- Öffentlichkeit der Sitzung
Mangels berechtigter Interessen Einzelner an einer Nichtöffentlichkeit erfolgt die Beschlussfassung in öffentlicher Sitzung. Die Voraussetzungen für eine nichtöffentliche Beschlussfassung gem. Art. 52 Abs. 2 GO (§ 19 GO Stadt Lindau) liegen nicht vor.
Aufgrund des Ratsbeschlusses über den unmittelbaren Eintritt in Vertragsverhandlungen mit der Stadtwerke Lindau (B) GmbH & Co. KG musste das Verfahren nicht mehr als Geheimwettbewerb durchgeführt werden. Mangels weiterer Bieter ist die Verfälschung des Wettbewerbs zukünftiger Verfahren durch die Information über das Ausschreibungsverfahren nicht zu besorgen.
2. Empfehlung
Die Stadtwerke Lindau (B) GmbH & Co. KG (nachfolgend Stadtwerke) ist einzige Bieterin im Ausschreibungsverfahren. Darüber hinaus haben die Stadtwerke form- und fristgerechte Angebote zum Abschluss eines Strom- und Gas-Konzessionsvertrags unter Beachtung der in den Musterverträgen vorgegebenen Mindestanforderungen eingereicht.
Da insofern keine weitergehenden Auswahlkriterien festgelegt und bekannt gemacht wurden, bedurfte es keiner aufwendigen Auswertung der Angebote. Inhaltlich wurden die Angebote daher nur dahingehend überprüft, ob die Mindestanforderungen eingehalten, keine unzulässigen Leistungen angeboten und die Interessen der Stadt gewahrt wurden. Zusätzlich wurde mit den Stadtwerken über das Angebot verhandelt. Durch die Verhandlungen konnte die Erstangebote noch einmal deutlich zugunsten der Stadt verbessert werden.
Deshalb ist den Stadtwerken der Zuschlag auf beide Angebote zu erteilen.
Die Angebote der Stadtwerke erfüllen nicht nur die Mindestanforderungen. Sie überzeugen auch durch die weiteren darin angebotene Zusagen, die eine erhebliche Besserstellung der Stadt im Vergleich zu den Altverträgen bedeuten.
Als Mindestanforderung hatte die Stadt die Zahlung der höchstzulässigen Konzessionsabgaben und die Gewährung eines Kommunalrabatts auf die Netznutzungsentgelte vorgegeben. Diese Leistungen sind über die neuen Verträge abgesichert.
Die Verbesserungen in den neuen Verträgen beziehen sich darauf, dass Mindeststandards in unterschiedlichen Bereichen u.a. wie folgt angeboten wurden:
Zur Kundenfreundlichkeit: Vor allem die Regelungen zur Ausgestaltung des Verhältnisses zu den Netzkunden und Anschlussnehmern machen deutlich, dass es sich um kommunalfreundliche Verträge handelt. Die Erreichbarkeit der Stadtwerke ist über die Vertragslaufzeit sowohl über ein Kundenzentrum als auch über sonstige Kanäle (telefonisch, online-Portale) gewährleistet. Mindesterreichbarkeitszeiten sind festgeschrieben. Eine Bearbeitung soll zukünftig insbesondere auch über das Nutzen von Online-Portalen für die Netzkunden einfacher werden. Informationspflichten zu aktuellen Themen sowie Mindestreaktionszeiten runden das Pflichtenpaket ab. Die Verlässlichkeit bei der Anschlusserstellung ist durch Mindestfristen erhöht. Auch neue Themen (Ladeinfrastruktur, EE-Anlagen etc.) werden im Serviceangebot der Stadtwerke berücksichtigt (§ 3 Abs. 6 Strom-KV).
Die Pflichten zur Verbesserung einer Kundenfreundlichkeit wurde damit im Vergleich zu den bisherigen Verträgen erstmalig sehr konkret gefasst.
Zur Umweltfreundlichkeit: Pflichten zur Gewährleistung eines umweltfreundlichen Netzbetriebs beziehen sich unter anderem darauf, wie Bauarbeiten vorzunehmen und welche Standards dabei einzuhalten sind. Gleichzeitig liegt der Fokus darauf, wie die Stadtwerke durch Nutzung erneuerbarer Energien und Energieeinsparungen selbst ihren Netzbetrieb umweltverträglich gestalten werden. Netzseitig ist der Anschluss von erneuerbaren Energienanlagen weiter konkretisiert (Strom-KV). Es wird darin festgehalten, dass die Stadtwerke im Rahmen der Erstellung ihres Netzentwicklungskonzepts und bei der Erschließung neuer Baugebiete die Anforderungen an die Einbindung erneuerbarer Energien-Anlagen und von Ladeinfrastruktur angemessen zu berücksichtigen haben (§§ 1 Abs. 3 a, 13 Abs. 1 Strom-KV). Soweit dies für den Anschluss von Anlagen zur Einbindung erneuerbarer Energien-Anlagen erforderlich und wirtschaftlich zumutbar ist, besteht die Pflicht zur Erweiterung der Netzkapazität sowie zur Vornahme von Maßnahmen zur Netzverstärkung und zur Netzoptimierung (§ 4 Abs. 1 Strom-KV). Die Stadtwerke bieten zudem Auskunft, Beratung und Unterstützung zum Anschluss von Erneuerbare-Energien-Anlagen, Wärmepumpen und Elektroladestationen (§ 3 Abs. 5 Strom-KV).
Im Hinblick auf Gas enthält § 2 Gas-KV detaillierte Regelungen, die die Transformation des Erdgasnetzes bis 2045 ermöglichen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Pflicht der Stadtwerke, spätestens 24 Monate nach Vertragsabschluss ein Transformationskonzept mit konkreten Maßnahmen und Zeitpunkten für deren Umsetzung vorzulegen, das jährlich fortzuschreiben ist. Die Regelungen erlauben es, den Vertrag selbst bei Rechtsänderungen noch im beiderseitigen Einvernehmen an neue Anforderungen anzupassen.
Zur Versorgungssicherheit: Der Schwerpunkt der Regelungen liegt auf den zugesagten Reaktionszeiten im Falle von Störungen sowie auf Maßnahmen, die die Stadtwerke zukünftig ergreifen werden, um das Auftreten von Störungen zu vermeiden bzw. eine schnelle Störungsbeseitigung zu gewährleisten (z.B. § 8 Strom-KV). Dazu sollen auch Mindestzusagen zur personellen und technischen Ausstattung sowie zur Vornahme von Investitionen und zur Instandhaltung beitragen. Besonders hervorzuheben sind Zusagen der Stadtwerke auch zum sicheren Netzbetrieb selbst bei Hochwasser und Starkregen (z.B. § 11 Abs. 3-5 Strom-KV/§ 12 Abs. 3-5 Gas-KV). Spätestens in 10 Jahren werden alle oberirdische Leitungen verkabelt sein.
Zur Kosten- und Energieeffizienz: Durch sehr konkrete Regelungen zur koordinierten Leitungsverlegung mit der Stadt und anderen Medienträgern und zur Mitverlegung von Leerrohren, soll die Effizienz vor allem bei Baumaßnahmen erhöht werden.
Zur Durchführung von Baumaßnahmen: Die Verträge enthalten Mindeststandards bei der Durchführung von Baumaßnahmen, u.a. eine Gewährleistungsfrist von 5 Jahren sowie Vorgaben zur Wiederherstellung von Oberflächen, Umgang mit Pflanzen und ein befristetes Verbot zum Aufbruch nach einer vollständigen Erneuerung der Straßenoberflächen.
Beseitigung stillgelegter Anlagen: Im Interesse der Stadt liegt insbesondere die Regelung zur Beseitigung stillgelegter Anlagen. Die Stadtwerke verpflichten sich, derartige Anlagen für die Verteilung von Strom in einem kurzen Zeitraum auf eigene Kosten zu entfernen (§ 5 Abs. 1 und 2 Strom-KV) und verzichten hinsichtlich dieser Pflicht während der Vertragslaufzeit insbesondere auf die Einrede der Verjährung (§ 5 Abs. 5 Strom-KV). Ein solches Pflichtenprogramm bezüglich der Anlagen für Gas würde die Stadtwerke vor dem Hintergrund der anstehenden Transformation des Gasnetzes wirtschaftlich überfordern. Hier konnte jedoch sichergestellt werden, dass eine solche Beseitigungspflicht jedenfalls für Anlagen besteht, von denen eine Umweltgefährdung ausgeht, die die Baumaßnahmen der Stadt erschweren oder die die Verlegung von Leitungen oder Erzeugungsanlagen zur Wärmeversorgung behindern (§ 6 Abs. 3 Gas-KV).
Folgekostenregelung: Eine Neuregelung, die gegenüber den Altverträgen für die Stadt deutlich günstiger gestaltet werden konnte, ist die Folgenkostenregelung. Dabei handelt es sich um die Regelung darüber, wer die notwendigen Kosten der Anpassung, Umverlegung und Sicherung der Anlagen trägt, sollten kommunale Maßnahmen ein solches Tätigwerden der Stadtwerke erforderlich machen. Nach den Altverträgen hatten sich die Stadtwerke in den ersten zehn Jahren nach Errichtung oder Erneuerung der Versorgungsanlagen zunächst nur zu 20 % und anschließend zu 40 % an diesen Kosten zu beteiligen. In den Neuverträgen (§ 22 Abs. 3 Strom-KV; § 23 Abs. 3 Gas-KV) ist dagegen vorgesehen, dass die Kosten in den ersten fünf Jahren nach Errichtung oder Erneuerung der Versorgungsanlagen zu 50 %, bis zum Ablauf weiterer fünf Jahre zu 75 % und nach zehn Jahren schließlich ganz von den Stadtwerken getragen werden.
Mitspracherechte der Kommune: Die Stadt erhält durch die Neuverträge schließlich auch zahlreiche Einflussmöglichkeiten und Informationsrechte.
Die Rechtsposition der Stadt wird im Vergleich zu den Altverträgen deutlich verbessert und die Verträge sind auch wegen der Berücksichtigung aktueller Themen, vor allem auch im Gasbereich, zukunftsfest. Durch die vertragliche Ausgestaltung ist auch gesichert, dass selbst bei einer etwaigen Änderung der Beteiligungsverhältnisse an den Stadtwerken die vereinbarten Mindeststandards erhalten bleiben.
Im Ergebnis kann der Abschluss der Verträge empfohlen werden.