Bürgermeister Hotz teilt mit, dass Stadtrat Dr. Schöffel einen interfraktionellen Antrag gestellt hat, den einige Stadtratsmitglieder unterzeichnet haben. Aus Sicht der Verwaltung sei der am 25.05.2023 gefasste Stadtratsbeschluss richtig und besitze Gültigkeit. Eine Aussetzung dieses Beschlusses sei aus Sicht der Verwaltung nicht sinnvoll.
Stadtrat Schöffel möchte darauf hinweisen, dass die Unterlagen aus seiner Sicht bei der Beschlussfassung am 25.05.2023 lückenhaft gewesen seien und keine Bezugnahme auf die Grundsatzurteile des OLG München sowie die Leitlinien und Hinweise gegeben waren, welche für eine vernünftige Entscheidung nötig gewesen seien. Die Stellungnahme der Firma Sisswa entspreche aus seiner Sicht nicht den notwenigen Erfordernissen an ein Gutachten. Für solch eine Entscheidung muss aber auch die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit mit beachtet werden. Hierzu wäre ein Gutachten vom TÜV oder DEKRA zur Sicherheit sinnvoll. Er beantragt, den Vollzug des Beschluss vom 25.05.2023 vorläufig auszusetzen, eine erneute sachverständige Begutachtung zu beauftragen und nach Vorlage der Unterlagen erneut Beschluss zu fassen.
Stadtrat Reich teilt mit, dass dieser Punkt zum dritten Mal im Gremium ist und er hier eine namentliche Abstimmung beantragt.
Frau Halberkamp führt aus, dass die Rechtsabteilung immer darauf hingewiesen habe, wie es auch im Protokoll des Werkausschusses vom 08.05.2023 vermerkt sei, dass Mitglieder des Stadtrates, wenn sie gegen einen Beschlussvorschlag stimmen wollten, der auf gutachterlichen Feststellungen Sachverständiger beruhe, entweder eigene Expertise in diesem Bereich haben müssten oder entsprechende Expertise zu der Fragestellung durch sachverständige Stellen einholen müssten.
Insofern sei es grundsätzlich die richtige Vorgehensweise, die Ablehnung eines Beschlussvorschlages, der auf aufgrund gutachterlichen Feststellungen beruhe, mit dem Antrag auf ein Gegengutachten zu verbinden. Vorliegend käme das aber eher zu spät, da der Beschluss bereits im Werkausschuss vom 08.05.2023 bzw. in der Stadtratssitzung vom 25.05.23 gefasst worden sei und sich der Sachverhalt seitdem nicht verändert habe. Frau Halberkamp führt weiter aus, dass aus Sicht der Verwaltung keinerlei Zweifel an der einschlägigen Qualifikation von Herrn Ständer zur Begutachtung der Fragen der Verkehrssicherung der naturnahen Badestellen und Uferwege bestünde. Vielmehr sei er wohl ein Spezialist in diesem Bereich mit einer großen einschlägigen Erfahrung bzw Gerichtserfahrung.
Frau Halberkamp verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Ausführungen von Herrn Ständer in seiner Stellungnahme zu den Ausführungen im interfraktionellen Antrag.
Es gäbe mehrere Arten von Sachverständigen. Ausschließlich die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen würden einer Überprüfung ihrer Qualifikation unterzogen. Allerdings werde nur öffentlich bestellt und vereidigt, wenn es hierfür auch ein öffentliches Interesse gäbe, und der Recherche der Rechtsabteilung nach gebe es keinen öffentlich bestellten Sachverständigen konkret zum Thema naturnahe Badestellen und Uferwege. Vielmehr seien die Wege, die zu einer Badestelle hin oder wegführen oder am Ufer entlang dem Gesamtbereich „Sicherheit beim Baden und Schwimmen“ zuzuordnen. Hier gehe es um den Schutz vor Absturz ins Wasser oder Ertrinken (bzw. im Winter Schutz vor Absturz auf den Steinstrand) und nicht um Materialbeschaffenheit eines Handlaufes oder die Splitzusammensetzung eines Kiesweges, was nach DIN-Normen beurteilt werden könnte.
Auch die im Gutachten getroffenen Feststellungen gäben aus Sicht der Verwaltung keinen Anlass zu Zweifeln und seien aus Sicht der Verwaltung plausibel.
Die angewandten Vorschriften, sowie der durch die Rechtsprechung gegebene Rechtsrahmen sei nachvollziehbar durch die konkreten Vorschläge zu Maßnahmen umgesetzt worden. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang, dass das „juristische Normwerk“ zu diesem konkreten Bereich „Verkehrssicherung von naturnahen Badestellen und Uferwegen“ nicht besonders umfangreich sei, sondern dass man hier schnell auch zu den allgemeinen Regeln der Verkehrssicherung und der Haftungsvoraussetzungen bei einem Unterlassen kommen würde.
Die Verkehrssicherungspflicht erfordere regelmäßig den Schutz vor Gefahren, die über das übliche Risiko bei einer Benutzung öffentlich zugänglicher Bereiche und Anlagen hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und für ihn nicht ohne weiteres erkennbar sind.
Es handele sich immer um Einzelfallmaßnahmen. Hier müsse man versuchen im Vorfeld zu prüfen, wie eine gerichtliche Beurteilung aussehen würde.
Aus Sicht der Verwaltung formuliere das Gutachten auch eher Mindestanforderungen, wobei Frau Halberkamp betont, dass auch in der Verwaltung keine Experten zu diesem Thema sitzen würden, weshalb die Einholung des Gutachtens ja notwendig war.
Frau Halberkamp wies zudem darauf hin, dass auch der Aspekt der Wirtschaftlichkeit bedacht werden müssen, wenn ein neues Gutachten beauftragt würde.
Sollte der mit zeitlicher Verzögerung zur Beschlussfassung in der Stadtratssitzung vom 25.05.2023 gestellte Antrag eine Mehrheit bekommen, würde die Verwaltung im Benehmen mit der Oberbürgermeisterin sowie dem 2. Bürgermeister und der 3. Bürgermeisterin den Vorgang der Rechtsaufsichtbehörde mit der Bitte um Überprüfung vorlegen. Aus Sicht der Verwaltung kann nicht rechtssicher ausgeschlossen werden, dass ein Gericht strafrechtlich relevantes Verhalten und / oder eine zivilrechtliche Haftung annehmen würde, wenn sich bis zur Erstellung und dann verzögerten Umsetzung eines neuen Gutachtens ein Vorfall ereignen würde.
Diese Vorgehensweise sei aus Sicht der Verwaltung notwendig, um Mitarbeitende und Stadtratsmitglieder vor einer möglichen Haftung zu schützen.
Stadträtin Brombeis teilt mit, dass ein glaubhaftes Gutachten vorgelegt wurde und nicht nochmals über den gleichen Punkt abgestimmt werden sollte. Die Unterlagen der Rechtsaufsicht zur Einschätzung vorzulegen, würde sie unterstützen.
Stadtrat Jöckel teilt mit, dass Prüfung von der Gartenschau mit einbezogen werden hätte sollen, an welchen Stellen es Mängel und Gefahrenzonen gibt.
Stadtrat Schöffel teilt mit, dass der Punkt nochmals auf der Tagesordnung ist, dass das Urteil zum Badesee nicht auf die Lindauer Situation anwendbar sei. Kanzlei Kraft in München hätte hierzu sicher Ideen und Urteile abzugeben. Außerdem muss ein handfestes Gutachten der Entscheidung zugrunde liegen, damit hier richtig abgestimmt werden kann.
Stadträtin Dr. Lorenz-Meyer möchte die Selbstverantwortung bei den Bürgern lassen. Sie möchte kein neues Gutachten und teilt weiterhin mit, dass der Stadtrat seine Entscheidungen tragen muss.
Namentliche Abstimmung zu dem Antrag von Dr. Schöffel.