- Maßnahmenziel
Das Maßnahmenziel der Neukonzeption des Klärwerks Lindau ist die Umstellung des jetzigen zweistufigen NH4-PO-Verfahrens auf eine einstufige Membranbelebungsanlage mit den dazugehörigen notwendigen Änderungen und Anpassungen der zugeordneten Verfahrensstufen und der Anlagenperipherie.
Im Rahmen der Neukonzeption des Klärwerks Lindau sind die folgenden Anlagenteile betroffen, an denen es zu Sanierungs- / Umbau- und Neubau-Maßnahmen kommt:
- Grundhafte Sanierung der bestehenden Vorklärbecken 3 und 4, die als Regenwasserbecken genutzt wurden und zukünftige Nutzung als Vorklärbecken 1 und 2
- Grundhafte Sanierung der beiden bestehenden Vorklärbecken 1 und 2 und deren Umbau zu Regenwasser-Pufferbecken
- Neubau einer Siebanlage nach der Vorklärung als weitergehende mechanische Reinigung vor der Membrananlage
- Ertüchtigung des bestehenden Hebewerkes
- Umbau der derzeitigen Belebungsstufe 1 zu einer Kaskadenbiologie-Anlage inkl. Umbau der Belüftungseinrichtung
- Umbau des derzeitigen Zwischenklärbeckens zur Membranfiltration
- Neubau eines Technikgebäudes zur Unterbringung der Anlagenperipherie für die Membranfiltration (Gebläse, Abzugspumpen, Chemikaliendosierung, Schaltanlage)
- Umbau und Ertüchtigung des Pumpwerks für den Rücklaufschlamm
- Umbau der biologischen Stufe (derzeitiges Belebungsbecken 2) in ein Spitzenausgleichsbecken zur Mischwasserspeicherung
- Austausch der Maschinen- und Elektrotechnik zur Schlamm-Eindickung im bestehenden Gebäude
- Errichtung einer neuen Gasfackel
- Integration aller Anlagenteile in das bestehende Prozessleit-System (mit entsprechenden Visualisierung, Automatisierung und Dokumentation der Daten)
- Beschreibung der Baumaßnahme
Vorklärbecken und Pufferbecken
Die derzeitigen Vorklärbecken 3 und 4 werden künftig als Vorklärbecken 1 und 2 betrieben.
Die beiden bisherigen Vorklärbecken 1 und 2 werden auch weiterhin betrieben, allerdings dienen sie zukünftig als Pufferbecken 1 und 2 zur Mischwasserrückhaltung
Aufgrund des Alters der Becken sind Betonsanierungsarbeiten notwendig, um die Bausubstanz wieder instand zu setzen und einen langfristigen Weiterbetrieb aller 4 Becken zu gewährleisten. Weiterhin zählen zu den notwendigen bautechnischen Sanierungen Anpassungsarbeiten im Bereich der Zulaufrinnen und im Bereich des Ablaufschachtes (Schacht 27), der zukünftig zentrales Verteilungsbauwerk auf die Puffer- und Spitzenausgleichsbecken sowie die Siebanlage sein wird. Die Räumeranlage auf den zukünftigen Vorklärbecken 1 und 2 wird komplett erneuert. Auf den Pufferbecken wird die bestehende Räumeranlage zurückgebaut und keine neue installiert. Die Sanierung bzw. Umbau der 4 Becken erfolgt gestuft, d.h. dass zunächst die Vorklärbecken 3/4 (zukünftig VKB 1/2) saniert werden und dann die Vorklärbecken 1/2 (zukünftig Pufferbecken).
Siebanlage
Zum Schutz der Membranfiltrationsmodule wird eine Siebanlage der biologischen Behandlungsstufe vorgeschaltet, um Faserstoffe und Feststoffe, die die vorgeschalteten Verfahrensstufen (Rechen, Vorklärung) noch passieren konnten, zurückzuhalten. Die Siebanlage wird hinter den bestehenden Vorklärbecken und vor dem Zwischenhebewerk angeordnet. Bautechnisch werden drei Gerinne erstellt, in die die Siebbandrechen eingesetzt werden. Die Gerinne mit den Sieben und der zugehörigen Siebgutentwässerung werden in einem kleinen Siebgebäude in Leichtbauweise untergebraucht.
Umbau der biologischen Stufe
Die bestehende Biologie 1 wird von einem dreistraßig (2 x Niederlaststraße, 1 x Hochlaststraße), parallel betriebenen Belebungsbecken in ein Belebungsbecken mit Kaskadendenitrifikation umgebaut, bei der das Abwasser zukünftig die drei Becken nacheinander durchfließt. Um den Fließweg entsprechend anzupassen, sind verschiedene bautechnische Arbeiten an den Verteilgerinnen sowie an den Beckenwänden notwendig. Um den notwendigen Lufteintrag für die biologischen Prozesse zukünftig effizienter zu gestalten, wird das Belüftungssystem (derzeit Tellerbelüfter) erneuert. Maschinentechnische Erneuerungen/Umbauten sind darüber hinaus im Bereich des Zwischenhebewerkes vorgesehen – eine der vorhandenen 4 Pumpen wird getauscht, um Zuflussverhalten und Pumpenkapazität besser aufeinander abzustimmen – sowie im Bereich des Rücklaufschlammpumpwerkes (RS-Pumpwerk). Das RS-Pumpwerk dient der Rückführung des durch die Membranmodule zurückgehaltenen Belebtschlamms in das Belebungsbecken. Aufgrund des neuen Prozesses sind hier Rohrleitungsführungen etc. anzupassen.
Membranfiltration und Technikgebäude
Um den belebten Schlamm vom gereinigten Abwasser abzutrennen, werden in konventionellen Kläranlagen große Absetzbecken (so auch aktuell auf dem KW Lindau) betrieben. Zukünftig erfolgt diese Abtrennung auf dem KW Lindau mit Hilfe von Membranen. Die Poren der verbauten Membrane (Ultrafiltration) lassen lediglich das gereinigte Wasser passieren und trennen den Belebtschlamm ab. Die Membrane sind zu Modulen zusammengefasst, die wiederum in die bestehenden Zwischenklärbecken eingebaut werden. Es werden sechs Filtrationszellen mit voraussichtlich je 21 Modulen errichtet. Die Abtrennung der einzelnen Zellen erfolgt mit Stahlbetonwänden, die in das bestehende Zwischenklärbecken eingebaut werden. Das Abwasser wird mit Permeatabzugspumpen durch die Membran gezogen. Um die Filtrationsfähigkeit der Module zu gewährleisten, werden diese von unten mit Luft beaufschlagt, einer sogenannten Crossflow-Belüftung. In größeren Intervallen erfolgt eine chemische Reinigung der Module. Hierfür wird dann eine Filtrationszelle aus dem Abwasserreinigungsprozess herausgenommen, entsprechende Reinigungschemikalie hinzugegeben und für eine bestimmte Dauer ein Reinigungsprogramm gefahren. Die für die Membranfiltration notwendige Anlagenperipherie (Gebläse für die Belüftung, Pumpen zum Abzug des Permeats, Chemikaliendosierung und Schaltanlage) wird in einem dem Zwischenklärbecken angelagerten eingeschossigen Technikgebäude mit nach Süden geneigtem Pultdach untergebracht. Die geneigte Dachfläche ermöglicht das Aufstellen von Photovoltaikmodulen.
Spitzenausgleichsbecken
Zukünftig wird der biologische Abwasserreinigungsprozess auf dem KW Lindau ausschließlich im Bereich der umgebauten Biologie 1 und den Membranfiltrationszellen stattfinden. Die bestehende Biologie 2 wird zukünftig als Spitzenausgleichsbecken umgenutzt und wird Bestandteil der Mischwasserspeicherung /-behandlung. Das Konzept sieht vor, dass bei starken Regenereignissen nach Vollfüllung der Pufferbecken das Spitzenausgleichsbecken gefüllt wird und somit weitere Kapazität zur Mischwasserspeicherung zur Verfügung steht. Nach Beendigung des Regenereignisses kann das gespeicherte Mischwasser gedrosselt dem biologischen Behandlungsprozess zugeführt werden. Sollte auch die Kapazität des Spitzenausgleichsbeckens erschöpft sein und weiteres Mischwasser der Anlage zufließen, dann schlägt dieses Becken Mischwasser ab und leitet dieses über die vorhandenen Sandfilter zur weitergehenden Mischwasserreinigung. Um die bestehende Biologie zum Spitzenausgleichsbecken umzufunktionieren, wird die bestehende Anlagentechnik des Beckens weitestgehend demontiert. KIeinere bautechnische Anpassungen für eine gleichmäßige Befüllung und maschinentechnische Ergänzungen für die Rückförderung des gespeicherten Mischwassers in die biologische Behandlung sind in diesem Zusammenhang notwendig.
Weitere Maßnahmen außerhalb der o.g. Verfahrensstufen / übergeordnete Maßnahmen
Außerhalb der zuvor genannten Verfahrensstufen erfolgt darüber die Erneuerung der maschinellen Überschussschlammeindickung als Sofortmaßnahme, weil die bestehende Anlagentechnik abgängig ist und dringend erneuert werden muss. Hierfür werden die bestehenden Trommelsiebe (Rotamat) durch zwei Scheibeneindicker ersetzt, die zukünftig die weitere Eindickung des Überschusschlamms vor Einbringung in den Faulbehälter übernehmen werden. Die vorhandene Gasfackel wird ebenfalls im Projekt außerhalb der o.g. Verfahrenseinheiten erneuert. Zudem erfolgen umfangreiche Ertüchtigungen der übergeordneten EMSR-Technik und dabei insbesondere die Integration aller neuer Anlagenteile in das bestehende Prozessleitsystem (mit entsprechender Visualisierung, Automatisierung und Dokumentation der Daten).
- Projektablauf
Grundsätzlich ist vorgesehen alle o.g. Maßnahmen bis zum Frühjahr/Sommer 2025 umzusetzen.
Das Projekt wurde gestartet mit der Sofortmaßnahme zur Erneuerung der maschinellen Überschussschlammeindickung. Die entsprechende Ausschreibung und Auftragsvergabe ist bereits erfolgt und der Austausch der Aggregate für Juli/August 2022 vorgesehen. Daneben wurden die Planung, sowie die Ausschreibungsunterlagen für die neue Gasfackel erstellt. Hier ist eine Veröffentlichung der Ausschreibung am 16.05.2022 und die Auftragsvergabe für Anfang Juli 2022 geplant. Die Ausführung ist realistisch im November 2022 zu erwarten.
Die Bearbeitung der beiden Studien (Machbarkeit 4.Reinigungsstufe / Energiestudie) wurde seitens des Planungsbüros ebenfalls bereits direkt zu Beginn des Projektes gestartet, um Ergebnisse während des Planungsprozesses noch integrieren zu können. Die Fertigstellung der Studien ist bis August 2022 (4. RS) bzw. Oktober 2022 (Energie) vorgesehen.
Die weiteren Umsetzungsschritte (nur Ausführung dargestellt) gestalten sich geplant wie folgt:
Vorklärbecken und Pufferbecken, Bautechnik Siebanlage
Bauausführung Umbauschritt 1 (Sanierung VKB, Erneuerung Räumer VKB)
August 2022 bis November 2022
Bauausführung Umbauschritt 2 (Zulauf-/Ablaufgerinne, Bautechnik Siebanlage, Sanierung Pufferbecken)
Februar 2023 bis Juni 2023
Umbau biologische Stufe
Bauausführung Umbau Biologie / Verteilgerinne / Zwischenhebewerk
Juni 2023 bis September 2023
Membranfiltration und Technikgebäude
Bauausführung Technikgebäude
(Hinweis Bauantragstellung Technikgebäude notwendig: ca. 29.07.2022)
Mai 2023 bis November 2023
Bauausführung Umbau Zwischenklärung / Membranfiltration
Dezember 2023 bis Juli 2024
Inbetriebnahme / Probebetrieb Membranfiltration
Juli 2024 bis Februar 2025
Spitzenausgleichsbecken
Bauausführung Spitzenausgleichsbecken
Juli 2024 bis November 2024
Es bleibt hinsichtlich der Terminschiene abzuwarten, wie sich Störungen der Lieferketten und generelle Probleme im Bereich der Rohstoffverfügbarkeit infolge der ggf. anhaltenden Corona-Pandemie und des Ukraine-Konflikts auf den Zeitplan auswirken.
- Kosten und Finanzierung
Eine Liste der geplanten Ausschreibungen mit den geplanten Veröffentlichungsterminen sowie der berechneten Kosten (gem. der Kostenberechnung der Entwurfsplanung der SAG Ingenieure) ist im Folgenden dargestellt.

Es bleibt im Zusammenhang der Kosten ähnlich wie im Zusammenhang der Verfügbarkeit und Lieferzeiten abzuwarten, welche Einflüsse sich zukünftig noch durch die anhaltende Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg ergeben. Die jüngsten extremen Kostensteigerungen im Bereich von z.B. Edelstahl lassen jedoch befürchten, dass teilweise insbesondere bei maschinentechnischer Ausrüstung Kostensteigerungen zu erwarten sind. Inwieweit auch in bislang weniger betroffenen Bereichen (z. B. bei zementgebundenen Baustoffen wie Beton) zukünftig Kostensteigerungen zu erwarten sind, kann noch nicht abgeschätzt werden, wobei ebenfalls zu befürchten ist, dass sich steigende Energiepreise aller Wahrscheinlichkeit nach auch hier kurzfristig bemerkbar machen werden. Die Submissionsergebnisse der ersten Ausschreibungen (Sanierung VKB, Räumer VKB) werden hier einen ersten Trend erkennen lassen.
- Zusammenfassung / Fazit
Die Planungen zur Erweiterung und Neukonzeption der biologischen Reinigungsstufe mit Membran-Belebungsverfahren für das KW Lindau sind wie geplant angelaufen und befinden sich im Zeitplan. Die Auswirkungen der aktuellen Krisen auf die Kosten und den zeitlichen Ablauf des Gesamtprojektes sind aktuell nicht absehbar. Derzeit wird jedoch noch vom dargestellten Zeitplan ausgegangen.