Entwicklung des Areals "Neue Werft" an der Schiffswerfte auf der Insel


Daten angezeigt aus Sitzung:  3. Sitzung des Bau- und Umweltausschusses, 05.07.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Bau- und Umweltausschuss (Stadt Lindau) 3. Sitzung des Bau- und Umweltausschusses 05.07.2021 ö beschließend 8

Sachverhalt

Auf der Insel wird im Bereich der Schiffswerfte der Neubau einer Werfthalle für den LSC an­gestrebt. Hierzu wurde durch den Architekten eine Ideenskizze für das Fl.-Nr. 88, Ge­mar­kung Lindau, vorgelegt (siehe Anlage Lageplan).

Innerhalb des Flurstücks Nr. 88, Gemarkung Lindau, wird eine Teilfläche von ca. 2.000 m² durch den LSC genutzt. Für diese Fläche besteht derzeit ein Pachtvertrag. 

Das neue Gebäude soll an dem Standort der ehemaligen Werfthalle, welche in den 1960er Jahren abgebrochen wurde, errichtet werden. Das Raumprogramm muss im weiteren Pro­zess abgestimmt werden. Zudem werden in der Skizze (Lageplan) Aussagen über die öffent­liche Durchwegung und die Funk­tions­ver­bindung zwischen Werfhalle und Clubhaus sowie zur Anlieferung des Theaters/LSC ge­troffen. Die Freiflächen werden als Aktions­flächen für beispielsweise Sport, Theater und Musik näher beschrieben. Für das denk­mal­ge­schützte Gebäude ‚Schiffswerfte 4/4a‘ wird eine Umnutzung vor­ge­schlagen. Diese sieht die Nutzung Im Erdgeschoss durch das Stadttheater (z.B. für einen Werk­stattbühne oder eine Kinder- und Jugendtheater). Das Dachgeschoss könnte ebenfalls kulturelle Nutzungen beherbergen.

Fachliche Bewertung

  1. Allgemeine Lage und historische Entwicklung

Das Areal der Schiffswerfte befindet sich östlich des Hafens im südlichen Teil der Insel. Ur­sprüng­lich war der Bereich der heutigen Römerschanze eine separate Insel, die über einen Steig erreicht werden konnte. Im Zuge der Auffüllung des Geländes im 19. Jahrhundert ent­stand nördlich davon auch ein hofartiger, gewerblicher Hafenbereich.
Ausschnitt aus einer Stadtansicht von 1886 mit dem ersten Baukörper der Schiffswerfte

1926/27 wurde dort das zuletzt bestehende Gebäude der eigentlichen Schiffswerfte gebaut. Es hatte folgende Abmessungen: 70 m x 20 m und eine Traufhöhe von ca. 11 m. Es beher-bergte eine Halle zum Bau und Reparatur von Schiffen und Nebenräume. 
 
Ansicht des 1962 abgebrochenen Baukörpers (Foto Karl Schweizer/DB Museum Nürnberg)

Es bestand bis 1962. In den Folgejahren wurden auch weitere Gebäude der Werft abgebro-chen und durch eine öffentliche Grünanlage ersetzt. Verblieben sind heute nur der Kran und die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude des ehemaligen Dienstwohngebäudes (Schiffswerfte 2) und die ehemaligen Werkstattgebäude (Schiffswerfte 4/4a). 



  1. ISEK

Im Rahmenplan des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes 2030 liegt der Bereich der Schiffs­werfte innerhalb des Projektpunktes „Regionalgartenschau“. Das damalige Maß­nahmenkonzept für die Regionalgartenschau „Natur in der Stadt“ umfasst eine Auf­wertung des bestehenden Inselrundweges indem die Parks, Schanzen und Uferwege weiter­ent­wickelt werden. Eine qualitative und funktionelle Aufwertung ist vorgesehen.

Ein weiterer Baukörper im Bereich des Werfthafens ist im ISEK nicht vorgesehen, die Flächen werden als öffentliche Grünfläche dargestellt, welche im Gesamtstädtischen Frei­raum­konzept weiter definiert wird.

  1. Grünordnung

Das Gesamtstädtische Freiraumkonzept 2030 stellt für die Insel einen Ring aus Insel­gärten („Rund um die Insel“) dar, durch den das Profil der Insel Lindau als Gartenstadt ausdifferenziert werden soll. Neben der Entwicklung der Hinteren Insel sollen hierzu zum einen die vor­han­denen Schanzen, Uferwege und Parkflächen des Inselrundwegs an Qualität gewinnen und zum anderen weitere nutzbare Grünflächen realisiert werden. 

Im Bereich der Schiffswerfte ist im Dauerkonzept „Schauen, Flanieren und Promenieren“ vor­gesehen. Der Erhalt und die Schaffung von Ruhe- und Aussichtsplätzen sowie die Stärkung der Blickbeziehungen auf See und Berge werden als Ziel genannt. Die unterschiedlichen Teilbereiche sollen hierbei verschiedenen Aufgaben wie beispielsweise Sport, Spiel und Bewegung nachgehen. Demensprechend ist es notwendig im Bereich des Werft- bzw. Segelhafens hier die öffentliche Zugänglichkeit, die Aufenthaltsqualität und die Funktionalität der Flächen zu bewerten.

Die vorgelegte Ideenskizze zeigt auf, dass durch den Abbruch des Anbaus an das Gebäude ‚Schiffswerfte 4/4a‘ eine zusätzliche öffentliche Durchwegung geschaffen wird. Eine große Frei­fläche für Sport und Kultur bleibt nördlich der neuen Werfthalle erhalten. Bestehen bleibt aller­dings auch die Abstellfläche für Boote des LSC. Diese sollte im Zuge der Neuordnung des Areals zugunsten einer besseren öffentlichen Durchwegung und der Schaffung von neuen Grünflächen verlagert werden. Hierdurch könnte eine bessere visuelle und funktio­nel­le Beziehung zur Römerschanze geschaffen werden. Ein möglicher Standort für die Ab­stell­fläche für Boote – der zu prüfen wäre – befindet sich neben dem Gebäude des staat­lichen Hoch­bauamts.

Eine zusätzliche Versiegelung erfolgt durch den Neubau nicht, da sich dieser auf bereits betonierten Flächen der alten Werftanlage befindet.

  1. Sanierungsgebiet

Das Areal „Neue Werft“ an der Schiffswerfte liegt innerhalb des festgesetzten Sanierungs­ge­bietes VII „Erweiterte Insel Lindau“.

Zu den Zielen des Sanierungsgebietes zählen neben der Modernisierung und Instand­setzung der Gebäude unter anderem auch die Entsiegelung und Begrünung der ge­bäudebezogenen Frei- bzw. Hofflächen sowie die Verbesserung von Grünflächen. Die Vorbereitende Untersuchung zum Sanierungsgebiet ist Inhalt deckungsgleich mit den Inhalten des ISEK und des parallel entwickelten gesamtstädtischen Freiraumkonzepts.

Den Zielen des Sanierungsgebietes wird mit dem Projekt „Neue Werft“ Rechnung getragen indem das Gebäude „Schiffswerft 4/4a“ einer neuen Nutzung zugeführt und saniert werden soll. Die Einbindung des öffentlichen Raumes in ein gesamtheitliches Freiraumkonzept Römerschanze – Segelhafen – Werfthafen wird als erforderlich gesehen, hierzu ist einen detaillierte Ausarbeitung notwendig.

Der Einsatz von kommunalen Fördermitteln müsste im Weiteren, nach Vorlage eines de­tail­lierten Konzeptes, geprüft und mit den möglichen Förderprogrammen abgeglichen werden. 

  1. Planungsrecht

Geplant ist der Neubau einer „neuen Werft“ mit einer Abmessung von 40 m x 20 m an der Stelle der ehemaligen Werfthalle, jedoch östlich und westlich jeweils eingekürzt. In drei Ebenen sind folgende Nutzungen vorgesehen: Hafenmeisterbüro, Versammlungs­raum/ Schul­ungsraum mit den nötigen Nebenräumen, Trainerbüro, Abstellen von Schlauchbooten, Jollen­liegeplätze und Winterabstellplätze für Yachten.

Das angefragte Areal liegt im Geltungsbereich der 11. Änderung „Art der baulichen Nutzung“ des Bebauungsplanes Nr. 86 „Altstadt“. Das Gebäude Schiffswerfte 4/4a ist dabei fest­ge­setzt als Mischgebiet, die umliegenden Grünflächen und Wege sind festgesetzt als öffentliche Grünflächen mit Zweckbestimmung Wassersport. Die Planungen zum Neubau eines Gebäudes wären demnach aus planungsrechtlicher Sicht nicht zulässig. Baurecht für einen Neubau ist damit nicht gegeben, ein Bauantrag bzw. Bauvorbescheid müsste abge­lehnt werden.

Ausschnitt aus der 11. Änderung des BP Nr. 86 „Altstadt“

Um die Planung umzusetzen, wäre aus planungsrechtlicher Sicht – die Zustimmung des Stadtrates vorausgesetzt – eine erneute Änderung des Bebauungsplanes erforderlich. Da es sich um ein privates Vorhaben handelt, sollte ein vorhabenbezogener Bebauungsplan mit Kostenübernahme aller Planungskosten sowie des erforderlichen naturschutzfachlichen Ausgleichs, der fachlichen Gutachten etc. durch den privaten Entwickler gewählt werden. Die Abt. Stadtplanung des Stadtbauamtes hat aktuell jedoch keine Personalkapazität ein derartiges Vorhaben zu begleiten.

Außerdem kann sich das Stadtbauamt einen nächsten Schritt grundsätzlich nur unter der Maßgabe eines Vorvertrages mit folgenden städtebaulichen Inhalt vorstellen:

  • Durchführen eines Architekturwettbewerbes durch den Bauträger unter Begleitung der Architektenkammer Bayern und des Gestaltungsbeirates, 
  • Finden einer geeigneten Ersatzfläche oder Ersatzmaßnahme für ein zu aktivierenden öffentliche Grünfläche als Gegenstück zum Entzug der öffentlichen Grünfläche,
  • Einhaltung der Baugestaltungssatzung der Stadt Lindau und
  • Einhaltung der Freiflächengestaltungssatzung der Stadt Lindau, jeweils ohne zu erteilende Ausnahmen.





  1. Erschließung

Die Erschließung würde unverändert über die Straße ‚Schiffswerfte‘ erfolgen. Die be­stehenden Stellplätze auf Fl.-Nr. 90/3, Gemarkung Lindau, bleiben erhalten. Weitere Stell­plätze sind zugunsten des öffentlichen Raumes nicht vorgesehen.

Die notwendigen Stellplätze sind noch zu prüfen und in das gesamtstädtische Parkraum- und Erschließungskonzept einzubinden.

  1. Weitere Schritte

Der Lindauer Seglerclub (LSC) hat signalisiert, dass wegen der hohen Investitionen zunächst eine grundsätzliche Entscheidung der Stadtrates bzw. der Stadtverwaltung erbeten wird. „Im nächsten Schritt würde dann der LSC darüber entscheiden, ob er das Projekt „Neubau Werft-halle“ umsetzen möchte oder die bestehende Liegenschaft Schiffswerfte 4/ 4a in Erbbaurecht nutzen möchte. Die Entscheidung wird sich nach der Summe unterschiedlicher Kriterien richten, z.B. Funktionen, Kosten und Finanzierung, Zeitbedarf, Identität für den LSC und für die Stadt usw.“  

Eine Prüfung der Eigentumsverhältnisse ist noch nicht erfolgt. Eventuell kann das Teilstück von der Stadt Lindau an den LSC veräußert oder verpachtet werden. Auch hierzu ist eine weitere Ausdifferenzierung des Konzeptes und weitere Abstimmung mit der Kämmerei notwendig. 


Vor diesem Hintergrund könnte der Bauausschuss folgende Vorgehensweisen beschließen:

  1. Der städtische Bau- und Umweltausschuss empfiehlt dem Stadtrat für die vorliegende Planung des Areals „neue Werft“ im Bereich der Schiffswerfte die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu beschließen. 

  1. Die Zustimmung zum Bauvorhaben bleibt einem aussagekräftigen Vorhaben- und Erschließungsplan vorbehalten. 

oder:

Der städtische Bau- und Umweltausschuss lehnt das Bauvorhaben „Neue Werft“ ab.
 

Beschluss

Der Bau- und Umweltausschuss stimmt dem Vorhaben grundsätzlich zu. Vor einer Aussage zu einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan sind im Besonderen die Höhen des Bauvorhabens und die Bürgerbeteiligung zu klären.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 1

Datenstand vom 16.09.2021 14:34 Uhr