Antrag von Roland und Christina Maurer auf Nutzungsänderung vom Aufenthaltsgebäude zum Wohngebäude wegen Kernsanierung des Wohngebäudes auf dem Grundstück FlNr. 1938/2 und 1939, Gem. Degerndorf


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Marktgemeinderates, 15.09.2022

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat Lupburg Sitzung des Marktgemeinderates 15.09.2022 ö 3.1

Sachverhalt

Ort des Bauvorhabens: Rackendorf 10 (Hirschthal)



Das Bauvorhaben befindet sich im Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Beantragt wird die Nutzungsänderung eines Aufenthalts- / Wirtschaftsgebäudes zu einem Wohngebäude für die Kernsanierung des Hauptgebäudes.
Grundsätzlich ist der Außenbereich von jeglicher Bebauung freizuhalten. § 35 BauGB lässt ausnahmsweise Vorhaben zu, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es z.b. einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient. Daneben können sonstige Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.


1. Vorhaben dient keinem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb
Die Hofstelle wird seit vielen Jahren nicht mehr als land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb genutzt. Ob die vorhandenen Gebäude überhaupt jemals einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gedient haben, ist nicht belegt.
Auf Nachfrage gaben die Bauherren an, dass geplant ist, im weiteren Verlauf das Hauptgebäude kernsanieren zu wollen und eine Imkerei aufzubauen. Allein diese Absichtserklärung stellt jedoch noch keinen im Außenbereich privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb dar. Der Begriff der Landwirtschaft ist legal definiert in § 201 BauGB. Danach ist (unter anderem) die berufsmäßige Imkerei ein landwirtschaftlicher Betrieb. Eine berufsmäßige Imkerei liegt dann vor, wenn die Absicht ständiger Gewinnerzielung im Vordergrund steht und die Betätigung in gesicherter Weise auf Dauer angelegt ist. Davon ist zum jetzigen Zeitpunkt bei den Bauwerbern nicht auszugehen bzw. wurde nicht dargelegt.

2. Als sonstiges, d.h. keinem land- und forstwirtschaftlichem Betrieb dienendes Vorhaben beeinträchtigt das Bauvorhaben öffentliche Belange 
Es ist die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten, da durch die Genehmigung ein Präzedenzfall für spätere Vorhaben geschaffen würde.

3. Die ausreichende Erschließung ist nicht gesichert. 
Der Zweckverband Laber-Naab teilt mit, dass das Gebäude zwar über einen Wasseranschluss verfügt, die Löschwasservorhaltung gemäß den Vorgaben des DVGW Arbeitsblatt W 405 aber jedoch nicht gewährleistet werden kann, da es sich um eine Gussleitung DN 80 aus dem Jahr 1954 handelt.
Auch die öffentliche Zufahrtsstraße ist nicht mehr in einem guten Zustand, nur schwer befahrbar und wird im Winter nicht geräumt. Auch eine Straßenbeleuchtung ist nicht vorhanden.
Das Anwesen ist zudem nicht an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen und wird stattdessen über eine Kleinkläranlage entwässert.

4. Es liegt keine Begünstigung (Teilprivilegierung) nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB vor.
Nach dieser Vorschrift kann bestimmten Vorhaben ein Widerspruch zum Flächennutzungsplan und die Befürchtung der Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung nicht entgegen gehalten werden.
Das beantragte Vorhaben erfüllt die Voraussetzungen einer solchen Teilprivilegierung jedoch nicht. Insbesondere kann sich für einen Um- oder Ausbau des ursprünglichen Stall- /Wirtschaftsgebäudes nicht auf § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB berufen werden, da das Gebäude nicht in räumlichfunktionalem Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Hofstelle steht.
Selbst wenn das besagte Gebäude zum Zeitpunkt des Kaufes durch die Kläger in der Form genutzt und vom Vorbesitzer zu Wohnzwecken umgebaut wurde, ändert das nichts an der Tatsache, dass die Nutzungsänderung und Umgestaltung in der Vergangenheit bereits rechtswidrig war. 

Beschlussempfehlung

Das gemeindliche Einvernehmen zum Antrag von Roland und Christina Maurer auf Nutzungsänderung vom Aufenthaltsgebäude zum Wohngebäude wegen Kernsanierung des Wohngebäudes auf dem Grundstück FlNr. 1938/2 und 1939, Gem. Degerndorf, wird nicht erteilt.

Rechtslage

§ 35 BauGB (Auszug)
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
(…)

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(…)

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
(…)

4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
(…)

Beschluss

Das gemeindliche Einvernehmen zum Antrag von Roland und Christina Maurer auf Nutzungsänderung vom Aufenthaltsgebäude zum Wohngebäude wegen Kernsanierung des Wohngebäudes auf dem Grundstück FlNr. 1938/2 und 1939, Gem. Degerndorf, wird nicht erteilt.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 1

Datenstand vom 28.09.2022 15:18 Uhr