1. Rechtsgrundlagen für die Festlegung von Verbotszonen
Das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen, insbesondere Silvesterfeuerwerk (Kategorie F2), und die davon ausgehenden möglichen Gefahren werden ausschließlich im Sprengstoffgesetz (SprengG) und der aufgrund des Sprengstoffgesetzes erlassenen „Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz“ (1. SprengV) geregelt.
- Gesetzliche Verbote
Das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen ist verboten. Ebenso dürfen pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F2 in unmittelbarer Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich sind (z.B. Fachwerkhäuser, Tankstellen), auch am 31. Dezember und 1. Januar, nicht abgebrannt werden.
Aufgrund dieser gesetzlichen Verbote besteht nahezu auf der gesamten Lindauer Insel ein Feuerwerksverbot. Eine Erweiterung der Verbotszonen auf der Insel ist nach fachlicher Einschätzung der Verwaltung mit dieser Rechtsnorm allerdings nicht möglich.
- Weitere Regelungsmöglichkeiten für Städte und Gemeinden im Sprengstoffgesetz
Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 der 1. SprengV kann die zuständige Behörde allgemein oder im Einzelfall anordnen, dass pyrotechnische Gegenstände
- der Kategorie F2 in der Nähe von Gebäuden oder Anlagen, die besonders brandempfindlich sind, und
- der Kategorie F2 mit ausschließlicher Knallwirkung in bestimmten dichtbesiedelten Gemeinden oder Teilen von Gemeinden zu bestimmten Zeiten,
auch am 31. Dezember und am 1. Januar nicht abgebrannt werden dürfen.
Mit dieser Eingriffsnorm haben die Städte und Gemeinden jedoch nicht die Möglichkeit, jegliches private Silvesterfeuerwerk einzuschränken oder gar zu verbieten.
Nach der oben aufgeführten Nummer 1 bieten sich für das Stadtgebiet Lindau keine weiteren flächendeckenden Möglichkeiten, das Silvesterfeuerwerk einzuschränken. Die brandempfindlichen Gebäude oder Anlagen im Lindauer Altstadtbereich sind bereits durch die gesetzlichen Verbote unter a) geschützt und in einer hier möglichen Ermessensentscheidung wären die gleichen Erwägungsgründe zu berücksichtigen.
Die Ermächtigungsgrundlage der Nummer 2 bezieht sich nur auf Feuerwerkskörper mit ausschließlicher Knallwirkung in bestimmten dichtbesiedelten Gebieten. Diese Rechtsnorm wird vor allem in Großstädten wie z.B. München und dort beispielsweise auch nur begrenzt am „Mittleren Ring“ angewandt. Dort wird das Verbot mit der großstadttypischen, mehrstöckigen Bauweise, einem erhöhten Anziehungspunkt von Besuchern aus anderen Gebieten und zahlreichen Lärmbeschwerden aus den Vorjahren begründet. Da das einzige hierfür denkbare Gebiet im dichtbesiedelten, eng zusammenhängenden Altstadtbereich der Lindauer Insel bereits aus Brandschutzgründen mit einem Verbot belegt ist, stellt diese Rechtsnorm auch keine Möglichkeit dar, das private Feuerwerk im Stadtgebiet Lindau wirksam einzudämmen.
- Stellungnahme des Dt. Städtetags zu kommunalen Handlungsmöglichkeiten
Auf der Homepage des Deutschen Städtetages wurde vor dem Jahreswechsel 2022/2023 in diesem Zusammenhang folgende Stellungnahme veröffentlicht:
"Die Städte können punktuelle Feuerwerksverbote verhängen. Die Städte machen das seit Jahren, etwa um Anwohner in engen Innenstädten vor Lärm und historische Gebäude vor Bränden zu schützen.
Ein generelles Verbot von Silvesterfeuerwerk ist aus Sicht der Städte nicht notwendig. Wir haben allerdings beim Bund angeregt, Tier- und Naturschutz stärker in der Sprengstoffverordnung zu verankern. Tierparks, Tierheime sowie Natur- und Landschaftsschutzgebiete müssen in den Katalog der Orte aufgenommen werden, in deren Nähe das Abbrennen von Pyrotechnik verboten ist."
Eine Änderung der Sprengstoffverordnung ist bislang allerdings nicht erfolgt. Weitere Regelungsmöglichkeiten von Verbotszonen aufgrund des Immissionsschutzrechts, des Tierschutzes oder sonstiger negativer Begleiterscheinungen wie dem enormen Müllaufkommen und dem hohen Unfallrisiko stehen den Kommunen derzeit nicht zur Verfügung.
- Gefährdungseinschätzung nach dem allgemeinen Sicherheitsrecht (LStVG)
Da es aktuell keine Rechtsgrundlage für ein generelles Abbrennverbot oder ein Verbot in größeren Teilen des Lindauer Stadtgebiets gibt und die bereits bestehenden Verbotszonen nicht flächendeckend erweitert werden können, bleibt allenfalls der Rückgriff auf das allgemeine Sicherheitsrecht (LStVG). Dies dient in manchen Kommunen als Rechtsgrundlage, um in Bereichen, in denen an Silvester große Menschenansammlungen auftreten und dabei mit konkreten Gefahren zu rechnen ist, ein Feuerwerksverbot zu verfügen. Für eine solche Gefahrenlage liegen jedoch in Lindau aktuell keine Erkenntnisse von Seiten der Polizei oder Aufzeichnungen des zuletzt am Seehafen beauftragten Sicherheitsdienstes vor. Auch aus der Bevölkerung oder Presse gibt es keine entsprechenden Berichte.
2. Stand der Planungen eines evtl. kleinen organisierten Feuerwerks
Durch das Kulturamt wurde bereits mit einer Fachfirma abgeklärt, dass für den Jahreswechsel 2023/2024 ein zentrales Feuerwerk zur Verfügung stehen könnte, welches von einem Baggerschiff vor der Hafeneinfahrt nähe Läutwerk abgeschossen würde.
Eine Möglichkeit der Durchführung könnte sein, die Organisation auf das Feuerwerk zu beschränken und die Bürger lediglich dazu einzuladen, das organisierte Feuerwerk im Hafen zu besuchen. Die Kosten für das Feuerwerk könnten hierdurch vermutlich nicht ganz gedeckt werden. Nach erster Einschätzung des Kulturamtes könnte jedoch rund die Hälfte der anfallenden Kosten durch Beiträge der Hoteliers vor Ort und der Schifffahrtsbetriebe, welche durch ein zentrales Feuerwerk profitieren würden, getragen werden. Kosten des Feuerwerks in Form eines kleinen Eintrittsgeldes zu decken, gestaltet sich aufgrund der frei zugänglichen Fläche eher schwierig.
Sofern rund um das Feuerwerk noch weitere Dinge organisiert würden, um ggf. zusätzliche Anreize zu schaffen auf das private Feuerwerk zu verzichten und das organisierte Feuerwerk aufzusuchen, würde dies noch einige Planungen erforderlich machen und wäre, je nach Ausgestaltung bis hin zu einer organisierten Veranstaltung im Hafenbereich, auch mit einem höheren finanziellen Risiko verbunden.
Hierfür wären noch einige Aspekte zu klären, beispielsweise ob und in welcher Form eventuell eine Bewirtung oder musikalische Darbietung stattfinden könnte sowie welche ordnungsrechtlichen Vorgaben (kostenlose Toiletten, Bereitstellung von Ordnern, …) erfüllt sein müssten, und es müsste ein genaueres Konzept erstellt werden.
Basierend auf diesem Konzept könnte schließlich von Seiten des Ordnungsamtes in Erwägung gezogen werden, im Rahmen einer diesbezüglichen Veranstaltung und der in diesem Zusammenhang ggf. erhöhten Gefahrenlage durch Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen im Veranstaltungsbereich ein Feuerwerksverbot nach LStVG zu verfügen, quasi als „Sperrzone für privates Feuerwerk“. Inwiefern es dann auch für die Folgejahre zu rechtfertigen wäre, müsste aufgrund der Erfahrungswerte bei der erstmaligen Durchführung zum Jahreswechsel evaluiert werden.
Ob und in welchem Umfang das organisierte Feuerwerk zu einem Rückgang des privaten Feuerwerks in Lindau beitragen könnte, lässt sich schwer vorhersagen und wird wohl maßgeblich davon abhängen, wie das organisierte Feuerwerk von der Bevölkerung angenommen würde.
Beim Ordnungsamt wurde diesbezüglich eine Abfrage gestartet hinsichtlich der Erfahrungswerte anderer Kommunen, welche bereits ein zentrales Feuerwerk oder auch eine Licht- und Lasershow an Silvester organisiert haben. Die Rückmeldungen stehen allerdings größtenteils noch aus.