Erneuerung, bzw. Sanierung der Kläranlage Oberaudorf - Entsorgung von Klärschlamm


Daten angezeigt aus Sitzung:  Sitzung des Gemeinderates, 07.04.2020

Beratungsreihenfolge
Gremium Sitzung Sitzungsdatum ö / nö Beratungstyp TOP-Nr.
Gemeinderat Sitzung des Gemeinderates 07.04.2020 ö beschließend 9

Sachverhalt

Im Zuge der Generalsanierung der Kläranlage ist auch eine Sanierung des Faulturms (FT) eingeplant. Hierzu ist eine vorherige Entleerung erforderlich.
Das dabei anfallende Material ist einzudicken und zu entsorgen. Anfallendes Filtratwasser soll über die KA entsorgt werden. Hierzu ist eine Regelung mit dem WWA erforderlich, da das Filtrat hochbelastet ist und die Speichervolumina sehr begrenzt sind.
Wegen der im FT vorhandenen Verzopfungen und der verstopften Leitungen ist die Entleerung mit erheblichen Problemen behaftet. Im Rahmen der vorgegebenen Fristen (1. Mai) war es nicht möglich von mehreren Fachfirmen Angebote zu erhalten. Auch für die Entsorgung der ‚Zöpfe‘ fand sich zunächst keine Lösung.
Die Gründe für die FT- Ablagerungen liegen z.T. im Alter der Kläranlage begründet, verbunden mit der Tatsache, dass seit Errichtung der Kläranlage keine Entleerung des Faulturms stattfand.  
Die Kosten sind im Wesentlichen drei Gruppen zuzuordnen, bei denen es sich entweder um ‚Sowieso- Kosten‘ handelt, die auch beim laufenden Betrieb angefallen wären, um Kosten, die bei einer Entleerung angefallen wären und in der Kostenberechnung enthalten sind und um Zusatzkosten. Entsprechend wurden teilweise die Kosten in der Kostenberechnung für die Kläranlage berücksichtigt.
Die Abgrenzung der Kosten untereinander ist dabei nicht eindeutig und schwierig vorzunehmen.

Historie:

In der ursprünglich funktionstüchtigen Kläranlage wurde vom Kläranlagenpersonal regelmäßig der Faulschlamm aus dem Turm abgezogen, eingedickt, gepresst und sodann der Schlamm in die Rekultivierung entsorgt.
Die ursprünglichen Planungen sahen einen Baubeginn in 2015 und eine Fertigstellung für 2017 vor. Zu diesem Zeitpunkt war die Anlage noch voll funktionsfähig, wobei sich erste Probleme bereits abzeichneten.
Mitte 2017 traten an der Siebbandpresse solche Probleme auf, dass eine Reparatur nicht mehr sinnvoll erschien. Ab diesem Zeitpunkt erfolgte ein Transport des Faulschlamms zur KA Rosenheim. Diese Maßnahme war mit Mehrkosten verbunden. Ab 01.01. 2020 kam es wegen erhöhter Kosten bei der Schlammentsorgung zu einer deutlichen Preissteigerung und im März 2020 wurde die Schlammannahme in Rosenheim vorübergehend eingestellt.
Versuche einer Entwässerung in Kiefersfelden scheiterten an den viele Verzopfungen.
Die Gründe hierfür sind Anlagen- und altersbedingt:
Es gibt keinen Mazerator vor der Faulturmbeschickung.
Der ursprüngliche Rechen hat einen größeren Spaltabstand und ermöglicht damit den Durchlass von deutlich mehr Papier- und sonstigen Rückständen, als moderne Anlagen. Hinzu kommt ein deutlich verändertes Benutzerverhalten.
Die Anlage wird regelmäßig hydraulisch überlastet. Dabei gelangt Material am Rechen vorbei in die Anlage.
Der Rechen war zunehmend störanfällig und wurde 2019 durch ein Provisorium ersetzt.
All dies hat über die Jahre zu einer deutlichen Anreicherung von ‚Lumpen‘ im FT geführt.
Dies bedingte seit 2019 einen Ausfall der Umwälzung. Die Rohrleitungen sind verstopft und das Material kann nicht mehr planmäßig umgewälzt und abgezogen werden.
Der Sandfang wies bauartbedingt eine deutlich geringere Reinigungsleistung auf, als heutige belüftete Anlagen. In Folge erheblicher Störungen musste er 2018 abgeschaltet werden.
Im Laufe der Jahre kam es zu einer Sandanreicherung im Trichter. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass Faultürme über die Jahre hinweg nicht geleert werden, da diese Arbeiten sehr aufwendig sind. Eine Überprüfung mit Taucher wurde durchgeführt. Diese Arbeiten wären angestanden, wurden aber im Hinblick auf den geplanten Neubau verschoben.
Hinzu kamen in letzter Zeit deutlich erhöhte Rohrbrüche und Pumpenausfälle.
Der Gemeinderat hatte von diesen Vorkommnissen Kenntnis.

Diskussionsverlauf

Im Anschluss an die zwei vorangegangenen Tagesordnungspunkte erläutert der Werkleiter der Gemeindewerke Oberaudorf, Herr Michael Schmid (Dipl.-Ing. FH) umfassend den Sachverhalt. Der 1. Bürgermeister, Herr Prof. Dr. Bernhardt informiert über Verhandlungen mit den Verantwortlichen der Abwasserbeseitigung der Stadt Rosenheim über die Annahme und Entsorgung anfallenden Klärschlamms.

Das Gemeinderatsmitglied Herr Magnus Waller erinnert an eine Ortsbesichtigung in Furth im Wald und erkundigt sich, weshalb die dortigen Entnahme- und Entsorgungsmethoden in Oberaudorf nicht auch angewandt werden können. Der Werkleiter Herr Schmid (Dipl.-Ing. FH) verweist darauf, dass die jeweiligen Ausgangslagen nicht miteinander vergleichbar sind (z. B. bauliche Voraussetzungen, Dimensionierungen, Steine, Verzopfungen u. v. m.).

Das Gemeinderatsmitglied Frau Katharina Kern bittet um Auskunft darüber, ob die anstehende Entleerung nicht sukzessive in den letzten 40 Jahren hätte gemacht werden müssen. Hierzu berichtet Werkleiter Herr Schmid (Dipl.-Ing. FH), dass vor ca. 10 Jahren ein hinzugezogener Faulturmtaucher auf entsprechenden Handlungsbedarf hingewiesen habe; in 2013 habe es einen Beschluss gegeben, die anstehende Reinigung mit der vorgesehenen Sanierung zu verbinden. Eine Reinigung wäre grds. nur ca. alle 30 Jahre notwendig, zwischenzeitlich haben sich insbesondere technische Voraussetzungen (z. B. fehlender Mezerator, defekter Rechen, bzw. Ersatzrechen) und das Nutzerverhalten (z. B. Verwendung von Feuchttüchern) wesentlich geändert. Frau Kern erinnert an die langen und ausführlichen Entscheidungsprozesse, in die alle Gemeinderatsmitglieder eingebunden waren.  

Das Gemeinderatsmitglied Herr Hans Seebacher vertritt die Auffassung, dass die Kläranlage Oberaudorf bereits 2008 schon „marode“ gewesen wäre und dass die Verantwortlichkeit hierfür nicht dem aktuellen Gemeinderat aufgebürdet werden kann. Aus Protest, nicht aus fachlichen Gründen, stimme er gegen die Vergabe. Das Gemeinderatsmitglied Herr Henning Bruhn vertritt ebenfalls diese Auffassung.

Das Gemeinderatsmitglied Herr Martin Gruber weist auf seiner Ansicht nach damals unglücklich gelaufenen Grundstücksverhandlungen zur Suche eines Alternativstandortes für ein neues Klärwerk hin.

Das Gemeinderatsmitglied Herr Stephan Bruhn gibt an, dass die heute zu treffenden Entscheidungen 10-15 Jahre früher getroffen werden hätten müssen. Der Entscheidungsprozess seit 2014 aber war seiner Meinung nach inhaltlich richtig.
Anmerkung: Die Stellungnahme des Werkleiters der Gemeindewerke Oberaudorf, Herrn Michael Schmid (Dipl.-Ing. FH) vom 03.04.2020/06.04.2020 ist Bestandteil dieser Beschlussvorlage und als Anlage im Sitzungsbuch beizufügen.

Beschluss

Die Firma Industriewartung Süd IWS erhält den Auftrag zur Entleerung des Faulturms der Kläranlage Oberaudorf, bzw. die Pressung des Entnahmematerials zum Preis von ca. 45.000 EUR bo . Die Entsorgung des anfallenden Materials soll überwiegend über die Kläranlage Rosenheim erfolgen.

Abstimmungsergebnis
Dafür: 15, Dagegen: 1

Abstimmungsbemerkung
Das Gemeinderatsmitglied Herr Hans Seebacher bittet um Protokollierung seiner ablehnenden Abstimmung.

Datenstand vom 16.04.2020 13:19 Uhr