- Ausgangslage/ Wettbewerbsergebnis
Mit der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 129 beabsichtigt die Stadt Lindau, die städtebauliche Entwicklung unter Berücksichtigung einer kontrollierten Nachverdichtung im Zentrum des Stadtteils Aeschach zu steuern. Das Plangebiet umfasst das ehemalige Gelände der Stadtgärtnerei, das zum einen durch vielfältige Pflanz- und Baumstrukturen geprägt wird und zum anderen einen denkmalgeschützten Gebäudebestand aufweist. Aufgrund der besonderen Lage sowie des besonderen Gebietscharakters, erfolgte im Jahr 2019 durch die GWG Lindauer Wohnungsgesellschaft mbH (GWG Lindau) die Auslobung eines städtebaulichen Realisierungswettbewerbs. Ziel des Wettbewerbs war, ein städtebauliches Konzept zu erstellen, das als Schwerpunktthemen die Schaffung von Wohnraum in Form von Mehrfamilienhäusern für den einkommensorientierten geförderten Wohnungsbau (EOF) und Reihenhäuser zur freien Vermarktung sowie die Bereitstellung von Flächen für Kinderbetreuung beinhaltete. Besondere Berücksichtigung sollte zudem die Beziehung zur westlich angrenzenden Parkfläche finden, die aufgewertet und auch für die Öffentlichkeit nutzbar gemacht werden sollte. Auch die fußläufige Vernetzung sowie das Radwegenetz der Stadt Lindau sollten hier besonders berücksichtigt werden.
Im Bau- und Umweltausschuss vom 14.04.2021 wurde das Ergebnis des Wettbewerbs für ein städtebauliches Konzept für das Areal der ehemaligen Stadtgärtnerei in öffentlicher Sitzung vorgestellt.
Der Entwurf strukturiert sich in vier Teilbereiche. Um das Zentrum gruppieren sich drei polygonale Baukörper in Geschossbauweise um einen zentralen Quartiersplatz, im Norden befinden sich versetzte Reihenhauszeilen, im Südosten die denkmalgeschützten Gebäude als Rahmen. Diese werden mit Blickbeziehungen untereinander verbunden, der östlich gelegene Baukörper vermittelt hierbei zwischen den Raumbezügen des Palmen- und Stadtgärtnerhauses. Der Kindergarten wird als Solitär dem Park und Grünbereich zugeordnet, er erhält ein Dachgeschoss mit Wohnungen insbesondere für Erzieherinnen und Erzieher.
Die Geschosswohnbebauung ist gegliedert in ein viergeschossiges Gebäude zuzüglich eines Staffelgeschosses als städtebauliches Pendant zur Villa Engel und zwei dreigeschossigen Baukörpern mit Staffelgeschoss im Nahbereich der Orangerie. Die Traufkanten reagieren hiermit auf die umgebende Bebauung.
Im nördlichen Planungsgebiet sind je vier Reihenhäuser in zwei kompakten Zeilen zusammengefasst. Mit einer schmalen vorgelagerten Vorgartenzone und einem privaten Freibereich nach Westen binden sich die beiden Zeilen in das Grünraumgefüge ein. Die Reihenhäuser sind als zweigeschossige Baukörper mit ausgebautem Dachgeschoss konzipiert und bilden den Übergang zur Wohnbebauung des Schweizerhofwegs.
Ab dem Vorplatz der Villa Engel entwickelt sich das Quartier autofrei und fußgängerfreundlich. Ein öffentlicher Kinderspielplatz ist im Südwesten im Bereich der ergänzenden Fuß- und Radwegverbindung zur Anheggerstraße vorgesehen.
Die Nutzungen sind funktional klar abgegrenzt. Geförderter Wohnungsbau im Zentrum und Eigentumsgebäude im Norden. Die denkmalgeschützten Gebäude können ohne Beeinträchtigung gemischt als Büro- und Wohnflächen genutzt werden. Das denkmalgeschützte Palmenhaus soll den Mietern der Geschosswohnungsbauten als Gemeinschaftsfläche dienen.
Durch die kompakte Bebauung wird der bestehende Park weitgehend erhalten. Der im Freiraumkonzept definierte Landschaftsfinger wird von Norden nach Süden großzügig weitergeführt.
In der Stadtratssitzung vom 29.10.2023 wurde mit dem Aufstellungsbeschluss die Einleitung des Bauleitverfahrens zum BP Nr. 129 „Alte Stadtgärtnerei“ mit 6. Änderung des Bebauungsplans Nr. 24 und 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 66 sowie die frühzeitigen Beteiligungen beschlossen. In der Sitzung vom 15.05.2024 wurden die Stellungnahmen aus der frühzeitigen Beteiligung abgewogen und der Billigungs- und Auslegungsbeschluss gefasst.
Gegenstand dieser Beschlussvorlage ist nun die Abwägung der Stellungnahmen aus der förmlichen Beteiligung sowie die Fassung des Satzungsbeschlusses.
- Planungsziel
Die Planung dient der Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum, darunter anteilig sozial geförderter Wohnraum. Mit der Errichtung einer Kindertagesstätte soll ebenfalls die erforderliche soziale Infrastruktur hergestellt werden. Die Grundzüge des Gewinnerkonzepts des städtebaulichen Wettbewerbs sollen umgesetzt werden.
Beim gesamten Planvorhaben wird, nach dem Leitgedanken „Wohnen im Grünen“, auf eine durchgängige Begrünung, Dachbegrünung und eine kompakte Bauweise geachtet, wodurch der Anteil überbauter Fläche auf ein Minimales reduziert wird und die bauliche Dichte durch die Geschossigkeit kompensiert und verträglich wird.
Ab dem Vorplatz der Villa Engel soll das Quartier weitestgehend autofrei und fußgän-gerfreundlich entwickelt werden. Die Zufahrt für den Hol- und Bring-Verkehr der Kin-derbetreuung mit Möglichkeiten zum Be- und Entladen und zu den bestehenden oberirdischen Stellplätzen der Villa Engel sowie des Stadtgärtnerhauses erfolgt an der bestehenden Zufahrt südwestlich des Plangebiets. Die Zufahrt wird entsprechend erweitert und mit einem Wendebereich ausgestattet. Das Quartier selbst ist ab hier lediglich für Feuerwehr-, Rettungs- sowie Ent- und Versorgungsfahrzeuge befahrbar und kann so weitestgehend autofrei entwickelt werden.
- Verfahrenswahl
Die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 129 erfolgt im Regelverfahren nach BauGB. Die Änderung des Flächennutzungsplans erfolgt im Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB.
- Festsetzungen des Bebauungsplanes
Art der baulichen Nutzung
Im Bereich der Reihenhäuser (WA 1), des Geschosswohnungsbaus inkl. Palmenhaus (WA 2) und der Kindertagesstätte (WA 3) wird ein Allgemeines Wohngebiet gemäß § 4 BauNVO festgesetzt.
Entsprechend des Nutzungskonzeptes sind im WA 1 und WA 2 Wohngebäude, die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe und Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zulässig. Die über das Wohnen hinausgehenden zulässigen Nutzungen sollen zur Belebung und Attraktivierung des Quartiers beitragen. So wäre die Errichtung eines Quartiercafés oder beispielsweise einer Quartierswerkstatt möglich. Im Bereich der Kindertagesstätte (WA 3) sind im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss Anlagen für soziale Zwecke – konkret für die Kinderbetreuung – zulässig. Im 2. Obergeschoss (Dachgeschoss) ist zudem Wohnnutzung zulässig, da hier Wohnraum insbesondere für Erzieher:innen zur Verfügung gestellt werden soll. Sonstige nicht störende Gewerbebetriebe, Anlagen für Verwaltungen, Gartenbaubetriebe sowie Tankstellen sind nicht zulässig, da sich diese Nutzungen nicht in das gewünschte Nutzungsschema eines ruhigen, aber belebten und weitestgehend autofreien Wohnquartiers einfügen. Ferienwohnungen im Sinne des § 13a Satz 1 und Satz 3 BauNVO sind ebenfalls nicht zulässig, da der hier geschaffene Wohnraum der Bevölkerung und nicht dem Tourismus dienen soll. Aus diesem Grund sind zudem Betriebe des Beherbergungsgewerbes im Allgemeinen Wohngebiet nur ausnahmsweise und im Mischgebiet nicht zulässig. Weiterhin sind Nebenwohnungen/Zweitwohnungen gemäß des Grundsatzbeschlusses zur SoBoN vom 29.06.2023 als unzulässig festgesetzt worden.
Im Bereich der denkmalgeschützten Gebäude Villa Engel und Stadtgärtnerhaus wird entlang der Ludwig-Kick-Straße ein Mischgebiet festgesetzt. Hier wird eine dem Gebietscharakter entsprechende Nutzungsdurchmischung über die jeweiligen Geschosse gewährleistet. Im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss sind Geschäfts- und Büronutzungen, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, sonstige Gewerbebetriebe und Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zulässig um auf die Vorprägung durch die Ludwig-Kick-Straße zu reagieren. Wohnnutzung ist aus immissionsschutzfachlichen Gründen und zum Schutz der Privatsphäre ausschließlich in den oberen Geschossen zulässig. Im Erdgeschoss ist keine Wohnnutzung zulässig. Darüber hinaus sind Gartenbaubetriebe, Tankstellen und Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ebenfalls nicht zulässig. Für diese Nutzungen stehen andere Flächen im Stadtbereich zur Verfügung und sind an diesem Standort städtebaulich nicht gewünscht.
Maß der baulichen Nutzung
Grundflächenzahl (GRZ): Zur Regelung der Bebauungsdichte sowie zur baurechtlichen Umsetzung der Gebäudeplanung des Wettbewerbentwurfs, erfolgt die Festsetzung einer jeweils für die Allgemeinen Wohngebiete WA1-3 maximal zulässigen Grundflächenzahl (GRZ) gemäß § 19 Abs. 1 BauNVO. Die zulässigen Maximalwerte sind entsprechend der Orientierungswerte der BauNVO für ein Allgemeines Wohngebiet mit 0,4 festgesetzt.
Für das Mischgebiet (MI) werden keine Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung getroffen, da hier eine Bestandsbebauung vorliegt, die zudem unter Denkmalschutz steht. Änderungen richten sich daher nach dem Denkmalschutzgesetz.
Höhe der baulichen Anlagen: Die Höhe der baulichen Anlagen wird bestimmt durch die Festsetzung einer Gesamthöhe und einer Wandhöhe. Die festgesetzten Höhen gliedern die Bebauung und stellen gleichzeitig die Einfügung in das Stadtbild sicher.
Weitere Festsetzungen sind:
- Überschreitung der GRZ durch Anlagen gem. §19 Abs. 4 Nr. 1-3 BauNVO
- Bauweise
- Dachform und Dachneigung
- Dachgestaltung
- Materialien und Gestaltung
- Grünordnung und Immissionsschutz
- Prüfung und Abwägung der vorgebrachten Stellungnahmen zur Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB
Die öffentliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) zu dem Bebauungsplanentwurf einschließlich seiner Begründung mit Stand vom 15.05.2024 fand in der Zeit vom 17.06.2024 bis 19.07.2024 statt. Während dieser Zeit konnten Stellungnahmen zur Planung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadt Lindau (B) vorgebracht werden.
Von Seiten der Öffentlichkeit gingen zum Entwurf mit Stand vom 15.05.2024 drei Stellungnahmen ein. Die Stellungnahmen wurden von der Verwaltung geprüft und gemäß Anlage 1 abgewogen.
- Prüfung und Abwägung der vorgebrachten Stellungnahmen zur Behörden- und Trägerbeteiligung gemäß § 4 Abs. 2 BauGB
Die Unterlagen zur Trägerbeteiligung gemäß § 4 Abs. 2 BauGB wurden am 17.06.2024 an insgesamt 24 Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange sowie an acht Nachbargemeinden verschickt.
Die vorgebrachten Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange wurden von der Stadt Lindau geprüft und abgewogen wie in der Anlage 1 dargestellt.
Aufgrund der vorgebrachten Stellungnahmen zur öffentlichen Auslegung und zur Trägerbeteiligung müssen Planänderungen und -ergänzungen gegenüber dem Entwurf zum Bebauungsplan mit Stand vom 15.05.2024 vorgenommen werden. Die Änderungen oder Ergänzungen sind überwiegend redaktioneller Art und führen nicht zu einer erstmaligen oder stärkeren Berührung von Belangen, weshalb nach § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB keine erneute Veröffentlichung und keine erneute Beteiligung der Träger öffentlicher Belange erfolgt.
Folgende Änderungen und Ergänzungen wurden in den überarbeiteten Bebauungsplan mit Stand vom 23.10.2024 eingearbeitet:
Ergänzung/ Änderung der Planzeichnung:
- Ergänzung eines Wegerechts im Norden zur Durchwegung des Plangebiets (Planung zu Landschaftsfingern/ Stadtheimatpfleger/ Öffentlichkeit).
Ergänzung/ Änderung der Begründung/ Umweltbericht:
- Ergänzung der Begründung zum ergänzten Wegerecht im Norden.
- Redaktionelle Änderung des Umweltberichts Ziffer 5.2 Tab. 4 (Ermittlung des Planungsfaktors).