Kommunen sind gehalten für die tatsächliche Inanspruchnahme von öffentlichen Einrichtungen bzw. Leistungen von den Nutzern Gebühren zu verlangen, um die hierdurch entstehenden Kosten zu refinanzieren. Bei der Kalkulation der Gebühren ist das sogenannte Kostendeckungsprinzip zu berücksichtigen.
Die Abwassergebühr dient - ebenso wie der Kanalherstellungsbeitrag - zur Deckung der Kosten für den Betrieb und die Vorhaltung der öffentlichen Einrichtung Abwasseranlage, also des Klärwerks und Kanalnetzes der Stadt Lindau nebst allen hiermit verbundenen Aufwänden. Die Abwassergebühr wird pro m³ Frischwasserverbrauch erhoben.
Durch die Gebührenkalkulation Abwasserbeseitigung für die Haushaltsjahre 2023 – 2024 wird die Ermittlung der Gebührensätze für die Abwasserbeseitigung der veränderten Gesetzeslage, der weiterentwickelten Rechtsprechung und den spezifischen Veränderungen im Kostenbereich angepasst.
Dem Stadtrat soll zur Beschlussfassung über eine Gebührenanpassung eine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelte Gebührenbedarfsberechnung vorliegen. Die in der Gebührenkalkulation ermittelten Sätze stellen Obergrenzen dar, die nach Art. 8 Abs. 2 KAG Bayern nicht überschritten werden dürfen.
Nach ständiger Rechtsprechung muss dem Stadtrat bereits vor der Beschlussfassung über eine Gebührensatzung eine nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelte Gebührenbedarfsberechnung vorliegen.
Der Stadtrat hat im Rahmen einer solchen Gebührenkalkulation als satzungsgebendes Organ bestimmte Ermessens- und Prognoseentscheidungen zu treffen. Diese Entscheidungen sind gerichtlich dahingehend überprüfbar, ob das jeweilige Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde.
Der Stadtrat hat am 10.07.2014 beschlossen, dass die Kalkulation mit Abschreibungen auf Basis der Wiederbeschaffungszeitwerte berechnet wird. Die Berücksichtigung der höheren Abschreibungen gewährleistet die Refinanzierung zum Bedarfszeitpunkt und wirkt sich zudem positiv auf den Schuldenstand aus.
- Ermessensentscheidungen
Bei einer Gebührenkalkulation hat der Stadtrat Ermessensentscheidungen über folgende Punkte zu treffen:
- Verwaltungs- und Betriebsaufwand
Als laufende Kosten und Einnahmen der Abwasserbeseitigung liegen der Gebührenkalkulation für den zweijährigen Kalkulationszeitraum 2023 – 2024 die entsprechenden überarbeiteten Planansätze 2023 – 2024 (Erfolgsplan) sowie ergänzende Angaben der Verwaltung zugrunde.
- Abschreibungen
Durch die im Anlagenachweis gewählten Abschreibungssätze wurden aufgrund der Afa-Tabellen des Bundesfinanzministeriums die jährlichen Abschreibungen festgelegt. Die Abschreibungen wurden nach den zugrunde gelegten Abschreibungs- und Auflösungsbeträgen sowie Wiederbeschaffungszeitwerten ermittelt. Die Abschreibung nach den Wiederbeschaffungszeitwerten ist nach Art. 8 Abs. 3 KAG Bayern ausdrücklich zulässig.
- Kalkulatorischer Zins
In vorliegender Gebührenkalkulation wurde zur Kalkulation ein Mischzinssatz in Höhe von 1,92 % angesetzt. Dieser Zinssatz entspricht dem Aufwand für die tatsächlichen Fremdkapitalzinsen.
- Straßenentwässerungskostenanteil
Bei der Erhebung der Gebühren für die öffentliche Abwasserbeseitigung bleiben die Kosten für die Straßenentwässerung außen vor. Die Kosten werden geschätzt, da eine exakte Berechnung mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand nicht möglich ist. Diese Schätzung ist rechtlich anerkannt und es wird auf allgemeine Erfahrungswerte zurückgegriffen. Die zugrunde gelegten Prozentsätze zur Berechnung der jeweiligen Kostenanteile für die Straßenentwässerung wurden bereits durch die Stadt ermittelt und sind in der Gebührenkalkulation in Anlage V “Verteilerschlüssel“ aufgeführt.
- Kostenüber-/ Unterdeckungen
In der Gebührenkalkulation 2023 – 2024 wurde der Ausgleich (Verrechnung) der Unterdeckungen aus den Haushaltsjahren 2019 und 2020 berücksichtigt. Im Saldo ergibt sich in vorliegender Gebührenkalkulation somit ein zu verrechnender Betrag (Unterdeckung) in Höhe von 2.205.650 €.
Der Ausgleich der Unterdeckung aus dem Jahr 2019 wird beim Rechnungsergebnis 2023 vorgenommen. Der Ausgleich der Unterdeckung aus dem Jahr 2020 wird in der Gebührenkalkulation im Jahr 2024 berücksichtigt.
- Bemessungsgrundlagen
Als Verteilungsmaßstab für die Abwassergebühr wurde für den Kalkulationszeitraum 2023 – 2024 eine Abwassermenge von jährlich 1.700.000 m³ zugrunde gelegt.
- Gebührensatz
Die Gebührenobergrenze für den Kalkulationszeitraum 2023 – 2024 beträgt laut Gebührenkalkulation mit Berücksichtigung der Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten:
- ohne Verrechnung (Ausgleich) von Über-/Unterdeckungen aus Vorjahren:
für die Abwasserbeseitigung 3,90 €/m³
für das Einleiten von Wasser in die Schmutzwasserkanäle (SWK) 0,90 €/m³
für das Einleiten von Wasser in die Niederschlagswasserkanäle (NWK) 0,23 €/m³
- mit Verrechnung (Ausgleich) der Unterdeckungen aus den Haushaltsjahren 2019 und 2020:
für die Abwasserbeseitigung 4,55 €/m³
für das Einleiten von Wasser in die Schmutzwasserkanäle (SWK) 0,90 €/m³
für das Einleiten von Wasser in die Niederschlagswasserkanäle (NWK) 0,23 €/m³
Der bisherige Gebührensatz für die Abwasserbeseitigung beträgt 3,30 €/m³, bei reinem Wasser in den SWK 0,14 €/m³ und bei reinem Wasser in den NWK 0,01 €/m³.