Abwassergebührenkalkulation – Anpassung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Lindau


Daten angezeigt aus Sitzung:  11. Sitzung des Stadtrates, 29.11.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Stadtrat (Stadt Lindau) 11. Sitzung des Stadtrates 29.11.2023 ö beschließend 4

Sachverhalt

Kommunen sind gehalten für die tatsächliche Inanspruchnahme von öffentlichen Einrichtungen bzw. Leistungen von den Nutzern Gebühren zu verlangen, um die hierdurch entstehenden Kosten zu refinanzieren. Bei der Kalkulation der Gebühren ist das sogenannte Kostendeckungsprinzip zu berücksichtigen.   

Die Abwassergebühr dient - ebenso wie der Kanalherstellungsbeitrag - zur Deckung der Kosten für den Betrieb und die Vorhaltung der öffentlichen Einrichtung Abwasseranlage, also des Klärwerks und Kanalnetzes der Stadt Lindau nebst allen hiermit verbundenen Aufwänden. Die Abwassergebühr wird pro m³ Frischwasserverbrauch erhoben. 

Durch die Gebührenkalkulation Abwasserbeseitigung für die Haushaltsjahre 2023 – 2024 wird die Ermittlung der Gebührensätze für die Abwas­ser­beseitigung der veränderten Gesetzeslage, der wei­terentwickelten Rechtsprechung und den spezifischen Veränderungen im Kostenbereich angepasst.

Dem Stadtrat soll zur Be­schlussfassung über eine Gebühren­anpassung eine nach betriebswirtschaftlichen Grund­­sätzen ermittelte Gebührenbedarfs­berechnung vorliegen. Die in der Gebührenkalkulation ermittelten Sätze stellen Obergrenzen dar, die nach Art. 8 Abs. 2 KAG Bayern nicht überschritten werden dürfen. 

Nach ständiger Rechtsprechung muss dem Stadtrat bereits vor der Be­schlussfassung über eine Gebührensatzung eine nach betriebswirtschaftlichen Grund­­sätzen ermittelte Gebührenbedarfsberechnung vorliegen.

Der Stadtrat hat im Rahmen einer solchen Gebührenkalkulation als sat­zungs­­gebendes Organ bestimmte Ermessens- und Prognoseentscheidungen zu tref­fen. Diese Entscheidungen sind gerichtlich dahingehend überprüfbar, ob das je­weilige Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde.

Der Stadtrat hat am 10.07.2014 beschlossen, dass die Kalkulation mit Abschreibungen auf Basis der Wiederbeschaffungszeitwerte berechnet wird. Die Berücksichtigung der höheren Abschreibungen gewährleistet die Refinanzierung zum Bedarfszeitpunkt und wirkt sich zudem positiv auf den Schuldenstand aus.

  1. Ermessensentscheidungen

Bei einer Gebührenkalkulation hat der Stadtrat Ermessensentscheidungen über folgende Punkte zu treffen:

  1. Verwaltungs- und Betriebsaufwand
Als laufende Kosten und Einnahmen der Abwasserbeseitigung liegen der Gebührenkalkulation für den zweijährigen Kalkulationszeitraum 2023 – 2024 die entsprechenden überarbeiteten Planansätze 2023 – 2024 (Erfolgsplan) sowie ergänzende Angaben der Verwaltung zugrunde.

  1. Abschreibungen
Durch die im Anlagenachweis gewählten Abschreibungssätze wurden aufgrund der Afa-Tabellen des Bundesfinanzministeriums die jährlichen Abschreibungen festgelegt. Die Abschreibungen wurden nach den zugrunde gelegten Abschreibungs- und Auflösungsbeträgen sowie Wiederbeschaffungszeitwerten ermittelt. Die Abschreibung nach den Wiederbeschaffungszeitwerten ist nach Art. 8 Abs. 3 KAG Bayern ausdrücklich zulässig. 

  1. Kalkulatorischer Zins
In vorliegender Gebührenkalkulation wurde zur Kalkulation ein Mischzinssatz in Höhe von 1,92 % angesetzt. Dieser Zinssatz entspricht dem Aufwand für die tatsächlichen Fremdkapitalzinsen.

  1. Straßenentwässerungskostenanteil
Bei der Erhebung der Gebühren für die öffentliche Abwasserbeseitigung bleiben die Kosten für die Straßenentwässerung außen vor. Die Kosten werden geschätzt, da eine exakte Berechnung mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand nicht möglich ist. Diese Schätzung ist rechtlich anerkannt und es wird auf allgemeine Erfahrungswerte zurückgegriffen. Die zugrunde gelegten Prozentsätze zur Berechnung der jeweiligen Kostenanteile für die Straßenentwässerung wurden bereits durch die Stadt ermittelt und sind in der Gebührenkalkulation in Anlage V “Verteilerschlüssel“ aufgeführt.

  1. Kostenüber-/ Unterdeckungen
In der Gebührenkalkulation 2023 – 2024 wurde der Ausgleich (Verrechnung) der Unterdeckungen aus den Haushaltsjahren 2019 und 2020 berücksichtigt. Im Saldo ergibt sich in vorliegender Gebührenkalkulation somit ein zu verrechnender Betrag (Unterdeckung) in Höhe von 2.205.650 €.
Der Ausgleich der Unterdeckung aus dem Jahr 2019 wird beim Rechnungsergebnis 2023 vorgenommen. Der Ausgleich der Unterdeckung aus dem Jahr 2020 wird in der Gebührenkalkulation im Jahr 2024 berücksichtigt. 

  1. Bemessungsgrundlagen 
Als Verteilungsmaßstab für die Abwassergebühr wurde für den Kalkulationszeitraum 2023 – 2024 eine Abwassermenge von jährlich 1.700.000 m³ zugrunde gelegt. 

  1. Gebührensatz

Die Gebührenobergrenze für den Kalkulationszeitraum 2023 – 2024 beträgt laut Gebührenkalkulation mit Berücksichtigung der Abschreibungen nach Wiederbeschaffungszeitwerten: 

  1. ohne Verrechnung (Ausgleich) von Über-/Unterdeckungen aus Vorjahren:
       für die Abwasserbeseitigung                                                         3,90 €/m³
       für das Einleiten von Wasser in die Schmutzwasserkanäle (SWK)                0,90 €/m³
für das Einleiten von Wasser in die Niederschlagswasserkanäle (NWK)        0,23 €/m³

  1. mit Verrechnung (Ausgleich) der Unterdeckungen aus den Haushaltsjahren 2019 und 2020:
       für die Abwasserbeseitigung                                                         4,55 €/m³
für das Einleiten von Wasser in die Schmutzwasserkanäle (SWK)         0,90 €/m³
für das Einleiten von Wasser in die Niederschlagswasserkanäle (NWK)        0,23 €/m³

Der bisherige Gebührensatz für die Abwasserbeseitigung beträgt 3,30 €/m³, bei reinem Wasser in den SWK 0,14 €/m³ und bei reinem Wasser in den NWK 0,01 €/m³.

Fachliche Bewertung

Aufgrund der Corona-Pandemie, des Ukrainekrieges, der Inflation, der Preissteigerungen in der Bauwirtschaft, dem steigenden Zinsniveau und der Verteuerung im Bereich des Energiesektors ist eine Anpassung der Gebühren zwingend notwendig. Das KAG schreibt hierzu kostendeckende Entgelte vor. Vor allem nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ist die Erhöhung gerechtfertigt und erforderlich. Seitens der Garten- und Tiefbaubetrieben wird die Erhöhung nach Gebührenvariante b.) empfohlen.

Diskussionsverlauf

Stadtrat Reich dankt Frau Dr. Burghard für den guten Vortrag und ihre Arbeit. Er möchte zudem wissen, ob die Gebühren auch für Gemeinden außerhalb des Stadtgebiets gelten.

Herr Heyder verneint dies. 

Stadtrat Brombeiß spricht sich für mehr Förderungen des Freistaates aus, da dieser immer mehr Vorgaben mache. Er bittet darum, diesen Appell der Stadt Lindau nach München zu senden. 

Stadträtin Rundel schließt sich dem Dank an. Dennoch ist für sie die Erhöhung eine Hausnummer. 

Stadtrat Fehrer findet den Sprung auch sehr hoch und möchte künftig jährlich Erhöhungen. 

Beschluss

  1. Dem Stadtrat liegt die Gebührenkalkulation Abwasser­be­sei­ti­gung für den zweijährigen Kalkulationszeitraum 2023-2024 vollständig vor. Der Stadtrat macht sich den Inhalt der Kalkulationen einschließlich des Erläuterungstextes und der Verteilerschlüssel zu Eigen und beschließt sie komplett.

Er bestätigt die dort vorgenommenen Ermessens- und Prognoseentscheidungen und beschließt diese ausdrücklich.

Insbesondere werden folgende Festlegungen getroffen:

  1. Die der Gebührenkalkulation zugrunde gelegten Abschreibungs- und Auflösungsbeträge sowie Restbuchwerte als Grundlage zur Berechnung der kalkulatorischen Verzinsung werden aus den fiktiv auf 2023 und 2024 fortgeschriebenen Anlagenachweisen der Stadt übernommen. Es werden die Abschreibungen aus den Wiederbeschaffungszeitwerten angesetzt.

  1. In der Gebührenkalkulation werden kalkulatorische Zinsen nach der Restwertmethode in Ansatz gebracht. Der kalkulatorische Mischzinssatz wird dabei auf 1,92 % fest­gesetzt.

  1. Die Kosten für die Straßenentwässerung bleiben bei der Berechnung des gebührenrelevanten Aufkommens unberücksichtigt.

  1. Der Stadtrat beschließt als Bemessungsgrundlage für die Abwasserbeseitigung bzw. Abwassergebühr für den Kalkulationszeitraum 2023-2024 eine jährliche Abwassermenge von 1.700.000 m³.

  1. Der Stadtrat beschließt die Festsetzung der Straßenentwässerungskostenanteile in Höhe der in Anlage V “Verteilerschlüssel“ (Seite 16) der Gebührenkalkulation aufgeführten entsprechenden Prozentsätze.

  1. Der Stadtrat entscheidet sich für die Gebührenvariante 
  1. „mit Verrechnung (Ausgleich) der Unterdeckungen aus den Haushaltsjahren 2019 und 2020.“ Die Verrechnung der Unterdeckung aus dem Jahr 2019 erfolgt mit der Abrechnung des Jahres 2023. Die Unterdeckung des Jahres 2020 wird im Rahmen der Gebührenfestsetzung für 2024 vorgenommen.


  1. Der Stadtrat beschließt aufgrund der Gebührenvariante b.) „mit Verrechnung (Ausgleich) der Unterdeckungen aus den Haushaltsjahren 2019 und 2020.“ die Zweite Satzung zur Änderung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Lindau (BGS/EWS) vom 29.05.2020 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 07.12.2020:

vom…

Aufgrund der Art. 5, 8 und 9 des Kommunalabgabengesetzes erlässt die Stadt Lindau (Bodensee) folgende Satzung zur Änderung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Lindau (BGS/EWS) vom 29.05.2020 in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 07.12.2020:

§ 1

§ 10 Abs. 1 Satz 2 wird wie folgt neu gefasst:

Die Gebühr beträgt ab den 01.01.2023 pro Kubikmeter Abwasser 4,55 €/m³.

§ 10a Abs. 2 Satz 1 wird wie folgt neu gefasst:

Die Gebühr für die Einleitung von reinem Wasser beträgt ab den 01.01.2023 pro Kubikmeter Abwasser 0,90 €/m³.

§ 10a Abs. 2 Satz 2 wird wie folgt neu gefasst:

Die Gebühr für die Einleitung von reinem Wasser welches nicht der Kläranlage zugeleitet wird, beträgt ab den 01.01.2023 pro Kubikmeter Abwasser 0,23 €/m³.

§ 2

Diese Satzung tritt am 01.01.2023 in Kraft.

Lindau (B), den ………………
Stadt Lindau (Bodensee)


Dr. Claudia Alfons
Oberbürgermeisterin

Abstimmungsergebnis
Dafür: 25, Dagegen: 1

Dokumente
STR-2023-11-29-TOPNÖxx-Kostenunterdeckung Abwassergebühren_Anlage (.pdf)
STR-2023-11-29-TOPÖ4-Abwassergebührenkalkulation_Präsentation (.pdf)

Datenstand vom 27.02.2024 15:41 Uhr