Bodensee-Fahrradstraße - Variantenentscheidung Bregenzer Straße


Daten angezeigt aus Sitzung:  5. Sitzung des Werkausschusses GTL, 11.11.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Werkausschuss Garten- und Tiefbaubetriebe Lindau (Stadt Lindau) 5. Sitzung des Werkausschusses GTL 11.11.2021 ö beschließend 9

Sachverhalt

Der Bodenseeradweg ist einer der beliebtesten Radwege Mitteleuropas. Mit ca. 273 Kilometer umrundet der Bodenseeradweg fast durchwegs in Ufernähe den gesamten Bodensee. Ziel dieses Vorhabens ist die Aufwertung von insgesamt 3,0 km innerstädtischer Straßen und die Einrichtung von sogenannten Fahrradstraßen. 

Der Werkausschuss hat in seiner Sitzung vom 18.05.2021 den Planungsbeschluss für den Abschnitt Bregenzer Straße gefasst. In der Sitzung wurde die Forderung gestellt, zwei Varianten, einmal mit und einmal ohne Längsstellplätze zu erstellen. Dem sind die Garten- und Tiefbaubetriebe Lindau (GTL) nachgekommen und haben zwei Planungen erstellt. 

Fachliche Bewertung

Eine Fahrradstraße ist eine für den Radverkehr vorgesehene Straße. Sie soll die Attraktivität des Radverkehrs steigern und Vorteile gegenüber dem Kraftfahrzeugverkehr schaffen. In Fahrradstraßen können, wenn dies (wie vorliegend beabsichtigt) durch Zusatzzeichen erlaubt ist, auch Kraftfahrzeuge fahren. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 30 km/h. Durch die Markierung und Beschilderung wird die Besonderheit der Fahrradstraße für alle Verkehrsteilnehmer erkennbar.

Das Projekt wird mit insgesamt 80 % auf die förderfähigen Kosten bezuschusst. Für die Stadt Lindau bietet die Förderzusage die einzigartige Möglichkeit, die beiden wichtigen Themen „Straßenerhaltung“ und „Radverkehrsförderung“ zu verbinden. Einerseits würde man den Radverkehr fördern, andererseits den Investitionsstau im Straßenbau reduzieren. 

        1. Planungsziele

Durch den Ausbau zu Fahrradstraßen soll die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer verbessert werden. Zudem werden die Attraktivität und die Leistungsfähigkeit auf der wichtigsten Radhauptroute im Stadtgebiet gesteigert. Mit der attraktiven Straßenraumgestaltung werden das Mobilitätsangebot und die Aufenthaltsqualität für Radfahrer und Fußgänger deutlich verbessert und die baulichen Mängel im Straßenzustand behoben.

        1. Beschreibung der Maßnahme

Gemeinsam mit dem Büro Besch & Partner aus Feldkirch haben die GTL zwei Varianten für die Bregenzer Straße erstellt, die zur Diskussion gestellt werden sollen. 

In der Bregenzer Straße sind beidseitige Gehwege mit einer breite zwischen 2,30 m und 3,00 m vorgesehen. Im Bereich Europaplatz soll der Gehweg nicht hinter, sondern vor dem WC-Häuschen an der Kreisfahrbahn entlang Richtung Seebrücke geführt werden. Der bestehende und durch Wurzeln stark beschädigte Gehweg im Bereich der Bäume soll rückgebaut werden. Das Umfeld des wertvollen Baumbestands kann dadurch deutlich verbessert werden. 
In diesem Abschnitt soll die Fahrbahn der Fahrradstraße in einer Breite von 6,50 m ausgebaut werden. Die Breiten und Radien der Ein-/ Ausfahrten zum Kreisverkehr Europaplatz sollen deutlich reduziert werden, so dass der verkehrsberuhigte Charakter der Fahrradstraße durch die bauliche Gestalt der Verkehrsanlage verdeutlicht wird. Dennoch wird die Straßenraumgestaltung so sein, dass weiterhin eine redundante Zufahrt zur Lindauer Insel über die Ladestraße für alle Verkehre erhalten bleibt. Eine Netzdurchtrennung auf Höhe des Getränkemarktes ist nicht vorgesehen, um weiterhin eine zweite Zufahrt auf die Insel zu erhalten, welche nicht auf den stauanfälligen Kreisverkehr in der Kolpingstraße angewiesen ist.
Wo es die verkehrlichen Belange erlauben, sollen die Verkehrsnebenflächen als Grünflächen gestaltet und aufgewertet werden. Durch die attraktive Gestaltung soll auch der Bedeutung dieser wichtigen Verkehrsachse für Fußgänger und Radfahrer Rechnung getragen werden. Für die Umsetzung der Maßnahme sind keine Baumfällungen notwendig. An einigen Bäumen kann durch Entsiegelung das Baumumfeld verbessert werden. Im Zuge der Baumaßnahme wird auch die Straßenbeleuchtung erneuert.

Wie oben bereits erwähnt, hat der GTL-Werkausschuss die Erarbeitung von zwei Varianten, einmal mit und einmal ohne Pkw-Stellplätze gefordert. Dieser Forderung sind die GTL nachgekommen. Mit Ausnahme der Straßenverkehrsbehörde haben sich alle fachlich am Projekt Beteiligten gegen die Anordnung von Stellplätzen ausgesprochen. Vor allem die Feuerwehr hatte im Sommer 2021 erhebliche Probleme, da durch die bestehenden Längsstellplätze ein hohes Park-Such-Verkehrsaufkommen zu beobachten war. Auch die Anwohner haben sich gegen die Parkplätze ausgesprochen. Da sowieso „nur“ 11 Stellplätze umsetzbar wären, empfiehlt die GTL auf die Stellplätze zu verzichten. 

        1. Projektablauf/ -beteiligte

Im Planungsprozess eingebunden waren die Fachabteilungen der GTL, die Feuerwehr, die Polizei, die Straßenverkehrsbehörde, die Stadtwerke Lindau, die Liegenschaftsabteilung, der Mobilitätsbeauftragte, die Stadtverkehr Lindau sowie die Stadtplanung. 

Nach Beschluss durch den Werkausschuss soll in einer der nächsten Sitzungen des Stadtrates der Baubeschluss gefasst werden. Die Ausführung soll aus finanziellen Gründen erst ab Frühjahr 2023 erfolgen. 

        1. Kosten und Finanzierung

Die Kostenschätzung für den Abschnitt der Bregenzer Straße liegt nach wie vor bei ca. 825.000 € brutto. Die Förderquote beträgt rund 67 % der Gesamtkosten. 

        1. Zusammenfassung / Fazit

Aus Sicht der GTL sollte sich aus verkehrlicher Sicht für die Variante ohne PKW-Stellplätze ausgesprochen werden. Durch die bauliche Umgestaltung dieses Streckenabschnittes wird eine erhebliche Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und der Verkehrssicherheit erzielt und ein wichtiger Beitrag zur Mobilitätswende erbracht.

Diskussionsverlauf

Die Mitglieder des Werkausschusses verzichten auf einen Sachvortrag.
Stadtrat  M ü l l e r   spricht sich gegen die Verlegung des Gehwegs an den Fahrbahnrand aus. Zudem ist er für die Errichtung von mehr als 11 Pkw-Stellplätzen im Straßenraum der neuen Straße. Berichterstatter   H u m m l e r   erläutert noch einmal die Vorteile der geplanten Wegeführung (Flächenentsiegelung im Park, Verbesserung Baumumfeld des wertvollen Altbaumbestands, Erhöhung des Sicherheitsgefühls für Fußgänger auch bei Nacht).

Stadtrat   S t r a u ß   nimmt auf die Äußerung von Stadtrat   M ü l l e r   Bezug und spricht sich gegen die Integration von Pkw-Stellplätzen aus. Er begründet dies mit der Vermeidung von Parksuchverkehr in der Fahrradstraße sowie den damit einhergehenden Verkehrsbehinderungen und Gefahren. 
Stadtrat   G e b h a r d   hat zwei Rückfragen. Zum einen möchte er wissen, welche Abteilungen am Prozess beteiligt waren. Zum anderen interessiert ihn, wie man mit der Situation umgehen wird und ob das bedeutet, dass alle Verkehrsteilnehmenden umdrehen müssen? Berichterstatter   H u m m l e r   antwortet auf die erste Frage, dass ausschließlich die Straßenverkehrsbehörde dagegen ist, da sie grundsätzlich befürwortet, Parkplätze zu schaffen. Auf die zweite Frage von Stadtrat   G e b h a r d   antwortet Berichterstatter   H u m m l e r, dass die Straße als Fahrradstraße ausgewiesen wird und daher dort dann auch keiner Parkplätze sucht. 
Bürgermeister   H o t z   merkt an, dass zwei Varianten geplant wurden, eine mit Stellplätzen entlang der Fahrradstraße und eine ohne Stellplätze. Aktuell sind etwa 30 Stellplätze in diesem Bereich der Bregenzer Straße vorhanden. Die Variante mit Stellplätzen sollte so geplant werden, dass diese möglichst nicht vom Europaplatz aus einsehbar sind, um Ortsfremde nicht „anzulocken“. Bei der Umsetzung der Variante mit Stellplätzen würde sich die Zahl der Stellplätze in der Nähe der Stadtverwaltung erhöhen. 
Stadtrat   K a i s e r   vertritt die Auffassung, dass eine Fahrradstraße auch eine Fahrradstraße sein muss, in der es dann auch keine Parkplätze gibt. Zudem ist er der Auffassung, dass über das Thema Netzdurchtrennung nicht im GTL-Werkausschuss beraten werden sollte. Er hält auch eine Beteiligung der PI und der weiteren Fachabteilungen in dieser Frage noch vor einer Entscheidung für dringend erforderlich. Die Beratung sollte, aufgrund der Zuständigkeit, dann danach im Hauptausschuss erfolgen. 

Bürgermeister   H o t z   stellt dar, dass der Stadtrat abschließend darüber entscheiden wird. Die Ladestraße ist jedoch eine sehr wichtige Notzufahrt für Rettungsfahrzeuge.

Stadtrat   F r e i b e r g   spricht sich auch gegen die Netzdurchtrennung aus und möchte, dass der Gehweg weiterhin nur im Toskanapark verläuft. 

Stadtrat   N ü b e r l i n   spricht sich für die Variante mit den 11 Stellplätzen aus. Erst nach Lösung der Frage zur zukünftigen Parkierungsanlage am Karl-Bever-Platz sollen diese entfallen. 

Stadtrat   M ü l l e r  spricht sich für die  im Park und in Form einer wassergebundenen Wegedecke aus. 

Berichterstatter   H u m m l e r   gibt zu bedenken, dass eine wassergebundene Wegedecke bei Schnee nur sehr schlecht geräumt werden kann, was im Übrigen auch für eine Wegeführung außen spricht. Zudem kostet eine wassergebundene Wegedecke 100 T€.

Stadtrat   B ü c h e l e  teilt die Bedenken der Verwaltung bzgl. des Wegs durch die Parkanlage. Die Probleme beim Winterdienst und der Schutz der alten Bäume sind für ihn ausschlaggebende Argumente für einen Verzicht auf den Weg durch den Park. 

Stadtrat   R e i c h   möchte neue Gefahrenpunkte für Radfahrer vermeiden und nimmt Bezug auf andere Radhauptrouten im Stadtgebiet, bei welchen über konfliktträchtige Kombinationen von Verkehrsarten diskutiert wurde, z. B. die Reisebusse in der Ladestraße oder der geplante neue Parkplatz für Tagesgäste auf dem ehemaligen Bauhofgelände.

Stadtrat   K a i s e r   stellt klar, dass der Beschluss des Stadtrates vom 10.11.21 zu den parkenden Bussen in der Ladestraße als Interimslösung in Ordnung ist. Der Beschluss des Werkausschusses hingegen ist eine dauerhafte Lösung. Früher war dieser Abschnitt eine Bundesstraße mit entsprechend breitem Querschnitt. Nun soll es eine Straße für Radfahrer und Anwohner sein. Daher muss der Querschnitt möglichst schmal geplant werden. 

Stadtrat   N ü b e r l i n   merkt an, dass die Umsetzung 2022/23 erfolgt, aber die Stellplätze benötigt werden, bis das Parkhaus am Karl-Bever-Platz fertig ist. 

Berichterstatter   H u m m l e r   stellt richtig, dass seine Aussage, dass eine wassergebundene Wege rund 100 T€ kostet, nicht ernst gemeint war und die Kosten sich eher auf einen niedrigen vierstelligen Betrag belaufen. 

Stadtrat   R e i c h   stellt klar, dass beim geplanten Querschnitt der Begegnungsverkehr Lkw/ Lkw möglich ist.

Bürgermeister H o t z   merkt an, dass die Straße nicht nächstes Jahr gebaut wird. 

Stadtrat   J ä g e r   beantragt, die Rednerliste zu schließen. Mit 11 : 2 Stimmen wird dem Antrag stattgegeben und die Rednerliste wird geschlossen.

Beschluss 1

Der Werkausschuss beschließt, dass die weiteren Planungen auf Basis der Variante mit 11 Pkw-Stellplätzen in der Bregenzer Straße durchgeführt werden sollen.  

Abstimmungsergebnis
Dafür: 9, Dagegen: 4

Beschluss 2

Der Werkausschuss beschließt, dass der Gehweg außen entlang der Fahrbahn geführt wird. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 7, Dagegen: 6

Beschluss 3

Der Werkausschuss beschließt, die Bregenzer Straße als redundante Zufahrt zur Insel zu erhalten und keine Netzdurchtrennung in der Ladestraße zu etablieren.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 11, Dagegen: 2

Datenstand vom 06.04.2022 11:46 Uhr