Daten angezeigt aus Sitzung:
8. Sitzung des Stadtrates, 24.06.2021
Beratungsreihenfolge
Sachverhalt
Vorbemerkung
Eine gute Gestaltung von Grün- und Freiflächen dient einem qualitätsvollen Stadtbild und der Aufenthalts- und somit Lebensqualität der Bewohner. Durch die gesetzlich geforderte Nachverdichtung werden immer mehr Gartenflächen bebaut und Wohn- und Gewerbebauten nicht ausreichend begrünt oder gänzlich ohne „grünen Rahmen“ errichtet. Hiervon sind oft Bereiche betroffen, die an den öffentlichen Raum angrenzen. Eine mangelnde Durchgrünung führt zu einer Verödung des Stadtbildes. Auch aus Sicht des Klimaschutzes, der Artenvielfalt und der Schutzgüter Boden und Wasser ist diese Entwicklung von Nachteil.
Die Corona-Krise hat uns vor Augen geführt, welch hohe Bedeutung das Grün in der Nähe der Wohnung hat. Insbesondere in verdichteten Stadtteilen (z.B. mit Geschosswohnungsbau ohne Garten) ist es für das Wohlbefinden und den Gesundheitsschutz sehr wichtig, einen Freiraum mit Spielräumen für Kinder zu haben, den die Menschen schnell erreichen können.
- Rechtsgrundlagen
Die wesentlichen Rechtsgrundlagen für Vorhaben im besiedelten Bereich bilden das Baugesetzbuch (BauGB) und die Bayerische Bauordnung (BayBO).
In Bebauungsplänen werden im Sinnes des Schutzes der natürliche Ressourcen regelmäßig Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 (20) oder (25) BauGB getroffen. Diese Paragraphen beinhalten Festsetzungen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft sowie Maßnahmen zum Erhalt von Bäumen, Sträuchern, sonstigen Bepflanzungen oder Gewässern oder zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern oder sonstiger Bepflanzung. Diese Festsetzungen greifen im Innenbereich nach § 34 BauGB nicht.
Innerhalb der bebauten Ortsteile gilt § 34 BauGB. Danach muss sich ein zulässiges Vorhaben u.a. mit der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll einfügen, und das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
Gemäß BayBO, Art. 7 (1) sind nicht überbaute Flächen der bebauten Grundstücke i.d.R. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen und bepflanzen.
Gemäß BayBO Art. 81 können die Gemeinden durch Satzung örtliche Bauvorschriften erlassen. Inhalte können u.a. sein: die Erhaltung und Gestaltung des Ortsbildes, die Begrünung von Gebäuden, Kinderspielplätze (Lage, Größe, Ausstattung etc.), die Gestaltung und Bepflanzung der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke sowie Einfriedungen (Art, Gestaltung, Höhe). In Gebieten, in denen es u.a. für das Straßen- und Ortsbild erforderlich ist, kann geregelt werden, dass auf den nicht überbauten Flächen der bebauten Grundstücke Bäume nicht beseitigt oder beschädigt werden dürfen.
In der Stadt Lindau (B) liegt eine Freiflächengestaltungssatzung aus dem Jahre 1998 vor.
- Bestehende Beschlüsse
Mit Beschluss des Bau- und Umweltausschusses vom 09. Dezember 2019 wurde die Verwaltung beauftragt, die bestehende Freiflächengestaltungssatzung zu überarbeiten. Vorausgegangen war u.a. ein Antrag der Bunten Liste, der z.B. die Anlage von Vegetationsflächen auf nicht baulich genutzten Freiflächen sowie den Ausschluss reiner Stein- und Kiesgärten fordert (siehe auch Anlage 3).
Die bestehende Satzung stammt aus dem Jahre 1998 und wurde seither nicht mehr überarbeitet. Sie ist nicht mehr zeitgemäß.
Fachliche Bewertung
- Anlass des Neuerlasses der Satzung
Der zunehmende Druck Freiflächen im besiedelten Bereich zu bebauen oder nach zu verdichten, macht eine Erneuerung der Freiflächengestaltungssatzung notwendig. Im Hinblick auf eine hochwertige grüne Gestaltung des Freiraums, den Erhalt der Vielfalt von Lebensstätten und Arten im Siedlungsraum sowie dem Schutz Klima, Boden und Wasser sind die Inhalte der bestehenden Satzung nicht mehr ausreichend. Deswegen sind Überarbeitungen vorzunehmen und zusätzliche Regelungsinhalte zu definieren. (siehe Anlage 2 - Begründung)
Um den Prozess der Nachverdichtung verträglich - auch für das Grün - zu gestalten, fordert die Verwaltung bereits seit Frühjahr 2018 bei Bauvorhaben im Innenbereich ab fünf Wohneinheiten und bei sonstigen Bauvorhaben im Bedarfsfall (z.B. bei wertvollem Baumbestand) auf freiwilliger Basis einen Freiflächengestaltungsplan zu den Planunterlagen. Dieser dient dazu, die gestalterische und ökologische Qualität im Innenbereich zu sichern.
Die neue Freiflächengestaltungsatzung regelt die Außenraumgestaltung für das gesamte Stadtgebiet für den besiedelten Bereich. Sie ist auch Maßgabe für die Festsetzungen in zukünftigen Bebauungsplänen. Die neue Satzung gibt vor, dass ein Freiflächengestaltungsplan für alle Bauvorhaben ab fünf Wohneinheiten, bei gewerblichen Bauten sowie bei Vorhaben mit wertvollem Gehölzbestand verpflichtend wird. Der Freiflächengestaltungsplan muss dabei gewissen Vorgaben genügen. So müssen Angaben gemacht werden zum Umgriff des Bauvorhabens und Baugrundstücks, zum vorhandenen Baumbestand, zum Schutz der Bäume während der Baumaßnahme, zur Abgrenzung und Art der geplanten Pflanzungen (Bäume, Sträucher, sonstige Vegetationsflächen), zur Einfriedung, zur Dach- und Fassadenbegrünung (Art der Begrünung und Pflanzenauswahl), zu den Belagsarten für Wege, Zufahrten und Stellplätze, zum Kinderspielplatz (Beschaffenheit und Ausstattung) und zu beabsichtigten Veränderung des ursprünglichen Geländeniveaus.
- Ziele der Satzungsänderung
Die Satzung hat den Erhalt und die Entwicklung des grünen Freiraumes innerhalb des bebauten Raumes zum Ziel. Das Grün soll, auch in Bereichen mit hoher Baudichte, als gestalterisches Element gestärkt werden, das auch für die Artenvielfalt und den Klimaschutz eine große Bedeutung hat.
Wertvolle, vorhandene Gehölzbestände sollen einen besseren Schutz erfahren bzw. ersetzt werden, wenn ein Verlust unumgänglich ist. Der Stellenwert der Bäume wird gestärkt.
- Zusammenfassung / Fazit
Die neue Freiflächengestaltungssatzung wird nötig, da in der bestehenden Satzung Regelungsinhalte fehlen. Sie schreibt für künftige Bauvorhaben eine angemessene Begrünung und Gestaltung der unbebauten und unterbauten Flächen vor. Zum Nachweis hierfür wird in bestimmten Fällen auch die Vorlage eines Freiflächengestaltungsplanes notwendig.
Die neue Satzung wird zu einer Verbesserung des Freiraumes und Grüns in der Stadt führen und so das Grün in der „Gartenstadt“ Lindau insgesamt stärken.
Diskussionsverlauf
Stadtrat Prof. Dr. Schöffel spricht sich gegen eine Regulierungsflut aus.
Für Stadtrat Hummler ist die Satzung zielführend.
Dem schließt sich Stadtrat Brombeiß an.
Stadtrat Müller bemängelt, dass an den Kreisverkehren am Aeschacher Markt überall Kieselsteine mit Folien und Löchern angebracht sind. Das kann er nicht nachvollziehen. Privatpersonen soll dies verboten werden, aber der GTL soll hier seiner Meinung nach der Pflegeaufwand begrenzt werden.
Oberbürgermeisterin Dr. Alfons antwortet, dass es sich hier nicht um Straßenbegleitgrün handelt, sondern um Verkehrsflächen, über die teilweise auch LKWs fahren. Daher wurden diese Flächen so gestaltet.
Frau Hutner ergänzt, dass diese Flächen nicht mit Vorgartenzonen vergleichbar sind, es sich hierbei aber dennoch um ökologisch wertvollere Flächen handelt, als um reine Schotterflächen, welche keinen positiven Effekt auf das Mikroklima haben. Sie gibt zu, dass diese Flächen am Aeschacher Kreisel zu Beginn mager aussahen, nun aber durch das Bodensubstrat gut angewachsen sind.
Beschluss
Der Stadtrat beschließt den Erlass der als Anlage beigefügten „Satzung der Stadt Lindau (Bodensee) über die Gestaltung und Ausstattung der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke und über die Begrünung baulicher Anlagen und den Schutz von Bäumen (Freiflächengestaltungssatzung)“ (Anlage 1).
Abstimmungsergebnis
Dafür: 29, Dagegen: 0
Datenstand vom 07.07.2021 10:16 Uhr