Einschränkung von Silvesterfeuerwerk


Daten angezeigt aus Sitzung:  2. Sitzung des Hauptausschusses, 04.04.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Hauptausschuss (Stadt Lindau) 2. Sitzung des Hauptausschusses 04.04.2023 ö beschließend 4

Sachverhalt

Das verstärkt zu beobachtende Abbrennen von Silvesterfeuerwerkskörpern rund um den Jahreswechsel 2022/2023 und die damit verbundenen Auswirkungen, v.a. die hohe Feinstaubbelastung in Lindau, haben in der ersten Führungskräftebesprechung des neuen Jahres verwaltungsintern zu einer angeregten Diskussion geführt, ob die Stadt nicht besser an einem zentralen Platz ein Feuerwerk für alle Bürger veranstalten könnte – bei gleichzeitigem Verbot privater Feuerwerke. Es wurde sich darauf verständigt, dass das Kulturamt und das Bürger- und Ordnungsamt hierzu konkrete Überlegungen anstellen sollten, um eine Verbesserung insbesondere für den Klimaschutz und die Umwelt zu erreichen.

Wenige Zeit später ging das in Anlage 1 beigefügte Schreiben der Bunten Liste ein, welches einen nahezu identischen Prüfauftrag enthält und die gleiche Zielrichtung verfolgt. Konkret beantragt die Bunte Liste zu prüfen, wie im Stadtgebiet Lindaus das Abbrennen von Pyrotechnik und Feuerwerkskörpern durch Privatleute weitgehend verhindert werden kann, beispielsweise durch eine Erweiterung der Verbotszonen. Die nähere Begründung ist der Anlage zu entnehmen. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, die Stadt könnte stattdessen auf Initiative und mit Finanzierung der Bürgerschaft ein kleines öffentliches Feuerwerk an einem zentralen Ort veranstalten.

Fachliche Bewertung

1.    Rechtsgrundlagen für die Festlegung von Verbotszonen
Das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen, insbesondere Silvesterfeuerwerk (Kategorie F2), und die davon ausgehenden möglichen Gefahren werden ausschließlich im Sprengstoffgesetz (SprengG) und der aufgrund des Sprengstoffgesetzes erlassenen „Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz“ (1. SprengV) geregelt.
  
  1. Gesetzliche Verbote
Das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen ist verboten. Ebenso dürfen pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F2 in unmittelbarer Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich sind (z.B. Fachwerkhäuser, Tankstellen), auch am 31. Dezember und 1. Januar, nicht abgebrannt werden. 

Aufgrund dieser gesetzlichen Verbote besteht nahezu auf der gesamten Lindauer Insel ein Feuerwerksverbot. Eine Erweiterung der Verbotszonen auf der Insel ist nach fachlicher Einschätzung der Verwaltung mit dieser Rechtsnorm allerdings nicht möglich.  

  1. Weitere Regelungsmöglichkeiten für Städte und Gemeinden im Sprengstoffgesetz
Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 der 1. SprengV kann die zuständige Behörde allgemein oder im Einzelfall anordnen, dass pyrotechnische Gegenstände
  1. der Kategorie F2 in der Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich sind, und
  2. der Kategorie F2 mit ausschließlicher Knallwirkung in bestimmten dichtbesiedelten Gemeinden oder Teilen von Gemeinden zu bestimmten Zeiten, 
auch am 31. Dezember und am 1. Januar nicht abgebrannt werden dürfen.
 
Mit dieser Eingriffsnorm haben die Städte und Gemeinden jedoch nicht die Möglichkeit, jegliches private Silvesterfeuerwerk einzuschränken oder gar zu verbieten.

Nach der oben aufgeführten Nummer 1 bieten sich für das Stadtgebiet Lindau keine weiteren flächendeckenden Möglichkeiten, das Silvesterfeuerwerk einzuschränken. Die brandempfindlichen Gebäude oder Anlagen im Lindauer Altstadtbereich sind bereits durch die gesetzlichen Verbote unter a) geschützt und in einer hier möglichen Ermessensentscheidung wären die gleichen Erwägungsgründe zu berücksichtigen.   

Die Ermächtigungsgrundlage der Nummer 2 bezieht sich nur auf Feuerwerkskörper mit ausschließlicher Knallwirkung in bestimmten dichtbesiedelten Gebieten. Diese Rechtsnorm wird vor allem in Großstädten wie z.B. München und dort beispielsweise auch nur begrenzt am „Mittleren Ring“ angewandt. Dort wird das Verbot mit der großstadttypischen, mehrstöckigen Bauweise, einem erhöhten Anziehungspunkt von Besuchern aus anderen Gebieten und zahlreichen Lärmbeschwerden aus den Vorjahren begründet. Da das einzige hierfür denkbare Gebiet im dichtbesiedelten, eng zusammenhängenden Altstadtbereich der Lindauer Insel bereits aus Brandschutzgründen mit einem Verbot belegt ist, stellt diese Rechtsnorm auch keine Möglichkeit dar, das private Feuerwerk im Stadtgebiet Lindau wirksam einzudämmen.

  1. Stellungnahme des Dt. Städtetags zu kommunalen Handlungsmöglichkeiten 
Auf der Homepage des Deutschen Städtetages wurde vor dem Jahreswechsel 2022/2023 in diesem Zusammenhang folgende Stellungnahme veröffentlicht:
"Die Städte können punktuelle Feuerwerksverbote verhängen. Die Städte machen das seit Jahren, etwa um Anwohner in engen Innenstädten vor Lärm und historische Gebäude vor Bränden zu schützen.
Ein generelles Verbot von Silvesterfeuerwerk ist aus Sicht der Städte nicht notwendig. Wir haben allerdings beim Bund angeregt, Tier- und Naturschutz stärker in der Sprengstoffverordnung zu verankern. Tierparks, Tierheime sowie Natur- und Landschaftsschutzgebiete müssen in den Katalog der Orte aufgenommen werden, in deren Nähe das Abbrennen von Pyrotechnik verboten ist."

Eine Änderung der Sprengstoffverordnung ist bislang allerdings nicht erfolgt. Weitere Regelungsmöglichkeiten von Verbotszonen aufgrund des Immissionsschutzrechts, des Tierschutzes oder sonstiger negativer Begleiterscheinungen wie dem enormen Müllaufkommen und dem hohen Unfallrisiko stehen den Kommunen derzeit nicht zur Verfügung. 

  1. Gefährdungseinschätzung nach dem allgemeinen Sicherheitsrecht (LStVG) 
Da es aktuell keine Rechtsgrundlage für ein generelles Abbrennverbot oder ein Verbot in größeren Teilen des Lindauer Stadtgebiets gibt und die bereits bestehenden Verbotszonen nicht flächendeckend erweitert werden können, bleibt allenfalls der Rückgriff auf das allgemeine Sicherheitsrecht (LStVG). Dies dient in manchen Kommunen als Rechtsgrundlage, um in Bereichen, in denen an Silvester große Menschenansammlungen auftreten und dabei mit konkreten Gefahren zu rechnen ist, ein Feuerwerksverbot zu verfügen. Für eine solche Gefahrenlage liegen jedoch in Lindau aktuell keine Erkenntnisse von Seiten der Polizei oder Aufzeichnungen des zuletzt am Seehafen beauftragten Sicherheitsdienstes vor. Auch aus der Bevölkerung oder Presse gibt es keine entsprechenden Berichte.

2. Stand der Planungen eines evtl. kleinen organisierten Feuerwerks

Durch das Kulturamt wurde bereits mit einer Fachfirma abgeklärt, dass für den Jahreswechsel 2023/2024 ein zentrales Feuerwerk zur Verfügung stehen könnte, welches von einem Baggerschiff vor der Hafeneinfahrt nähe Läutwerk abgeschossen würde. 

Eine Möglichkeit der Durchführung könnte sein, die Organisation auf das Feuerwerk zu beschränken und die Bürger lediglich dazu einzuladen, das organisierte Feuerwerk im Hafen zu besuchen. Die Kosten für das Feuerwerk könnten hierdurch vermutlich nicht ganz gedeckt werden. Nach erster Einschätzung des Kulturamtes könnte jedoch rund die Hälfte der anfallenden Kosten durch Beiträge der Hoteliers vor Ort und der Schifffahrtsbetriebe, welche durch ein zentrales Feuerwerk profitieren würden, getragen werden. Kosten des Feuerwerks in Form eines kleinen Eintrittsgeldes zu decken, gestaltet sich aufgrund der frei zugänglichen Fläche eher schwierig.

Sofern rund um das Feuerwerk noch weitere Dinge organisiert würden, um ggf. zusätzliche Anreize zu schaffen auf das private Feuerwerk zu verzichten und das organisierte Feuerwerk aufzusuchen, würde dies noch einige Planungen erforderlich machen und wäre, je nach Ausgestaltung bis hin zu einer organisierten Veranstaltung im Hafenbereich, auch mit einem höheren finanziellen Risiko verbunden. 
Hierfür wären noch einige Aspekte zu klären, beispielsweise ob und in welcher Form eventuell eine Bewirtung oder musikalische Darbietung stattfinden könnte sowie welche ordnungsrechtlichen Vorgaben (kostenlose Toiletten, Bereitstellung von Ordnern, …) erfüllt sein müssten, und es müsste ein genaueres Konzept erstellt werden.

Basierend auf diesem Konzept könnte schließlich von Seiten des Ordnungsamtes in Erwägung gezogen werden, im Rahmen einer diesbezüglichen Veranstaltung und der in diesem Zusammenhang ggf. erhöhten Gefahrenlage durch Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen im Veranstaltungsbereich ein Feuerwerksverbot nach LStVG zu verfügen, quasi als „Sperrzone für privates Feuerwerk“. Inwiefern es dann auch für die Folgejahre zu rechtfertigen wäre, müsste aufgrund der Erfahrungswerte bei der erstmaligen Durchführung zum Jahreswechsel evaluiert werden.

Ob und in welchem Umfang das organisierte Feuerwerk zu einem Rückgang des privaten Feuerwerks in Lindau beitragen könnte, lässt sich schwer vorhersagen und wird wohl maßgeblich davon abhängen, wie das organisierte Feuerwerk von der Bevölkerung angenommen würde.

Beim Ordnungsamt wurde diesbezüglich eine Abfrage gestartet hinsichtlich der Erfahrungswerte anderer Kommunen, welche bereits ein zentrales Feuerwerk oder auch eine Licht- und Lasershow an Silvester organisiert haben. Die Rückmeldungen stehen allerdings größtenteils noch aus.

Finanzielle Auswirkungen

Abhängig vom Konzept, Größenordnung mittlerer bis höherer 4-stelliger Betrag

Diskussionsverlauf

Stadträtin Dr. Lorenz-Meyer zeigt sich enttäuscht von der Vorlage, da ihrer Meinung nach Kommunen Einfluss auf Feuerwerke nehmen können sollten. Sie sieht sich hier seitens des Gesetzgebers im Stich gelassen. Sie bittet Oberbürgermeisterin Dr. Alfons darum, hier Kontakt zum Städtetag aufzunehmen, um künftig Einhalt bieten zu können. Ein städtisches Feuerwerk sieht sie nicht als gut an, da sicherlich weitergeböllert wird. 

Stadtrat Kaiser ist der Meinung, dass man auf das Landratsamt, untere Naturschutzbehörde, zugehen soll, um weitere Bereiche als Landschaftsschutzgebiete auszuweisen und so das Böllern dort verboten werden kann.

Die Leiterin des Hauptamtes, Frau Bohnert, berichtet, dass das Landratsamt in Bereichen, in denen es sinnvoll ist, weitere Zonen einrichtet. 

Oberbürgermeisterin Dr. Alfons wird das Thema gerne im Städtetag einbringen. 

Die Leiterin des Bürger- und Ordnungsamtes, Frau Maucher, berichtet, dass das Landratsamt auch unterjährig Stellungnahmen zu Feuerwerken abgibt und teilweise auch Feuerwerke nicht zulässt. 

Stadtrat Hübler möchte wissen, wer kontrolliert und ggfs. bestraft, wenn Feuerwerke in Zonen gezündet werden, in denen es verboten ist. Zudem könnte er sich vorstellen, dass beispielsweise am Hafen oder der Spielbank ein organisiertes Feuerwerk gezündet werden könne. Sicherlich würden sich die Spielbank oder weitere Gewerbetreibende an den Kosten beteiligen. 

Auch Stadträtin Sommerweiß findet ein Zugehen auf den Städtetag richtig. Zudem muss vor Silvester ordentlich kommuniziert werden, in welchen Bereichen Feuerwerke gestattet sind. Eine Lasershow fände sie gut und erhofft sich hier noch mehr Rückmeldungen. Evtl. könnten hier auch Vereine zum Ausschank einbezogen werden.

Die Leiterin des Bürger- und Ordnungsamtes, Frau Maucher, berichtet, dass Städte, die bereits länger eine Lasershow praktizieren, durchwegs gute Erfahrungen damit machen.

Bürgermeisterin Dorfmüller spricht sich klar dafür aus, keine städtischen Gelder in die Hand zu nehmen.

Auch Stadtrat Freiberg ist der Auffassung, dass als Stadt keine Aktion auf den Weg gebracht werden soll, die Geld und Kapazitäten bindet. Zudem ist er der Auffassung, dass dieses Jahr nochmals abgewartet werden soll, evtl. waren es zum Jahreswechsel 2022/2023 aufgrund der Pandemie so viele Böller. 

Stadtrat Dr. Adams möchte wissen, wer das Feuerwehrverbot in den Bereichen der Insel kontrolliert.

Stadträtin Dr. Lorenz-Meyer geht es vor allem um die Gruppen von Jugendlichen, die aus Österreich zum Böllern nach Lindau kamen. Sie bittet darum, vor Silvester mit der PI zu reden.

Die Leiterin des Bürger- und Ordnungsamtes, Frau Maucher, wird das im Vorfeld mit der PI thematisieren. Auf der Insel selbst ist die PI sowie ein Sicherheitsdienst im Einsatz. Am vergangenen Silvester berichtete dieser von keinen Missachtungen von Verboten, sondern gab vielmehr positive Rückmeldungen, seit in der BZ der Bereich, in dem nicht geböllert werden darf, graphisch dargestellt wird.

Stadtrat Reich spricht sich auch dafür aus, kein Geld in die Hand zu nehmen. Er wünscht sich zudem am Hafen mehr Präsenz der PI, da er keine wahrgenommen hat. Zudem sieht er eine Gegenveranstaltung nicht zielführend. 

Herr Weiner, Citymarketing und Eventmanagement, schätzt die Kosten für ein solches Feuerwerk mit der Dauer von sieben bis acht Minuten mittels einem Schiff vor der Hafeneinfahrt auf ca. 7.000 Euro. Er rechnet mit einer Beteiligung zur Hälfte seitens Schifffahrt, Hotelerie und Gastronomie, so dass bei der Stadt ein Betrag von rund 3.500 Euro bliebe. Mit Security und DJ läge man dann bei rund 15.000 Euro, wovon dann letztendlich 10.000 Euro bei der Stadt verblieben.

Oberbürgermeisterin Dr. Alfons fasst als Ergebnis zusammen, dass an einer Silvesterveranstaltung seitens der Stadt als Organisator nicht weitergeplant werden soll. Zudem wird sie auf den Städtetag zugehen. 

Beschluss

Der Hauptausschuss nimmt das Ergebnis des Prüfauftrags und den Zwischenstand für ein evtl. von der Stadt Lindau organisiertes Silvesterfeuerwerk zustimmend zur Kenntnis. Ein evtl. von der Stadt Lindau organisiertes Silvesterfeuerwerk soll nicht weiter geplant werden. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 13, Dagegen: 0

Datenstand vom 17.04.2023 13:25 Uhr