Klärwerk 2040 - Übernahme der Klärschlammtrocknungsanlage


Daten angezeigt aus Sitzung:  5. Sitzung des Werkausschusses GTL, 05.10.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Werkausschuss Garten- und Tiefbaubetriebe Lindau (Stadt Lindau) 5. Sitzung des Werkausschusses GTL 05.10.2023 ö beschließend 4

Sachverhalt

In der Werkausschusssitzung vom 08.05.2023 wurde die Werkleitung der Garten- und Tiefbaubetriebe Lindau (GTL) mit der Beauftragung von Planungsleistungen für das Heizungssystem der Kläranlage und zur Aufnahme der Verhandlungen über die Übernahme der Hackschnitzelheizung ermächtigt. Hintergrund sind die Ergebnisse der Energiestudie der Kläranlage aus dem Jahr 2022, die eine übergreifende Betrachtung aller Energieströme auf der Kläranlage zur effizienteren und nachhaltigeren Energieproduktion und –verwertung nahe legt. 
Die jüngsten Entwicklungen in Bezug auf die Klärschlammtrocknung geben Anlass, die Verantwortlichkeiten und Besitzverhältnisse zu überdenken. Im Sommer 2023 traten aufgrund einer defekten Abluftreinigung massive Geruchsbelästigungen durch die Klärschlamm-trocknung auf, was zu einer weitgehenden Stilllegung der Anlage geführt hat. Das Landratsamt Lindau hat die GTL als Grundstückseigentümer aufgefordert die Probleme des Betreibers aus dem Weg zu räumen. Das bedeutet, dass die GTL die Verantwortung trägt, aber keinerlei Durchgriff auf den Betrieb der Anlage hat, weil die Anlage dem Betreiber gehört. Jeder Betreiberfehler kann sich direkt auf die Kläranlage auswirken.
Die Begutachtung des Biofilters durch das ISWA Institut Stuttgart und die Firma BUB (Braunschweiger Umwelt-Biotechnik GmbH) machen klar, dass die Abluftbehandlung bei 100% Auslastung der Trocknungsanlage nicht groß genug dimensioniert ist und somit Nachbesserungsbedarf besteht. Der Betreiber hat bereits in den letzten beiden Jahren innerhalb des Pilotbetriebs in die Optimierung der Anlage investiert und signalisiert Engpässe in der weiteren Finanzierung von Anpassungen und des Betriebs. Das bringt Probleme für die Entsorgungssicherheit und die damit verbundenen Kosten für die Klärschlammentsorgung der Kläranlage mit sich. 
Die Abteilung GT-Abwasser strebt deshalb eine Übernahme der Trocknungsanlage und damit eine klare Regelung der Verantwortung für den Betrieb der Anlage an. Die bisherigen Erfahrungen mit der Anlage zeigen, dass die entsprechenden Klärschlammmengen mit dieser Anlage getrocknet werden können, was zu Einsparungen bei der Entsorgung beiträgt und unter Umständen langfristig für weitere Entwicklung im Bereich Erneuerbare Energien dienlich sein kann.

Fachliche Bewertung

Der Betreiber gibt an, für den Bau der Trocknungsanlage inklusive der Hackschnitzelheizung insgesamt eine Investition von rund 1,7 Mio. € brutto getätigt zu haben. Die vereinbarte Vertragslaufzeit lag bei 10 Jahren, so dass heute, nach zwei Jahren Betrieb eine Amortisationszeit von 8 Jahren und ein Kapitalzins von 3,0 % bei der Kaufpreisberechnung anzusetzen ist. 
Im derzeitigen Angebot des Betreibers wurden die bisherige Nutzungsdauer sowie Abschläge für anstehende Investitionen (Abluftbehandlung) bereits berücksichtigt. Daraus ergibt sich eine Angebotssumme für den Erwerb der Anlage in Höhe von 1,15 Mio. € brutto. Für die Nachrüstung der notwendigen Abluftbehandlung sind Kosten in Höhe von rund 150.000 €  brutto anzusetzen. Der bestehende Kreditrahmen vom Betreiber in Höhe von 609.201,90 € könnte zu einem Zinssatz in Höhe von 1,4 % übernommen werden, so dass fast die Hälfte der Investition zu sehr guten Konditionen getätigt werden könnte.

Die laufenden Betriebskosten, die bisher schon von der Abteilung GT-Abwasser getragen werden, fallen  für Hackschnitzel (Wärmebereitstellung) und Strom (Beschickung der Anlage, Wendetechnik, Trockenschlammaustrag, Gebläse Abluft), sowie die finale Entsorgung des Klärschlammgranulats an. Tritt die GTL als Betreiber auf, kommen zusätzliche Kosten für Instandhaltung und Wartung, sowie Versicherung zu den bisherigen Kosten hinzu. 

In der Zusammenschau ergeben bei den getroffenen Annahmen folgende Zahlen:

Anlagendaten



Jahresmenge Filterkuchen

3.400
t/a
Feststoffgehalt Filterkuchen

25
%
TR eff.

850
t/a
Endfeststoffgehalt

92
%
Klärschlamm mit Endfeststoffgehalt

924
t/a
Wassermenge total

2.550
t/a
Zu verdampfende Wassermenge

2.476
t/a
Spez. Verdampfungsleistung

20,00
t/(m²*a)
Erf. Trocknungsfläche

248




Energie



Erforderliche Thermische Gesamtenergie

2.327.522
kWh/a
Erforderliche th. Energie pro 1/t Wasser

940
kWh
Erforderliche el. Energie pro 1/t Wasser 

45
kWh
elektrische Energie

111.424
kWh/a
Thermische Anschlussleistung Mittel

548
kW
Thermische Leistung  

2.212
W/m²




Anlagekosten



Anlagekosten, komplett, inkl. Steuerung und Investition in Abluft


1.300.000

EUR
Amortisationszeit

8
a
Kapitalzinsen

3,0
%
Total Anlagenkosten (inkl. Amortisation):

185.193
EUR/a




Betriebskosten



Stundenlohnkosten

40,00
 /h
Spez. Arbeitsaufwand

0,3
h/d
Arbeitsaufwand (300 d/a)

3.600
 /a
Spez. Ersatzteilaufwand

2,0
%
Ersatzteilkosten

26.000
 /a
jährliche Kosten thermische Energie

46.550
 /a
jährliche Kosten elektrische Energie

61.283
 /a
Kosten für Abluftreinigung 3,5 €/t Schlamminput

11.900
 /a
Total Betriebs-/Energiekosten

149.334
 /a




Entsorgungskosten Filterkuchen (aktuell)



Kosten pro t Filterkuchen

148,75
 /t
Schlammmenge pro Jahr

3.400
t/a
Total pro Jahr

505.750
 /a




Entsorgungskosten Trockenschlamm



Kosten pro t Trockenschlamm

80,00
 /t
Schlammmenge pro Jahr

924
t/a
Total pro Jahr

73.913
 /a




Summe jährliche Kosten mit Trocknung

408.000
 /a
Summe jährliche Kosten ohne Trocknung

505.750
 /a
Differenz

97.750
 /a




Spezifische Kosten ex KA mit Trocknung

120,00
 /t
Spezifische Kosten ex KA ohne Trocknung

148,75
 /t
Einsparung im Lebenszyklus (8 Jahre)

782.000
EUR







Konservativ gerechnet amortisiert sich die Anschaffung der Klärschlammtrocknungsanlage innerhalb der begrenzten Laufzeit (8 Jahre), die Einsparung liegt pro Jahr bei ca. 75.000 € brutto. 
In Hinblick auf die bessere Kontrolle über den Betrieb, die Wartung und die Instandhaltung ist mit einer längeren Laufzeit zu rechnen, so dass realistischer Weise mehr als eine Millionen Euro eingespart werden können. Die Einbindung der Klärschlammtrocknung in das allgemeine Energie- und Wärmesystem des Klärwerks verspricht weitere Synergieeffekte, wie auch schon die Energiestudie (aqua & waste aus 2022) aufgezeigt hat.
Für die Wartung der Trocknungsanlage und der Heizung, sowie die Lieferung der Hackschnitzel wären entsprechende Unternehmer kurzfristig zu binden.
Im Wirtschaftsplan 2023 sind Investitionen von insgesamt 8,65 Mio. € für die Abteilung GT-Abwasser berücksichtigt, wovon bisher rund 3,6 Mio. € verfügt wurden. Bis Jahresende sind noch Investitionen in Höhe von rund 3,2 Mio. € brutto zu erwarten, so dass ein „Jahresüberschuss“ wegen nicht getätigter / verzögerter Investitionen in Höhe von 1,85 Mio. € brutto zu erwarten ist. Die Investition in Höhe von 1,3 Mio. € brutto für den Kauf der Trocknungsanlage, sowie die Anpassung der Abluftbehandlung wären somit über  den Wirtschaftsplan 2023 abgedeckt.

Finanzielle Auswirkungen


einmalig
laufend
Finanzielle Auswirkungen:
1.350.000 € brutto    
     
Mittel stehen zur Verfügung
Haushaltsstelle/
Deckungsvorschlag
Betrifft WP der GTL  





Diskussionsverlauf

Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d    geht noch einmal auf das Geruchsproblem im Frühjahr ein, was durch den überlasteten Biofilter der Klärschlammtrocknungsanlage verursacht wurde. Sie erklärt kurz, welche Massnahmen sie durchgeführt haben, um das Problem zu beseitigen und welche Vorteile die GTL durch eine Übernahme der Trocknungsanlage von den externen Betreibern hätte.

Stadtrat   B ü c h e l e     fragt, ob die Gewährleistung greift, wenn die Anlage nicht optimal funktioniert.
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   teilt mit, dass die Anlage in 2021 in Betrieb gegangen ist und damit die 2-jährige Gewährleistung abgelaufen ist. Aktuell läuft ein Verfahren gegen den Lieferanten des Biofilters, um den Mangel zu beheben. Wenn dies erfolgreich ist, gibt es eine Erstattung an die GTL.
Stadtrat   M ü l l e r   fragt, wie der getrocknete Schlamm weiter verwendet wird.
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d    informiert, dass aktuell die Verbrennung in einer Zementfabrik erfolgt, die den getrockneten Schlamm als CO2 abgabefreien Brennstoff einsetzen. Der Heizwert liegt in der Größenordnung von Braunkohle.
Stadtrat   S t r a u ß   stimmt Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   zu , dass es Vorteile hat die Anlage selber zu besitzen. Solange es einen Betreiber gibt, ist nicht garantiert, dass dieser auftretende Probleme ernsthaft löst. Geht die Anlage in das Vermögen der GTL werden Unstimmigkeiten schneller und gewissenhafter behoben.
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   ergänzt, dass die Geruchsbelastung im Frühjahr sich sukzessive aufgebaut hat. Die Betreiberin wurde informiert, hat sich aber zurückgehalten, weil sie die Kosten gesehen hat.
Stadtrat   R e i c h   sieht anhand der Vorlage von Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   , dass die Anlage dieses Jahr noch innerhalb des Wirtschaftsplans finanzierbar ist. Aber wie sieht das nächstes Jahr aus.
Berichterstatterin   D r. B u r g h a r d   antwortet, dass sie die Kosten aller Anlagenteile ohnehin jedes Jahr neu im Wirtschaftsplan einstellen muss.
Stadtrat   R e i c h   sieht bei Erwerb der Anlage, dass die Technik länger, als die noch zu verbleibene Laufzeit erhalten bleibt und dadurch Kompetenz und Wissen bei GT-Abwasser aufgebaut wird. Er findet den Vorschlag, die Anlage zu erwerben, sehr positiv.

Beschluss

  1. Der Werkausschuss beschließt den Kauf der Klärschlammtrocknungsanlage bis zu einem Kaufpreis in Höhe von 1.150.000 € brutto. 
  2. Der Werkausschuss ermächtigt die Werkleitung, die Leistung für die Nachrüstung der Abluftbehandlung bis zu einer Höhe von maximal 200.000 € brutto zu vergeben. 

Abstimmungsergebnis
Dafür: 13, Dagegen: 0

Datenstand vom 21.01.2025 09:25 Uhr