Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids Erweiterung eines landwirtschaftlichen Betriebes um eine Pferdepension auf eigener Futtergrundlage, Sägmühle 1, Fl.Nrn. 1455 u. a. Beratung und Beschlussfassung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Marktgemeinderatssitzung, 16.03.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat (Markt Markt Schwaben) Marktgemeinderatssitzung 16.03.2023 ö Beratung und Beschlussfassung 10

Sachvortrag

Gremium
Beratungsart:
Beratungstyp:
Sitzungsdatum:
TOP-Nr.:
Marktgemeinderat
öffentlich
beschließend
17.09.2020
6
Marktgemeinderat
öffentlich
beschließend
16.03.2023


1.)

Mit Datum vom 04.08.2020 stellte der Eigentümer des „Sägmühlengrundstücks“ den Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids für die
„Erweiterung eines landwirtschaftlichen Betriebes um eine Pferdepension“
auf den Fl.Nrn. 1455 und 1458 der Gemarkung Markt Schwaben (Sägmühle-Areal).
Konkret werden die folgenden 14 Fragen gestellt:

Ehemaliger Rinderstall:
1. Ist eine Umnutzung des ehemaligen Rinderstalls in 
a. einen Pferdestall mit 10 Boxen und vorgelagerten Kleinausläufen / Paddocks
b. einem Servicebereich
    auf dem Flurstück 1455 möglich?

Kopfbau ehemaliger Rinderstall:
2. Ist es möglich, im Erdgeschoss einen Schlacht-, Zerleg- und Kühlraum zur Verarbeitung der Produkte aus der Damwildhaltung zu errichten?
3. Ist es möglich, die im Obergeschoss vorgesehene „Schweizer Wohnung“ im Rohbau zu belassen, um in einer möglichen zweiten Entwicklungsstufe nach erfolgter Betriebsaufnahme (Pferdepension) eine neue Bauantragsprüfung als Mitarbeiter- oder Ferienwohnung (Urlaub auf dem Bauernhof) anzustreben?
4. Ist es möglich, die Fassade des Kopfbaus fertigzustellen (Dämmung, Putz)?

Rotes I-förmiges Rohbaugebäude:
5. Ist die Fertigstellung der landwirtschaftlichen Halle als Liegebereich für ca. 25 Pferde in Gruppenhaltung realisierbar?
6. Ist die Errichtung eines überdachten Fressbereiches für die Gruppenhaltung realisierbar?
7. Ist im Eckbau
a. im Erdgeschoss die Errichtung eines Servicebereichs (Putzen und Pflegen der Pferde mit Sattelkammer, Waschplatz etc.) realisierbar?
b. im Obergeschoss die Errichtung einer Mitarbeiterwohnung realisierbar
c. im Obergeschoss die Errichtung eines Technikraums (Fütterungstechnik Gruppenhaltung) und eines Lagerraums für Kraftfutter realisierbar?
d. im Obergeschoss die Errichtung eines Versorgungsraums zum Waschen, Trocknen und Aufbewahren von Pferdedecken realisierbar?

8. Ist im nördlichen Gebäudeteil
a. Im Obergeschoss die Errichtung eines Aufenthaltsraums für die Pferdebesitzer realisierbar?
b. Im Erdgeschoss die Errichtung von Sanitäranlagen für Pferdebesitzer und Mitarbeiter realisierbar
c. an der Stirnseite zwei Pferdekrankenboxen realisierbar?

Langgebäude:
9. Ist die Einrichtung von Lagerräumen und Räume für die Wasserversorgungs- und Heiztechnik realisierbar?

Voliere:
10. Ist die Errichtung einer Hühnerhaltung mit Auslauf realisierbar?
11. Ist eine Nutzung der Gebäude auf dem Flurstück 1458 als Betriebsmittellager realisierbar?
12. Ist die Errichtung eines Außenreitplatzes mit einer Größe von 20 x 40 m (bereitbare Fläche) auf dem Flurstück 1455 realisierbar?
13. Ist die Errichtung eines überdachten Longierzirkels mit einer Größe von Durchmesser 18 m auf den Flurstück 1455 realisierbar?
14. Ist die Errichtung von Ausläufen und Wegen auf dem Flurstück 1455 realisierbar?

Jeweils einschließlich der erforderlichen Hof- und Wegeflächen.“

In der Sitzung am 17.09.2020 verweigerte der Marktgemeinderat einstimmig die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB hinsichtlich aller 14 Fragen nebst Unterfragen.

2.)

Anschließend erfolgte die Beteiligung der Fachstellen durch das Landratsamt Ebersberg.

Zudem wurde die Planung mit Antrag vom 02.08.2020 teilweise geändert. Die aktuellen Bauvorlagen in der Fassung vom 28. bzw. 29.10.2022 sind der Beschlussvorlage als Anlage beigefügt. Zudem wurde das Betriebskonzept unter dem 08.04.2022 und 19.10.2022 ergänzt. Auch diese Erklärungen sowie eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vom 09.11.2020 sind der Beschlussvorlage als Anlage beigefügt. Hinsichtlich der Vorbescheidsfragen haben sich folgende Änderungen ergeben: 

  • Die Frage 3) lautet nunmehr wie folgt: Ist im Obergeschoss und im Dachgeschoss im Kopfbau des ehemaligen Rinderstalls die Errichtung einer Ferienwohnung baurechtlich zulässig?
  • Die Frage 7c) lautet nunmehr wie folgt: Ist im Eckbau des L-förmigen Rohbaugebäudes im OG die Errichtung eines Aufenthaltsraums für Reiter und eines Technikraums (Fütterungstechnik Gruppenhaltung) möglich?
  • Die Frage 8) lautet nunmehr wie folgt: Ist im nördlichen Gebäudeteil des L-förmigen Rohbaugebäudes im OG die Errichtung einer Ferienwohnung im Rahmen des Konzepts „Urlaub auf dem Bauernhof“ möglich?
  • Die Frage 11) wurde zurückgezogen.

Am 16.02.2023 fand sodann ein Gespräch zwischen dem Landratsamt Ebersberg und der Bauverwaltung statt, in welchem das Landratsamt Ebersberg mitteilte, dass es die Privilegierung als gegeben ansehe und daher die Erteilung des beantragten Vorbescheids beabsichtige. Der Markt wurde weiter mit Schreiben vom 16.02.2023 gebeten, erneut über die Erteilung des Einvernehmens abzustimmen, da das Landratsamt dieses andernfalls ersetzen würde. 

3.)

Die Planvorlagen begegnen zunächst formellen Bedenken:

Der vorgelegte „Übersichtsplan“ genügt mitnichten den Anforderungen der § 3 Nr. 1 i.V.m. § 7 BauVorlV. Es sind dort noch nicht einmal Grundstücksgrenzen eingezeichnet und Flurnummern angegeben.

Weiter bestehen Bestimmtheitsbedenken:

Es ist unklar, ob bzw. welche Nutzung für das Erdgeschoss des nördlichen Anbaus des sog. L-förmigen Rohbaugebäudes vorgesehen ist. Der ursprüngliche Fragenkatalog frägt hierzu unter den Ziffern 8b) und 8c) die Realisierbarkeit der Errichtung von Sanitäranlagen für Pferdebesitzer und Mitarbeiter sowie von 2 Pferdeboxen an der Stirnseite ab. Dies deckt sich grundsätzlich auch mit den Bauvorlagen. Nunmehr wurde aber die Frage 8) geändert und nur noch nach der Zulässigkeit einer Ferienwohnung im Obergeschoss gefragt. Bzgl. des Erdgeschosses liegt nun aber eine Diskrepanz zwischen den Bauvorlagen und den Fragen vor.

Die Frage 9 deckt sich ebenfalls nicht mit den Plänen vom 28.10.2022, insbesondere wird die Realisierbarkeit einer Betriebswerkstatt nicht abgefragt.

4.)

Das Vorhaben ist im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 Baugesetzbuch) belegen. Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur dann zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es beispielsweise einem landwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch; privilegiertes Vorhaben). Sonstige Vorhaben können nach § 35 Abs. 2 Baugesetzbuch im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

Bei dem beantragten Vorhaben handelt es sich um ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 Baugesetzbuch, da das Vorliegen einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch nach wie vor nicht nachgewiesen ist.

Anders als der Vorbescheidsantrag suggeriert, kann schon nicht von einem bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb (Damwildhaltung) im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch ausgegangen werden. Insoweit sind in den diesem Vorbescheidsantrag vorangegangenen Prozessen sowohl das Verwaltungsgericht München als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass der Bauherr eine Privilegierung nicht nachweisen konnte (vgl. etwa VG München, Urteil vom 25.10.2017, Az.: M 9 K 17.1101; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 30.01.2020, Az.: 1 ZB 18.935; Beschluss vom 30.01.2020, Az.: 1 ZB 18.936).

Aber auch hinsichtlich der nun geplanten Pensionspferdehaltung ist die Erfüllung des Privilegierungstatbestandes des § 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch nicht nachgewiesen. 

Zwar unterfallen grundsätzlich auch Pensionstierhaltungen dem Landwirtschaftsbegriff des § 201 BauGB, allerdings verlangt § 35 Abs. 1 Nr. 1 Baugesetzbuch weiter, dass das konkrete Vorhaben einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient. Der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs in §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 Baugesetzbuch erfordert neben der persönlichen Eignung des Betreibers ein auf Dauer angelegtes, mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenes und auch zur Gewinnerzielung geeignetes Unternehmen. Denn der zu schonende Außenbereich darf grundsätzlich nur im Falle einer ernsthaften und in seiner Beständigkeit langfristig ausgerichteten, nachhaltigen landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden. Diesen Anforderungen kommt bei Betätigungen wie der Pensionspferdehaltung sogar noch ein besonderes Gewicht zu. Erforderlich ist hier eine kritische Prüfung, weil gerade die Pensionspferdehaltung dadurch gekennzeichnet ist, dass der unmittelbare Bezug zur Bodenertragsnutzung gelockert und der Übergang von der (noch) landwirtschaftlichen zur die Freizeitnutzung in den Vordergrund stehenden gewerblichen Betriebsweise fließend und nur schwer nachprüfbar ist. Betriebe der Pensionspferdehaltung tragen die Gefahr einer Umwandlung in überwiegend gewerblich tätige „Reiterhöfe“ gewissermaßen in sich. Hinzu kommt, dass gerade Neugründungen von (Nebenerwerbs-)Betrieben in erhöhtem Maße „anfällig“ dafür sind, dass ein Bauherr die Landwirtschaft nur „vorschiebt“, um später unter dem Deckmantel des Privilegierungstatbestands eine nach § 35 Abs. 4 Baugesetzbuch begünstigte Umnutzung der Betriebsgebäude zu nicht privilegierten Zwecken zu erreichen. Gerade bei der Neugründung eines Nebenerwerbsbetriebs sind daher besonders strenge Kriterien an den Nachweis der Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Betätigung zu stellen, wobei insbesondere dem Merkmal der Gewinnerzielung ein starkes Gewicht für die Dauerhaftigkeit des Betriebs zukommt (vgl. zum Ganzen Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.12.2004, Az.: 4 C 7.04; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18.02.2013, Az.: 1 ZB 11.1389; Urteil vom 23.11.2018, Az.: 15 B 15.1376; Urteil vom 20.03.2001, Az.: 20 B 00.2501). Im Rahmen dieser Wirtschaftlichkeitsbetrachtung haben Gewinne aus mitgezogenen Nutzungen außer Betracht zu bleiben (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 35 BauGB Rn. 29c, 28).

Vorliegend handelt es sich nach dem Vorgesagten der Sache nach um die Neugründung einer Pensionspferdehaltung (insgesamt 27 Tiere) mit kleiner Hühnerhaltung und extensiver Fischwirtschaft. Diese soll durch den Antragsteller in Teilzeit zusätzlich zu seiner Tätigkeit als angestellter Arzt bewirtschaftet werden. Zusätzlich soll ein Vollzeitmitarbeiter eingestellt werden. Da ausweislich der Wirtschaftlichkeitsberechnung sogar bei einer in der Realität unrealistischen Vollauslastung allenfalls mit einem Gewinn von 21.000,00 € (vor Steuern und Rücklagenbildung) gerechnet wird, ist bei realistischer Betrachtung davon auszugehen, dass der Antragsteller sein Haupteinkommen nach wie vor durch die ärztliche Tätigkeit erzielen wird, sodass von einem Nebenerwerbsbetrieb auszugehen ist.

Bei realistischer Betrachtung ist vielmehr mit einem Verlust zu rechnen. Die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung entspricht weder den Vorgaben der Rechtsprechung noch erscheinen die dort angesetzten Werte realistisch. Zunächst einmal dürfen nach dem Vorgesagten Gewinne aus mitgezogenen Nutzungen außer Betracht zu bleiben. Dies bedeutet, dass die mit 6.000,00 € angesetzten Mieteinnahmen aus der Mietarbeiterwohnung sowie die mit 9.448,00 € angesetzten sonstigen Einnahmen außer Betracht zu bleiben haben. Setzt man eine realistische 90 %-ige Auslastung an, hat dies zur Folge, allenfalls Einnahmen in Höhe von 82.076,00 € ansatzfähig sind, sodass bei kalkulierten Ausgaben von 85.489,00 € ein Verlust des „landwirtschaftlichen Betriebs“ zu erwarten ist. Abgesehen davon erscheinen die Kosten/Ausgaben zu niedrig angesetzt bzw. sind nicht prüffähig. Exemplarisch:

  • Baupreissteigerungen seit 2020 sind nicht eingepreist.
  • Laut Vorbescheidsfrage sollen im Langgebäude Räume u.a. für die Heiztechnik errichtet werden. Warum werden für die Heiztechnik keine Kosten angesetzt?
  • Warum fallen für das Gebäude 3 keine Unterhaltskosten an?
  • Maschinenkosten über 25.000 € erscheinen deutlich zu niedrig angesetzt. Zudem erscheint die Auflistung mit lediglich einem Hoflader und einem Reitbahnplaner unvollständig. Es dürfte insbesondere auch eine erhebliche Anzahl an Kleingeräten erforderlich sein.
  • Ein Zinssatz von 0,95 % erscheint beim aktuellen Kreditzinsniveau von ca. 4,00 % als unrealistisch.
  • Ein jährlicher Ansatz von 600,00 € für Strom, Heizung und Wasser erscheint bei einem geplanten Betrieb dieser Größenordnung als unrealistisch.
  • Die Lohnkosten sind zu niedrig angegeben. Seit dem 01.10.2022 beträgt der Mindestlohn 12,00 € brutto, d.h. bei 2000 AKH errechnen sich schon Kosten von 24.000 €, ohne dass Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung etc. eingepreist sind.

Da nach dem Vorgesagten mit einem Verlust des landwirtschaftlichen Betriebs zu rechnen ist, bleibt unklar, ob die mit über einer halben Million angegebenen Investitionskosten in einem überschaubaren Zeitraum wieder hereingewirtschaftet werden können, zumal der Antragsteller den Betrieb im Wesentlichen durch einen Angestellten bewirtschaften möchte (vgl. zum Fehlen eines schlüssigen Betriebskonzeptes auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 18.02.2013, Az.: 1 ZB 11.1389). Hinzu kommt, dass die Investitionskosten nur sehr vage angegeben werden und daher auch nur eingeschränkt nachvollziehbar sind. 

Es ist letztlich davon auszugehen, dass der Betrieb überhaupt nur durch die mitgezogenen Nutzungen in die Gewinnzone kommen kann, was unzulässig ist. 

Unabhängig davon ist bei Zugrundelegung der fragwürdigen Zahlen des Antragstellers gerade für eine Neugründung fraglich, ob gewerbliche Einnahmen von ca. 30 % überhaupt noch als untergeordnet und mitgezogen zu bewerten sind. 

Weiter ist nach wie vor nicht nachgewiesen, dass der Mindestflächenbedarf für die landwirtschaftliche Pferdehaltung erfüllt wird. Dieser beträgt grundsätzlich 0,35 ha pro Pferd (vgl. etwa Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 22.04.2020, Az.: 1 ZB 19.190). Da vorliegend die Haltung von 27 Pferden beabsichtigt ist, müsste der Antragsteller insgesamt über geeignete Flächen von 9,45 ha verfügen. 

Dies ist nicht der Fall. Zunächst einmal ist die Flächendarstellung im Betriebskonzept vom 30.07.2020 schon nicht nachvollziehbar. Es werden noch nicht einmal die Flurnummern richtig wiedergegeben. Die dort angegebenen Flurnummern (z.B. 1455/000) gibt es weitgehend gar nicht, sodass streckenweise nur gemutmaßt werden kann, welche Grundstücke gemeint sind. Weiter werden die Grundstücke in der Aufstellung häufig mehrfach genannt (z.B. die FlNr. 1455/000 als „Weide Rinderstall“ mit 1,4178 ha und als „Heuwiese Rohbau“ mit 0,6283 ha), wobei unklar bleibt, welche Grundstücksteile jeweils gemeint sind. Überdies sind die Grundstücke häufig ganz oder teilweise für die landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet. So sind die Grundstücke mit den FlNrn. 1455/000, 1458/000 und 1455/002 etwa teilweise bebaut, die Grundstücke mit den FlNrn. 465/002, 1458/000, 471/000, 486/001 und 1455/003 teilweise bewaldet, die FlNrn. 1462/000, 492/000 und 471/001 teilweise mit Gewässern versehen und die FlNrn. 1463/012 und 1473/017 mit einem Weg. Zudem sollen die Grundstücke teilweise mit dem beantragten Vorhaben bebaut werden.

Die Flächen in Kirchensur bzw. St. Christoph mit 2,03 ha bzw. 2,39 ha sind – unabhängig vom fehlenden Eigentum daran – schon deshalb nicht zu berücksichtigen, da sie mit ca. 47 und 20 km bzw. ca. 45 und 25 Minuten mit dem Auto (geschweige denn mit dem Traktor) zu weit von der Hofstelle entfernt liegen (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 35 Rn. 30 f.). Die unter „Damwildgehege“ bzw. „Gehege Ottenhofen“ zusammengefassten Flächen von gesamt 3,22 ha können jedenfalls nicht in vollem Umfang berücksichtigt werden, da diese ebenfalls für die Damwildhaltung benötigt werden. Von den behaupteten 12,17 ha landwirtschaftliche Nutzfläche ist damit allenfalls ein kleiner Teil berücksichtigungsfähig, was nach dem Vorstehenden nicht ausreichend ist.  Hinzu kommt, dass die Flächen in der Gemarkung Kirchensur und in der Gemarkung Sankt Christoph im Eigentum der AGRAR GmbH stehen. Diese dürften realistisch betrachtet verpachtet sein, sodass mehr als fraglich ist, ob diese für das Vorhaben überhaupt in absehbarer Zeit zur Verfügung stehen. Sollte der Antragsteller die Flächen tatsächlich aus der Gesellschaft entnehmen, stellt sich weiter die Frage, ob er hierfür nicht einen Kaufpreis zu bezahlen hat, welcher in die Rentabilitätsberechnung für den Betrieb mit einzustellen wäre. Soweit in der Stellungnahme des AELF vom 08.11.2021 davon die Rede ist, dass der Antragsteller eigenen Angaben zufolge weitere 4,11 ha landwirtschaftliche Fläche im Raum Finsing käuflich erworben haben soll, bleibt schleierhaft, um welche Flächen es sich handeln soll.

In diesem Kontext ist schließlich noch darauf hinzuweisen, dass die Betriebsgebäude zu wesentlichen Teilen auf den FlNrn. 1455/2, 1455/4, 1455/5 und 1455/6 der Gemarkung Markt Schwaben errichtet werden sollen. Diese stehen aber ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten eidesstattlichen Verpflichtung im Eigentum der in London ansässigen Saegmuehle Development Limited. Die wesentlichen Betriebsmittel sind daher schon aktuell und erst recht nicht auf Dauer dem Antragsteller rechtlich zugeordnet, sodass es auch unter diesem Aspekt an einem landwirtschaftlichen Betrieb fehlt (vgl. hierzu Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 35 Rn. 31).

Zudem bestehen an der Dauerhaftigkeit des Betriebs auch insoweit Zweifel, weil die Betriebsnachfolge offen ist. Der Antragsteller ist bereits über 50 Jahre alt. Zu einem Nachfolgekonzept äußert sich die Betriebsbeschreibung nicht.

Angesichts der überschaubaren Betriebsgröße ist schließlich nicht ersichtlich, weshalb neben dem Wohnhaus des Antragstellers noch eine weitere Mitarbeiterwohnung erforderlich sein soll. Ein entsprechender Bedarf ist nicht dargelegt (vgl. hierzu Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 35 Rn. 39). Ein solcher erschließt sich auch deshalb nicht, weil der Antragsteller seinen Angaben zufolge nur noch 12,5 Wochenstunden als angestellter Arzt arbeitet, d.h. die etwaige Versorgung der Tiere in den Nachtstunden könnte allein durch den Antragsteller geleistet werden. Soweit ggf. untertags die Mitarbeit eines Angestellten erforderlich ist, wird hierfür aber keine Mitarbeiterwohnung benötigt. Schlechterdings nicht begründet werden kann die Erforderlichkeit einer Mitarbeiterwohnung mit den geplanten Ferienwohnungen.

Damit liegt insgesamt ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 Baugesetzbuch vor, welches an besagter Stelle nach Auffassung des Verwaltungsgericht München bzw. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 S. 1 Nrn. 1, 5 und 7 Baugesetzbuch beeinträchtigt.

Da das Vorliegen eines Privilegierungstatbestandes Voraussetzung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit hinsichtlich jeder der nunmehr 13 gestellten Fragen nebst den jeweiligen Unterfragen ist, ist das mit dem Vorbescheidsantrag abgefragte Vorhaben insgesamt bauplanungsrechtlich unzulässig, sodass das gemeindliche Einvernehmen hinsichtlich jeder der nunmehr 13 gestellten Fragen nebst den jeweiligen Unterfragen zu verweigern ist.

Beschluss

Zu dem aus nunmehr 13 Fragen nebst Unterfragen bestehenden Vorbescheidsantrag vom 04.08.2020 wird das gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 1 Baugesetzbuch insgesamt, also hinsichtlich aller nunmehr 13 Fragen nebst den jeweiligen Unterfragen, verweigert.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 20, Dagegen: 0

Datenstand vom 19.04.2023 17:31 Uhr