Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 9/DEGERNDORF (Freiflächen-Photovoltaik); Beratung und Beschlussfassung zu den im Verfahren nach §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 BauGB eingegangenen Anregungen und Stellungnahmen (frühzeitige Auslegung und Behördenbeteiligung) sowie Billigungs- und Auslegungsbeschluss


Daten angezeigt aus Sitzung:  54. Sitzung des Gemeinderates, 18.04.2023

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat 54. Sitzung des Gemeinderates 18.04.2023 ö beschließend 13

Sachvortrag

Die öffentliche Auslegung fand in der Zeit vom 16.12.2022 bis 30.01.2023 statt. Der Planentwurf samt Begründung (Stand: 25.10.2022) war der Sitzungsvorlage als Anlage beigefügt.


Stellungnahmen ohne Anregungen


  • 1&1 Telecom GmbH, E-Mail vom 12.12.2023
  • AELF Holzkirchen, Bereich Forsten, E-Mail vom 13.12.2023
  • Abwasserverband Starnberger See, Schreiben vom 19.12.2022
  • Bayernwerk Netz GmbH, Schreiben vom 28.12.2022
  • Energienetze Bayern GmbH & Co. KG, Schreiben vom 12.12.2022
  • Erzbischöfliches Ordinariat, Schreiben vom 26.01.2023
  • Handwerkskammer für München und Oberbayern, Schreiben vom 30.01.2023
  • Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, Schreiben vom 20.01.2023
  • Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen, Gesundheitsamt, Schreiben vom 02.01.2023
  • Landratsamt Bad Tölz - Wolfratshausen, Sachgebiet 35, Immissionsschutz, Schreiben vom 11.01.2023
  • Landratsamt Bad Tölz - Wolfratshausen, Sachgebiet 24, fachl. Ortsplanung, Schreiben vom 26.01.2023
  • Landratsamt Bad Tölz - Wolfratshausen, SG 21 – Planungsrecht, Schreiben vom 24.01.2023
  • Landratsamt Bad Tölz - Wolfratshausen, SG 31 – Wasser und Boden, Schreiben vom 16.12.2022
  • Planungsverband Region Oberland, Schreiben vom 13.01.2023 (Verweis auf Stellungnahme der höheren Landesplanungsbehörde)
  • Staatliches Bauamt Weilheim, Schreiben vom 14.12.2022


A. Stellungnahmen von Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange


  • Regierung von Oberbayern, Höhere Landesplanungsbehörde, Schreiben vom 12.01.2023

Sachvortrag:
Gemäß Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) 6.2.1 Z sind erneuerbare Energien verstärkt zu erschließen und zu nutzen. Die weitere Entwicklung der Energieversorgung der Region soll sich nachhaltig vollziehen. Dabei soll darauf hingewirkt werden, verstärkt erneuerbare Energiequellen zu nutzen (vgl. Regionalplan Oberland (RP 17) B X 3.1 G). Unter der Voraussetzung, dass Ausweisung von Flächen für die Errichtung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien raumverträglich unter Abwägung aller berührten fachlichen Belange erfolgt, entspricht die Planung grundsätzlich den raumordnerischen Erfordernissen einer nachhaltigen Energieversorgung.

Gem. LEP 6.2.3 G sollen Freiflächen-Photovoltaikanlagen möglichst auf vorbelasteten Standorten realisiert werden, da diese das Landschafts- und Siedlungsbild beeinträchtigen können. Laut Begründung des LEP zählen zu den vorbelasteten Standorten i.S. einer Beeinträchtigung des Landschafts- und Siedlungsbildes zum Beispiel Standorte entlang von Infrastruktureinrichtungen (Verkehrswege, Energieleitungen etc.) oder Konversionsstandorte.

Auf der Fläche ist keine Vorbelastung erkennbar. Die Gemeinde argumentiert jedoch, dass aufgrund der Lage in einer leichten Senke die Fernwirkung hinreichend unterbunden werden könne. Eine gewisse Nahwirkung könne nicht verhindert, durch entsprechende Eingrünungsmaßnahmen zumindest jedoch stark verringert werden (vgl. Bebauungsplan - Begründung/Umweltbericht S. 14f.). Anderweitig vorbelastete Flächen stünden im Gemeindegebiet in entsprechendem Umfang nicht zur Verfügung.

Bei der Realisierung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen ist grundsätzlich auf eine an die Umgebung schonende Einbindung in das Orts- und Landschaftsbild zu achten (vgl. LEP 7.1.1 G). Den Belangen von Natur und Landschaft ist diesbezüglich in enger Abstimmung mit der unteren Bauaufsichts- und Naturschutzbehörde Rechnung zu tragen.

Ergebnis
Die Planung steht bei Berücksichtigung der o.g. Belange den Erfordernissen der Raumordnung nicht entgegen.

Hinweis
Wir empfehlen Ihnen bei Bedarf eine bedingende Festsetzung zum Rückbau der geplanten Photovoltaikmodule zu treffen oder dies vertraglich zu regeln.

Abwägung:
Zu Abs. 4: Die Belange von Natur und Landschaft werden mit der Planung berücksichtigt. Eine Abstimmung mit den genannten Behörden ist erfolgt, deren Belange werden vollumfänglich in die Planung übernommen.
Zu Hinweis: Die Gemeinde wird eine Rückbauverpflichtung ggf. in einem städtebaulichen Vertrag fixieren. Eine Änderung der Planung ist daher nicht veranlasst.

Beschluss:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Planänderungen sind nicht erforderlich.

Abstimmung:12 : 3


  • Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen, Untere Naturschutzbehörde, Schreiben vom 24.01.2023

Sachvortrag:
Nach § 40 BNatSchG darf seit 1. März 2020 nur noch autochthones (gebietsheimisches) Saat- und Pflanzgut innerhalb des jeweiligen Vorkommensgebiets ausgebracht werden.
Das betrifft im vorliegenden Fall bei Saatgut die Herkunftsregion Nr. 17 südliches Alpenvorland. Wir bitten hier um Ergänzung der Herkunftsregion in der Festsetzung 4.3. Dies ist gleichermaßen gültig für die Gehölzpflanzungen, für welche das entsprechende Vorkommensgebiet 6.1 Alpenvorland gilt. Auch hier bitten wir um Ergänzung in der Festsetzung 4.2
Zusätzlich sollte unter Punkt 4.1 ergänzt werden, dass die Gehölze bei Ausfall zu ersetzen sind, um eine dauerhafte Eingrünung zu gewährleisten und nachhaltig der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes entgegenzusteuern.

Nach heutigem Kenntnisstand ist die Nutzungs- und Lebensdauer von PV-Freiflächenanlagen begrenzt auf ca. 20-25 Jahre. Ob ein Weiterbetrieb der geplanten Anlagen auf dem Standort zu einem späteren Zeitpunkt wirtschaftlich sein wird, ist nach heutigem Stand nicht abschätzbar. Dementsprechend sollte die Gemeinde eine Rückbauverpflichtung des Betreibers bei vollständiger Nutzungsaufgabe in Erwägung ziehen. Die Verpflichtung kann beispielsweise über Bürgschaften oder Dienstbarkeiten gesichert werden.

Prinzipiell kann die Kommune eine Folgenutzung durch entsprechende Vereinbarungen mit dem Vorhabenträger sicherstellen. Dabei sind gesetzliche Regelungen zum Biotopschutz gem. § 30 BNatSchG sowie Art. 23 BayNatSchG zu berücksichtigen und die Verbote gemäߧ 30 Abs. 2 BNatSchG zu beachten. Zusätzlich können Bestimmungen des Artenschutzes relevant werden, sofern sich besonders oder streng geschützte Arten während der Nutzungsdauer auf der Fläche ansiedeln (§ 44 BNatSchG). Diese gesetzlichen Vorgaben müssen in den Überlegungen zu einer Folgenutzung berücksichtigt werden.

Abwägung:
Die Festsetzungen werden entsprechend ergänzt.

Die Gemeinde wird zudem eine Rückbauverpflichtung in einem städtebaulichen Vertrag fixieren. Diese Verpflichtung ist zudem über eine Bürgschaft oder eine Dienstbarkeit abzusichern. Eine Änderung der Planung ist diesbezüglich nicht veranlasst.

Beschluss:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Die Festsetzungen werden entsprechend der Ausführungen im Sachvortrag ergänzt.

Abstimmung: 15 : 0


  • Wasserwirtschaftsamt Weilheim, Schreiben vom 21.12.2022

Sachvortrag:
Gegen den Bebauungsplan Nr. 36/DEGERNDORF (Sondergebiet Freiflächen-Photovoltaik) auf Flur Nr. 365 bestehen bei Beachtung folgender Stellungnahme keine grundsätzlichen Bedenken aus wasserwirtschaftlicher Sicht:

1. Vorsorgender Grundwasserschutz
Für die Errichtung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen wurde vom Bayerischen Landesamt für Umwelt der Praxis-Leitfaden für die ökologische Gestaltung von Photovoltaik Freiflächenanlagen (Stand Januar 2014) herausgegeben.
Diese Handlungshilfe nennt auch wasserwirtschaftliche Anforderungen für Photovoltaikanlagen, insbesondere im Hinblick auf den Grundwasserschutz.
Werden verzinkte Stahlprofile für die Modultische etc. verwendet, muss sichergestellt sein, dass diese nicht in die gesättigte Zone oder den Grundwasserschwankungsbereich eingebracht werden, da sonst Zink verstärkt in Lösung geht. Sollte dies der Fall sein, müssen andere Materialien (z.B. Edelstahl, Aluminium etc.) oder andere Gründungsverfahren (z.B. Streifenfundamente) gewählt werden.
Für die Reinigung der PV-Module dürfen keine Reinigungsmittel eingesetzt werden. Eine etwaige Reinigung darf nur mit Wasser ohne Zusätze erfolgen.

Für Öltransformatoren sollten nach Möglichkeit Transformatoren ohne Mineralöl gewählt und stattdessen auf nicht wassergefährdende synthetische Ester zurückgegriffen werden. Bei Verwendung von Öltransformatoren, die wassergefährdende Stoffe (Transformatorenöl) enthalten, ist im Genehmigungsverfahren die fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft zu beteiligen.
Alternativ zu den Öltransformatoren können auch Trockentransformatoren verwendet werden, diese können ohne besondere bauliche Vorkehrungen für den Gewässerschutz errichtet werden.

Auf den Flächen der Photovoltaikanlage darf kein Einsatz von Pflanzenschutzmittel oder Herbiziden erfolgen.

2. Grundwasser
Im Umgriff des Vorhabengebietes sind keine Grundwassermessstellen des Landesgrundwasserdienstes vorhanden, für die langjährige Aufzeichnungen über den Grundwasserflur-abstand existieren. Daher können keine genauen Aussagen über den Grundwasserflurabstand getroffen werden. Unabhängig hiervon liegt das Gebiet vollständig im Trinkwasser-Vorranggebiet und teilweise sind hohe Grundwasserstände zu erwarten (siehe Kartenaus-zug).
Die Erkundung des Baugrunds obliegt grundsätzlich dem jeweiligen Bauherrn, der sein Bauwerk bei Bedarf gegen auftretendes Grund- oder Hangschichtenwasser sichern muss. Sollte Grundwasser erschlossen werden, ist das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen zu benachrichtigen und eine entsprechende wasserrechtliche Erlaubnis gem. Art. 15 bzw. 70 (Erlaubnis mit Zulassungsfiktion) Bayer. Wassergesetz (BayWG) bzw. § 8 WHG einzuholen.

Abwägung:
Es werden folgende Festsetzungen in die Planung aufgenommen:
„Zur Reinigung der Solarmodule darf ausschließlich Wasser ohne Zusätze verwendet werden.“

Zu verzinkten Modultischen: Der aktuelle Leitfaden aus 2021 verweist nur bei schwimmenden PV-Anlagen auf einen zu befürchtenden Zinkeintrag. Gemäß einer Abklärung bezüglich der hier geplanten Anlage am 11.04.2023 mit Herrn Plörer vom Wasserwirtschaftsamt Weilheim hat folgende Klärung ergeben: Eine strikte Untersagung von verzinkten Profilen für die Modultische wird von Seiten des WWA nicht gefordert und ist somit auch nicht in den Festsetzungen des B-Plans notwendig. Zudem wurden 2021 ca. 150 m weiter südlich im Zusammenhang mit einem benachbarten Bauvorhaben Schürfgruben angelegt und von dem Ingenieurbüro GHB Consult in Starnberg in einer Stellungnahme, die dem WWA vorliegt - folgendermaßen formuliert:
„Das Grundwasser wurde 2021 und am 01.08.2022 nicht aufgeschlossen und ist für die weitere Betrachtung nicht relevant. Bei den Bohrungen der Baugrunduntersuchung wurde auch kein Schichtwasser angetroffen.“

Somit ist davon auszugehen, dass die Installation einer PV-Freifläche keinerlei Einwirkungen auf das Grundwasser hat. Die Begründung wird entsprechend ergänzt.

Zu Transformatoren: Die Anlage bzw. der Standort der Transformatoren befindet sich, wie oben ausgeführt, nicht im grundwassersensiblen Bereich, weitere Transformatoren, wie z. B. der gleich benachbarte (Bayernwerk) ist höchstwahrscheinlich ebenfalls kein Trockentransformator. 
Die Transformatoren sind nach dem heutigen Stand der Technik sehr gut vor Havariefällen geschützt. An diesem Ort begründet sich daher kein besonderer Schutz, der z. B. eine zusätzliche Auffangwanne erfordern würde oder mit biologischen Kraftstoffen betrieben werden sollte. Eine derartige Anforderung beschränkt sich in der Regel auf Wasserschutzgebiete.

Die bisherige Ziff. D.2.1 („Niederschlagswasser ist auf dem Baugrundstück zu versickern“) kann dagegen gestrichen werden, da ohnehin nichts anderes geplant oder sinnvoll ist.

Zu 2: Mit der Festsetzung zu den Rammprofilen ist es unerheblich, wie hoch das Grundwasser ansteht. Die Anlage ist unempfindlich gegen Hang- oder Schichtwasser, da nur Einzelfundamentierungen ohne Gefahr eines Grundwasseranstaus verwendet werden.

Beschluss:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Planung und Begründung werden entsprechend der Ausführungen in der Abwägung angepasst.

Abstimmung: 15 : 0


  • Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Schreiben vom 23.12.2022

Sachvortrag:
Nördlich des Plangebiet liegt das Bodendenkmal D-1-8134-0015 „Grabhügel mit Bestattungen der Hallstattzeit“, weshalb im Plangebiet die zugehörigen Siedlungen oder bislang nicht bekannte Gräber der frühen Eisenzeit (Hallstattzeit) vermutet werden.

Bodendenkmäler sind gem. Art. 1 BayDSchG in ihrem derzeitigen Zustand vor Ort zu erhalten. Der ungestörte Erhalt dieser Denkmäler vor Ort besitzt aus Sicht des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege Priorität. Weitere Planungsschritte sollten diesen Aspekt bereits berücksichtigen und Bodeneingriffe auf das unabweisbar notwendige Mindestmaß beschränken.

Eine Orientierungshilfe bietet der öffentlich unter http://www.denkmal.bayern.de zugängliche Bayerische Denkmal-Atlas. Darüber hinaus stehen die digitalen Denkmaldaten für Fachanwender als Web Map Service (WMS) zur Verfügung und können so in lokale Geoinformationssysteme eingebunden werden. Die URL dieses Geowebdienstes lautet: https://geoservices.bayern.de/wms/v1/ogc_denkmal.cgi
Bitte beachten Sie, dass es sich bei o.g. URL nicht um eine Internetseite handelt, sondern um eine Schnittstelle, die den Einsatz entsprechender Software erfordert.

Es ist erforderlich, die genannten Bodendenkmäler nachrichtlich in der markierten Ausdehnung in den Bebauungsplan zu übernehmen, in der Begründung aufzuführen sowie auf die besonderen Schutzbestimmungen hinzuweisen (gem. § 9 Abs. 6 BauGB) und im zugehörigen Kartenmaterial ihre Lage und Ausdehnung zu kennzeichnen (PlanzV 90 14.3).

Die aktuellen Denkmalflächen können durch den WMS-Dienst heruntergeladen werden.

Wir bitten Sie folgenden Text in die textlichen Hinweise auf dem Lageplan und ggf. in den Umweltbericht zu übernehmen: 
„Für Bodeneingriffe jeglicher Art im Geltungsbereich des Bebauungsplanes ist eine denkmalrechtliche Erlaubnis gem. Art. 7 Abs. 1 BayDSchG notwendig, die in einem eigenständigen Erlaubnisverfahren bei der zuständigen Unteren Denkmalschutzbehörde zu beantragen ist.“

Unter Umständen kann die Errichtung von Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen aus denkmalfachlicher Sicht zu einer besseren Erhaltung der Bodendenkmalsubstanz beitragen (vgl. https://www.stmb.bayern.de/assets/stmi/buw/baurechtundtechnik/25_rundschreib en_freiflaechen-photovoltaik.pdf). Für die fachliche Beurteilung können im Einzelfall weiterführende Prospektionsaufnahmen erforderlich werden (z.B. geophysikalische Untersuchung). Abhängig von den Ergebnissen beraten die Denkmalbehörden bei der Erarbeitung alternativer Planungen unter denkmalrechtlichen bzw. -fachlichen Gesichtspunkten sowie bei der Erfüllung der in der Erlaubnis geforderten Nebenbestimmungen.

Der Erteilung der Erlaubnis unter fachlichen Nebenbestimmungen kann im Zuge eines späteren Erlaubnisverfahrens aus denkmalfachlicher Sicht nur zugestimmt werden, wenn der Antragsteller nachweist, dass im Rahmen des vertraglich vereinbarten Rückbaus der Anlage die Tiefenlockerung des Bodens dauerhaft ausgeschlossen wird. Soll die vorliegende Planung weiterverfolgt werden, hat der Nachweis im Zuge des Bebauungsplanverfahrens vor abschließender Beschlussfassung zu erfolgen. Der Nachweis erfolgt durch die Vorlage des Durchführungsvertrages oder der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit. Wir bitten um Zustellung des Nachweises per E-Mail (Beteiligung@blfd.bayern.de).

In Umsetzung der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshof (Entscheidung vom 22. Juli 2008, Az.: Vf. 11-VII-07, juris / NVwZ 2008, 1234-1236 [bestätigt durch die nachgehenden Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 2008, Az.: 1 BvR 2296/08 & 1 BvR 2351/08, n. v.]) wird dringend angeregt, aus städtebaulichen Gründen geeignete Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB (z. B. nach Nummern 2, 9, 10, 11, 15, 20 [Bodendenkmal als „Archiv des Bodens“]) vorzunehmen.

Die Untere Denkmalschutzbehörde erhält dieses Schreiben per E-Mail mit der Bitte um Kenntnisnahme. Für allgemeine Rückfragen zur Beteiligung des BLfD im Rahmen der Bauleitplanung stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Fragen, die konkrete Belange der Bau- und Kunstdenkmalpflege oder Bodendenkmalpflege betreffen, richten Sie ggf. direkt an den für Sie zuständigen Gebietsreferenten der Praktischen Denkmalpflege (www.blfd.bayern.de).

Abwägung:
Eine Änderung der Planzeichnung ist nicht möglich, da sich das Plangebiet in mind. 275 m Entfernung vom Bodendenkmal befindet, die Planzeichnung aber ca. 30 – 50 m bzw. im Nordwesten 120 m nördlich des Planungsumgriffs endet.

Im Umweltbericht wird auf den Standort des Bodendenkmals hingewiesen, der allerdings als ausreichend angesehen wird, dass keine Auswirkungen auf Bodendenkmäler zu befürchten sind. Eine Klärung der Anforderungen seitens der Denkmalbehörde durch den Vorhabenträger im Vorfeld der Sitzung ergab, dass folgender Hinweis in der Planung berücksichtigt wird: „Für Bodeneingriffe jeglicher Art im Geltungsbereich des Bebauungsplanes ist eine denkmalrechtliche Erlaubnis gem. Art. 7 Abs. 1 BayDSchG notwendig, die in einem eigenständigen Erlaubnisverfahren bei der zuständigen Unteren Denkmalschutzbehörde zu beantragen ist.“

In der Begründung werden auch die Ausführungen zu ggf. positiver Auswirkung und dem Ausschluss einer Tiefenlockerung aufgenommen.

Beschluss:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Planung und Begründung werden entsprechend der Ausführungen in der Abwägung angepasst.

Abstimmung: 15 : 0


  • Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Bereich Landwirtschaft, Schreiben vom 10.02.2023

Sachvortrag:
Wir sehen die grundsätzlichen Bestrebungen, im Rahmen der Bauleitplanung eine geordnete Vorgehensweise zur Steigerung der erneuerbaren Energien zu schaffen. Aus landwirtschaftlich fachlicher Sicht sind nachfolgende Aspekte zu bedenken:

Nach § 1a Abs. 2 BauGB soll mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden.

Es sollte grundsätzlich verfolgt werden, vorwiegend Dachflächen oder weitere Alternativen in der Gemeinde bei der Installation von Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu nutzen. Ein weiterer Grundsatz besteht darin, möglichst Böden mit einer geringen Ertragskraft für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu verwenden.

Das Planungsgebiet umfasst eine Fläche von etwa 5,0 ha. Die Fläche wird derzeit landwirtschaftlich genutzt. Die Bodengüte liegt in diesem Bereich bei einer Grünlandzahl von 55. Das höchste Ertragspotential liegt bei 100, der Landkreisdurchschnitt liegt bei 38. Somit wird der landwirtschaftlichen Nutzung ein deutlich überdurchschnittlicher Ertragsgrund entzogen.

Laut „Praxis-Leitfaden für die Ökologische Gestaltung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen“ des Bayerischen Landesamtes für Umwelt stellen Flächen ohne besondere landschaftliche Eigenart - wie Ackerflächen oder Intensivgrünland - geeignete Standorte dar. Dem entgegen stellen Standorte mit Flächen herausragender Ertragsfähigkeit des Bodens grundsätzlich nicht geeignete Standorte dar (siehe ebenfalls „Praxis-Leitfaden für die Ökologische Gestaltung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen“).

Es wird darauf hingewiesen, dass von den umliegenden landwirtschaftlichen Flächen auch bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung von Staubemissionen auszugehen ist, die die Module für die Stromerzeugung negativ beeinflussen könnten. Diese sind zu dulden.

Weiter möchten wir auf die Minimierung der Ausgleichsmaßnahmen durch landschaftspflegerische Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb der Anlage hinweisen. Somit wird der landwirtschaftlichen Nutzung nicht noch weiterer Ertragsgrund entzogen.

Da die Thematik der Energieversorgung in Form von Photovoltaik-Freiflächenanlagen immer wieder Gegenstand von vorhabenbezogenen Planungen ist, wird auf die im o.g. Praxisleitfaden unter 3.3 aufgeführten Möglichkeiten der räumlichen und planerischen Steuerung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen verwiesen. Wir bitten Sie zusammenfassend, bei der Prüfung der Gemeindeflächen die Abwägung Flächenauswahl und Ausgleichsmaßnahmen unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Schonung von Grund und Boden durchzuführen.

Wenn die energetische Nutzung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage beendet wird, muss der Grund und Boden wieder der Landwirtschaft oder landwirtschaftlichen Nutzung zurückgeführt werden.

Abwägung:
Die Planung entspricht den Vorgaben des Praxis-Leitfadens für die ökologische Gestaltung von Photovoltaik-Freianlagen. Die Fläche kann auch weiterhin – extensiv – landwirtschaftlich genutzt werden. Im Durchführungsvertrag werden Regelungen zum Rückbau der Anlage nach Abschluss der Nutzung getroffen.

Da aus Sicht von GRin Mair geeignetere Standorte im Gemeindegebiet vorhanden sind, sollte die Größe der Anlage reduziert werden. Stattdessen könnten weitere Anlagen auf vorbelasteten Flächen, z. B. entlang der Autobahn, realisiert werden. Aus ihrer Sicht würden durchaus ausreichend vorbelastete Flächen oder Flächen mit geringerem Ertragspotential zur Verfügung stehen.

Beschluss:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Planänderungen sind nicht erforderlich.

Abstimmung: 14 : 1


  • Polizeiinspektion Wolfratshausen, E-Mail vom 30.12.2022

Sachvortrag:
Es muss sichergestellt sein, dass eine Blendung, insbesondere von Verkehrsteilnehmern, ausgehend von der Photovoltaikanlage, zu jederzeit ausgeschlossen ist.
Ansonsten befindet sich die Anlage so weit vom öffentlichen Verkehrsraum entfernt, dass negative Auswirkungen auf den Straßenverkehr nicht zu erwarten sind. 

Abwägung:
Eine Änderung der Planung ist nicht veranlasst: Die PV-Anlage ist nur sehr eingeschränkt von der in mehr als 400 m Entfernung im Ostnordosten vorbeiführenden TÖL 20 sichtbar, die mind. 10 m tiefer als die PV-Anlage liegt. Allerdings ist nur von Ostnordosten ein kurzer Blick auf den nordöstlichsten Teil der Anlage gegeben, ansonsten fällt die Fläche der PV-Anlage von der Straße aus gesehen nach Westen ab.
Eine Blendung ist aufgrund der topographischen Parameter nicht zu befürchten.

Beschluss:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Planänderungen sind nicht erforderlich.

Abstimmung: 15 : 0


  • Ostuferschutzverband (OSV), Schreiben vom 30.01.2023

Sachvortrag:
Der Schutzverband für das Ostufer des Starnberger Sees e.V. (OSV) fördert entsprechend seiner satzungsgemäßen Aufgabe den Umwelt‐, Landschaft‐ und Denkmalschutz sowie die Kultur in seinem Tätigkeitsgebiet. Dieses erstreckt sich von der Linie Starnberg‐Seeshaupt nach Osten bis zum Wieder-Abfall des Geländes in das Isar‐ oder Loisachtal und umfasst somit auch das Gemeindegebiet Münsing. Dem Satzungszweck kommt der OSV insbesondere durch Vortragsveranstaltungen, Eingaben an die Gemeinden im Tätigkeitsbereich und Stellungnahmen gegenüber Behörden und Institutionen sowie durch Beratung der Mitglieder nach.

Die Ausweisung von Freiflächen‐Photovoltaikanlagen berührt neben vielfältigen Umweltbelangen insbesondere auch das Landschaftsbild. Zudem ist die Kulturlandschaft des Ostufers des Starnberger Sees historisch geprägt von kleinteiligen landwirtschaftlichen Strukturen. Wenngleich der OSV die Bemühungen der Gemeinde Münsing zur autarken Versorgung mit erneuerbaren Energien grundsätzlich und ausdrücklich begrüßt, entspricht es unserem satzungsgemäßen Auftrag, Einwendungen gegen gemeindliche Planungen zu erheben, sofern diese das Landschaftsbild sowie weitere Umwelt‐ oder kulturelle Belange beeinträchtigen.

I. Gegen im Betreff genannten Planungsvorhaben erheben wir Einwendungen und fordern die Gemeinde Münsing entsprechend unseres satzungsgemäßen Auftrags auf:
  • die oben genannten Planungsmaßnahmen bis zur Erstellung eines das vollständige Gemeindegebiet umfassenden städtebaulichen Standortkonzepts „Freiflächen‐Photovoltaik“ zurückzustellen,
  • nach Erstellung eines solchen städtebaulichen Standortkonzepts Vorhaben für Freiflächen-Photovoltaik entsprechend den Leitlinien der Gemeinde Münsing zu priorisieren,
  • Freiflächen‐Photovoltaik‐Projekte vorrangig in gemeindlicher Trägerschaft zu realisieren,
  • soweit dies nicht möglich ist, im Rahmen der Durchführungsverträge Bürgerbeteiligungsmodelle festzuschreiben,
  • in den Durchführungsverträgen eine Erlösbeteiligung der Gemeinde gemäß den Möglichkeiten des § 6 Abs. 3 EEG vorzusehen,
  • zum Schutz des Landschaftsbildes bei allen (künftigen) Vorhaben eine wirksame Eingrünung (Bepflanzungsdichte und ‐höhe, Auswahl immergrüner Pflanzen) festzusetzen und vertraglich so zu sichern, dass eine vollständige Umsetzung der Maßnahmen gewährleistet ist,
  • zum Schutz des Landschaftsbildes bei allen (künftigen) Vorhaben eine möglichst niedrige Modulhöhe festzusetzen,
  • zum Schutz des Landschaftsbildes bei einer Fortführung des Planungsvorhabens den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 9, Gemarkung Degerndorf nach Süden zu erweitern und dort eine von jeglicher Bebauung freizuhaltende Grünfläche festzusetzen.

II. Diese Forderungen beruhen auf folgenden allgemeinen Erwägungen:
Der für das Gemeindegebiet Münsing einschlägige Regionalplan 17 definiert als landschaftliches Leitbild:
„es ist anzustreben, die Natur‐ und Kulturlandschaften der Region Oberland und ihre natürlichen Lebensgrundlagen als Lebensraum und Existenzgrundlage der ansässigen Bevölkerung sowie der Tier‐ und Pflanzenwelt in ihrer einzigartigen Vielfalt, Eigenart und Schönheit zu erhalten und – wo nötig ‐ wiederherzustellen. Es ist von besonderer Bedeutung, die weitgehend unbeeinträchtigten Naturlandschaften des Alpenraums in ihrer Ursprünglichkeit zu bewahren.“

Im Einklang mit diesen auch für die Planungsvorhaben der Gemeinde Münsing maßgebliche Vorgaben sieht der OSV im Erhalt und der Förderung kleinteiliger, von Ortsansässigen betriebener landwirtschaftlicher Strukturen ein besonders erstrebenswertes Ziel zur Bewahrung des urtypischen Landschaftsbildes in unserer Region. Die Umnutzung landwirtschaftlicher Flächen für Freiflächen‐Photovoltaik stellt hierbei naturgemäß eine erhebliche Konflikt‐ und Konkurrenzsituation dar. Dies bestätigen auch die in verschiedenen Zeitungsberichten beschriebenen Reaktionen von Einwohnern der Nachbargemeinde Icking zu aktuellen Vorhaben. Wenn auch der Ausbau der erneuerbaren Energien in Zeiten des Klimawandels eine unbestreitbare Notwendigkeit darstellt, ist bei der Umsetzung eine verträgliche Ausgestaltung ebenso unabdingbar. Dies betrifft zuvörderst den Schutz der Umwelt und natürlichen Landschaft, zugleich aber auch der Kulturlandschaft. Rein kommerzielle Interessen dürfen hier nicht die Oberhand gewinnen.

Die Ausweisung der beiden Projekte erfolgt ohne städtebauliches Standortkonzept für das gesamte Gemeindegebiet, wie es die Hinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 10.12.2021 jedoch ausdrücklich vorsehen (vgl. Hinweise des StMWBV v. 10.12.2021, S. 6f.). Der Gemeinderat selbst hat ein solches Standortkonzept in der Sitzung am 08.03.2022 für den Bebauungsplan Nr. 36, Gemarkung Münsing noch explizit (!) gefordert (vgl. Protokoll v. 12.07.2022). In Ermangelung eines solchen Standortkonzepts kann eine ordnungsgemäße Standortauswahl, wie sie die Hinweise des Bauministeriums nahelegen (vgl. Hinweise des StMWBV v. 10.12.2021, S. 7f.), nicht erfolgen. Eine Bauleitplanung ist dann städtebaulich nicht erforderlich im Sinn von § 1 Abs. 3 BauGB und nicht abgewogen im Sinn von § 1 Abs. 7 BauGB.


Die aktuellen Planungsvorhaben nehmen zudem zusammengenommen mit einer Kapazität von ca. 7,7 MW einen signifikanten Anteil (30,8 %) an der in der Leitlinie zur Entwicklung von Freiflächen‐Photovoltaik‐Anlagen in der Gemeinde Münsing vom Mai 2022 festgelegten Gesamtkapazität von 25 MW ein. Mit der Realisierung dieser beiden Vorhaben ginge ein künftiges Standortkonzept teilweise ins Leere. Es besteht vielmehr die Befürchtung, dass weniger gut geeignete Flächen in den Genuss einer Genehmigung kommen, bevor die Gemeinde weitere Alternativen belastbar geprüft hat.


Aus unserer Sicht ist es unabdingbar, ein rares Gut wie Grund und Boden oder ein Allgemeingut wie die Landschaft zum Nutzen der Allgemeinheit zu bewahren bzw. zu entwickeln. Die Förderung erneuerbarer Energien ist dabei in Zeiten des Klimawandels ein wichtiger, aber nicht alles überstrahlender Aspekt. Beispielsweise kann das Ziel einer autarken gemeindlichen Energieversorgung vorzugsweise durch Anlagen in gemeindlicher Trägerschaft realisiert werden. Die hierzu benötigten Flächen könnten angepachtet werden, womit auch die jeweiligen Grundstückseigentümer am wirtschaftlichen Erfolg partizipieren. Jedenfalls sollte aber im Einklang mit der gemeindlichen Leitlinie zur Entwicklung von Freiflächen‐Photovoltaik‐Anlagen ein Bürgerbeteiligungsmodell (Aufzählungspunkt 7) festgeschrieben werden. Die rechtliche Handhabe hierzu steht der Gemeinde Münsing im Wege des Durchführungsvertrages offen. Unabhängig davon aber sollte in den Durchführungsverträgen eine Ertragsbeteiligung gemäß § 6 Abs. 3 EEG vorgesehen werden, wie es der Vorhabenträger des Bebauungsplans Nr. 9, Gemarkung Degerndorf laut Gemeinderatsprotokoll vom 12.07.2022 in Aussicht gestellt hat.


Wenn nach Erarbeitung eines städtebaulichen Standortkonzepts schließlich verschiedene Freiflächen‐Photovoltaikanlagen projektiert werden sollten, sind die Eingriffe in das Landschaftsbild ‐ wiederum in Einklang mit den landesplanerischen Vorgaben ‐ möglichst zu minimieren. Hierzu bietet es sich an, anders als bei den jetzt in Rede stehenden Projekten, Visualisierungen der geplanten Anlagen aus verschiedenen Perspektiven und Sichtachsen (z.B. Wasserwerkshügel im Norden, Maria Dank im Süden, Tree of Münsing, Straßen und Wege in der Nähe) unter Berücksichtigung der Topographie und der geplanten Höhe der Anlagen vorzunehmen. Dies bietet unter anderem die Möglichkeit, vorgesehene Maßnahmen zur Eingrünung auf ihre Wirksamkeit zu prüfen. Für eine möglichst schonende Integration von Freiflächen‐Photovoltaikanlagen in die Landschaft ist eine ebensolche wirksame Eingrünung elementar. Dies betrifft eine ausreichende Dichte und in Bezug auf die Photovoltaik‐Module ausreichend hohe Bepflanzung mit möglichst (zumindest zum Teil) immergrünen Pflanzenarten. Photovoltaikanlagen beanspruchen die Landschaft schließlich nicht nur innerhalb der Vegetationsperiode. Angesichts der Höhe der aufzustellenden Paneele ist es nicht nachvollziehbar, wie von einer wirksamen Eingrünung während der nicht laubtragenden Zeiten ausgegangen werden kann.


Diese allgemeinen Erwägungen vorausgeschickt, die gleichermaßen für alle im Betreff genannten gemeindlichen Planungen (Flächennutzungsplanänderung, beide Bebauungsplanverfahren) gelten, gilt es nachfolgend noch spezifische Punkte zu einzelnen Planungen anzumerken:

IV. Bebauungsplan 9, Gemarkung Degerndorf

Hinsichtlich dieses Vorhabens sehen wir es als besonders kritisch an, dass ca. ein Fünftel der gemeindlichen Gesamtkapazität für Freiflächen‐Photovoltaik an einem Standort vergeben wird, der die in den Leitlinien zur Entwicklung von Freiflächen‐Photovoltaikanlagen in der Gemeinde Münsing aufgestellten Kriterien in wesentlichen Punkten nicht erfüllt. Werden Leitlinien aber nicht konsequent beachtet, verlieren sie ihre steuernde und koordinierende Funktion!


Zum einen fehlt es, wie bereits zuvor erwähnt, an einem städtebaulichen Standortkonzept, ohne dass der Gesamtumfang und die Verteilung (Aufzählungspunkt 6 der Leitlinie) im Gemeindegebiet nicht effektiv zu beurteilen ist. Noch deutlich gravierender stellt sich allerdings dar, dass es sich bei dem Standort um keine vorbelastete Fläche (Aufzählungspunkt 4 der Leitlinie) handelt. Eine Ausnahme von diesem Kriterium ist nicht angezeigt, da ohne städtebauliches Standortkonzept für das gesamte Gemeindegebiet nicht abschließend beurteilt werden kann, ob, an welchen Orten und in welchem Umfang für das Gemeindegebiet solche vorbelasteten Flächen existieren und ob die jeweiligen Eigentümer bereit sind, diese dementsprechend zu nutzen bzw. nutzen zu lassen. Soweit die Gemeinde in der Begründung zum Bebauungsplanentwurf lapidar darauf verweist, in der Gemeinde existierten keine derart vorbelasteten Flächen, steht das diametral zur Begründung des Bebauungsplans Nr. 36, Gemarkung Münsing, die dessen Geltungsbereich eben als solche vorbelastete Fläche bezeichnet. Bereits aus diesem Grund handelt es sich nicht um einen „geeigneten Standort“ im Sinne der Hinweise des StMWBV v. 10.12.2021 (vgl. dort S. 8). Ein bloßer Verweis auf die landesrechtliche Ausweisung als „benachteiligtes landwirtschaftliches Gebiet“ kann hieran nichts ändern. Zum einen handelt es sich um rein förderrechtliche Auswirkungen im Sinne des EEG. Zum anderen kann ein solcher Hinweis nicht ausreichen, um eine Standortpriorisierung zu erreichen, da ja das gesamte Gemeindegebiet von Münsing als „benachteiligt“ ausgewiesen ist, und somit auch exakt jede andere im Außenbereich befindliche Fläche in Münsing einen geeigneten Standort darstellen müsste.


Zudem ist auch für diese Anlage kein Bürgerbeteiligungsmodell (Aufzählungspunkt 7) vorgesehen. Den Materialien zur Aufstellung des Bebauungsplans lässt sich im Gegenteil gerade entnehmen, dass der Strom (vorwiegend) für den in der Nähe und im Eigentum der Vorhabenträger befindlichen energieintensiven Gewerbebetrieb (Fa. Agrobs) verwendet werden soll. Damit wären ca. ein Fünftel der in der Gemeinde verfügbaren Erzeugungskapazität dem allgemeinen Nutzen entzogen und würden ausschließlich den privaten, kommerziellen Interessen der Vorhabenträger dienen.


Bei den einzelnen Festsetzungen erschließt es sich zudem nicht, weshalb für diesen Bebauungsplan eine Modulhöhe von 3,8 m vorgesehen sein soll, während beim Bebauungsplan Nr. 36, Gemarkung Münsing lediglich eine Höhe von 3,5 m festgesetzt ist. Eine Begründung für diese Modulhöhe fehlt völlig. Um die Eingriffe in das Landschaftsbild zu minimieren, ist aber gerade eine möglichst zurückhaltende Bebauung anzustreben. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die zur Eingrünung vorgesehenen Pflanzenarten erfahrungsgemäß eine geringere Wuchshöhe aufweisen als die vorgesehene Modulhöhe. Zudem erschließt es sich uns nicht, weshalb eine Eingrünung nach Süden fehlt. Auch von dieser Seite ist das Gelände von Wanderwegen und nicht zuletzt vom Betrieb (mit Wohnhaus) der Fa. Berger selbst einsehbar. Das als schützenswerter Landschaftsbestandteil festgesetzte Feldgehölz kann unbeschadet seiner unbezweifelbaren Schönheit aufgrund seiner Ausdehnung von nur ca. 100 keinen gleich wirksamen Schutz bieten. Vielmehr besteht – gerade auch aufgrund der bisherigen Genehmigungshistorie – die Befürchtung, dass der Gewerbebetrieb Agrobs zusätzliche Erweiterungsschritte nach Norden unternimmt und die fehlende Eingrünung der Fotovoltaikanlagen nach Süden solche Erweiterungsmaßnahmen bereits antizipiert. Dafür kann auch sprechen, dass die in den Baugenehmigungen für die Hallen 4 und 5 beauflagte Eingrünung nach Norden immer noch nicht erfolgt ist. Bei einem solchen Zusammenwachsen von Gewerbebetrieb und diesem dienender Photovoltaikanlage entstünde aber ein mehr als 10 ha großes faktisches Gewerbegebiet, was sicher nicht im Interesse der Gemeinde Münsing und der Natur und Landschaft am Ostufer des Starnberger Sees sein kann. Um ein solch faktisches Gewerbegebiet effektiv zu verhindern, sollte daher bereits jetzt der Geltungsbereich des Bebauungsplans erweitert werden und in Richtung des Gewerbebetriebs eine von jeglicher Bebauung freizuhaltende Grünfläche festgesetzt werden. Bebauungsplan und Flächennutzungsplanänderung bieten die bestmögliche Gelegenheit, eine solch unerwünschte Entwicklung mit den Instrumenten der gemeindlichen Planungshoheit effektiv zu verhindern.


Bereits die bisherigen Erweiterungen des Gewerbebetriebs Agrobs an dieser exponierten Lage stellen eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar, die insbesondere mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung nicht vereinbar sind und daher auch nicht als Bebauungsplan realisierbar wären. Die derzeitige Ausgestaltung der Planung verstärkt unsere Sorge, dass mit der Errichtung der Photovoltaikanlage einer erneuten Betriebserweiterung auf anderem Wege Vorschub geleistet werden könnte. Die Folgen für die schon heute mehr als angespannte Verkehrssituation im Münsinger Dorfgebiet sind kaum abseh‐ und vorstellbar. Wir bitten die Gemeinde daher um eine entsprechende Mitteilung, sobald ihr weitere Erweiterungsabsichten der Fa. Agrobs für deren Betriebsgelände bekannt werden.

Abwägung:
Zu I.: In der Begründung wird zwar bislang nicht auf die „Leitlinien zur Entwicklung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen“ in der Gemeinde Münsing vom Mai 2022 verwiesen, dennoch entspricht die geplante PV-Anlage im Wesentlichen den dort genannten Kriterien. Der Verweis auf diese vom Gemeinderat beschlossenen Leitlinien wird in die Begründung mitaufgenommen. Wieso die Gemeinde unter Berücksichtigung der dort genannten Aspekte ein umfassendes städtebauliches Standortkonzept für das gesamte Gemeindegebiet erstellen sollte, ist nicht ersichtlich. Direkt vorbelastete Gebiete existieren lediglich im Bereich von Bolzwang an der Autobahn, wobei hier unabhängig von der Verfügbarkeit lediglich 13 ha Fläche in Frage kommen würden. Bei PV-Anlagen handelt es sich nicht um eine gemeindliche Aufgabe. Die Gemeinde wird im Durchführungsvertrag eine Erlösbeteiligung regeln, eine Bürgerbeteiligung kann zum aktuellen Planungsstand seitens des Vorhabenträgers nicht zugesichert werden. Dies ist im Leitfaden als „wünschenswert“ bezeichnet, aber kein Zwang. Der Schutz des Landschaftsbildes wird in der Planung berücksichtigt, allerdings widerspricht eine Eingrünung mit immergrünen Gehölzen dem Planungsziel einer diversen, tierweltfreundlichen Begrünung.

Zu II. Es ist wiederum auf die „Leitlinien zur Entwicklung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen“ in der Gemeinde Münsing vom Mai 2022 sowie Regelungen im Durchführungsvertrag zu verweisen. Der Bebauungsplan berücksichtigt die Punkte „Orts- und Landschaftsbild sowie Einsichtigkeit“, Schutzgebiete und Naturhaushalt, „Biodiversität“, „Siedlungsentwicklung“. Vorbelastete Flächen sind gemäß Leitlinien als präferiert einzustufen, andere Flächen sind aber nicht ausgeschlossen. Mit der geplanten PV-Anlage in Degerndorf können knapp 4 MW erbracht werden, bei einem gemeindlichen Ziel von 25 MW entspricht dies knapp einem Fünftel. Somit können ohne Probleme noch einige weitere PV-Freiflächenanlagen gemäß den Leitlinien der Gemeinde Münsing geplant werden, wie es mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 36 Münsing bereits durchgeführt wird.

Ebenfalls wird auf die Festsetzungen zur Eingrünung verwiesen. Wieso der OSV die Pflanzung immergrüner Gehölze fordert - die entweder viel zu hoch wachsen oder aber nicht heimisch sind – ist nicht nachvollziehbar. Die Eingrünung erfolgt derart, dass von den meisten, nicht erhöhten Standorten, ein Blick auf die Anlagen im Sommer gänzlich verhindert wird bzw. im Winter durch das Astwerk deutlich gemildert wird. Ein „Verstecken“ der Anlagen hinter immergrünen Strukturen erscheint für das Landschaftsbild und die dadurch entstehende Fragmentierung nicht zielführend.

Zu IV: Der Standort entspricht den Aufzählungspunkten 1, 2, 3, 5 und 6 der gemeindlichen Leitlinien; Punkt 7 wird ohnehin nicht über den Bebauungsplan, sondern üblicherweise im städtebaulichen Vertrag geregelt. Lediglich Punkt 4 wird mit dem Standort nicht erfüllt. Allerdings heißt es in den Leitlinien, dass vorbelastete Standorte „gegebenenfalls präferiert“ werden. Nachdem derzeit keine anderen Standorte ersichtlich sind, spricht daher nichts gegen den vorliegenden Standort, auch die Landesplanungsbehörde hat gegen den Standort keine Einwände.

Auch der von der Firma Agrobs benötigte Strom ist Strom, der in der Gemeinde Münsing verbraucht wird. Wieso diese Erzeugung dem allgemeinen Nutzen entzogen sein sollte, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Zu Erlös- und Bürgerbeteiligung vgl. zu I. Die vorgesehene Modulhöhe von 3,8 m entspricht dem Konzept des Vorhabenträgers. Mit der vorgesehenen Eingrünung ist auch diese Höhe gut gegenüber der Landschaft abzupuffern. Von den zur Eingrünung vorgeschlagenen Pflanzen bleiben einige, die am Außenrand gepflanzt werden sollen, niedriger, 9 der genannten 14 Arten erreichen im Verbund wachsend üblicherweise eine Höhe von ca. 4 m. Nachdem mind. 10 unterschiedliche Arten zu pflanzen sind, ist auch die ausreichende Höhe gewährleistet. Eine Eingrünung im Süden wirkt sich tendenziell ertragsmindernd aus. Von Süden ist die Anlage ausschließlich vom vorhandenen Weg, der als Zufahrt zur Fa. Agrobs dient und keine Verbindungsfunktion aufweist, zu sehen. Vom westlich liegenden Wanderweg ist die Anlage aus topographischen Gründen (davor / dazwischen liegender Höhenrücken bzw. Hangkante) nicht sichtbar. Aus diesem Grund wird eine Abpflanzung nicht erforderlich erachtet. Zwischen dem Südrand der PV-Anlage und dem vorhandenen landwirtschaftlichen Weg liegen ca. 100 m. Die Betriebsgebäude wiederum liegen ca. 110 m südlich des Wegs. Eine Eingrünung der PV-Anlage auf der Südseite oder auch eine städtebaulich nicht erforderliche Einbeziehung des gesamten Grundstücks würde Erweiterungspläne der mehr als 200 m südlich liegenden Firma Agrobs nicht verhindern können.


Beschluss:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Planänderungen sind nicht erforderlich.

Abstimmung: 13 : 2



B. Anregungen von Bürgern bzw. der Öffentlichkeit



  • Private Stellungnahme 1, Mail vom 08.01.2023

Sachvortrag:
Als Eigentümer ebenfalls für entsprechende Nutzung geeigneter Grundstücke möchte ich meinen Bedarf mit einem Umfang von ca. 8- 15 ha ebenfalls berücksichtigt wissen.
Mögliche Teilflächen sind im beiliegenden Lageplan gekennzeichnet.

Ich habe vor wenigen Tagen rein zufällig davon erfahren, dass beschlossen wurde, 

a) die in der Gemeinde Münsing vorzusehende Freiflächen-Fotovoltaik auf insgesamt 20 ha zu begrenzen, 

b) hiervon inzwischen die Gemeinde zu Flächen mit 7,5 ha bereits ihre grundsätzliche Zustimmung mittels Vorabbeschluss erteilt hat und dass

c) bezüglich 5 ha eine Vorentscheidung zugunsten des Betriebs von Agrobs gefallen ist, wobei die Stromproduktion dieser Flächen unmittelbar der Produktion zugeordnet und nicht etwa für den allgemeinen Bedarf zur Verfügung stehen sollen und die restlichen Flächen an der Autobahnausfahrt nahe des bekannten „Tree of Münsing“ liegen werden. 

Ich habe die Bitte, dass die Bebauungsplanungsverfahren sowie das Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans so lange eingefroren werden, bis auch über die Berücksichtigung meiner Flächen, für die ich ebenfalls eine Freiflächen-Fotovoltaik-Anlage zu errichten wünsche, entschieden und in denselben Verfahrensstand gebracht worden sind. 

Es kann nicht angehen, dass gerade bei solchermaßen flächenintensiven Planungen nach dem Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ gehandelt wird. 

Es kann nicht so sein, dass bei einem offensichtlich limitierten Flächenansatz und damit einem knappen Gut zugunsten derjenigen entschieden wird, die zuerst hiervon Kenntnis hatten und, das scheint mir ein wesentlicher Aspekt zu sein, zuerst in der Lage waren, durch entsprechende Vorplanungen einen Entwurf für ein entsprechendes Konzept und einen dementsprechenden Bebauungsplan vorlegen zu können. 

Ich selbst habe bislang, da ich keine Kenntnis von diesen Entwicklungen hatte, nicht die Möglichkeit gehabt, mich fachkundig zu informieren, ein wirtschaftliches Konzept zu erarbeiten, der Gemeinde vorzustellen und sodann hierfür einen Entwurf eines Vorhabenbezogenen Bebauungsplans fertigen zu lassen.

Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass ich die Flächen nicht einfach nur an einen Dritten verpachten würde, sondern die Flächen selbst bewirtschaften würde und damit der wirtschaftliche Ertrag vollständig in Münsing verblieb. De facto ist derzeit keine Chancengleichheit aller „Bewerber“ gegeben, de facto muss bei einem solchermaßen limitierten Gut wie der Ausweisung von Flächen für die Freiflächen-PV von einer Konkurrenzsituation ausgegangen werden, wobei über die unterschiedlichen Konzepte der Konkurrenten aber nach einem Gesamtkonzept, von dem ich nicht weiß, ob es vorliegt, entschieden werden müsste.

Abwägung:
Die möglichen Teilflächen werden zur Kenntnis genommen. Diese befinden sich in exponierterer Lage unterhalb einer Kuppe, auf der einen Fläche ist auf ca. 0,21 ha ein kartiertes Biotop (Extensiv-Weide) gegeben. Die beiden Flächen werden im Süden durch einen ausgewiesenen, überörtlichen Radweg berührt und durch einen örtlichen landwirtschaftlichen Weg getrennt. Ob diese für eine PV-Freiflächenanlage geeignet sind, wäre ggf. gesondert zu prüfen.

Nach aktuellem Stand wird durch die derzeit beantragten PV-Anlagen der angestrebte Bedarf nicht ausgeschöpft, so dass hier keine Vorfestlegung getroffen wurde. Die Gemeinde sieht auf der Grundlage der Leitlinien aus dem Jahr 2022 keine Notwendigkeit, eine flächenhafte Nutzungskulisse für das Gemeindegebiet zu entwickeln, zumal unklar ist, ob die dann im „Vorranggebiet“ liegenden Grundstücke grundsätzlich zur Verfügung stehen.

Beschluss:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Planänderungen sind nicht erforderlich.

Abstimmung: 15 : 0


  • Private Stellungnahme 2, Schreiben vom 30.01.2023

Sachvortrag:
1. Ausgangslage
In Nähe des Betriebs von Agrobs soll eine ca. 5 ha große PV-Anlage errichtet werden, deren Stromertrag dem Betrieb zugutekommen soll. Der Betrieb von Agrobs ist 2001 durch einen Hallenneubau gegründet worden, nachdem die landwirtschaftliche Milchviehhaltung eingestellt wurde. Im Jahr 2006 wurde die Lagerhalle 3 (mit Rückbauverpflichtung) genehmigt: der Gemeinderat beschloss bereits damals, dass mit diesem Neubau die bauliche Entwicklung des Betriebs abgeschlossen sei und es sich also um die letzte Erweiterung handele. In den Jahren 2011 und 2012 wurde ein Erweiterungswunsch der Firma Agrobs abgelehnt wegen der Lage im Außenbereich und einem nicht erfüllbaren Erfordernis einer Bauleitplanung. Verwiesen wurde auf die exponierte Lage, weshalb das Landschaftsbild beeinträchtigt werde und auf die Nichteinhaltung des Anbindegebots des Landesentwicklungsprogramms (LEP). Für eine Erweiterung gäbe es keine Rechtsgrundlage und die Möglichkeiten zur Erweiterung seien bereits 2006 ausgeschöpft wurden. Aus ortsplanerischer Sicht sei der Standort für eine gewerbliche Entwicklung ungeeignet.

Im Jahr 2015 wurden in völliger Abkehr hiervon ohne Bebauungsplanverfahren die Baugenehmigungen für die Hallen 4 und 5 (je 30m mal 50m) vom Landratsamt (ohne Rückbauverpflichtung) erteilt, ohne dass jedoch eine planungsrechtliche Rechtsgrundlage benannt worden wäre. Hierdurch entstand ein Gewerbegebiet mit ca. 2,8 ha Umfang. Zum Vergleich: das Gewerbegebiet der Firma Holzer dürfte wohl ca. 2,3-2,5 ha besitzen, das Gewerbegebiet am Schlichtfeld ca. 2.6 ha. Es war vom Bauherrn zugesagt worden, dass mit einem Neubau der Hallen 4 und 5 nur ein geringes zusätzliches Verkehrsaufkommen verbunden sei. da in der Vergangenheit die Waren teilweise in angemieteten Hallen zwischengelagert wurden und deshalb Lkw-Bewegungen zwischen den angemieteten Hallen und im Betriebsgelände zum Warentransport nicht mehr erforderlich würden. Als den Genehmigungen zu Grunde liegende Betriebsabläufe wurde insbesondere unterstellt, dass sommers die Anlieferung von max. 300 t pro Tag durch 1-2 Lkw mit 12 t, 3 Schlepper mit Anhänger mit 14 t und 11 Lkw mit 40 t pro Tag, die Abholung durch 3 40-Tonner und 4 12-Tonner und winters eine Anlieferung pro Tag von maximal 100 t durch 4 Lkw je 40 t und 2 Lkw je 12 t und eine Abholung von 7 Lkw je 40 t und 6 Lkw je 12 t erfolgt. Dabei darf die Kapazität der Anlage in Summe 350 t/d nicht überschreiten. In den zugehörigen Immissionsschutzgutachten war festgestellt worden, dass unter immissionsfachlichen Aspekten noch ein sehr großes Kontingent für zukünftige Betriebserweiterungen bestünde.

Der Gemeinderat hatte 2014 nach Mitteilung der vollständig neuen Rechtsauffassung des Landratsamts, wonach der Betrieb nunmehr im Außenbereich zugelassen werden solle, beschlossen, dass nach Realisierung dieser Erweiterungsbauten die bauliche Entwicklung des Betriebs als endgültig abgeschlossen betrachtet werde, da der Standort für eine weitere Entwicklung aus ortsplanerischer Sicht nicht geeignet und von einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes auszugehen sei.

Mit Genehmigung aus dem Jahr 2017 wurden (wohl ohne Beteiligung der Gemeinde?) die Betriebszeiten auf die Nachtzeit (zwischen 22:00 bis 6:00 Uhr) erweitert.

Zu einem Antrag auf Vorbescheid für die Errichtung einer Produktionshalle und weiterer Gebäude zugunsten der Firma Agrobs auf den westlich des Gewerbebetriebs von Darchinger angrenzenden Fl.Nrn. 3063/ 1, /4 und /5 im Außenbereich hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am 04.06.2019 einstimmig sein Einvernehmen verweigert, da das Vorhaben keine für den Außenbereich erforderliche Privilegierung besitze, die „Bezugsfallwirkung enorm" wäre und das beantragte Vorhaben die Belastung mit Schwerlastverkehr auf der TÖL 20 und im Dorf von Münsing noch weiter erhöhe.

Die durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbeflächen des ehemaligen Betriebs von Darchinger in unmittelbarer Nähe zum Betriebsgelände von Agrobs standen vor wohl ca. 2 Jahren zum Verkauf, die dann Starnberger Mietgeräte gekauft hat.

Es ist bekannt, dass Agrobs seit wenigstens 1 ½ Jahren mit dem Landratsamt die Erweiterung um zwei weitere Hallen nördlich der bestehenden behandelt und wiederum ohne Bebauungsplan mittels Genehmigungsverfahrens die Erweiterung durchsetzen will. Es gibt also einerseits ein aktuell beantragtes Vorhaben der Betriebserweiterung um die PV-Anlage und andererseits eines, das wohl irgendwann einmal zur Beantragung ansteht. Die beiden Vorhaben kann man aber rechtlich wie tatsächlich nicht voneinander trennen. Das gilt umso mehr, als die Flächen, die für die PV-Anlage vorgesehen sind, nicht unmittelbar an den vorhandenen Gewerbebetrieb anschließen und die verbleibende Lücke für eine Erweiterung um bis zu vier Hallen geeignet sein dürfte. Somit zeigt gerade der Antrag auf vorhabenbezogenen Bebauungsplan, dass die Erweiterungen um weitere Hallen bereits mitgedacht und unterstellt werden können. Die etwaige Zulassung der PV-Anlage führt hiermit nicht nur zu einer Verstärkung der bestehenden Situation, sondern möglicherweise gerade zu einer Vorbereitung einer oder mehrerer bevorstehender Erweiterungen.

2. Betriebserweiterung um die PV-Anlage
Die Errichtung von Freiflächen-PV-Anlagen kann man in diesen Zeiten grundsätzlich nur unterstützen.
Es kommt allerdings darauf an, an welchem Ort und zu welchem Zweck. Vorliegend soll der erzeugte Strom nur dem Betrieb dienen und gerade nicht, dieser Fall wäre anders zu beurteilen, in das allgemeine Stromnetz eingespeist werden, weshalb sich das Verfahren als ein solches einer Gewerbebetriebserweiterung darstellt. Als solches muss der vorhabenbezogene Bebauungsplan genau an den Zielen der Raumordnung gemäß § 1 IV BauGB scheitern. An denen in der Vergangenheit ein Bebauungsplanverfahren für die Erweiterung des Betriebs hätte scheitern müssen und künftig auch scheitern würde: es stehen die Ziele des LEP vom 01.01.2020 entgegen, nämlich z. B.
  • das Anbindegebot Ziel Nr. 3.3 Abs. 2, wie bereits vom Landratsamt im Jahr 2006 zutreffend erkannt,
  • das Ziel Nr. 3.1, wonach großflächige Gewerbegebiete für den überörtlichen Bedarf vorrangig auf die regionalen gewerblichen Schwerpunkte wie z.B. Wolfratshausen/Geretsried gelenkt werden sollen.
ferner werden im Regionalplan 17 (Oberland) in Teil B II fixiert
  • das Ziel Nr. 1.6., wonach die Zersiedelung der Landschaft verhindert werden soll und
  • das Ziel Nr. 1.5, wonach besonders bedeutende und das Oberland prägende Strukturen wie insbesondere weithin einsehbare Höhenrücken und Kuppen grundsätzlich von einer Bebauung freigehalten werden sollen.
In diesem Zusammenhang bitte ich darum, zu klären, ob die beabsichtigte Leistung von 4,8 MW auf den aktuellen Betrieb oder schon einen künftigen, um zwei Hallen erweiterten bezogen ist.

Ferner bitte ich zu klären, ob die vom Betrieb ausgehenden Lärmimmissionen als künftige Schallreflexionen, die durch die PV-Anlage bewirkt werden können, bereits berücksichtigt sind.

3. Betriebserweiterung um zwei weitere Hallen 6 und 7
Freilich ist der Antrag auf vorhabenbezogenen Bebauungsplan unvollständig, steht doch die Erweiterung um zwei weitere Hallen seit einiger Zeit im Raume. Der gegebene Planungszusammenhang wird absichtlich zerschnitten, weil seit jeher vollkommen unstrittig ist, dass keine der in der Vergangenheit vorgenommenen Betriebserweiterungen und keine künftige Betriebserweiterung um weitere Hallen mit den Zielen der Raumordnung vereinbar, darüber hinaus aber auch nicht der Öffentlichkeit vermittelbar wäre.

Nachdem das Landratsamt jahrelang die zutreffende Rechtsmeinung vertreten hatte, eine Erweiterung sei nicht außenbereichsverträglich und unzulässig, änderte sich diese Rechtsauffassung im Jahr 2014 plötzlich um 180 Grad. Nach meiner Erinnerung stellte deswegen der Gemeinderat eher widerwillig das gemeindliche Einvernehmen her und verließ sich auf die rechtliche Einschätzung des Landratsamtes. Damit war freilich der Geist aus der Flasche. Denn auf Basis dieser Rechtsansicht gibt es keine Grenzen mehr. Diese Gefahr richtig einschätzend, beschloss der Gemeinderat. dass eine weitere bauliche Entwicklung nicht mehr stattfinden werde. Der Bauherr wusste also, worauf er sich einließ, er wusste, dass er für weitere betriebliche Erweiterungen auf andere Standorte angewiesen sein würde.

Nachdem der Gemeinderat das Einvernehmen zum Antrag auf Vorbescheid aus dem Jahr 2019 nicht erteilte und der Vorhabenträger auch nicht das festgesetzte Gewerbegebiet von Darchinger erwarb, kann man einen erneuten Antrag auf Erweiterung nördlich der Hallen 4 und 5 erwarten.

Meiner juristischen Einschätzung würde es entsprechen. wenn das Landratsamt seine Rechtsauffassung aus dem Jahr 2014 nicht auf die vorbeschriebene Erweiterung überträgt. Denn es macht offensichtlich einen fundamentalen Unterschied, ob ich einen Betrieb von ursprünglich 3 Hallen auf 5 Hallen erweitere oder aber, und das ist die maßgebliche Frage, von 3 Hallen auf 7 und damit von ca. 2 ha auf ca. 3,7 ha oder aber, und auch dies muss mitberücksichtigt werden, da die PV-Anlage die Basis für eine preiswerte Stromversorgung des energieintensiven Betriebs gewährleistet, von 3 Hallen auf 7 Hallen und zusätzlich 5 ha mit PV-Anlage. Es findet also in jedem Fall ausgehend von der ursprünglichen Struktur von 3 Hallen eine dimensionale Verschiebung statt, die eindeutiger nicht ausfallen und für das Landschaftsbild von Münsing wie den Verkehr kaum krasser sein könnte. Bei einer für die Genehmigungsfrage maßgeblichen Betrachtung als einheitliche betriebliche Anlage kann eine Außenbereichsverträglichkeit nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden.

Sollte das Landratsamt seine Meinung aus dem Jahr 2014 jedoch übertragen wollen, wird es wieder, wie 2019 - ganz entscheidend auf die Haltung des Gemeinderats im Zusammenhang mit der Erteilung oder Versagung des gemeindlichen Einvernehmens ankommen. Die Gemeinderäte werden wohl über kurz oder lang vor die Wahl gestellt werden, den Beschluss aus dem Jahr 2014 einem neuen Bauwunsch entgegenzuhalten oder aber dem neuen Bauwunsch zu entsprechen und den Wählern und der Öffentlichkeit dies zu erklären:

a) Wenn sich die Gemeinde konsequent und transparent verhält, dann wird sie den Beschluss aus dem Jahre 2014 (genauso wie beim Antrag auf Vorbescheid 2019) bei einem erneuten Antrag des Bauherrn mit konkretem Leben füllen, das Einvernehmen verweigern und gegebenenfalls einen Aufstellungsbeschluss fassen, der zum Ziel hat, die Freihaltung des Bereichs nördlich der bestehenden Hallen zugunsten einer landwirtschaftlichen Nutzung zu gewährleisten. Die Gemeinde wird, so wie sie es zum Beispiel in der Leitlinie zu den PV-Anlagen festgehalten hat, die ihr zustehende Planungshoheit ausfüllen. Sie wird, wie 2019, das 2014 ihren Bürgern gegebene Versprechen halten.

b) Sofern dieser 2014 bereits beschlossene und vorgezeichnete Weg nicht gewählt würde und eine Mehrheit der Mitglieder sich für das Vorhaben ausspräche, bitte ich die zustimmenden Mitglieder des Gemeinderats, ihren Wählern und der Öffentlichkeit bereits jetzt folgende Fragen zu beantworten:

aa) Was hat sich gegenüber 2014, als der Beschluss, wonach die bauliche Entwicklung als abgeschlossen anzusehen ist. und 2019 geändert, so dass der Beschluss aus 2014 aufzuheben wäre? Bereits dem Lärmgutachten 2014 hat man entnehmen können, dass der Betrieb auf Erweiterung angelegt ist.

bb) Wo ist die endgültige Grenze von zusätzlichen Gewerbebetriebserweiterungen seitens Agrobs? Nördlich künftiger Hallen 6 und 7 ist wenigstens noch mal Platz für zwei weitere Hallen im Zuge einer nochmaligen Erweiterung. Und wiederum nördlich hiervon soll die PV-Anlage entstehen, aber PV-Freiflächen-Paneele lassen sich auch schnell wieder abbauen.

Bei einem Lückenschluss zur nun geplanten PV-Anlage entstünde ein Gewerbegebiet mit wohl mehr als 10 ha. Wie gesagt: der Geist ist aus der Flasche.

cc) Was macht eigentlich den Betrieb von Agrobs, der schwerpunktmäßig Logistik darstellt, so einzigartig, dass man ihn ohne Bebauungsplanverfahren bislang zu einer Größe von ca. 2,8 ha mit den bisherigen Hallen 4 und 5 entwickeln konnte und mit den künftigen Hallen 6 und 7 auf einen Umfang von ca. 3,7 ha bringen sollte? Inwiefern sollte eine Erweiterung des Betriebsgeländes nach Norden anders zu beurteilen sein, als der im Jahr 2019 abgelehnte Erweiterungswunsch an der Angerbreite 23?

dd) Was passiert, wenn Agrobs noch zusätzliche Flächen, sei es in Anschluss an das Betriebsgelände, sei es zum Beispiel beim Landhaus Graf, sei es bei einem anderen Aussiedlerhof erwirbt? Sind dann dort auch Erweiterungen ohne Bebauungsplan zulässig?
ee) Sind Vorhaben anderer Bauwerber, die das gleiche Konzept verfolgen würden, ebenfalls an anderer Stelle ohne Einschränkung zulässig? Stellt das Konzept von Agrobs, stellt Logistik also eine Schablone dar, mittels derer auf anderen Grundstücken Gleiches passieren kann? Jedes landwirtschaftliche Gehöft im Außenbereich könnte sich zum Gewerbebetrieb umwandeln und nach diesem Schema unbegrenzt erweitern.

ff) Was sagt man anderen Bauherrn, seien es private, seien es gewerbliche, weshalb überhaupt noch ein Bebauungsplanverfahren (und ein Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans) zur Schaffung von Baurecht oder zur Erweiterung von Betrieben notwendig sein sollen, wenn es doch im Außenbereich inzwischen das Baurecht hektarweise hagelt? Was sagt man z.B. einem Betrieb Landhaus Graf, wenn er ebenfalls auf den Gedanken kommen sollte, zwei Hallen mit jeweils 1.500 qm Grundfläche zu beantragen? Was unterscheidet Agrobs z.B. von einem Zimmererbetrieb, der dringend Erweiterungsflächen sucht und bislang auf die Ausweisung von Gewerbeflächen hoffen muss? Auch dieser Betrieb verursacht Verkehr, Staub- und Lärmimmissionen. Was will man den Eigentümern kleiner Wohnhäuser sagen, denen man die Errichtung einer Außentreppe wegen entgegenstehender Bebauungsplanfestsetzungen versagte?

gg) Welcher Verkehr wird derzeit eigentlich bei Agrobs täglich abgewickelt? Hierzu müssten die Betriebsunterlagen zutreffend Auskunft geben. Stimmt das noch mit dem genehmigten Verkehrsaufkommen überein? In welchem Umfang soll Verkehr künftig stattfinden?

hh) Wann müssen sich die Anwohner der Hauptstraße und der Degerndorfer Straße angesichts der seit 2017 vorhandenen Betriebserlaubnis für einen 24-Stunden-Betrieb darauf gefasst machen, künftig auch mitten in der Nacht Lkw- Verkehr mit der bekannten Lärmentfaltung und den Erschütterungen hinzunehmen?

ii) Sollen die Eltern ihre Kinder künftig besser mit dem Auto in die Schule bringen und von dort abholen, weil sie Angst haben, dass die Kinder nicht mehr sicher zur Schule kommen? Sollen die Älteren, Gebrechlichen, Schwächeren ebenfalls mit dem Auto zum Bäcker, zur Apotheke, zum Kellerer fahren? Oder sollen diese einen Bringdienst anbieten? Was ist zu tun, damit der Verkehr nicht noch weiter gesteigert wird?

jj) Worin liegt die städtebauliche Eignung des Areals von Agrobs für die Erweiterung der Hallen außer darin, dass die Flächen schon den Betreibern gehören? Die Erwägungen des Gemeinderats, mit denen im Jahr 2019 das Einvernehmen zu einer daran angrenzenden Bebauung versagt wurde, müssen angesichts der exponierten Lage oben auf dem Hügel noch stärker für eine Erweiterung des Betriebsgeländes um zwei Hallen nach Norden gelten!

kk) Weshalb müssen zwar nach dem Handlungsleitfaden Punkt 1 für die Freiflächen-PV-Anlagen exponierte Lagen, Aussichtspunkte und besondere Sichtachsen gemieden werden, für die noch viel kritischeren Gewerbebauten soll dies aber nicht gelten? Wieso muss eine solchermaßen traumhaft schöne Stelle so verschandelt werden?

ll) Was steht eigentlich in dem Geheft „Staubemissionen und -immissionen eines Tierfutterhandels", das in den Baugenehmigungen 2015 zur Anlage gemacht wurde?

4. Schlussbemerkung
Lieber Herr Grasl, liebe Gemeinderatsmitglieder, lieber Herr Lanzinger, ich bitte Sie, schon jetzt klar zu sagen, welcher Kurs gefahren werden soll, wenn Agrobs Anträge für weitere Hallen stellt. Die Transparenz herzustellen ist angesichts des vorliegenden Antrags zur PV-Anlage der richtige Zeitpunkt.

Ich habe in meinem beruflichen Leben als Rechtsanwalt über 25 Jahre schon sehr viele Logistikprojekte begleitet. Sie fangen alle gleich an und viele enden auch gleich: aus einem kleinen Unternehmen. einem kleinen Bambuspflänzchen, wird ein wild wucherndes, das schnell und unaufhaltsam Rhizome ausbildet, die nachher nicht mehr zu begrenzen sind.
Ich habe mir im Zuge der Erteilung der Genehmigungen für die zwei Hallen 4 und 5 im Jahr 2014 den Mund verboten, behielt meine Sorgen für mich und vertraute darauf, dass der Verkehr, wie von Agrobs dargestellt, nicht zunehmen und die Gemeinde etwaigen späteren Erweiterungswünschen ihren gefassten Beschluss entgegenhalten würde.

Jeder andere Gewerbetreibende und jeder Private, der für sich eine betriebliche Anlage oder ein Wohnhaus bauen will, muss Bauland zu entsprechenden Preisen einkaufen oder mittels Bebauungsplanverfahren erwirken und das gibt es nur dort, wo eine städtebauliche Ordnung mittels Bauleitplanung erfolgt oder bereits ein Bebauungszusammenhang besteht. Nicht umsonst ist die Ausweisung von Gewerbebauland, aber natürlich auch von Wohnbauland ein extrem heikles und schwieriges Geschäft.

Es ist aber schlichtweg unerträglich, wenn für einen Betrieb eine mit meinem juristischen Verständnis nicht erklärbare Ausnahme nicht nur einmal, sondern mehrfach gemacht wird. Die Lasten tragen wir alle in Form von mehr Lärm und mehr Verkehr und einer unwiederbringlichen Verschandelung der Landschaft durch unkontrolliertes Hallenwachstum.

Und vor allem ist es schreiend ungerecht.

Abwägung:
Zu 1.: Gemäß Angaben des planungsbegünstigten Vorhabenträgers PV-Stromertrag ist geplant, dass ca. 93 % ins öffentliche Netz eingespeist werden.

Zu 2. und 3.: Die Angaben in der Stellungnahme beziehen sich ausschließlich auf den Betrieb der Fa. Agrobs. Ein Zusammenhang zwischen dem bestehenden Betrieb und der vorgesehenen PV-Anlage ist nicht zu erkennen. Die Fa. Agrobs wurde 1993, noch während Milchviehhaltung betrieben wurde, gegründet. Für die Hallen 4 und 5 existiert eine Rückbauverpflichtung, die Baugenehmigung im Jahr 2015 wurde aufgrund einer vom Landratsamt anerkannten Privilegierung erteilt.

Auch wenn die Fläche gewerbeähnlich genutzt wird, handelt es sich im Wesentlichen um landwirtschaftliche Genehmigungen, die über die Jahre umgenutzt wurden. Das Verkehrsaufkommen wurde in Bezug zur Produktion reduziert. Die tatsächliche Steigerung der Fahrbewegungen basiert auf natürlichen Umsatzzuwächsen und nicht auf Bautätigkeiten. In Relation zu den Jahren vor dem Bau der beiden Hallen 4 und 5 ist nach Angaben des Vorhabenträgers eine geringere Verkehrsbelastung gegeben.

Der Betrieb während der Nachtzeit, bezieht sich auf die Arbeit in einer Produktionslinie. Dadurch entstehen weder Verkehr noch Verladearbeiten zur Nachtzeit.

Westlich des alten „Darchinger“-Geländes wurde nie etwas beantragt, sondern nur für genau das „Darchinger“-Gelände. Es handelt sich dabei um die Grundstücke Fl.Nrn. 363/1, /4 und /5. Die Ablehnung durch den Gemeinderat basierte auf der Tatsache, dass sich das „Darchinger“-Gelände im Außenbereich befindet und somit der Bestand nicht ersetzt werden kann. Eine reine Umnutzung der bestehenden Gebäulichkeiten wäre für die Fa. Agrobs allerdings nicht brauchbar gewesen. Einen Bebauungsplan gibt es für das Gelände nicht.

Der Zusammenhang von baulichen Vorhaben (=betrieblichen Verbesserungen) und Verkehrsaufkommen wird hier falsch bewertet: Die baulichen Vorhaben zielen darauf ab, Abläufe effizienter zu machen und damit das Verhältnis „Verkehr je Produkt“ zu reduzieren und nicht umgekehrt.

Bei dem geplanten Vorhaben handelt es sich um ein Sondergebiet für PV-Anlagen. Auf diesen Flächen kann und darf ausschließlich eine PV-Anlage mit Wechselrichter Transformatorstation und Energiespeicher errichtet werden.

Die in der Stellungnahme erwähnte zukünftige mögliche Erweiterung von AGROBS zwischen Bestand und geplanter PV-Anlage, ist sowohl rechtlich als auch betrieblich spekulativ. Ein direkter Zusammenhang zwischen der geplanten PV-Anlage und dem bestehenden Betrieb ist nicht erkennbar, auch wenn es sich um denselben Vorhabenträger handelt. Die geplante PV-Anlage ist auf dieser Fläche geplant, da diese sowohl mit den Leitlinien der Gemeinde verträglich ist als auch in unmittelbarer Nähe zum Netzeinspeisepunkt liegt und eine Voranfrage zum Netzbetreiber Bayernwerk positiv war. Andere im Besitz befindlichen Flächen, die weiter weg vom Agrobs-Hauptsitz sind, wurden geprüft, sind jedoch aus diversen Gründen weniger geeignet. Eine PV-Anlage bereitet auch keine anderweitige bauliche Nutzung vor, insbesondere nicht im Hinblick auf die gegebene Entfernung von 200 m zwischen Agrobs und der Anlage.

Ein Zusammenhang der der PV-Anlage und AGROBS ist nicht gegeben. Die PV-Anlage wurde mit Berücksichtigung der PV-Leitlinien geplant. Eine Schallreflexion ist aufgrund der Abstände und der Ausrichtung der Module ebenfalls nicht erkennbar.

Die Punkte aa bis kk sowie die Schlussbemerkung stehen nicht im Zusammenhang mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 9/DEGERNDORF. Eine Behandlung erübrigt sich somit.
Zu ll: Daten, Fakten und Berechnungen, sowie Erläuterungen und Ergebnisse zu Staubemissionen und- immissionen.

Beschluss:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Planänderungen sind nicht erforderlich.

Abstimmung: 14 : 1


  • Private Stellungnahme 3, Schreiben ohne Datum (Eingang am 25.01.2023)

Sachvortrag:
In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat der Umwandlung Degerndorfs in einen Gewerbe- und Logistikstandort entsprechend die Verkehrsbelastung nicht nur im Hauserweg und in der Attenkamer Straße, sondern gerade auch auf der Hauptstraße und der Straße nach Degerndorf stetig zugenommen. Die Sanierung der Straße nach Degerndorf scheint die Attraktivität dieser Straße noch einmal gesteigert zu haben, sie ist ganz offensichtlich noch stärker insbesondere auch durch Laster befahren als vorher, zudem wird auf ihr deutlich schneller gefahren als vorher, und zwar auch gerade durch die Laster. Seit einiger Zeit sind zu den bekannten Betrieben insbesondere noch die Firmen Starnberger Mietgeräte sowie zuletzt die Transporterflotte der Firma GLS hinzugekommen. Vom Betrieb Agrobs weiß man, dass er nicht nur um die Freiflächen-Fotovoltaik, sondern auch um zwei weitere Hallen erweitern will.

Der Wirkungskreis meiner Mutter ist inzwischen räumlich ohnehin schon sehr beschränkt, der Weg zum Edeka, zur Apotheke oder zum Bäcker stellt angesichts der Notwendigkeit, die Hauptstraße oder die Degerndorfer Straße überqueren zu müssen, eine kaum noch zu bewältigende Herausforderung dar. Bereits jetzt ist ein Durchkommen auf der Hauptstraße oder am Bäcker oft nicht möglich. Die Problematik stellt sich nicht nur meiner Mutter, sondern auch allen Schulkindern und den anderen Bürgern.

Das Verfahren für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan zur Errichtung einer Freiflächen-Fotovoltaik-Anlage mit 5 ha kann nur verwundern und ist in dieser Form abzulehnen. Die Inhaber der Firma haben bislang geäußert, sie wollten keinerlei Beteiligung der Bürger an der Anlage zulassen geschweige denn die Anlage von der Gemeinde betreiben lassen, der Strom diene ausschließlich dem stromintensiven Betrieb. Damit wird aber einer Verfestigung des Betriebs bewirkt, der ohnehin erweitern will. Der Betrieb wird noch gerade ermuntert, das Erweiterungsvorhaben bzgl. der weiteren zwei Hallen voranzutreiben. Und dies, obwohl es bei jeder der vergangenen Erweiterungen geheißen hat, zuletzt 2014, der Gemeinderat sehe die Entwicklung auf diesem für das Landschaftsbild so bedeutenden Hügel als abgeschlossen an und es werde keine weitere Erweiterung geben. Wer an dieser Stelle eine betrieblichen Zwecken dienende Stromerzeugung gutheißt, spricht sich de facto auch für die Erweiterung des Betriebs im Übrigen aus. Dies wiederum wird zu den zu erwartenden Verkehrssteigerungen und einer wohl drastischen Verschärfung der Verkehrsproblematik in Münsing führen.

Als Bürger stellt man sich schon die Frage, weshalb weder der Unternehmer Berger noch das Gemeinderatsmitglied Berger bislang dadurch aufgefallen sind, sich der Verkehrsproblematik in Münsing mit besonderer Aktivität zu widmen. Es wäre doch ein leichtes, den von seinem Unternehmen verursachten Verkehr über genau die Strecke fahren zu lassen, die während des Umbaus der Straße nach Degerndorf vollkommen problemlos genommen werden konnte, insbesondere, als der Umweg nur ca. 300 - 400 m beträgt.

Als Bürger stellt man sich ferner schon die Frage, wohin es führen wird, wenn künftig gewerbliche Erweiterungen in dieser Dimension (gemeint sind die letzten Hallen aus den Jahren 2014/2015) nicht mehr eines Bebauungsplans bedürfen und nach Durchführung des Bebauungsplans für die PV-Anlage weitere zwei Hallen errichtet werden? Können dann auch Zimmerer und Schreiner am Ortsrand ohne Bebauungsplan ihre Betriebsflächen erweitern oder neue schaffen?

Und als Gemeindeverwaltung bzw. Gemeinderat sollte man sich die Frage stellen, wie es auf die Bürger wirken muss, wenn ein Fünftel der in Münsing insgesamt zur Verfügung stehenden PV-Freiflächen im ersten Anlauf von einem Gemeinderatsmitglied für sein Unternehmen beansprucht wird.

Fotovoltaik ist per se nicht gut, nur weil regenerative Energie produziert wird. Entscheidend ist, welche Zwecke damit verfolgt werden und wer dies steuert. Vorrang vor privaten Interessen der Verbilligung von für die Produktion benötigten Stroms oder Erweiterungsinteressen sollten stets die öffentlichen Interessen haben. Diese werden aber durch gemeindliche Anlagen, Anlagen mit Beteiligung von Bürgern im Investment und allgemeiner Einspeisung verfolgt.

Die Anlage ist in dieser Form und mit dieser Zwecksetzung abzulehnen. Wenn sie gebaut würde, wäre wenigstens zwingend durch den Bebauungsplan zu gewährleisten, dass die zwischen der Anlage und den bestehenden Hallen liegenden Freiflächen nicht weiter zugebaut werden können und damit weiterer Lärm und Verkehr entsteht.

Abwägung:
Mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan wird eine etwaige Betriebserweiterung weder vorbereitet, noch steht diese in direktem Zusammenhang damit. Die Fa. Agrobs ist ein Münsinger Stromverbraucher, so dass regenerativ erzeugter Strom auch bei einem Einsatz in diesem Betrieb mit dem Ziel der Energie-Autarkie übereinstimmt. Auch eine Bürger-PV-Anlage wäre letztlich eine kommerzielle Stromproduktion. Gemäß Angaben des Vorhabenträgers werden 93 % des produzierten Stroms in das öffentliche Stromnetz eingespeist, lediglich 7 % werden im Betrieb der Fa. Agrobs verwendet.

Zur Verkehrsbelastung: Gemäß aktuellen Daten der Straßenverkehrszählung 2021 ist auf der Kreisstraße TÖL 20 zwischen Münsing und Degerndorf eine dtV (durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung) von 1.334 Fahrzeugen, hiervon 74 Fahrten im Schwerlastverkehr (5,5 %). Auf der Staatsstraße St 2371 von Wolfratshausen bzw. dem Autobahnanschluss nach Münsing beläuft sich die dtV auf 7.238 Fahrten, hiervon 203 im Schwerlastverkehr (2,8 %). Auf die Staatsstraße 2065 Richtung Berg entfallen 4.196 Fahrten, hiervon 88 im Schwerlastverkehr (2,1 %), auf derselben St2065 Richtung Holzhausen entfallen 2.593 Fahrten, hiervon 61 Schwerlastverkehr (2,4 %).

Diese Zahlen zeigen auf, dass der Schwerlastanteil von und nach Degerndorf tatsächlich prozentual höher liegt als bei den anderen Straßen. Wenn man davon ausgeht, dass 90 % aller Fahrten aus der Degerndorfer Straße Richtung Autobahnanschluss abbiegen, macht dieser Schwerlastverkehr (ca. 67 Fahrten) weniger als 1 % der Gesamt-Verkehrsbelastung der Belastung der Münsinger Hauptstraße aus. Selbst bei einer Erweiterung des Betriebs, der im Übrigen mit dieser Planung nicht im Zusammenhang steht, wäre die Verkehrszunahme auf der Hauptstraße unter diesem Aspekt nur marginal.

Beschluss:
Die Stellungnahme wird zur Kenntnis genommen. Planänderungen sind nicht erforderlich.

Abstimmung: 14 : 1

Beschluss

1. Der Gemeinderat billigt den Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. 9/DEGERNDORF, mit Begründung und Umweltbericht, inkl. den Änderungen, entsprechend der Abwägung. Der Plan erhält das Plandatum vom 18.04.2023.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, die öffentliche Auslegung gem. § 3 Abs. 2 BauGB sowie die Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 2 BauGB durchzuführen.
(GR Berger gem. Art. 49 GO an der Beratung und Beschlussfassung nicht beteiligt.)

Abstimmungsergebnis
Dafür: 12, Dagegen: 3

Datenstand vom 10.05.2023 10:49 Uhr