- Ausgangslage
Am 19.05.2021 hat der Stadtrat beschlossen, auf dem Areal des heutigen Parkplatzes P1 „Blauwiese“ einen Neubau der Mittelschule zu errichten. Am Ende des Jahres 2021 folgte darauf der Beschluss, einen Realisierungswettbewerb für ein geeignetes architektonisches Konzept durchzuführen. Dieser Wettbewerb läuft aktuell, Ende September tagt hierzu das Preisgericht.
Das Team der Stadtplanung hat bereits mit der nötigen Änderung des Flächennutzungsplanes gestartet. Mit dem heutigen Beschluss soll nun begonnen werden, den bestehenden Bebauungsplan zu ändern. Ziel ist es dabei, dass vor Feststehen des Wettbewerbssiegers bereits grundlegende Festsetzungen mit Öffentlichkeit und Behörden im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung abgestimmt werden. Der Entwurf des Bebauungsplanes soll dann im Herbst/Winter mit eventuellen Anpassungen, die sich aus der gewählten Architektur ergeben, in die formale Offenlage starten.
- Lage im Stadtgebiet von Lindau:
Der Änderungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 94 „Auffangparkplatz Blauwiese“ befindet sich im Stadtteil Reutin. Der zu ändernde Bereich des Bebauungsplanes ist ca. zwei Hektar groß. Das Plangebiet wird im Norden von der Reutiner Straße, im Westen von der Ach und anschließender Wohnbebauung begrenzt. Im Süden rahmen ein Fuß- und Radweg und im Osten eine Obstanbaufläche das Plangebiet ein.
Innerhalb des Geltungsbereiches befinden sich folgende Grundstücke mit den Fl.-Nr. 559/8 und Nr. 50/4 (teilweise), Gemarkung Reutin sowie Fl.-Nr. 3/6, Gemarkung Aeschach.
Der Änderungsbereich besteht aktuell aus dem Parkplatz P1 „Blauwiese“, öffentlichen Grünflächen, der Ach, dem gewässerbegleitenden Grünstreifen an der Ach sowie weiteren öffentlichen Grünflächen. Das Gelände wird als eben wahrgenommen, es fällt nur ganz leicht in Richtung Süden ab.
- Bestehendes Planungsrecht
Für den Planbereich besteht ein rechtskräftiger Bebauungsplan Nr. 94 „Auffangparkplatz Blauwiese“ (rechtsverbindlich seit 15.09.1992). Zum Schaffen von Baurecht für die Mittelschule und für Anpassungen bei den Grünflächen muss dieser Bebauungsplan teilweise geändert werden. Der südliche Fuß- und Radweg kann unverändert festgesetzt bleiben.
- Ziel und Zweck der Planung
Mit der Änderung werden die Ziele verfolgt, Planungsrecht für den Neubau der Mittelschule zu schaffen, das Gebäude bestmöglich in die bestehenden grünordnerischen Strukturen einzubetten sowie den Neubau im Einklang mit aktuellen Anforderungen und Beschlüssen hinsichtlich Stadtökologie und Klimaschutz zu gestalten. Im Einzelnen ist geplant:
- eine geordnete städtebauliche und grünordnerische Entwicklung zu sichern,
- Solitärgebäude in kompakter Bauform zu errichten,
- die Nachverdichtung zu steuern,
- die Erschließungssituation für eine Nord-Süd-Durchquerung für Fußgänger und Radfahrer zu verbessern,
- vorhandene Grünstrukturen und das FFH-Gebiet freizuhalten bzw. zu sichern,
- neue grünordnerische Strukturen (z.B. Pausenhof, Pufferbereich zum FFH-Gebiet, Hecke nach Osten) zu schaffen und
- Anlagen für die Gewinnung solarer Energien, Fassadenbegrünung und ggf. Dachbegrünung festzusetzen.
- Wahl des Bebauungsplanverfahrens
Für die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 94 „Auffangparkplatz Blauwiese“ wird das klassische Vollverfahren gewählt. Es wird eine Umweltprüfung durchgeführt werden. Der Begründung wird im nächsten Verfahrensschritt zur Beteiligung nach § 3 (2) und § 4 (2) BauGB auch ein Umweltbericht beigefügt werden.
- Festsetzungen des Bebauungsplanes
- Art der baulichen Nutzung
Es wird eine Fläche für Gemeinbedarf mit Zweckbestimmung Mittelschule festgesetzt. Neben dem Neubau der Schule und einer Turnhalle sollen auch alle Nutzungen möglich sein, die die Gebäude außerhalb der Schulzeiten benutzbar machen. Hierzu werden neben Bildung alle kulturellen, spielerischen, gesundheitlichen und sportlichen Betätigungen aller Lindauer:innen ermöglicht. Das soll dazu beitragen, aus ökonomischen Gründen die Leerzeiten außerhalb der Schulzeiten und in den Ferien zu reduzieren und gleichzeitig dringend benötigte Räume für z.B. Vereine anzubieten. Das Gebäude, das mit einem hohen architektonischen und energetischen Anspruch errichtet werden wird, soll auf diese Weise auch ein Identifikationspunkt für alle im Stadtgebiet sein. Begünstigend hierzu wirkt die zentrale Lage, die gut zu Fuß und per Fahrrad zu erreichen ist.
Da es für Lehr-, Betreuungs- und Servicepersonal der Schule nach wie vor schwierig ist, preisgünstigen Wohnraum zu finden, soll schließlich auch eine planungsrechtliche Möglichkeit eröffnet werden, hier ggf. untergeordnet einzelne Wohnungen z.B. als Übergangslösung zum Berufsstart zu schaffen.
Zum Schutz der Wohnruhe in den umgebenden Wohnbereichen sollen kein Bolzplatz und keine Sportfläche für Ballsport möglich sein. Mobilfunkanlagen verbieten sich für öffentliche Gebäude analog zu geltenden Beschlüssen des Stadtrats.
- Maß der baulichen Nutzung
Grundflächenzahl (GRZ)
Es wird eine Grundflächenzahl von 0,5 festgesetzt. Dies entspricht gemäß Baunutzungsverordnung einem Mittelwert zwischen den Orientierungswerten für die Obergrenze von Wohngebieten (0,4) und Mischgebieten (0,6). Überschreitungen der GRZ für Stellplätze und Nebenanlagen sind nicht mehr möglich.
Maximale Höhe der Oberkante baulicher Anlagen bzw. Firsthöhen der Gebäude
Die maximalen Gebäudehöhen sind in zwei Stufen festgesetzt. In dem flächenmäßig größeren Kern sind 14m Gebäude- bzw. Firsthöhe festgesetzt. Nach Norden, Osten und Süden wird die Gebäudehöhe in einem 10m breiten Bereich abgestaffelt festgesetzt auf maximal 11m Höhe. Analog sind im Kern vier Vollgeschosse möglich, am Rand nur drei Vollgeschosse.
- Überbaubare Grundstücksfläche
Die überbaubaren Grundstücksflächen sind sehr großzügig und analog zu den ausgegebenen Wettbewerbsunterlagen zeichnerisch durch die Festsetzung von Baugrenzen definiert.
- Grünordnung
Das Plangebiet liegt im westlichen Bereich des Stadtteiles Reutin östlich der Ach, die hier als FFH-Gebiet (8424-371-01 Leiblach und Oberreitnauer Ach) ausgewiesen ist. Der Geltungsbereich des Bebauungsplanes liegt im Korridor des Landschaftsfingers „Im Talfächer der Ach“. Die bisherige Nutzung ist in der Darstellung des Landschaftsfingers als weiße Fläche dargestellt und als „Parkplatz“ definiert. Die beschriebene Lage erfordert ein besonderes Augenmerk bei der Grünplanung.
Die grünordnerischen Festsetzungen zielen auf eine gute, dauerhaft funktionierende und ökologisch hochwertige Durchgrünung und Eingrünung ab. Die hohen Ansprüche an die Grünordnung wurden auch im Auslobungstext des Wettbewerbes dargelegt.
Ziel ist, die vorhandene Nord-Süd-Grünverbindung in ihren Funktionen für das Landschaftsbild, Ökologie und Stadtklima auch mit der neuen Nutzung weitestgehend zu erhalten.
Die umliegenden Nutzungen erfordern klar definierte Bepflanzungen in den Übergangsbereichen. Vorhandene Gehölzstrukturen sollen erhalten bleiben und in die Planung integriert werden.
Das FFH-Gebiet an der Ach wird durch die Pufferfläche und die Biotopschutzfläche gestärkt.
Baum- und Strauchpflanzungen
Es werden verschiedene Artenlisten erstellt, um den unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden. Dabei werden Mindestqualitäten angegeben, um baldmöglichst eine gute Funktion hinsichtlich Gestaltqualität, Eingrünung und Lebensraumfunktion sowie für das Mikroklima zu erreichen.
Der Schwerpunkt bei der Pflanzenauswahl liegt auf heimischen Gehölzen, um dem Erhalt und der Entwicklung der Lebensraumfunktion Rechnung zu tragen. In den Übergangsbereichen zu ökologisch hochwertigen Flächen im Westen (FFH-Gebiet und Biotopschutzfläche) und zur Intensivobstnutzung im Osten sind ausschließlich heimische Bäume und Sträucher zu pflanzen.
Vorhandene Bäume in den Randbereichen sind zu erhalten und bei Abgang zu ersetzen. Für die Baumpflanzungen, die Pflege sowie das Nachpflanzen bei Verlust werden Vorgaben gemacht. So sind z.B. im Bereich von Belagsflächen eine bestimmte Anzahl von Bäumen zu pflanzen sowie ausreichend große Pflanzquartiere zu schaffen. Stellplätze sind mit Bäumen zu überstellen.
Gestaltung der Grünflächen und Pflanzungen
Der vorhandene „grüne Rahmen“ um die geplante Baufläche bleibt erhalten und wird gestärkt.
Die Baumreihe mit Linden an der Reutiner Straße bleibt bestehen. Im westlichen und östlichen Teil des Plangebietes sind an der Reutiner Straße Bereiche definiert, in denen keine Ein- und Ausfahrt möglich ist, um hier den Gehölzbestand nicht zu beeinträchtigen. Ebenso bleibt die Baumreihe mit Eichen im Osten bestehen.
Der als „Pufferfläche“ bezeichnete Bereich zwischen Gemeinbedarfsfläche und FFH-Gebiet kann in eingeschränktem Maße auch zum Aufenthalt für die Schulgemeinschaft dienen. So kann die Gehölzfläche hier punktuell durch kleinere Wieseninseln mit Sitzbänken unterbrochen werden.
Im Westen muss die Immissionsschutzhecke durch ihre Höhe und Dichte den Zweck erfüllen, Konflikte (Spritzmitteldrift) zwischen den Nutzungen auszuschließen. Die vorhandenen Eichen werden in die Hecke integriert.
Im Bereich der gärtnerisch zu gestaltenden Flächen um die Gebäude sowie im südlichen Teil bilden ebenfalls heimische Gehölze den Schwerpunkt. Hier können aber auch, da bei gebäudenahen Grünflächen die Gestaltung eine wichtige Rolle spielt, bis zu einem gewissen Grad fremdländische, zierende Gehölze zum Einsatz kommen.
Dach- und Fassadenbegrünung
Es werden Festsetzungen zur Dach- und Fassadenbegrünung getroffen. Dabei werden Art und Umfang der Begrünung festgelegt. Dach- und Bauwerksbegrünungen dienen der ökologischen und gestalterischen Verbesserung des Umfeldes. Darüber hinaus haben sie durch Beschattung und den Wasserrückhalt positive Auswirkungen auf das Mikroklima.
Maßnahmen für Natur- und Landschaft
Im Bereich der Pufferfläche sowie südlich im Bereich zwischen Gemeinbedarfsfläche und vorhandenem Wäldchen werden versiegelte Bereiche des Parkplatzes entsiegelt und naturnah bepflanzt. Die vorhandenen Bäume sind zu erhalten.
Die Maßnahmen in den Abschnitten mit hoher ökologischer Wertigkeit Richtung Ach werden, wie in der Vergangenheit, mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Lindau abgestimmt.
Zum Schutz lichtempfindlicher Tierarten (Insekten und Fledermäuse) werden Vorgaben zur Ausgestaltung der Beleuchtung gemacht.
- Bauordnungsrechtliche Festsetzungen
Reglementiert werden hier durch die Festsetzungen Dachneigungen, die entweder mit einem geneigten Dach im Spielraum zwischen 20° bis 40° ausgeführt werden können bzw. Flachdächer (nur begrünt), Einfriedungen und Geländeveränderungen. Vor dem Hintergrund des Stadt- und Landschaftsbildes sind kräftige Fassadenfarben bzw. stark glänzende und spiegelnde Verkleidungen nicht zulässig.
Für Fassaden sollen nur Holzfassaden, begrünte Fassaden, Sichtbeton, Naturstein oder verputzte Fassaden mit mattierten Oberflächen möglich sein. Damit soll der angestrebten architektonischen Qualität auch hinsichtlich der bauordnungsrechtlichen Festsetzungen entsprochen werden. Auf diese Weise sind z.B. Verkleidungen aus Metallen, Kunststoffen oder Materialmischungen ausgeschlossen.