Erhöhung von Parkgebühren/-entgelten im Stadtgebiet; Anpassung gebührenpflichtiger Bereiche


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Sitzung des Finanzausschusses, 14.03.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Finanzausschuss (Stadt Lindau) 2. Sitzung des Finanzausschusses 14.03.2023 ö beschließend 10

Sachverhalt

I.          Ausgangssituation
Die Parkgebühren in Lindau wurden allgemein zuletzt zum Jahreswechsel 2018 erhöht. 
Lediglich im Zuge der Änderungen des Parkplatzkonzeptes im Vorfeld der Gartenschau wurden zum 01. April 2020 (Wegfall Seeparkplatz P5 Hintere Insel) die Gebühren am P3 Karl-Bever-Platz von 1,40 € auf 1,60 € erhöht. Des Weiteren wurden im Zuge der Eröffnung des Parkplatzes am Reutiner Bahnhof im Dezember 2020 die Gebühren im Umfeld des Reutiner Bahnhofes von 1,00 € auf 1,40 € angeglichen.
Laut Beschluss des Finanzausschusses vom 08.10.2012 sollen die Parkgebühren alle 3 Jahre zur Überprüfung angemeldet werden. Hiervon wurde zuletzt auf Grund der schwierigen  wirtschaftlichen Gesamtlage während der Corona-Pandemie Abstand genommen. 

II.          Anlass für die geplante Gebührenerhöhung

Parkgebühren sind ein wesentliches Instrument zur Verkehrslenkung auf Basis des Push & Pull-Prinzips. Das Verkehrslenkungskonzept der Stadt sieht vor, außenliegende Auffangparkplätze auf dem Festland günstiger als zentrumsnahe Parkplätze vor bzw. auf der Insel –insbesondere im Inselkern– anzubieten. Straßenparkplätze in inselnahen Wohnbereichen sowie im Umfeld vom Reutiner Bahnhof werden teurer als nahegelegene Großparkplätze angeboten. Dadurch soll unnötiger Parksuchverkehr insbesondere in verkehrsärmeren Zeiten vermieden und eine Entlastung der Wohngebiete erreicht werden. Der Vorschlag der Erhöhung der Parkgebühren ist so auch mit der städtischen Mobilitätsplanung abgestimmt.
Die Anpassung der Parkgebühren stellt somit einen wesentlichen Push-/Anschiebefaktor dar und soll gleichzeitig auch erreichen, dass Besucher:innen der Insel mehr auf Alternativen zum Auto zurückgreifen. Die Höhe der Parkgebühren auf der Insel ist, insbesondere für einen Kurzbesuch, immer noch deutlich günstiger als die Anreise mit Bus und Bahn. Die Stadt hat zwischenzeitlich durch den Ausbau aller Zulaufstrecken auch die Erreichbarkeit der Insel für Radfahrer und Fußgänger deutlich verbessert. Gleichzeitig stehen mehrere Mikromobilitätsangebote am Bahnhof Reutin sowie an den P+R-Anlagen zur Verfügung, um die Mobilität für die letzte Meile zu erleichtern.

Neben den vorrangigen verkehrspolitischen Zielen muss auch die Finanzsituation des Regiebetriebes Parkraumbewirtschaftung betrachtet werden. Auf Grund der Finanzierung des Parkhauses Inselhalle, dem zuletzt wiederkehrend erforderlichen Bau von Interims-/ Parkplätzen (P2 Vierlinden-Quartier, Bus-P Auenstraße, P für Langzeitparker / Wohnmobile Hartplatz Zech, P Reutiner Bahnhof, P Bauhof und Quartiersgarage Hintere Insel, insgesamt ca. 2,4 Mio. €) sowie erheblicher Steuernachzahlungen (allein 2022 / 2023 ca. 1,5 Mio. €) verfügt der Regiebetrieb derzeit lediglich noch über die erforderliche Mindestrücklage. 
In 2022 mussten hierfür letztlich bereits Kredite i.H.v. 2,06 Mio. € aufgenommen werden. Für den beabsichtigten Kauf des Grundstückes beim Reutiner Bahnhof sowie den evtl. Bau von Parkhäusern stehen in Zukunft weitere Kreditaufnahmen bei nunmehr wieder steigenden Zinsen an.

Um für diese anstehenden Folgeprojekte wieder Rücklagen anzusparen und notwendige Kreditaufnahmen / -finanzierungen zu gegebener Zeit so gering wie möglich zu halten, wird nach über 5 Jahren auch deshalb wieder eine Gebührenerhöhung vorgeschlagen.

Fachliche Bewertung

III.        Gebührenhöhe
Die max. zulässige Höchstgebühr im öffentlichen Straßenraum beträgt nach wie vor 2,60 € / Stunde („in Gebieten mit hohem Parkdruck höchstens 1,30 € je halbe Stunde“, § 10 Zuständigkeitsverordnung (ZustV)). Die vorgeschlagenen Gebührenerhöhungen (im Regelfall) um 0,20 € / Std. und daraus resultierende Erhöhungen von Tages- oder Dauerkarten belaufen sich je nach Parkplatz und Geltungsdauer der Parkkarte auf zwischen 10 und 25 Prozent / Stunde (vgl. Anlage 1),
z.B.
  • Inselkern 18,2 %
  • restl. Inselbereich 9,1%
  • P4 Parkhaus Inselhalle 11,1 %
  • P3 Karl-Bever-Platz 12,5 %

Lediglich auf der Westlichen Insel (50 %, Angleichung zum Stundensatz der restlichen Insel, deutlich geringere Anzahl an öffentlichen Parkplätzen wie vor 2022) sowie in den Straßenbereichen auf dem Festland (42,9 %) schlagen die Erhöhungen deutlicher zu Buche. Dies ist dem gewünschten Regelungseffekt geschuldet, dass Besucher vorrangig die günstigeren Großparkplätze ansteuern sollen. In Aeschach fällt die Erhöhung um 40 % ebenfalls deutlicher aus. Hier ist mittelfristig eine Angleichung an die Parkgebühren in Reutin anzuvisieren. Für den Bereich des Inselkerns (Stiftsplatz, Kirchplatz, Schmiedgasse, Paradiesplatz) sollte aus Sicht der Verwaltung bereits die Maximalgebühr in Höhe von 2,60 € / Stunde erhoben werden.

Zur Entlastung des Einzelhandels / der Gastronomie ist auf die Möglichkeit der Nutzung der Wertmünzen hinzuweisen. Die Wertmünzen (einsetzbar an P3 und P4) im Wert von 50 Cent werden beim Kauf von der Stadt mit 40 % bezuschusst (gedeckelt auf max. 25.000 Stück / Jahr). Zuletzt wurden diese jedoch kaum noch genutzt (Verkauf 2020 = 1.800, 2021 = 600, 2022 = 500 Stück). Als attraktive Alternative zum teureren Straßenraum steht somit auf der Insel das Parkhaus P4 mit Wertmünze für 1,50 Euro bei einer Stunde Parkzeit zur Verfügung. Für den P3 würde mit Wertmünze für eine Stunde nur 1,30 Euro Gebühr anfallen.

Auf den Auffangparkplätzen Reutiner Bahnhof (final bessere Zuganbindung an die Insel ausstehend), P Bauhof sowie P1 Blauwiese mit dem Angebot verhältnismäßig günstiger Tageskarten sollte nach Auffassung der Verwaltung von einer Gebührenerhöhung Abstand genommen werden. Diese P&R-Parkplätze sind zudem fußläufig bereits etwas weiter von der Insel entfernt und die mögliche Nutzung des Stadtbusses muss ggf. zusätzlich zum Parkticket bezahlt werden. Auch auf dem Langzeit-Parkplatz in Zech (weit weg, zusätzliche Stadtbuskosten) sollten die Parkgebühren nicht erhöht werden.
 
Die 14-Tages-Karten in Aeschach (Lärchenparkplatz, Webergasse, Sonnenweg), am Lindenhofparkplatz und in der Eichwaldstraße (Stichstraße Richtung Bahlsenbrücke) dort auch Monatskarte stehen nicht mehr im Einklang mit dem notwendigen Parkplatzumschlag sowie dem erheblichen Münzbedarf und sollen deshalb nicht mehr angeboten werden. 

Die Berechnung der Mehreinnahmen erfolgte durch eine lineare Hochrechnung der durchschnittlichen Gebühreneinnahmen der Jahre 2020 – 2022 (inkl. Corona-Einschränkungen). Ein geändertes Nutzerverhalten oder witterungsbedingte Schwankungen (z.B. ein verregneter Sommer) sind nicht berücksichtigt.

Vergleich mit anderen Städten
Mit den vorgeschlagenen Parkgebühren –insbesondere bei den Parkplätzen im Straßenraum des Zentrums– liegt Lindau  im Vergleich zu den umliegenden Städten im Spitzenfeld (vgl. Anlage 2). Dies ist jedoch der Notwendigkeit der Preisdiskriminierung im Hinblick auf die Verkehrslenkung im Zusammenhang mit der Lindauer Insellage und der allgemeinen Parkplatzknappheit geschuldet. Lediglich in Konstanz sind die Parkgebühren im Straßenraum noch höher, mit den Gebühren im Zentrum Überlingen zöge die Stadt Lindau im Straßenraum der Insel (außerhalb des Altstadtkerns) gleich. Mit dem Preisvorschlag für das Parkhaus P4 liegt die Stadt gleichauf mit vergleichbaren Parkhäusern in Friedrichshafen, Überlingen, Konstanz und Kempten. 

Nachtgebühr im Parkhaus Inselhalle
Beim Parkhaus könnte vergleichbar wie in anderen Städten an die Einführung einer zusätzlichen Nachtpauschale von 23.00 bis 08.00 Uhr für 2 € gedacht werden, damit dieses, z.B. im Winter, nicht zu einer kostenlosen überdachten Nachtgarage zweckentfremdet wird. Benachbarte Städte arbeiten häufig mit Nachtgebühren um 1,00 € / Stunde (vgl. Anlage 2). 

Festlegung von Pauschalgebühren/-entgelten im Einzelfall
Gerade im Parkhaus Inselhalle ist es in dem einen oder anderen Einzelfall erforderlich, dass z.B. bei größeren Veranstaltungen in der Inselhalle über teilweise mehrere Tage von einer stundengenauen Abrechnung der Gebühren für die Inanspruchnahme des Parkhauses Abstand genommen wird. Hier muss der Verwaltung zur Minderung der finanziellen Belastung des Veranstalters je nach Einzelfall (Vertretbarkeit, Jahreszeit und Art der Veranstaltung) die Möglichkeit eingeräumt werden, angemessene Tagespauschalbeträge in Abweichung von der Aufsummierung der eigentlichen Stundensätze festlegen zu dürfen. 

Neue Gebührenbereiche
In den derzeit nicht geregelten Parkbereichen auf der westlichen Insel in der Dreierstraße (5 Parkplätze hinter der Graf-Lennart-Bernadotte-Straße) sowie hinter dem ehemaligen Bauhof (15 Parkplätze im Privatweg) könnten zur Abrundung der Gebührenpflicht im Umfeld dieser Bereiche ebenfalls Parkgebühren erhoben werden. Hier könnten jeweils solarbetriebene Parkscheinautomaten zum Einsatz kommen, die in Kürze in der Eichwaldstraße entlang des Eichenhains bzw. mit Bau der Fahrradstraße in Richtung Leuchtenberg frei werden.
 
Anwohnerparken
Die aktuellen Verwaltungsgebühren der Sonderparkrechte für Bewohner (30 €/Jahr) sowie für Zweit- oder Drittfahrzeuge (auf P3 für 60 €/Jahr) bzw. das beschlossene Entgelt von zusätzlich 90 € für die Quartiersgarage Hintere Insel werden aktuell beibehalten. Der bayerische Gesetzgeber hat von seiner Ermächtigungsgrundlage, den Kommunen eine Erhöhung der Verwaltungsgebühr für Bewohnerparkrechte auf Basis einer eigenen Einschätzung der Wertigkeit ihres Straßenraumes vorzunehmen, noch keinen Gebrauch gemacht. Abstimmungen zum weiteren Vorgehen sind noch anhängig; der Höchstbetrag beträgt akt. weiterhin max. 30,70 €/Jahr. 

Busgebühren (P3)
Die akt. Busgebühren liegen mit 2,50 € / Std. bereits annähernd an dem in Bayern kraft Gesetz max. zulässigen Höchstbetrag (2,60 €). Aus Sicht der Verwaltung sollte auch der derzeitige Preis der Tageskarte von 15,00 € beibehalten werden. 

Wohnmobilgebühren (P Zech)
Die aktuellen Wohnmobilgebühren am P Zech  mit 3 € für die ersten 2. Stunden und 1 € für jede weitere Stunde bzw. 20 € für eine 24 Stundenkarte liegen bereits heute sehr hoch. Dies wird auch wiederkehrend negativ gespiegelt; eine Gebührenerhöhung sollte nicht in Erwägung gezogen werden.  

IV.         Zu erwartende Mehreinnahmen
Es kann mit einer Steigerung der Einnahmen i.H.v. ca. 408.000 € gerechnet werden. Diese Mehreinnahmen sollen zweckgebunden zur Finanzierung der anstehenden Parkraumentwicklungsmaßnahmen in die Rücklage des Regiebetriebes Parkraum fließen.

V.          Zeitachse / Umstellungskosten
Das notwendige Umprogrammieren der Parkschein-/Kassenautomaten sowie die Anfertigung von neuen Gebührenschildern nimmt ca. 2 bis 3 Monate in Anspruch. Die Parkgebührenerhöhung könnte somit voraussichtlich ca. Anfang / Mitte Juni  wirksam umgesetzt werden. Die Umstellungskosten (Programmierung, neue Gebührentafeln, Softwareeinspielung, Versetzung Parkscheinautomaten, Anpassung Beschilderung) belaufen sich insgesamt auf einmalig ca. 10.-15.000 €.

Finanzielle Auswirkungen


einmalig
laufend
Finanzielle Auswirkungen:
ca. 10-15.000 Ausgaben
Ca. 400.000 Mehr-Einn.
Mittel stehen (nicht) zur Verfügung
Haushaltsstelle/
Deckungsvorschlag
   





Diskussionsverlauf

Ein Teil der Stadträte (SPD, FB, LI) hält die geplanten Anpassung für zu hoch. Man müsse das Interesse des Inselgewerbes und der Inselbewohner im Auge behalten.
Auf Nachfrage wird seitens der Verwaltung erklärt, dass mittlerweile auch in der Nebensaison ein großes Besucheraufkommen auf der Insel herrsche und daher von unterschiedlichen Saisontarifen abzusehen ist.
Stadtrat Jöckel hält eine Staffelung für sinnvoll – je mehr Stunden, desto teurer wird der Stundentarif.
Grundsätzliche Zustimmung gibt es von CSU und Bunte Liste. Letztere meint, man müsse die Erhöhung durch ein attraktives ÖPNV-Angebot ergänzen. Die CSU betont die Lenkungswirkung, dass man den Autoverkehr auf der Insel nur reduzieren könne, wenn man den Stadtkern relativ teuer und die Auffangparkplätze außerhalb günstig gestalte. Zudem seien die Kosten in den letzten Jahren gestiegen, sodass man die Anpassungen auch von der wirtschaftlichen Seite betrachten müsse.
Nach längerer Diskussion beantragt StR Hotz das Schließen der Rednerliste.
Der Antrag wird mit 10 zu 3 Stimmen angenommen.

Über die Beschlussvorlage der Verwaltung wird im Einzelnen abgestimmt:
Siehe Anlage!

Beschluss 1

Der Finanzausschuss empfiehlt dem Stadtrat den Erlass einer neuen Parkgebührenordnung unter Berücksichtigung der beschlossenen Änderungen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 8, Dagegen: 4

Abstimmungsbemerkung
Stadträtin Dorfmüller nicht anwesend

Beschluss 2

Die Verwaltung wird weiterhin ermächtigt, begründete Einzelfälle anstelle einer stundengenauen Abrechnung mittels angemessener Pauschalsätze abzurechnen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 0

Abstimmungsbemerkung
Stadträtin Dorfmüller nicht anwesend

Dokumente
20230314_Finanzausschusssitzung_Protokoll_Anlage Abstimmungsergebnisse Parkgebührenä (.pdf)
Anlage 1 Tabelle Parkgebühren/-entgelte (derzeit / zukünftig) (.pdf)
Anlage 2 Pkw-Parkgebühren – Städtevergleich (.pdf)
Anlage 3 Übersichtskarte Parkraumbewirtschaftung (.pdf)

Datenstand vom 06.04.2023 07:07 Uhr