Anders als bei den bisherigen Handy-Warnmeldungen bedarf es keiner App-Installation oder Voreinstellungen. Warnungen erscheinen direkt über eine Push-Nachricht auf allen Handys im betroffenen Gebiet. Einzige Voraussetzung ist eine bestehende Mobilfunkverbindung.
Bisherige Maßnahmen des Ordnungsamtes im Hinblick auf den Ausbau der Sirenen und das Sonderförderprogramm Sirenen:
Die Kommunen und Landkreise müssen den Sirenenausbau und den damit verbundenen Bevölkerungsschutz/Katastrophenschutz nach eigenem Ermessen planen. Aufgrund der beschriebenen Besonderheiten kann jedoch nicht einfach auf die früheren Standorte zurückgegriffen werden, sondern es bedarf einer fachlich fundierten Beurteilung, wie viele Sirenen an welchen Standorten in Lindau erforderlich und zweckmäßig sein könnten.
Die Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung hat sich zusammen mit Herrn Stadtbrandinspektor Witzigmann in Bezug auf die bestehende Alarm-/Notfallplanung ausgetauscht. Gemeinsam ist man der Meinung, dass es grundsätzlich Sinn macht und im Gefahrenfall eine Erleichterung darstellen kann, auf ein solches stationäres Sirenenwarnsystem zurückgreifen zu können. Warnfahrzeuge der Feuerwehr werden primär dann in den Einsatz kommen, wenn noch keine akute Gefahrensituation eingetreten ist.
Anfang des Jahres fand zudem ein Termin mit einer Fachfirma statt, die ein Grobkonzept erstellen wird, mithilfe dessen eine Festlegung der Sirenenstandorte, der konkreten Ausstattung und die Ausschreibung nach VOB erarbeitet werden soll. Zuvor wurde auf Basis einer eigenen flächenbezogenen Planung grob ermittelt, dass etwa 10 Sirenen (4 Dachsirenen und 6 Standsirenen mit Solar) benötigt würden, um gemäß der Absichtserklärung des Ministerrats des Freistaats Bayern alle Bürgerinnen und Bürger innerhalb geschlossener Bebauung mit Sirenen annähernd zu erreichen.
Um keine Zeit zu verlieren, wurde auf Basis dieser eigenen Berechnung Ende des vergangenen Jahres vorsorglich bei der Regierung von Schwaben ein Förderantrag für 10 Sirenen gestellt, was von Seiten des Landratsamtes Lindau (B) unterstützt wurde. Für die ggf. entstehende finanzielle Eigenbeteiligung sind in Absprache mit der Kämmerei Finanzmittel in den Rücklagen reserviert.
Kosten/Finanzierung:
Es handelt sich um eine Festbetragsförderung (Dach- oder Gebäudesirene max. 10.850 € und eine Mastsirene max. 17.350 €).
Gemäß einer Grobkostenermittlung über zwei Fachfirmen sind bei einer Dachsirene mit Montage usw. durchschnittlich ca. 16.000 € brutto zu veranschlagen, bei einer Mastsirene mit Solar 25.000 € brutto. Hinzu kommen Kosten für die jeweiligen Sirenensteuergeräte (FRT), welche die Gemeinde zusätzlich beim Digitalfunkanbieter beschaffen muss.
Wenn die Stadt Lindau (B) tatsächlich die Förderung für 10 Sirenen erhalten würde, läge die Gesamtinvestition bei ca. 250.000 €, die Eigenbeteiligung nach Abzug der Förderung insgesamt bei ca. 100.000 €.
Zu berücksichtigen sind jedoch auch die Folgekosten, d.h. weitere Unterhaltskosten bzgl. Wartung und Instandhaltung (ca. 2.500 €/Jahr).
Abwicklung Beschaffung und Errichtung i.Zshg. mit dem Sonderförderprogramm:
Für die Beschaffung und Errichtung von 10 Sirenen ist eine Ausschreibung nach VOB erforderlich. Jedoch bedarf es keiner Baugenehmigung.
Der Vergabe muss ein Leistungsverzeichnis zugrunde liegen. Dieses Leistungsverzeichnis kann aber erst erstellt werden, wenn mithilfe der noch ausstehenden Grobplanung eines Fachbüros festgelegt wurde, wo die Sirenen ihren Standort erhalten und wie diese ausgestattet werden sollten. Ein grundsätzliches Problem stellt die Überlastung der Fachfirmen dar, die aufgrund des zeitlich begrenzten Förderprogramms nicht in der Lage sind, die zahlreichen Aufträge der Kommunen bzgl. Planung und Umsetzung zeitnah und förderprogrammbezogen zu bedienen.
Ob aufgrund des von der Stadt Lindau (B) gestellten Förderantrags eine Zuwendung bewilligt wird und in welchem Umfang, ist noch nicht entschieden. Ebenso ist nicht bekannt, nach welchen Kriterien die Vergabe der Fördergelder erfolgt. Sollte allerdings eine Förderzusage kommen, muss das Ordnungsamt sofort tätig werden. Die Laufzeit des Förderprogramms ist zu kurz um Zeit zu verlieren.
Da laut Regierung von Schwaben wesentlich mehr Anträge gestellt wurden als Geld zur Verfügung steht (1,5 Mio. Investitionssumme vs. 500.000 zur Verfügung stehende Fördermittel), können nicht alle Anträge befürwortet werden. Es könnte unter Umständen sein, dass jede Antragstellerin zunächst nur eine begrenzte Anzahl an Sirenen gefördert bekommt.
Die Kommunalverbände haben bereits mehr Geld für Sirenen gefordert, da es aus Sicht der Verbände viel zu wenig ist. Ob die Bundesregierung dieser Aufforderung folgt und weitere finanzielle Unterstützung gewährt, bleibt abzuwarten. Dem Bayerischen Staatsministerium des Innern war jedenfalls zu entnehmen, dass das Land kein eigenes Förderprogramm aufstellen wird, jedoch an den Bund appelliert, das Förderprogramm zum Sirenenausbau deutlich aufzustocken und über das Jahr 2022 hinaus fortzuführen.
Weiteres Vorgehen, Optionen, Grundsatzbeschluss:
Folgende Handlungs- und Beschlussoptionen sind denkbar:
Angesichts des ausgewogenen und vielseitigen Warnkonzepts (siehe Anlage), das derzeit bereits besteht, wäre es denkbar, nach dem gerade erfolgten Abbau aller alten Sirenen nunmehr keine neuen Sirenen zu errichten. Andererseits ergeben sich aus dem Klimawandel wie bereits beschrieben ggf. stärkere und häufiger auftretende Gefahrenlagen. Auch denkbar sind völlig unvorhersehbare Ereignisse, wie etwa akute Luftverschmutzungen infolge chemikalischer (LKW- oder Güterzugtransport) Unfälle, bei denen es zu Schadstoffentwicklungen kommt. Seitens des Bundes, der für Bevölkerungsschutz zuständig ist, und der Länder, denen der Katastrophenschutz obliegt, wird nunmehr wohl auch im Lichte des nicht gut verlaufenen Alarmtags im Jahr 2020 und der Hochwasserereignisse im Ahrtal und an der Erft im Sommer 2021 die Wiedereinführung von Sirenen als sinnvoll und erforderlich erachtet. Vor diesem Hintergrund wurde das derzeit vorliegende Förderprogramm für die Kommunen, die Gefahrenabwehrbehörden sind, auf den Weg gebracht.
Die Verwaltung empfiehlt daher, in Abhängigkeit von einer Förderzusage aus dem „Sonderförderprogramm Sirenen“ bis zu 10 Sirenen im Stadtgebiet an dafür geeigneten Standorten zu errichten. Sollte die Betriebsbereitschaft der geförderten Sirenen bis zum 31.12.2022 nicht gegeben und das Förderprogramm nicht verlängert worden sein oder keine Firma in der Lage sein, den Auftrag durchzuführen, wäre seitens der Hauptausschusses und des Stadtrats nochmals darüber zu beraten, ob die Beschaffung aus eigenen finanziellen Mitteln dennoch vorangetrieben oder vielmehr die Neuauflage eines Förderprogramms abgewartet werden soll.