Einführung eines Fahrradleasingmodells für Beschäftigte Beratung und Beschlussfassung


Daten angezeigt aus Sitzung:  Marktgemeinderatssitzung, 05.08.2021

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Marktgemeinderat (Markt Markt Schwaben) Marktgemeinderatssitzung 05.08.2021 ö beschließend 7

Sachvortrag

Der Marktgemeinderat hat am 10.06.2021 beschlossen, die Verwaltung zu beauftragen zu prüfen, ob für Mitarbeiter/-innen die Möglichkeit der Einführung von sog. „Jobrädern“ möglich ist.
Allgemeines
Der Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung zum Zwecke des Leasings von Fahrrädern im kommunalen öffentlichen Dienst (TV-Fahrradleasing) vom 25. Oktober 2020 ermöglicht es öffentlichen Arbeitgebern, ihren Beschäftigten ein Fahrradleasingmodell anzubieten.
Demnach können Bestandteile des Entgelts zur Nutzung steuerlicher Vorteile zu Zwecken des Leasings von Fahrrädern im Sinne des § 63 a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) einzelvertraglich umgewandelt werden. § 63 a StVZO definiert den Begriff des Fahrrades, von der Regelung zur Entgeltumwandlung sind danach Fahrräder, Lastenräder, Pedelecs und E-Bikes umfasst. 
  • Pedelec steht für Pedal Electric Cycle. Diese Fahrräder bieten nur dann Motorunterstützung, wenn der Fahrer in die Pedale tritt und gelten rechtlich als Fahrrad, solange die Motorunterstützung nur bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h erfolgt.

  • E-Bikes fahren auf Knopfdruck auch ohne Pedalunterstützung. Sie gelten rechtlich als Fahrrad, solange sie ohne Treten keine Geschwindigkeit von mehr als 6 km/h erreichen.

Geltungsbereich
Der TV-Fahrradleasing gilt nur für Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich des TVöD fallen.
Zudem sind bestimmte Personengruppen wie Auszubildende und geringfügig Beschäftigte ausgeschlossen (§ 1 TV-Fahrradleasing).
Ausgeschlossen sind aktuell ebenso Beamtinnen und Beamte, weil hierfür eine entsprechende beamtenrechtliche Grundlage fehlt. Sollte der bayerische Gesetzgeber die Voraussetzungen schaffen, sollen auch die Beamt/innen am Fahrradleasing durch Entgeltumwandlung teilnehmen.
Umsetzung des Fahrradleasings durch Entgeltumwandlung
Hinsichtlich des TV-Fahrradleasing sind unterschiedliche Vertragsbeziehungen und mindestens drei unterschiedliche Verträge zu unterscheiden:

  1. Leasingvertrag zwischen dem Leasinggeber und dem Arbeitgeber (als Leasingnehmer)

    Die Tarifvertragsparteien haben die einzelvertragliche Vereinbarung festgelegt. Das bedeutet:
    Der Markt (= Leasingnehmer) schließt mit einem Leasinganbieter (= Leasinggeber) den Leasingvertrag. Die Nutzungsdauer der Fahrräder wird dabei auf die in den gängigen Verträgen üblichen maximalen 36 Monate und der Wert des Leasinggegenstandes (Fahrrad, fest verbundenes Zubehör, Versicherungen und Wartungsleistungen) auf 7.000 € begrenzt.

    Die weiteren Vertragsbedingungen können je nach Anbieter unterschiedlich sein.

  1. Entgeltumwandlungsvertrag zwischen Beschäftigtem/r und Arbeitgeber

    Im Entgeltumwandlungsvertrag zwischen Beschäftigten und dem Markt wird vereinbart, die monatliche Nutzungsrate für das Fahrrad im Rahmen einer Entgeltumwandlung von den Bezügen der teilnehmenden Beschäftigten einzubehalten. 
    Das steuer- und sozialversicherungspflichtige Bruttoentgelt mindert sich um die Höhe der Leasingrate und es werden somit weniger Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Im Ergebnis sinkt durch die Einsparung von Abgaben die Eigenbelastung. 
    Im Gegenzug stellt die Nutzungsüberlassung einen geldwerten Vorteil dar, der zu versteuern und zu versichern ist. Der geldwerte Vorteil beträgt 1 % eines auf volle 100 € abgerundeten Viertels der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers einschließlich der Umsatzsteuer.
    Der Nachteil aus der Versteuerung des geldwerten Vorteils ist regelmäßig geringer als der Vorteil, der aus dem Entgeltverzicht steuer- und sozialversicherungsrechtlich entsteht. Dieser für die/den Beschäftigte/n positive Effekt erreicht allerdings nie die Höhe der Leasingrate.

  1. Überlassungsvereinbarung zwischen Beschäftigtem/r und Arbeitgeber

Zwischen Beschäftigten und dem Markt wird eine Überlassungsvereinbarung abgeschlossen. Damit überlässt der Arbeitgeber den Beschäftigten das von ihnen individuell beim teilnehmenden Fachhändler ausgewählte Fahrrad oder Pedelec für die Dauer eines maximal dreijährigen Leasingzeitraums. Nach Ablauf des Leasingvertrags kann das Fahrrad durch die Beschäftigten erworben oder zurückgegeben werden.

Vorteile und Nachteile für die Beschäftigten
Durch die vorteilhafte Versteuerungs- und Sozialversicherungsabgabenregelung ist das Leasing-
Fahrrad in Summe günstiger als der private Kauf, wenn man die Laufzeit von drei Jahren
betrachtet. Anbieter werben damit, dass sich das Unternehmen durch das geringere Bruttoentgelt
Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeberanteil) und Arbeitnehmer/innen bis zu 40 % im
Vergleich zu einem Privatkauf sparen (Quelle: https://www.deutsche-dienstrad.de/arbeitnehmer/, abgerufen am 21.07.2021).
Der Entgeltverzicht führt später zu einer geringfügig geminderten Rentenleistung (aktuell ca. 0,85 € monatliche Rentenminderung pro 1.000 € Bruttoumwandlung im Jahr). Dies gilt auch für
sonstige Sozialleistungen, die auf der Höhe des sozialversicherungspflichtigen Bruttoentgelts
basieren (z. B. Krankengeld).
Die Anlage zum Beschlussvorschlag bietet eine beispielhafte Vergleichsrechnung für Tarifbeschäftigte (Quelle: Landeshauptstadt München).
In diesem Beispiel würden sich Beschäftigte bei einem Anschaffungspreis für ein Fahrrad von
3.000 € bei der Inanspruchnahme eines Fahrradleasingmodells in Form der Entgeltumwandlung insgesamt 1.031,41 € sparen. 
Zusätzlich zu dem Barkaufpreis hätte die/der Beschäftigte Aufwendungen für die Versicherung sowie für erforderliche Inspektionen zu tätigen, so dass bei einem Kauf insgesamt 3.527,65 € aufzuwenden wären, während beim Fahrradleasing nur Ausgaben von insgesamt 2.496,24 € für Beschäftigte anfallen würden. 
Die monatliche Nettobelastung beim Fahrradleasing für Beschäftigte würde bei diesem Beispiel 54,34 € betragen. Für die private Überlassung des Fahrrads wäre ein Betrag von 7,00 €/Monat als geldwerter Vorteil zu versteuern. Zudem entstünde durch das Fahrradleasing bei einer Leasingdauer von 36 Monaten eine monatliche Rentenminderung von 3,51 €.
Ob sich Fahrradleasingmodelle in Form der Entgeltumwandlung im Einzelfall rechnen, kann nur individuell von der/dem Beschäftigten beurteilt werden.
Vorteile und Nachteile für den Markt
Die Vorteile der Überlassung eines Fahrrads zur Nutzung für private und dienstliche Fahrten
liegen auf der Hand: Das Fahrradleasing steigert die Arbeitgeberattraktivität, weil es ein innovatives Werkzeug bei der Suche und Bindung von Beschäftigten ist und deren Motivation erhöht.
Darüber hinaus fördert die Nutzung des Fahrrads den Gesundheitsschutz und die Gesundheitsprävention. 
Zudem sprechen ökologische Gründe für das Fahrradleasing, weil damit ein aktiver Beitrag zum Umweltschutz geleistet wird und die Verkehrssituation verbessert wird.
Da bei den meisten Leasinganbietern die Diensträder durch den stationären Fahrradfachhandel ausgeliefert werden, ist das Fahrradleasing auch ein Umsatztreiber für den lokalen Handel.

Den Vorteilen stehen aktuell nicht bezifferbare Nachteile gegenüber: Neben dem Verwaltungsaufwand zur Einführung eines Fahrradleasingmodells (Prüfung der (tarif-)rechtlichen Rahmenbedingungen, Kontaktaufnahme mit möglichen Leasinggebern, Durchführung Vergabeverfahren) ist der laufende Pflegeaufwand (Prüfung rechtlicher Fragestellungen, Kontakt mit Leasinggeber) sowie im Besonderen der spätere Einzelfallvollzug (Abschluss Überlassungsvereinbarung und Entgeltumwandlungsvertrag, Umgang mit „Störfällen“ wie Kündigung, Zahlungseinstellungen etc.) zu nennen.

Unklar ist, in welcher Größenordnung mit einer Inanspruchnahme des Fahrradleasings zu rechnen ist, was die Einschätzung des Verwaltungsaufwandes erschwert. 

Jedoch sinken durch das geringere zu versteuernde Einkommen auch die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers, sodass der zusätzliche Aufwand in etwa kompensiert wird und davon auszugehen ist, dass sich die Einführung eines Fahrradleasingmodells weitgehend kostenneutral gestalten wird.

Entscheidung über die Einführung des Fahrradleasings
Beschäftigte können aus dem TV-Fahrradleasing keinen individuellen Rechtsanspruch ableiten.
Die Entscheidung, ob ein Modell zum Fahrradleasing eingeführt wird, trifft der Markt als Arbeitgeber.
Mit der Einführung der Möglichkeit von Fahrradleasing in Form der Entgeltumwandlung wird eine grundsätzliche Regelung getroffen, die die Bezüge der Gemeindebediensteten betrifft.

Bietet der Markt eine einzelvertragliche Vereinbarung zur Entgeltumwandlung zum Zwecke des
Fahrradleasings an, so muss sie nach dem Wortlaut des TV-Fahrradleasing allen Beschäftigten
ein solches Angebot unterbreiten, die unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallen.
Die Möglichkeit, Sonderregelungen für einzelne Beschäftigtengruppen zu schaffen, ist tarifvertraglich ausgeschlossen.

Vergabeverfahren
Die Auswahl des Leasinggebers obliegt ausschließlich dem Markt als Arbeitgeber. 
Für das Fahrradleasing soll nur ein Anbieter gewonnen werden, da das Zulassen mehrerer Leasinggeber einen unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand bedeuten würde. 
Dabei sind die vergaberechtlich gebotenen Vorschriften zu beachten und es ist in jedem Fall ein transparenter und diskriminierungsfreier Wettbewerb zwischen den möglichen Anbietern sicherzustellen.

Die Einführung des Fahrradleasings in Form der Entgeltumwandlung ist für den Markt zwar weitgehend kostenneutral, bei der Berechnung des vergaberechtlichen Auftragswerts sind allerdings die geschätzten Beiträge, die aufgrund der Entgeltumwandlung vom Entgelt der teilnehmenden Beschäftigten einbehalten werden, zu berücksichtigen.

Unter der Annahme, dass 10 % der Berechtigten das Fahrradleasing in Anspruch nehmen und dabei der durchschnittliche Fahrradpreis bei 3.000 € liegt, ergibt sich (inkl. Zusatzkosten für Versicherung und Inspektion) ein geschätzter Auftragswert von ca. 58.000 €.

Zur Auswahl des Leasinggebers ist daher die Durchführung eines Vergabeverfahrens erforderlich. 

Vor einer Vergabe wäre allerdings noch eine verwaltungsinterne Umfrage vorgesehen, um die voraussichtliche Inanspruchnahme und dadurch den Auftragswert genauer zu ermitteln.
In Abhängigkeit von dem dadurch ermittelten geschätzten Auftragswert wird eine Vergabeermächtigung durch das hierfür zuständige Gremium (Haupt- und Bauausschuss bzw. Marktgemeinderat) erforderlich sein. 

Lohnsteuerliche Behandlung und Beteiligung Finanzamt
Die lohnsteuerliche Behandlung wird nach Auswahl eines Anbieters und Vorliegen des entsprechenden Leasingvertrages, des Entgeltumwandlungsvertrages und der Überlassungsvereinbarung ggf. im Rahmen einer Lohnsteueranrufungsauskunft i.S.v. § 42e EStG mit dem Finanzamt Ebersberg abgestimmt.

Beteiligung des Personalrates
Der Personalrat hat gemäß Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BayPVG über Fragen der Lohngestaltung
innerhalb der Dienststelle mitzubestimmen. Der Personalrat wird daher bei der
Ausgestaltung des Leasingmodells entsprechend beteiligt werden. 

Quellenhinweis:
Die Informationen zum Fahrradleasing sowie die Beispielberechnung wurden (nach inhaltlicher Prüfung) leicht abgeändert aus einer Sitzungsvorlage der Landeshauptstadt München übernommen (Sitzungsvorlage Nr. 20-26 / V 03722).

Beschluss

Es wird ein Fahrradleasingmodell für Beschäftigte in Form der Entgeltumwandlung eingeführt. Für Beschäftigte, die aufgrund derzeit fehlender personalrechtlicher Zulässigkeit keine Fahrradleasingmodelle nutzen können, wird ein Fahrradleasingmodell in Form der Entgeltumwandlung zu dem Zeitpunkt eingeführt, wenn die personalrechtliche Zulässigkeit gegeben ist. Die Verwaltung wird beauftragt, die vergaberechtlichen Schritte zur Gewinnung eines geeigneten Leasinganbieters vorzubereiten.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 19, Dagegen: 0

Datenstand vom 20.09.2021 14:25 Uhr