Konsolidierung des Haushaltes der Stadt Lindau (B) - Weiteres Vorgehen


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Sitzung des Finanzausschusses, 14.03.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Finanzausschuss (Stadt Lindau) 2. Sitzung des Finanzausschusses 14.03.2023 ö beschließend 3

Sachverhalt

Im Rahmen der Aufstellung des Haushaltes 2023 wurde immer deutlicher, dass die finanziellen Möglichkeiten der Stadt Lindau (B) begrenzt sind. So sind wichtige Investitionen wie die in die Grund- und Mittelschulen, für die ein breiter Konsens herrscht, finanziell derzeit nicht seriös darstellbar. Ursachen für die stark eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten der Stadt sind neben den allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die spezifischen Herausforderungen der Stadt Lindau (B), die in den Beratungen zum Haushalt 2023 ausführlich aufgezeigt worden sind.

Haushalt 2023
Der Haushalt 2023 konnte nur unter Berücksichtigung schnell wirkender Konsolidierungsmaßnahmen und einer strengen Priorisierung der Investitionen ausgeglichen werden. Jedoch wurden viele notwendige Investitionen lediglich aufgeschoben. Eine tatsächliche, langfristige, notwendige und nachhaltige Entlastung konnte damit nur in ersten kleinen Ansätzen erzielt werden. Nach wie vor kann die Gesamtheit der bereits gefassten Stadtratsbeschlüsse mit den gegenwärtigen finanziellen Möglichkeiten der Stadt nicht realisiert werden.

Für die Jahre 2024 bis 2026 zeichnet sich ein Konsolidierungsbedarf von jährlich bis zu 500.000 Euro ab, der im Finanzplan zunächst „rechnerisch“ über eine Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B gedeckt wurde. Die Planung enthält noch keine weiteren Ansätze für Investitionen im Bereich „aufschiebbarer“ Pflichtaufgaben und freiwilliger Leistungen.

Die Gesamtverschuldung der Stadt wird sich zum Ende des Jahres 2023 auf 124,5 Mio. Euro belaufen, wovon rd. 70 Mio. Euro auf den Kernhaushalt entfallen werden. In den Jahren bis 2026 ist zudem jeweils mit einer Netto-Neuverschuldung zu rechnen, was bei einem weiteren Anstieg des Zinsniveaus zusätzliche Belastungen mit sich bringen wird und die finanziellen Möglichkeiten der Stadt weiter einschränkt.

Projekt Mittelschule
Die Gesamtkosten für den Bau einer Mittelschule sind weiterhin nicht seriös im Haushalt darstellbar. Der Finanzausschuss hat in den Haushaltsberatungen am 07.02.2023 entschieden, einen Ansatz von 1,19 Mio. Euro für weitere Planungen an der Mittelschule in den Haushalt 2023 einzustellen. Weitere 2 Mio. Euro müssten im laufenden Jahr freigemacht werden, um die Planungen bis zur Baugenehmigungsreife zu bringen. Der Betrag würde voraussichtlich schon in der zweiten Jahreshälfte 2023 als Verpflichtungsermächtigung benötigt. Darüber hinaus würden weitere 2 Mio. Euro im Jahr 2024 für Ausführungsplanungen benötigt, wenn das Projekt ohne weiteren Zeitverzug fortgeführt werden soll. Weitere rd. 25 Mio. Euro würden auf die Umsetzungsphase entfallen. Mögliche Förderungen sind in den Beträgen noch nicht berücksichtigt. Eine Verzögerung des Projekts ist mit Mehrkosten verbunden, da dann über einen längeren Zeitraum an mehreren Schulen Interimslösungen eingerichtet und finanziert werden müssten.

Rechtsaufsicht
Das Landratsamt Lindau als Rechtsaufsichtsbehörde hat die Stadt Lindau in den Haushaltsgenehmigungen seit vielen Jahren immer wieder auf den Konsolidierungsbedarf hingewiesen, zuletzt mit Genehmigung des Haushalts 2022 wie folgt: „Wir empfehlen (…) der Stadt, die Zuführung zum Vermögenshaushalt durch Einsparungen, Aufgabenabbau und/oder Mehreinnahmen zu steigern, um die finanzielle Handlungsfähigkeit zu erhalten bzw. zu erhöhen (…) Nach den haushaltsrechtlichen Vorschriften hat die Stadt Lindau ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Neben einer kritischen Würdigung der zu leistenden Ausgaben gehört hierzu auch eine entsprechende Einnahmebeschaffung (…) Eine mögliche Diskussion über die Ausgaben und/oder Einnahmen sollte auch eine entsprechende Diskussion über die Aufgabenerfüllung beinhalten.“

Die Genehmigung des Haushalts 2023 durch die Rechtsaufsichtsbehörde steht noch aus. 

Fachliche Bewertung

Das erste Etappenziel war die Aufstellung eines Haushalts für das Jahr 2023, der die Chance auf eine Genehmigung durch die Rechtsaufsicht hat. Dieses Etappenziel wurde mit Beschluss über die Haushaltssatzung am 01.03.2023 erreicht. Die Handlungsfähigkeit der Stadt kann so für 2023 voraussichtlich sichergestellt werden.

Aus Sicht der Verwaltung ist nun zeitnah ein Konsolidierungsprozess anzustoßen, um durch strukturelle und nachhaltige Veränderungen den Haushaltsausgleich dauerhaft zu sichern, die Mittel für dringend notwendige Investitionen im Bereich der Pflichtaufgaben freizumachen und den Schuldenstand der Stadt zu stabilisieren. 

Im Rahmen dieses Prozesses sollte unter anderem ermittelt werden, inwiefern Standards bei der Erfüllung von Pflichtaufgaben oder freiwillige Leistungen herabgesetzt oder freiwillige Leistungen sogar ganz gestrichen werden können. Ein solcher Konsolidierungsprozess wird nur im Schulterschluss von Verwaltung (inkl. Eigen- und Regiebetrieben sowie Beteiligungen) und dem Stadtrat möglich sein.

Strategischer Ansatz
Neben kurzfristig wirkenden Konsolidierungsmaßnahmen sollten insbesondere mittel- und langfristig wirkende Maßnahmen betrachtet werden, die auf zukunftsorientierten Überlegungen basieren. Klassische Instrumente der Haushaltskonsolidierung sehen in der Regel pauschale Kürzungen bei den Ausgaben sowie Steuer- und Gebührenerhöhungen vor. Solche Maßnahmen wirken oft unsystematisch und bergen hohes Potenzial, mit Kürzungen langfristige Schäden für die Stadt zu provozieren. Strategische Konsolidierung stellt hingegen sicher, dass die Zukunftsfähigkeit einer Stadt erhalten bleibt und finanzielle Einsparungen für das Zusammenleben sowie die Funktionsfähigkeit der Kommune hinnehmbar sind.

Die Verwaltung schlägt vor, am 24. und 25. April 2023 (jeweils ca. 16 bis 21 Uhr) als Auftakt für einen Konsolidierungsprozess einen Strategieworkshop mit Politik und Verwaltungsführung durchzuführen. Auf dieser Basis könnte dann ab Mai ein Konsolidierungsprozess durchlaufen werden, dessen genaue Ausgestaltung und Zielsetzung es in den nächsten Wochen zu konkretisieren gilt und im Rahmen des Strategieworkshops finalisiert werden soll. 

Fachliche Begleitung und Moderation durch einen externen Partner
Die Erfahrungen anderer Kommunen zeigen, dass die Begleitung bei der verwaltungsinternen Identifikation von Konsolidierungspotenzialen sowie die Moderation von notwendigen politischen Entscheidungsprozessen bei der Konsolidierung durch einen externen Partner ein Erfolgsfaktor ist. Darüber hinaus wird deutlich, dass zunächst finanzielle Ressourcen aufzubringen sind, bevor die Konsolidierungsbestrebungen finanzielle Erfolge entfalten. Eine fachliche und moderierende Begleitung durch einen externen Partner gewährleistet eine zielgerichtete Durchführung des Prozesses.

Interne personelle Ressourcen werden in der Regel bereits stark gebunden durch eine Analyse des Ist-Zustands, die Definition von Konsolidierungszielen, die Identifikation von Konsolidierungsmaßnahmen und ein sich daran anschließendes Umsetzungscontrolling. Darüber hinaus liegt ein hoher administrativer Aufwand vor, der zum Teil über eigens für die Konsolidierung geschaffene Projektstellen abgewickelt wird. Je besser externen Partnern qualitativ zugearbeitet wird und Informationen strukturiert verfügbar gemacht werden, desto schneller, kosteneffizienter und qualitativer kann ein Konsolidierungsprozess erfolgen, der langfristig und damit nachhaltig wirken kann.

Die Verwaltung schlägt vor, dass sich die Stadt in dem anstehenden Prozess der Konsolidierung durch einen externen Partner begleiten lässt. Der Partner sollte eine Kernkompetenz im Bereich der Haushaltskonsolidierung mitbringen, methodisch einen strategischen Ansatz verfolgen und bereits Erfahrung in Zusammenarbeit mit Kommunen sowie deren Strukturen und Abläufe haben. Darüber hinaus wäre eine Neutralität in Bezug auf Lindau zu begrüßen. 

Die Verwaltung führt zurzeit eine Marktrecherche durch und wird den Finanzausschuss oder den Stadtrat zu gegebener Zeit über die Ergebnisse dieser Marktrecherche informieren sowie zu ggf. notwendigen Vergabeverfahren beteiligen. Der Strategieworkshop soll unabhängig davon stattfinden, um dem zeitlichen Konsolidierungsdruck gerecht werden zu können und Verzögerungen für einen Konsolidierungsprozess zu vermeiden.

Diskussionsverlauf

Der Stadtkämmerer Herr Horbach trägt anhand seiner Präsentation den Tagesordnungspunkt vor.
Die Oberbürgermeisterin ergänzt, dass man keine Zeit zu verlieren habe und der Zeitplan durchaus ehrgeizig sei.
Seitens der Stadträte gibt es zum geplanten Vorgehen grundsätzlich Zustimmung. Allerdings sei für den Strategietag eine Moderationskompetenz der externen Berater wichtig, ansonsten müsse der Termin verschoben werden. Zudem dürfte bei der Konsolidierung nicht nur die Ausgaben- sondern auch die Einnahmeseite angeschaut werden. Ebenso müssten die Haushaltsreste überprüft werden.

Beschluss

  1. Der Finanzausschuss nimmt zur Kenntnis, dass
    1. ohne eine freiwillige Konsolidierung der Haushaltsausgleich dauerhaft gefährdet und anstehende Investitionen im Bereich der Pflichtaufgaben nicht umgesetzt werden können, 
    2. ein Konsolidierungsprozess anzustoßen ist, um weitere finanzielle Spielräume zu schaffen.
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Strategieworkshop am 24. und 25. April 2023 als Startpunkt für einen Konsolidierungsprozess vorzubereiten und parallel dazu im Rahmen einer Marktrecherche einen externen Partner für den Strategieworkshop auszuwählen, der die Stadt Lindau auch im anstehenden Konsolidierungsprozess fachlich und moderierend unterstützen könnte.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 13, Dagegen: 0

Dokumente
FAS-2023-03-14 Präsentation Konsolidierung (.pdf)

Datenstand vom 06.04.2023 07:07 Uhr