Klärwerk 2040 - Umbau Biologie und Membranbecken - Baubeschluss


Daten angezeigt aus Sitzung:  6. Sitzung des Werkausschusses GTL, 07.12.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Werkausschuss Garten- und Tiefbaubetriebe Lindau (Stadt Lindau) 6. Sitzung des Werkausschusses GTL 07.12.2023 ö beschließend 5

Sachverhalt

Seit Ende Februar 2022 laufen die Planungen zur Erweiterung und Neukonzeption der biologischen Reinigungsstufe auf der Kläranlage. Der Werkausschuss wurde in der Sitzung vom 19.05.2022 umfangreich über Maßnahmenziele und die geplanten einzelnen Umbauschritte informiert. Verschiedene Einzelmaßnahmen im Rahmen des Gesamtumbaus sind bereits abgeschlossen oder befinden sich derzeit in der Realisierung. So wurde im Sommer 2022 die maschinentechnische Ausrüstung der Überschussschlammeindickung, sowie die Gasfackel des Klärwerks komplett erneuert. Seit Herbst 2022 bis Jahresende 2022 wurden die Vorklärbecken 3 und 4 betontechnisch saniert und der zugehörige neue Räumer im September 2023 eingebaut und in Betrieb genommen. 
Derzeit befinden sich die betontechnische Sanierung der Vorklärbecken 1 und 2, die bautechnischen Leistungen zur Errichtung der Siebanlage und zugehörige Anpassungen an der Zu- und Ablaufverteilung der Vorklärbecken, sowie des Belebungsbeckens in der Ausführung. Darüber hinaus sind maschinentechnische Anpassungsarbeiten in der Ausführung die teilweise bereits abgeschlossen sind (Umbau Primärschlammpumpwerk) bzw. bis zum Frühjahr 2024 abgeschlossen werden (Einbau Siebmaschinen).

Herzstück der umgebauten und ertüchtigten Kläranlage wird zukünftig die Membranbelebungsstufe sein. Hierfür sind umfangreiche bau-, maschinen- und elektrotechnische Umbauarbeiten im Bereich des jetzigen Belebungsbeckens 1, des Rücklaufschlammpumpwerkes sowie der Zwischenklärbecken notwendig. Zudem entsteht ein neues Technikgebäude für die anlagentechnische Peripherie der Membran. Ebenfalls in diesen Umbauschritt wird die sogenannte 4. Reinigungsstufe zur Elimination von Spurenstoffen, die durch den Freistaat Bayern gefördert wird, errichtet. Die Einrichtung zur Spurenstoffelimination besteht im Wesentlichen aus einem großen Lagersilo für Pulveraktivkohle und die zugehörigen Löse- und Dosiervorrichtungen, um die Pulveraktivkohle dem Abwasserstrom während des Reinigungsprozesses zuzugeben.

Die Ausführung der zuvor genannten Umbau- und Neubauschritte ist für den Zeitraum Frühsommer 2024 bis Ende 2025 vorgesehen. Die Veröffentlichung der zugehörigen EU-weiten Ausschreibung ist bis Ende dieses Jahres geplant. Die Auftragsvergabe für die Leistungen ist dann für Ende Februar / Anfang März 2024 vorgesehen. 

Fachliche Bewertung

Im sich beginnend ab Frühsommer 2024 bis Ende 2025 erstreckende Projekt-/Bauabschnitt wird das Klärwerk Lindau auf das Membranbelebungsverfahren umgestellt. 
Das jetzige Belebungsbecken 1 wird auf eine sogenannte Kaskadenbiologie (Kaskadendenitrifikation) umgestellt. Dabei wird das Becken bautechnisch so umgebaut, dass die drei Beckenteile statt derzeit parallel, zukünftig in Reihe, d.h. hintereinander durchflossen werden. Innerhalb der Becken wechseln sich unbelüftete und belüftete Zonen ab, um die erforderlichen biologischen Reinigungsprozesse zu erzielen. Die veralteten Belüftungseinrichtungen, sowie die zugehörigen Gebläse zur Luftbereitstellung in den Becken werden erneuert und gegen effizientere Aggregate getauscht. Der erhöhte Sauerstoffbedarf in der Belebung kann damit sicher abgedeckt werden. Ebenfalls wird die Belüftungssteuerung erneuert. Diese Maßnahme wird durch den Freistaat Bayern gefördert.

Die jetzige Zwischenklärung, inkl. der Zulaufverteilung auf diese, wird bautechnisch komplett umgestaltet und zu 6 Filtrationskammern umgebaut, in denen zukünftig die Membranfiltrationsmodule, welche die Abtrennung des Belebtschlammes vom gereinigten Abwasser übernehmen, untergebracht sind. Zusätzlich entstehen Beckenkompartimente für die Speicherung des gereinigten Abwassers, die sogenannten Permeatspeicher. Weiterhin sind Beckenkompartimente für die Zwischenspeicherung von Reinigungslösungen vorgesehen. Die zugehörige Anlagenperipherie wird in einem neuen Technikgebäude untergebracht. Das Technikgebäude entsteht südlich der jetzigen Zwischenklärung. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein eingeschossiges Gebäude mit einer Länge von rund 42 m Länge, 7,50 m Breite und 6,50 m Höhe mit Pultdach, welches in Richtung Süden geneigt ist. Die Dachfläche soll mit Photovoltaikmodulen belegt werden. Zu den wesentlichen Bestandteilen der Anlagentechnik innerhalb des neuen Gebäudes zählen die Gebläse für die Belüftung der Membranmodule (Crossflow-Gebläse), die Permeatabzugspumpen und eine neue Schaltanlage (UV6) für die neuen Komponenten. Umfangreiche rohrleitungstechnische Arbeiten zur Anbindung der Membranmodule an die Anlagenperipherie sind darüber hinaus notwendig. Die Dosier- und Lagereinrichtungen für die Reinigungschemikalien werden in separaten, vorkonfektionierten Dosiercontainern stirnseitig des zukünftigen Membranbeckens entstehen.

Zur Umsetzung der sogenannten 4. Reinigungsstufe auf der Kläranlage wird ein Silo zur Lagerung von Pulveraktivkohle inkl. der zugehörigen Löse- und Dosiereinrichtung nördlich des Belebungsbeckens errichtet. Die Pulveraktivkohle wird dem Abwasserstrom in geringer Konzentration zudosiert. An die Pulveraktivkohle lagern sich Spurenstoffe wie Arzneimittelrückstände oder andere nicht oder schwer abbaubare Verbindungen an. Über die Membran werden die Partikel zurückgehalten und über den Klärschlamm aus dem Abwasser entnommen. Die Errichtung der 4. Reinigungsstufe wird ebenfalls durch den Freistaat Bayern gefördert. 

Die oben genannten Maßnahmen werden innerhalb des genannten Zeitfensters schrittweise umgesetzt, um einen weitestgehend unbeeinflussten Weiterbetrieb des Klärwerks in dieser Zeit zu ermöglichen.

Die im Dezember 2023 geplante EU-weite Ausschreibung zielt auf eine Vergabe der o.g. Leistungen an einen Generalunternehmer ab. D.h. dem Generalunternehmer werden alle bau-, maschinen- und elektrotechnischen Leistungen übertragen, der diese teilweise in Eigenleistung und teilweise durch Fremdleistung erbringt. Eine durch die gbd BM GmbH erstellte Stellungnahme weist für den konkreten Fall des Baus der Membranfiltration auf der Kläranlage unter Abwägung von Vor- und Nachteilen (Einzelvergabe vs. Generalunternehmer) die Vergabe an einen Generalunternehmer als vorteilhaft aus. 

Wertungskriterien zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes im Rahmen des Vergabeverfahrens sehen einerseits die Berücksichtigung von Betriebskosten und des Preises vor, andererseits werden auch Referenzen der Bieter im Zusammenhang des angebotenen Membransystems und der Erfahrung als Generalunternehmer in Projekten auf Kläranlagen berücksichtigt und bewertet.

In Folge der massiven Preissteigerungen in den letzten Jahren ist davon auszugehen, dass die in der Kostenberechnung der SAG-Ingenieure im Jahre 2021 genannten Kosten von ca. 7,95 Mio € (Brutto) für die geplanten Maßnahmen nicht ausreichen werden. Zudem ergeben sich durch die Erneuerung der Belüftungseinrichtung und der Errichtung der 4.Reinigungsstufe zusätzliche Kosten, die im Entwurf der SAG-Ingenieure nicht vorgesehen waren. 

Die voraussichtlichen Kosten (brutto) stellen sich wie folgt dar:

Errichtung Membranfiltration (inkl. Peripherie)
Bautechnik                                                ca. 1,13 Mio. €
Maschinentechnik                                        ca. 7,74 Mio. €
Elektrotechnik                                                ca. 1,55 Mio. €

Erneuerung Belüftungseinrichtung                        ca. 0,99 Mio. €
4. Reinigungsstufe                                        ca. 1,52 Mio. €
______________________________________________________

Summe Auftragswert Generalunternehmer        ca. 12,93 Mio. €

Die Fördersumme des Freistaats beläuft sich auf bis zu 2.023.669 € in Abhängigkeit zur zeitlichen Umsetzung der Maßnahme. In 2024 können 1,0 Mio. € abgerufen werden.

Die Ausschreibung soll am 15.12.2023 veröffentlicht werden, die Vergabe ist bis spätestens Anfang März 2024 geplant.

Finanzielle Auswirkungen


einmalig
laufend
Finanzielle Auswirkungen:
13.500.000 € (brutto)
     
Mittel stehen (nicht) zur Verfügung
Haushaltsstelle/
Deckungsvorschlag
Betrifft WP der GTL

Diskussionsverlauf

Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   stellt anhand der Präsentation die Maßnahme vor. 
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   teilt mit, dass man sich unter Beteiligung eines externen Beraters darauf verständigt hat, dass nur eine Generalunternehmer-Ausschreibung sinnvoll ist, anstatt mehrere verschiede Lose oder Gewerke auszuschreiben. Der Sachverhalt ist sehr komplex und nur durch eine ganzheitliche Ausführung, kann das Verfahrensrisiko minimiert werden. Bei einer losweisen Vergabe wäre zudem der Überwachungsaufwand für den Auftraggeber, d.h. die GTL erheblich personalintensiver. In der Ausschreibung werden die technischen Mindeststandards sehr detailliert beschrieben, damit die Ausführungsqualität den Erwartungen entspricht. Die Anbieter können innerhalb dieser Vorgaben auch Nebenangebote abgeben.

Stadtrat   K a i s e r   fragt nach, ob die Abteilung GT-Abwasser die Ausschreibung selber gemacht hat.
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   verneint. Es ist das planende Ingenieurbüro aqua consult Ingenieure, welches die Formalien, Leistungsbeschreibung und Leistungsverzeichnisse ausformuliert.

Stadträtin   R u n d e l   möchte wissen, ob es eine spezielle Firma gibt, die sich damit auskennt.
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   erklärt, dass nur wenige Anbieter die nötigen Referenzen für Membrananlagen vorweisen können und leistungsstark genug sind dieses Projekt umzusetzen. Die Schwierigkeit ist auch der Umbau im laufenden Betrieb. Das Membranverfahren an für sich ist erprobt und wird seit mehr als 20 Jahren angewandt.

Stadtrat   J ö c k e l   fragt, ob bei der Ausschreibung auch Bietergemeinschaften akzeptiert werden.
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   bejaht die Frage und ergänzt, dass Anbieter ihre Kompetenzen bündeln und entsprechend anbieten können.

Stadtrat   F r e i b e r g   möchte gerne noch einmal genau wissen, wie bezuschusst wird.
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d    erklärt, dass der Bayerische Freistaat für die 4. Reinigungsstufe einen Zuschuss von 50% gewährt. Als Anreiz die Maßnahme schnell umzusetzen, wurde die Bezuschussung im ersten Jahr mit 70% angesetzt, im nächsten Jahr nur noch 60% und im Folgejahr 50%.Die Kosten für die 4. Reinigungsstufe in Lindau sind aufgrund der Anwendung der Membrantechnologie sehr gering. Die GTL hat daraufhin beantragt die Bezuschussung auch auf die Membrananlage auszuweiten. Umweltminister Glauber ist darauf nicht umfänglich eingegangen und das Umweltministerium bezuschusst nun neben der 4. Reinigungsstufe nur das neue Belüftungssystem der Biologie. Die Förderung beträgt maximal ca. 2 Mio. € bei einer Umsetzung in 2024, was zeitlich realistischer Weise nicht zu schaffen ist, so dass die Degression greifen wird mit 60 % bzw. 50% Zuschuss.
Oberbürgermeisterin   D r. A l f o n s   bekommt den Auftrag von Seiten des Stadtrats, noch einmal Unterstützung direkt von der Bayerischen Staatskanzlei zu beantragen.

Stadträtin   R u n d e l   fragt nach, wie die Kosten der einzelnen Gewerke im Projekt aufgeteilt sind.
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   zeigt anhand der Präsentation die Aufteilung der Kosten.

Stadtrat   S t r a u ß   hat zwei Fragen. Erstens möchte er wissen, in welchem Zeitraum die Kläranlage umgebaut wird. Und zweitens ob die beim Hauptpumpwerk eingesparten Kosten in das Projekt einfließen. 
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   gibt Auskunft, dass der Umbau der Wasserlinie des Klärwerks, der Teil der wasserrechtlichen Genehmigung ist, voraussichtlich 2026 vollumfänglich abgeschlossen wird. Die Einsparungen, die beim Hauptpumpwerk gemacht wurden sind keine Ersparnisse auf einem Bankkonto gewesen und schmälern insgesamt eben den Investitionsbedarf der Modernisierung der Abwasserwirtschaft für die Gebührenzahler.

Stadtrat   S t r a u ß   fragt weiter, wie es mit der Gesamtsumme ist.
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   antwortet, dass bisher nur Kostenschätzungen zu der aktuellen Umbaumaßnahme vorhanden sind. Weiterhin ist im Schlamm- und Gasbereich des Klärwerks in den kommenden Jahren weiter zu investieren.

Beschluss

  1. Der Werkausschuss beschließt die Errichtung der Membranfiltration, die Erneuerung der Belüftungseinrichtung im Belebungsbecken und die Errichtung der 4. Reinigungsstufe.
  2. Der Werkausschuss ermächtigt die Werkleitung, die Vergabe für die Errichtung der Membranfiltration, der Erneuerung der Belüftungseinrichtung im Belebungsbecken und die Errichtung der 4. Reinigungsstufe bis zu einer Höhe von in Summe 13.500.000 € brutto zu tätigen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 13, Dagegen: 0

Datenstand vom 22.01.2025 08:39 Uhr